Transkriptionen
Hallo Mindenblues,
es freut mich, dass sich noch einer zu meinen Einspielungen verirrt hat und eine Stellungnahme abgibt.
Vielen Dank für Dein Lob, ich habe zwar schon viel Lob geerntet, aber von einem fundierten Bach-Kenner, Bach- und Chopinspieler und leidenschaftlichen Organisten ist das noch einmal was anderes.
Wie Du Dich vielleicht erinnerst (anderer Faden), mag ich Bach nicht sehr. Ich spiele trotzdem Sachen von ihm, aber eine Zuneigung ist nicht daraus erwachsen. Man kann auch als Amateur-Pianist Bach nicht ausblenden, er spielt eine zu große Rolle in der Musikgeschichte, außerdem profitiert man technisch von seinen Kompositionen.
Du fragst nach Gründen, die mich viele Transkriptionen spielen lassen.
Vielleicht sind es hauptsächlich zwei Gründe:
1. Es sind keine Klavierauszüge von irgendwelchen Bearbeitern, es sind Transkriptionen von Liszt und von Godowski (die Zugabe) in meinem Konzert, von Bearbeitern, die ihrerseits ihre Übertragungen im Konzertsaal gespielt haben. Das auch noch zu einer Zeit, als Bach, Schubert, Beethoven usw. längst im Original bekannt und geachtet waren.
Die Übertragung z.B. des Schubert-Liedes „Auf dem Wasser zu singen“ fügt den originalen drei Strophen noch eine weitere dazu, lässt die Melodiestimme vom Tenor über den Alt in den Sopran wechseln und spielt danach noch als vierte Strophe eine ganz neue Variation dazu. Ganz ähnlich: „Der Müller und der Bach“.
Wenn man so will, haben wir hier immer ein Thema mit Variationen. So gesehen sind die meisten Lisztschen Transkriptionen Neuschöpfungen.
Bei den Bach-Übertragungen hält sich Liszt zumindest in den Fugen sehr eng an den Originaltext, viel enger, als das später Tausig, Saint-Saens, Busoni, Reger usw. es taten.
2. Mir gefallen Transkriptionen, weil sie eine ganz eigene Gattung von Meisterwerken darstellen und weil sie auf dem modernen Flügel einfach gut klingen und auch einen großen Konzertsaal ausfüllen. Außerdem bin ich fasziniert von der Genialität der Übertragungen.
Das Spielen von Originalwerken wird von unserem Konzertbetrieb zur Genüge gepflegt, die Transkriptionen sind gewissermaßen eine Nische, die die Profis vor allem in Deutschland nur langsam für sich entdecken.
Übrigens ist nächstes Jahr für mich mein privates Chopin-Jahr (200 Jahre Chopin), ich werde sehr viel Chopin spielen, fast alles im Original.
Kennst Du die Klavier-Lieder von Chopin? – Ich werde im Konzert in meinem September-Konzert 2010 drei davon spielen, allerdings in einer Transkription von Liszt … :D
Sie hatten unseren Clavio-Leuten in Wien schon sehr gut gefallen.
Liebe Grüße
Walter