Meisterkurse

Kalivoda

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21. Sep. 2016
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Meine Tochter kam heute von einem Meisterkurs in Bella Italia zurück, glücklich ob des Erlebten und Erlernten, traurig ob der Tatsache, dass sie morgen nun wieder in den grauen Schulalltag tauchen muss. Aber darum soll es nicht gehen. Was mich ein wenig wundert, ist, dass sie dort die einzige Teilnehmerin war, welche nicht Student(in) der Dozentin war. Ich hatte so etwas auch schon einmal in einem Roman gelesen, das aber eher der literarischen Freiheit des Autors zugerechnet. Ist es tatsächlich üblich, dass Studenten zu Meisterkursen der Professoren gehen, bei denen sie sowieso die ganze Zeit studieren? So als eine Art Klassenausflug, der vielleicht noch von irgendwo gefördert wird? Wenn ich Musikstudent wäre, würde ich doch gerade zu fremden Dozenten gehen wollen, um andere Sichtweisen kennenzulernen. Oder werden bestimmte Professoren eifersüchtig, wenn man zu jemand anderem geht? :konfus::konfus:
 
Es ist schon so, daß viele Professoren ihre Studenten geradezu nötigen, an den Meisterkursen teilzunehmen. Eine Form von übler Abzocke. Und es gibt genügend mittelmäßige Professoren, die mit Argusaugen darüber wachen, daß ihre Studenten nicht fremdgehen.
 
Ich selber war zu Studienzeiten einmal auf einem Meisterkurs meines Professors. Und ja, da fühlte ich mich etwas genötigt, aber die anderen aus der Klasse schwärmten mir vorher von diesem Kurs vor und dann war es auch ok.
Es kann aber auch den Grund geben das man neu in der Klasse ist, eine neue Technik lernt und über den Ferien weiterhin daran arbeiten möchte. Dann ist es doch sinnvoll zu seinem eigenen Professor zu gehen und sich nicht durch andere Meinungen verwirren zu lassen. Ich kenne jemanden bei dem das diese Semesterferien so war.
 
Das hiesse ja, dass der Unterricht im Meisterkurs grundlegend anders ist als der an der Hochschule?
Eine wesentliche Komponente eines Meisterkurses ist (wie übrigens auch im Studium) der soziale Aspekt. Die Stimmung auf einem Meisterkurs ist eine ganz besondere, unvergleichliche. Der fachliche und menschliche Austausch der Teilnehmenden stellt eine intensive Ergänzung zum eigentlichen Kurs dar.
 
Ja, genau. Es ging bei der Schwärmerei nicht um den Unterricht, sondern die gute lockere Stimmung, die tolle Unterkunft und die Landschaft (französische Alpen).
 
Das Studenten vor allem Meisterkurse ihrer eigenen Professoren besuchen ist nicht unbedingt die Regel. Viele besuchen die Kurse anderer (nahmhafter) Professoren, um unterschiedlichen Input zu bekommen.
 
Ich kann die vorstehenden Beiträge nur bestätigen. Ich war als Student - und danach - auf Kursen meines Professors Margulis, auf denen viele waren, die nicht bei ihm studierten, und natürlich auf Kursen anderer Professoren und/oder Pianisten.
Beides war nützlich!
Bei Margulis war es so, dass er auf Kursen grundsätzlicher seine Prinzipien darlegte und der Austausch - vor allem mit den Studenten anderer Hochschulen! - sehr intensiv und inhaltlich bereichernd war.
Der Nutzen, sich mal aus dem eigenen Biotop heraus in die freie Wildbahn zu bewegen und andere Ansätze kennen zu lernen braucht nicht extra begründet zu werden. Nur Schüler, oder Studierende die am Anfang des Studiums, oder nach einem Lehrerwechsel im Umlernen oder in einer Umstellung befindlich sind haben damit öfters Probleme.
Dazu kommt bei vielen Kursen eine attraktive Ungebung, die Notwendigkeit, sich in einer fremden Umwelt orientieren zu müssen in mehreren Sprachen zu parlieren und was dergleichen Vorteile weiters sind
Der Vorzug gelegentlich aus seinem Alltagstrott herauszufinden wird eher unterschätzt. Corona war in dieser Beziehung auch nicht eben hilfreich.
 
Das Lehrdeputat von ordentlichen Universitätsprofessoren ist m. W. nicht sehr hoch. Um die 9 Semesterwochenstunden, meine ich. Wenn das auch für Musiker gilt, können das nur sehr kleine Klassen oder kurze Unterrichtseinheiten sein.
 

Ist nicht an der Hochschule viel mehr Zeit dafür als in einem kurzen Meisterkurs? Mache ich mir vielleicht falsche Vorstellungen vom Unterricht an der Hochschule?
In der normalen Arbeit in der Hochschule im Hauptfachunterricht geht es fast immer um die konkrete Arbeit am Repertoire, dies oft unter Zeitdruck (Konzerte, Wettbewerbe, Prüfungen,... stehen an)!
Im Meisterkurs hat der Lehrende Zeit beispielhaft bestimmte Themen zur Sprache zu bringen. Dies vor allem dann, wenn wie in den Kursen von Margulis die ersten Tage im Kurs (russische Schule in Freiburg) explizit bestimmten Themen (Polyphonie, Technik, Kantabile, ...) gewidmet waren. Dann wurden aus dem Repertoire der Teilnehmer passende Werke bearbeitet.
 
Heißt das nun im Klartext: der staatlich finanzierte Unterricht taugt weniger als der „Meisterkurs“, für den der Student selber löhnen muß. - Von dem Geiger Igor Ozim geht die Mär, er habe sich die Fingersätze von seinen Studenten teuer bezahlen lassen. Warum erinnert mich das alles so verdammt an die vielgescholtene Zweiklassenmedizin?
 
der staatlich finanzierte Unterricht taugt weniger als der „Meisterkurs“, für den der Student selber löhnen muß. - Von dem Geiger Igor Ozim geht die Mär, er habe sich die Fingersätze von seinen Studenten teuer bezahlen lassen.
Es gab (und gibt?) unrühmliche Ausnahmen. Von einem berühmten Geigenprof. ging die Mär, er habe zu seinem 60 Geburtstag an alle aktuellen und viele ehemalige Studierende einen Brief versendet, in dem er sinngemäß schrieb sein treuer Dienst am guten Geigen-Spiel über so viele Jahre sei doch einige Anerkennung wert. Unter dem Text sei unübersehbar seine Kontonummer angebracht gewesen. Vom gleichen Prof. wurde auch die Geschichte - immer wieder aus verschiedenen Quellen - verbreitet, er habe für das Vorspiel angehender Studienwilliger 50 DM verlangt und dann nach dem Vorspiel geschwiegen. Auf Nachfrage meinte er dann wohl, wenn Sie noch meine Meinung hören wollen, dann müssen Sie nochmals den gleichen Betrag drauflegen. (Es war nicht Herr Ozim, über den wir jetzt reden!)
Aber das war ein Einzelfall, der mit Entrüstung kolportiert wurde.
Nach meiner Erfahrung sind die meisten Professoren nicht extrem geldgierig und halten sich strikt an die Regel, dass man von in der eigenen Klasse eingeschriebenen Studierenden kein Geld kassiert.
Auch was die Qualität des Unterrichts angeht habe ich von vereinzelten Anekdoten abgesehen von niemandem erlebt oder erzählen hören, dass der regelmäßige Unterricht an der Hochschule schlechter sei, als auf Kursen.
Bei guten Professoren gibt es aber in der Ansprache einen merklichen Unterschied zwischen Einzelunterricht und öffentlichem Unterricht, da im Einzelunterricht sich hoffentlich eine gemeinsame Sprache entwickelt hat, die oft mit kurzen Andeutungen bereits grundsätzlich bekannter Aspekte auskommt, wo öffentlich umfangreichere Erklärungen hilfreich und nötig sind.
 

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