Menge der Stücke im Repertoire eines Profis

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pianosurfer

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24. Sep. 2016
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Hallo,

Erst mal einen schönen guten Tag, ich bin neu hier und traue mich einfach mal, direkt einzusteigen. Zu mir, ich bin Mitte 40 und spiele seit Grundschule Klavier. Einfach durch die Anzahl der vielen Jahre ;) würde ich mich als fortgeschrittenen Amateur bezeichnen. Nie im Leben würde ich mich als Profi bezeichnen - ich habe noch einen Beruf, den ich studiert habe, und viel Arbeitserfahrung habe - das ist etwas ganz anderes!

Nichtsdestotrotz - ich spiele seit Jahren mit Leidenschaft Klavier, aber bin damit halt auch alleine - in meinem Bekanntenkreis gibt es niemanden, der die Faszination nachvollziehen kann, so dass ich dann in diesem Forum landete.

Meine Frage/ Gedanken beziehne sich jetzt auf die Menge der Stücke, die Profis spielen. Wie machen die das (abgesehen vom vielen Üben natürlich)? Wie kann man ALLe Beethoven Sonaten spielen können, ALLE Chopin Nocturnes - you name it.. Ich spiele zwei oder drei von beiden jeweils und es war ein extrem lanwieriger Prozess.

Ich würde gerne einen Austausch starten bzgl Tricks, wie kann man Stücke in möglichst kurzer Zeit auswendig lernen. Ich denke, das muss der Startpunkt sein - Fingergedächtnis und so kann ja erst einsetzen , wenn man es dann x mal gespielt hat. Ich habe selbst grob zwei Methoden, einerseits "filletiere" ich die Noten ganz am Anfang, also spiele nur Melodie, und Bass noten, und harmonisiere das später weiter aus. So kann man wenigstens direkt das Stück so spielen, wie es klingen soll.

Fürs auswendig lernen sehe ich mir dann Akkorde und deren Zusammengehörigkeit an und versuche mir das einzuprägen (ich kenne da nicht mal die Fachausdrücke für, bzw eher auf englisch), also Grundtonart, und dann welche "progressions" kommen dann im weiteren vor (ist ja im Prinzip dann immer das selbe). Wie machen das andere und wie kann man das noch weiter beschleunigen? Ich habe ja noch so viel vor...

Danke schon mal fürs Lesen!

Maren
 
Hi Maren,

willkommen im Forum. Ich, 33, bin dazu zu unerfahren, um drüber mit Fachausdrücken was zu sagen, da ich seit fast 1 Jahr spiele.In dieser Zeit durch meine Übungen hab ich aber folgendes gemerkt: Je mehr und intensiver ich übe, umso leichter lerne ich ein Stück auswendig. Das tue ich ganz ohne Harmonielehre und ähnliches. Hätte ich diese auch genauso intensiv gelernt, geübt und verinnerlicht, wäre ein Auswendigspiel viel viel leichter, da man auch die Musik besser verstehen könnte.

Anhand dieser Tatsache, dass die Pianisten das Ganze von Kindheit auf intensiv geprägt bekommen, das das ganze Leben lang weiter tun, noch dazu studieren und alles mehr als 5-6 Stunden am Tag, finde ich es gar nicht überraschend, dass sie die ganzen Stücke schnell auswendig lernen und spielen können.

Schau dir dieses Video an, wie Valentina Lisitsa mit einem neuen Stück anfängt. Sie schaut einfach auf die Noten und los geht's.

Ich muss mich mit einer Seite erstens Stunden lang beschäftigen, um erstmals Noten zu lesen, das an die Tastatur zu übertragen, das technisch hinkriegen zu können usw. Erst dann käme einAuswendiglernen in Frage.

Das ist der Unterschied zwischen mir und einem professionellen Pianisten. Vielleicht auch dir.


View: https://youtu.be/AoLvhHjacMw



:bye:
 
Hi Maren,

willkommen im Forum. Ich, 33, bin dazu zu unerfahren, um drüber mit Fachausdrücken was zu sagen, da ich seit fast 1 Jahr spiele.In dieser Zeit durch meine Übungen hab ich aber folgendes gemerkt: Je mehr und intensiver ich übe, umso leichter lerne ich ein Stück auswendig. Das tue ich ganz ohne Harmonielehre und ähnliches. Hätte ich diese auch genauso intensiv gelernt, geübt und verinnerlicht, wäre ein Auswendigspiel viel viel leichter, da man auch die Musik besser verstehen könnte.

Anhand dieser Tatsache, dass die Pianisten das Ganze von Kindheit auf intensiv geprägt bekommen, das das ganze Leben lang weiter tun, noch dazu studieren und alles mehr als 5-6 Stunden am Tag, finde ich es gar nicht überraschend, dass sie die ganzen Stücke schnell auswendig lernen und spielen können.

Schau dir dieses Video an, wie Valentina Lisitsa mit einem neuen Stück anfängt. Sie schaut einfach auf die Noten und los geht's.

Ich muss mich mit einer Seite erstens Stunden lang beschäftigen, um erstmals Noten zu lesen, das an die Tastatur zu übertragen, das technisch hinkriegen zu können usw. Erst dann käme einAuswendiglernen in Frage.

Das ist der Unterschied zwischen mir und einem professionellen Pianisten. Vielleicht auch dir.


View: https://youtu.be/AoLvhHjacMw



:bye:


das Video habe ich mir auch schon angesehen.Die ganzen mehr als drei Stunden. Ich bin aus dem Staunen nicht mehr heraus gekommen. Da wird ein nicht ganz einfaches Klavierkonzert mehr oder weniger während des Frühstücks und anderer Nebentätigkeiten verinnerlicht. Kurze Passagen, für die ich (gut drei Jahre "Erfahrung" im Klavier spielen) wahrscheinlich ein halbes Jahr intensivsten Trainings und die Hilfe eines hervorragenden Lehrers bräuchte, spielt sie vom Blatt. Bei Profis scheint es so zu sein, dass sie die Noten ansehen und dann bereits wissen, wie das Stück zu spielen ist. Sie spielen es vor dem eigentlichen Spielen am Klavier gedanklich schon so gut durch,dass das eigentliche Üben anscheinend "nur" noch das Ausarbeiten von Feinheiten darstellt. :denken:

@pianosurfer
Hallo Maren und auch willkommen von mir!
Hast Du einen KL, mit dem Du die Problematik durchsprechen und auch praktisch umsetzen kannst oder bist Du Autodidakt?
 
Ohje, das ist ja noch mal ein ganz anderes Kaliber und Niveau. Ich hätte wahrscheinlich besser im Übungsthema veröffentlichen sollen, sorry dafür (kann man das verschieben?). Ich kenne mich schon gut mit Harmonielehre aus, weil ich auch mal eine Zeitlang Improvisation und Jazz gelernt habe - das hilft ungemein (kenne mich dann doch auch mit den Fachausdrücken aus, bin da aber eher etwas schüchtern - ich finde es immer panne, wenn jemand in meinem Bereich - Medizin - da so halbwissend aber doll klingend daherkommen will..)

Meine Frage ist eigentlich, wie kann man sich in kurzer Zeit möglichst viel halbwegs auswendig "reinziehen". Ich denke, ich weiss schon wie man richtig übt, hatte regelmässig Unterricht und den Rest der Zeit such viel selbst herausgefunden. Vielleicht muss ich mehr gezielt "üben" und weniger spielen.. Das könnte sein - ich spiele ja auch viel aus Entspannungsgründen, und da lässt man sich natürlich auch ablenken. Danke auf jeden Fall schon mal fürs video.
 
Vielen Dank auch für die zweite Antwort. Wir hatten uns jetzt überkreuzt.

Ich habe schon seit vielen Jahren keinen Klavierlehrer mehr, hatte aber zwischendurch immer einen, und auch sehr gute. Ich merke inzwischen, dass ich auch ohne Fortschritte mache, also plötzlich wieder was neues kann.. Wie ein Kleinkind... Ein Lehrer hat bei mir den Effekt, dass ich mich plötzlich unter Druck gesetzt fühle, und nicht mehr übe.. Das muss noch aus Schulzeiten herstammen :)
 
Vielen Dank auch für die zweite Antwort. Wir hatten uns jetzt überkreuzt.

Ich habe schon seit vielen Jahren keinen Klavierlehrer mehr, hatte aber zwischendurch immer einen, und auch sehr gute. Ich merke inzwischen, dass ich auch ohne Fortschritte mache, also plötzlich wieder was neues kann.. Wie ein Kleinkind... Ein Lehrer hat bei mir den Effekt, dass ich mich plötzlich unter Druck gesetzt fühle, und nicht mehr übe.. Das muss noch aus Schulzeiten herstammen :)

Da liegen wir nun diametral auseinander. Ich hätte gerne einen KL, der mir Druck macht. Das stammt bei mir ebenfalls aus der Studienzeit. Ohne Druck habe ich schon mal die eine oder andere Vorlesung versäumt, vor allem in Fächern, die mich nicht so brennend interessierten. Das musste ich dann z.B. vor dem Physikum in den letzten Wochen ausgleichen.
Mit dem KL könnte ich z.B. Fingersätze besprechen, Harmonien, das Pedalspiel und vieles andere. Mir fehlt da einfach die Erfolgskontrolle.
 
Bei Profis scheint es so zu sein, dass sie die Noten ansehen und dann bereits wissen, wie das Stück zu spielen ist. Sie spielen es vor dem eigentlichen Spielen am Klavier gedanklich schon so gut durch,dass das eigentliche Üben anscheinend "nur" noch das Ausarbeiten von Feinheiten darstellt. :denken:
Das scheint nicht nur so, es ist auch so. In virtuoser Literatur tauchen zwar Unmengen an Noten auf, aber es gibt auch Elemente, die in ähnlicher Verarbeitungsform dem erfahrenen Spieler bereits sehr oft begegnet sind. Akkordbrechungen oder schnelle Skalen erkennt man dann sofort aus dem Notenbild. Einerseits ruft man dann bestimmte Aktionsmuster und Bewegungsabläufe gewohnheitsmäßig ab, andererseits erkennt man Abweichungen und setzt sie sofort mit dem bereits Gewohnten in Beziehung. Man hangelt sich also nicht nur an einer langen Kette von Einzelereignissen entlang, sondern überblickt direkt komplette Takte oder gleich mehrere. Damit ist zeitnahe Aufnahmebereitschaft für die nächsten Vorgaben des Notentextes denkbar, während der weniger erfahrene Spieler immer noch im Wortsinne "alle Hände voll zu tun hat".

Wer aufgrund von hoher Begabung und/oder viel Spielerfahrung schnell im neuen Stück "ankommt", hat zunächst einen großen Schritt hin zur Aufführungsreife getan - es ist aber eben erst der Anfang. Bis man damit in der Tat auf dem Podium überzeugt, bleibt noch eine Menge an Detailarbeit - das weiß auch eine Valentina Lisitsa, auch wenn sie uns im Video an ihrem persönlichen "Making-of" teilhaben lässt. Wenn man so will, der Gegenentwurf zur Aussage, man habe seit der Vollendung seines sechzehnten Lebensjahres nie mehr geübt oder so ähnlich, wie wir das hier in anderen Fäden schon hatten. Ein professioneller Musiker, der nicht übt, ist wie ein Leistungssportler, der nicht trainiert. Letzterer gewinnt mit Sicherheit keinen Wettkampf.

Pauschale Aussagen, was der Profi quantitativ ("Menge der Stücke") leisten muss, sind grundsätzlich nicht möglich. Das hängt auch mit dem Schwierigkeitsgrad der gespielten Literatur, der vielfach auch innerhalb eines Stückes nicht durchgängig gleich hoch ist, zusammen. Deshalb spielt er auch nicht ein Stück einfach von vorn bis hinten herunter, sondern erkennt die arbeitsintensiveren Abschnitte, um sich mit diesen vorrangig zu beschäftigen. Wenn er beispielsweise eine der vier Balladen von Chopin einstudieren will, erwarten ihn einerseits ausgedehnte Passagen, die er vom Blatt spielen kann, andererseits benötigt er für die wirklich virtuosen Abschnitte den allergrößten Teil der Einstudierungszeit. Allerdings gilt auch für zum Beispiel durchgängig schwere Konzertetüden, dass bei manueller und musikalischer Erfassung der Vorgabe das Stück zwar immer noch nicht leicht wird, aber ein Einstieg zumindest gemacht ist. Denn oftmals wird ein bestimmtes strukturelles Muster kompositorisch verarbeitet - ist dieses prinzipiell im Wortsinne "begriffen", geht es beim Einstudieren auch zügiger voran.

LG von Rheinkultur
 
Hallo - scheinbar hat es mich schon weitergebracht, das einfach maal alles aufzuschreiben. Was mich im Moment weiterzubringen scheint, ist gezieltes mentales Üben , wo man sich dann so richtig pushen kann. Das erste Mal wieder am Klavief ging es bedeutend besser. Das zweite Mal, ohne noch mal alles durchzugehen, war es wieder so, als würde ich von vorne anfangen :) ich bin schon ganz gut im vom Blatt spielen (ok - heisst neudeutsch prima vista, habe ich jetzt gelernt - ich lebe schon seit Jahren nicht mehr in Deutschland..) . Auf jeden Fall bringt einen das mentale Üben gleich ein ganzes Stück weiter. Ich hatte schon vorher oft Noten studiert, aber so richtig gepusht habe ich mich noch nie. Dafür ist es für mich zu sehr Ausgleich zum normalen Job, so,dass ich viel vor mich hin gedaddelt habe..

Noch mal zum Lehrer - ich kenne das natürlich total aus dem "richtigen" Leben, dass es oh
 
... Ohne Druck nicht geht... Hier ist das wirklich anders - natürlich würde ich auch vom Lehrer profitieren, aber realistischerweise hätte es dann mehr Schaden als Nutzen (nicht üben vs ein bischen Hilfe)...
 
Wenn ich das richtig verstehe, lautet die Einstiegsfrage:,,Wie memoriert man ein großes Repertoire?"

Rheinkultur hat schon einiges geschrieben, dem ich nur noch wenig hinzufügen will:
Da Musik, wie's so schön heißt, eine Sprache ist, halte ich es für unentbehrlich ihre Grammatik zu lernen. Sowohl für das Auswendiglernen als auch das erstmalige Anspielen eines Stückes. Man tut sich um ein großes Vielfaches leichter, wenn man neben häufiger Figuren, Phrasen etc. also technischen "Redewendungen", die harmonischen Zusammenhänge begreift. Das heißt: Wissen, in welcher Tonart bin ich; Lernen, sich in jeder Tonart zurecht finden.
Kennenlernen der Funktionsbeziehungen der Harmonien zueinander. Dadurch kann(!) sich so nebenbei bei einem Blackout übrigens erschließen, wie das Stück weitergeht.
Um der Rede ein Gesicht zu geben:
Als Beispiel gleich die erste Beethoven-Sonate (1.Satz). Das Stück steht nicht nur in f-Moll, wir sind in f-Moll vom ersten Takt an. (So verhält es sich mit den allermeisten tonalen Stücken, es gibt Ausnahmen)
Den Anfang macht die Dreiklangszerlegung welches Akkords? Ja, richtig, der f-Moll Dreiklang. Das Ding beginnt also mit c1 und endet auf as2. Wenn ich das weiß, brauche ich die einzelnen Noten dazwischen nicht zu lesen. Die 3 Akkorde in der linken Hand? Es darf wieder geraten werden. Richtig, pures f-Moll. Der erfahrene Spieler sieht natürlich sofort, es handelt sich also wieder um den f-Moll Dreiklang in Grundstellung. Zusammengefasst: für die ersten beiden Takte, da wir sehen, es gibt Akkorde/Zerlegungen rechts und links, kommen nur 3 Töne infrage. F As und C. Wer sich dessen bewusst ist, braucht nicht mehr großartig viel auswendig lernen.

Wen es interessiert, der kann weiterlesen. Wer überspringen will, scrollt, bis der Text in kursiv aufhört.

Weiter gehts, aha, das selbe nun auf der Dominante. Die Dominante von f-Moll, ist, das wissen wir doch aus dem FF! Das ist C-Dur und wir dürfen jetzt auch lernen, dass die Dominante in der klassischen Musik sehr oft als Dominantseptakkord auftritt. Das heißt zu unserem Tonvorat von C E und G gesellt sich noch das B dazu. Auch hier wird sich der Leseaufwand in Grenzen halten.

Weiter gehts. Das harmonische Tempo wird schneller. Dramatisch, wie es sich für diesen Satz gehört, wetteifern f-Moll und C7 miteinander. Also f und jetzt C und nun der Höhepunkt in Form eines vierstimmigen arpeggierten f-Moll Akkordes mit bisher nie dagewesener Tonhöhe (c2 ist der bislang höchste Ton) und nie dagewesener Tonlänge im Fortissimo! Das ganze beruhigt sich eilig wieder. Jetzt tritt eine Harmonie auf, die wir bisher nicht hatten. Rechts ist eindeutig noch in Tonvorrat der f-Moll Tonleiter (harmonisch). Links B Des G
In Terzschichtung angeordnet ergibt das G dann B und dann Des. Vielleicht wissen wir, dass es sich um einen verminderten Akkord handelt (lauter kleine Terzen). Was es damit auf sich hat, erkläre ich gerne, aber ich möchte nicht langweilen.
(Wer es genau wissen möchte: Dieser Akkord trägt den komplizierten Namen verkürzter Dominantnonakkord. Er leitet sich von der Dominante mit Sept, hier C E G B, ab und legt noch die kleine None oben drauf. Also das Des. Nun wird der Grundton weggenommen, deshalb "verkürzt". Übrig bleibt ein Akkord aus lauter kleinen Terzen. Ein solcher hat nahezu immer Dominantfunktion.)


Für jene, die noch nicht oder wirklich nicht so tief in Musiktheorie eintauchen wollen:
Wir dürfen weiters lernen, die Dominante kann sich in drei Formen zeigen. Ganz normal als Dreiklang, als Dominantseptakkord und jetzt :NEU!: als dieses seltsame Konstrukt aus lauter kleinen Terzen.
Die Einleitung wendet sich dem Schluss zu. Einem Halbschluss nämlich, das hören und sehen wir mit einiger Erfahrung sofort. Ein Halbschluss, nun das ist ein halber Schluss :-P in der traditionellen I IV V I Kadenz endet der Abschnitt wie er begonnen hat auf der Tonika. Unser Beethoven hier bleibt auf der V stehen. Davor noch ein Vorhalt, um die Schlussharmonie zu festigen (und weils schön ist)
Das ist ein häufiges Stilmittel.


Die ersten 8 Takte bestehen also aus nichts anderem als f, C7, f, C7, f, dem Terzding (das sich von C ableitet) und C.

Beethoven kocht eben auch nur mit Wasser. Was er allerdings daraus macht, ist ein herzhaftes Gericht :-)

Wie eignet man sich dieses Wissen und das Geschick sich zurechtzufinden also an?
Zunächst, es ist nicht notwendig allzu tief in die Musiktheorie einzutauchen. Grundlagen: Dur, Moll, Tonika, Subdominante (kann mit Sext vorkommen), Dominante (mit Sept und manchmal in Form des verkürzten D<9 = kurz lauter kleine Terzen)
Dreiklänge, Kadenzen, Vorhalte.

Was unbedingt gekonnt werden sollte: genau wissen (spielen und lesen können) aus welchen Tönen dieser oder jener Dreiklang besteht. Wenn jemand riefe "As Dur!" müsstest Du feierlich zurückrufen/spielen "As C Es!" Das Um und Auf ist hier problemlos auch die Umkehrungen spielen zu können. Oft können meine Schüler anfangs den Akkord in Grundstellung mühelos spielen, aber wenn es um die Umkehrung geht, muss tatkräftig überlegt werden.
Das kann man einerseits freilich trocken üben mit Kadenzen und Dreiklangszerlegungen.
Kadenzen sind sicherlich die Grundlage.
Hier lassen sich sehr schön auch die tonalen Zusammenhänge erproben. Neben I IV V I einmal die sechste Stufe dazwischen schieben (wird oft als Modulationsakkord verwendet oder als Trugschluss etc)
Oder die V einmal als Dominantseptakkord spielen. Die Subdominante als (Quint)Sextakkord (also in C-Dur wäre das der Akkord F A D)
Guter Trick um die Flexibilität zu schulen und Automatik auszutricksen: Vorhalte einbauen (besonders reizvoll natürlich in der Dominante: Quart und/oder Sext statt Terz und Quint und dann auflösen [in Terz und Quint])

Was das ganze andererseits erheblich lebendiger gestaltet, eine ausgezeichnete Schule ist das! - ich würde es jedem wärmstens empfehlen: Lieder spielen egal ob Kinderlied oder zB einmal in die Kirche nebenan gehen und ein bisschen etwas aus dem Gotteslob oder sonstigen Liederbüchern kopieren.
Melodie anschauen und überlegen, welche Akkorde passen hier hinein (in den allermeisten Fällen eh: Tonika Subdominante Dominante, manchmal sechste Stufe ["Tonikaparallele"] Vorsicht, manchmal wird moduliert.
Für den/die AnfängerIn auf diesem Gebiet: Traditionelle Lieder mit Melodie und darüber stehenden Akkorden. Ich würde hier nicht unbedingt in den Jazzbereich gehen,...
bei Unklarheiten KlavierlehrerIn fragen.

Das schafft viel mehr Gehör und Verständnis und Sicherheit(!!) als etwa Tonleitern und Kadenzen auf und ab zu üben. Die ergeben sich durch so einen Weg nämlich von selbst, dienen aber sehr wohl als Grundlage.
Sehr lehrreich auch die Generalbassübungen von Hermann Grabner. Die Unterstufe bietet eine sehr solide Grundschulung.

Am Anfang gilt der Spruch, "Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen". Aber es lohnt sich und ist hervorragendes Gehirnjogging! ;-)

Viel Erfolg!
Nudwig
 
Zuletzt bearbeitet:

Ich würde mich da nicht verrückt machen, nur weil es ein paar auserwählte gibt, die alle Beethoven-Sonaten, alle Chopin Nocturnes usw. drauf haben. Wichtig sind Ziele, die für dich persönlich erreichbar sind.
Wichtige Punkte wurden ja schon angesprochen: mentales Üben, sicheres Auswendiglernen. Dazu gehört auch: viel Spielpraxis und Aufführungserfahrungen sowie technische, musikalische und klangliche Grundfertigkeiten. All das musst du nach und nach verbessern, dann wirst du merken, dass du auch schneller wirst und dir mehr länger behältst.
 

Hmm, wie lernst Du einen Anatomieatlas auswendig? Klar, mit Eselsbruecken und den ganzen sattsam bekannten Memorierhilfen, das ist bei Musik im Prinzip auch nicht anders. Dennoch gibt es eine nicht zu vernachlaessigende Komponente: Begeisterung. Keiner wird ein Stueck so schnell lernen wie mit Begeisterung, wenn man nur "musz" dauert es laenger.
Mit Begeisterung behaelt man gleich viele Details, weil man die eben so begeisternd findet.
Jannis
 

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