Max Reger

C

Christoph

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19. März 2006
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Hallo liebe Orgelgemeinde,
mich würde interessieren wie euch die Orgelwerke Max Regers zusagen. In Organistenkreisen genießt er ja eine abgöttische verehrung und es gibt nicht wenige Konzertorganisten die mindesten einmal sein gewaltiges Gesammtwerk zum Besten gegeben haben.
Also scheint es in dieser Musik etwas zu geben, was ganz toll sein muss, zu dem mir aber der Zugang fehlt. Ich empfinde seine Musik meist als bleiernen Klangbrei, bei dem man zufrieden ist wenn er aus ist (<-etwas übertrieben).
Am ehesten find ich Gefallen an seinen Fugen. Das erste Reger Stück was mich wirklich vom Hocker gehauen hat, aber war das Basso Ostinato aus Op.65.

Gibt es vielleicht besondere Aufnahmen die ihr empfehlen könnt und was fasziniert euch an seiner Musik?
Gruß,
Christoph
 
Ich mag an Reger den ungeheuren harmonischen Reichtum. Manchmal kommt die Melodie etwas kurz, aber harmonisch tut sich immer eine Menge.

Ansonsten habe ich persönlich nur die Bekanntschaft mit einem einzigen Stück geschlossen, nämlich die Romanze aus op. 80. Sie verlangt eigentlich wie alles von Reger, eine romantische Orgel mit Schweller und Walze usw. Obwohl ich dieses Stück zum C-Kurs-Abschluß gespielt hatte (zusammen mit Bach a-moll P&F BWV543), habe ich leider nur eine Aufnahme auf einer barocken Orgel, im Urlaub entstanden in Altenkirchen/Rügen - mit Stimmen von Besuchern der Kirche im Hintergrund. Egal, hier ist es:

[MP3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1235718244.mp3"]Romanze Reger[/MP3]
 
Ich mag an Reger den ungeheuren harmonischen Reichtum.
Gerade den find ich irgendwie belastend. Es wirkt so sinnlos und konstruiert auf mich. Dieser ganze Harmoniebrei führt irgendwie zu nichts, ist vllt gerade das was ihn auf mich so bleiern, schwer wirken lässt. Dabei liebe ich eigentlich "unkonventionellere Harmonien", verehre Messiaen, Alain, Distler etc., aber mit Reger werd ich einfach nicht warm.
Das ganze könnt mir ja relativ egal sein, aber da bei mir zur Zeit alle Stränge auf Kirchenmusikstudium zulaufen, beschäftigt mich das doch schon etwas....

Oft hilft es einem für das Verständniss für einer gewissen Musik weiter, wenn man sie unter einem anderen Blickwinkel betrachtet - gibt es da einen? Versucht hab ich schon, von Bach her, polyphon melodische Gedankengänge mitzuverfolgen, mit wenig Erfolg in Bezug dazu, dass es mir irgendeine Schönheit offenbart hätte. Dann vllt einfach in den Harmonien "baden", wie es bei mancher Musik zum Verständnis führt? Aber dafür ist seine Musik von der Struktur her doch schon wieder zu "neobarock"?!............
 
Ich glaube, die Freude an der Orgelmusik Regers kommt , wenn man älter wird und man öfter Reger gehört hat, (fast) von allein....

Ob die Freude daran durch's Alter kommt, weiß ich nicht, und glaube es auch nicht so recht. Aber ich habe gemerkt, dass beim eigenen Spielen der Spaß immer weiter dran wächst. Das Stück ist nicht so schnell "abgelutscht". Man merkt dann, dass es kein diffuser harmonischer Klangbrei ist, sondern dass in den Harmoniewechseln System steckt, der nur eben nicht so vordergründig ist.

Einfach einmal sich ein schönes Stück raussuchen und selber spielen, und aufgeschlossen dem gegenüber sein, dass man durch das Spielen seine Meinung ändert, das ist mein Tip.
Mir jedenfalls geht es so, gerade bei solchen erstmal ziemlich streng und unvermittelt wirkenden Harmoniewechseln.
 
Hallo Christoph,

ich kann Mindenblues nur zustimmen. Gerade bei neueren Komponisten (und Reger klingt zwischendurch eigentlich atonal auch wenn er Spätromantiker ist) kann es passieren, dass man sich eine freudvolle Rezeption hart erarbeiten muss. Der Spass ist aber nachher umso grösser.

Damit es gelingt, empfehle ich mit einfachen Werken anzufangen, also z.B. mit den op.135. Gut zu hören sind auch die 8 geistlichen Gesänge op.138.

Ich habe mir vor einiger Zeit das gesamte Orgelwerk Regers auf CD gekauft und mich "durchgegraben" u.a. auch, um auf Dauer Stücke für mich zu finden. Allerdings kratze ich noch an der Oberfläche. Ich finde es gibt so viel gute Musik darin zu entdecken und Reger ist so vielseitig.

Wenn Du KM studieren willst, kommst Du ohnehin nicht drumherum, denn

Bach und Reger muss man spielen, alles andere kann man spielen:D

Gruss LA
 
Hallo Christoph,

ich oute mich als Reger-Freak.

Allerdings hat das auch seine Zeit gedauert. Als erstes Stück habe ich vor Ewigkeiten die kleine d-moll Passacaglia auf CD gehört. Das fand ich toll, wegen der Nähe zu Bach. Dann habe ich die 1. CD aus der Gesamteinspielung von Rosalinde Haas gekauft...und war entsetzt. "Wachet auf" war noch ok, aber beim "Morgenstern" habe ich nicht mehr verstanden, warum das als gutes Stück gilt. Vielleicht ist auch die Aufnahme nicht so erhellend, ich spiele das selbst heute ganz anders. Jedenfalls habe ich aus Trotz x-Mal den Repeat-Knopf gedrückt, irgendwann kam mir das dann schon einleuchtender vor.

Aufnahmen? Genial finde ich immer wieder Heinz Wunderlich. Einige alte Aufnahmen in St. Jacobi in Hamburg kranken an der Orgel, sind nichtsdestoweniger gut gemacht. Später hat er mal in Schwäbisch-Hall aufgenommen, viel schönere Orgel. Grandios ist die relativ neue Aufnahme im Berliner Dom (op. 127 und BACH). Sehr schön auch die 3 Fantasien op. 52 mit Christoph Bossert in Giengen. Da gibt es wohl auch eine neue Version, ich habe nur die ältere. Heidi Emmert hat eine hübsche Aufnahme in Bonn gemacht, mit op. 52,1 ;op. 135b und kleineren Stücken. Aufnahmetechnisch überholt, mit einigen Fehlern, aber ergreifend schön ist eine alte Aufnahme aus den 40-ern mit Günter Ramin in der Thomaskirche, wo er den "Morgenstern" spielt.

Viele der kleineren Stücke sind auch zauberhaft. Oft sind es bei Reger auch in den großen Stücken so anrührend visionäre Momente, die Hoffnung auf eine besser Welt machen. A propos kleinere Stücke: in 2 Wochen spiele ich die Canzonetta aus op. 47 im Konzert, ein ganz bescheidenes und stilles Stück. Op. 47 gibt es auch einer schönen Aufnahme mit Käte van Tricht.

Viele Grüße
Axel
 
Auch ich muss sagen, dass ich Reger absolut gern höre und noch viel lieber spiele (am Klavier - für seine Orgelwerke reicht es bei mir nicht). Am Anfang ist Reger echt gewöhnungsbedürftig, und als mir meine Klavierlehrerin damals vor geschätzten 4 Jahren irgendein kleines vierseitiges Stück von Reger vorgeworfen hat, dachte ich erst einmal: "Was ist denn das für ein komisches Zeugs - und wie soll das mal gut klingen können?"

Je mehr ich mich in das Stück reingearbeitet habe, desto toller wurde das ganze und so nach und nach hat es Reger in den vergangenen Jahren geschafft zu einem meiner Lieblingskomponisten zu werden.

Leider ist der Gute in der heutigen Zeit irgendwie viel zu unbekannt/unbeliebt/ungespielt. Was ich aber andererseits irgendwie schon gut verstehen kann, weil seine wunderschöne Harmonik am Anfang in der Tat auch bei mir (und wohl bei fast allen anderen auch) eher abschreckend und erschlagend klang als wunderschön.

Schade, dass seine Bach-Variationen für Klavier, op. 81 so abartig schwer zu spielen sind:D. Sonst hätte ich mich da dran schon lange versucht. Aber immerhin seine kleineren Klavierstückchen sind halbwegs spielbar für mich. Und vielleicht wirds ja irgendwann sogar noch was mit mir an der Orgel...
 
Hallo liebe Orgelgemeinde,
mich würde interessieren wie euch die Orgelwerke Max Regers zusagen. In Organistenkreisen genießt er ja eine abgöttische verehrung und es gibt nicht wenige Konzertorganisten die mindesten einmal sein gewaltiges Gesammtwerk zum Besten gegeben haben.
Also scheint es in dieser Musik etwas zu geben, was ganz toll sein muss, zu dem mir aber der Zugang fehlt. Ich empfinde seine Musik meist als bleiernen Klangbrei, bei dem man zufrieden ist wenn er aus ist (<-etwas übertrieben).
Am ehesten find ich Gefallen an seinen Fugen. Das erste Reger Stück was mich wirklich vom Hocker gehauen hat, aber war das Basso Ostinato aus Op.65.

Gibt es vielleicht besondere Aufnahmen die ihr empfehlen könnt und was fasziniert euch an seiner Musik?
Gruß,
Christoph

Ein wirklich gut gespielter Reger ist kein Klangbrei. Leider wird Reger viel zu oft viel zu üppig registriert so dass es keinerlei Durchsichtigkeit gibt.
Desweiteren vertreten viele Organisten (und weiß Gott nicht nur C-Musiker, sondern auch gestandene A-Musiker), dass man bei Reger mehr "pfuschen" kann. Wenn ein Akkord verrutscht, kann man korrigieren, etwas länger aushalten. Die Tempi sind in der Romantik ja variabel. Und so wird so mancher Akkord mal etwas länger ausgehalten, bis alle Finger an der richtigen Stelle sind.... Das habe ich auch schon bei eigentlich exzellenten Organisten erlebt, die die am rumrühren waren.....

In Ostdeutschland durfte ich mal im Urlaub an einigen alten Orgeln spielen. Dort gibt es (leider oft in bedauernswertem Zustand) sehr viele romantische, grundtönige Orgeln. Oft kleinere Instrumente. Da drauf Reger - das stelle ich mir gut vor.
Aber Reger gespielt, mit einer Registratur als ob man ein Bach-Präludium vor sich hätte - schauderhaft (und leider hört man sowas ziemlich häufig).
 
Aber Reger gespielt, mit einer Registratur als ob man ein Bach-Präludium vor sich hätte - schauderhaft (und leider hört man sowas ziemlich häufig).

Aber was willste machen, wenn du eben nur eine barocke oder neobarocke Orgel, ohne romantische Spielhilfen, und mit mehr oder weniger scharfen Registern hast, mit denen keinesfalls ein orchestraler und/oder weicher Klang zustandegebracht werden kann? Konsequent wäre, auf Reger zu verzichten. Nur, gerade z.B. für C-Kurs-Prüfung, sind eben Stücke aus verschiedenen Stilepochen gefragt, nicht nur Bach...
Also was tun in der Not? Eben mit dem versuchen klar zu kommen, was man hat.
 
Aber was willste machen, wenn du eben nur eine barocke oder neobarocke Orgel, ohne romantische Spielhilfen, und mit mehr oder weniger scharfen Registern hast, mit denen keinesfalls ein orchestraler und/oder weicher Klang zustandegebracht werden kann? Konsequent wäre, auf Reger zu verzichten. Nur, gerade z.B. für C-Kurs-Prüfung, sind eben Stücke aus verschiedenen Stilepochen gefragt, nicht nur Bach...
Also was tun in der Not? Eben mit dem versuchen klar zu kommen, was man hat.

Ich weiß was Du meinst. Auch ich habe ein Regerpräludium auf einer barocken Orgel zum besten gegeben. Reger gilt als intellektuell und wenn man eine gute Note im C-Kurs haben will, dann sollte man Reger spielen, oder auch Karg-Ehlert - der gilt als die chicke, aber unbekannte Variante von Reger....

Ich verstehe nur die Hype um Reger nicht. Zudem er wirklich oft grottenschlecht gespielt wird. Aber Hauptsache man spielt Reger.

Im Gottesdienstalltag fällt Reger (überhaupt romantisch eingefärbte Stücke) bei den Zuhörern oft durch. Die wollen nette Stücke, die leicht verdaulich sind, die auf den Gottesdienst einstimmen bzw. selbigen stimmungsvoll beenden.
 
Hallo Atra,

na ja, ob Reger eine gute Note im C-Kurs garantiert? Ein schön gespielter Rheinberger oder sonst etwas wäre mir als Prüfer genauso lieb.

Für mein Empfinden verkraftet Reger neobarocke Diäten recht gut. Man muss es dann nur richtig machen. Einige gute Tips gibt es in dem lesenswerten Büchlein von Martin Weyer. Bei Karg-Elert ist das schwieriger, weil er mit ganz konkreten Farben einer romantischen Orgel rechnet.

Gut gespielt sein sollte es eigentlich immer! Andersherum: man kann auch Bach grottig spielen. Der Komponist kann aber nichts dafür, wenn jemand seine Stücke schlecht spielt, das kann man ihm nicht gut vorwerfen.

Was kommt bei den Leuten an? Da dürfte es sehr unterschiedliche Meinungen geben. Mir ist das relativ schnuppe. Natürlich, wenn jemand sein ganzes Leben nur Wildecker Herzbuben mit 2, maximal 3 Akkorden hört, dann ist jeder Nonenakkord - egal ob Reger oder nicht - verstörend... Würde mich nicht davon abhalten, Musik zu spielen, die ich für gut halte.

Grüße
Axel
 

Hallo Atra,

na ja, ob Reger eine gute Note im C-Kurs garantiert? Ein schön gespielter Rheinberger oder sonst etwas wäre mir als Prüfer genauso lieb.

Nun ja, man kennt die Prüfer, bei denen man ja schon vorher so nette Fächer wie Orgelkunde etc. hat..... Da muss man sich dann danach richten.

Würde mich nicht davon abhalten, Musik zu spielen, die ich für gut halte.

Grüße
Axel

Das ist einerseits richtig. Andererseits spiele ich im Gottesdienst nicht (nur) für mich sondern vor allem fürs Publikum. Und an die denke ich in aller erster Linie.
Natürlich spiele ich auch mal was romantisches und auch mal was atonales (ich liebe atonale Musik). Aber Lob bekomme ich nur bei "Altbewährtem": Bach, Buxtehude, Pachelbel evtl. auch mal ein Mendelsohn (aber der gefällt komischerweise schon ncith mehr jedem).
Und da ist sogar eine Klavierlehrerin in der Gemeinde. Wie meinte die nach so einem modernen Stück mal: Na ja, sie repektiere ja die Leistung, wäre ja bestimmt nicht einfach. Aber schön wäre was anderes.... (und dabei war das gar nicht hypermodern, das traue ich mich ja schon gar nicht).

Orgelmusik im Gottesdienst ist immer eine Gradwanderung. Und erst kürzlich beklagte sich ein Gottesdienstbesucher über die kunstvollen Choralvorspiele. Es wäre doch viel besser der Oranist würde unprätentiös die Melodie vorspielen, damit auch der musikalisch ungebildete Gottesdienstbesucher eine Chance hätte mitzusingen, vor allem bei unbekanntereren Liedern.
Da muss ich mir auch an die eigene Nase fassen. Unter Organisten gelten "einfache" Choralvorspiele als laienhaft, dilletantisch. Wer was auf sich hält figuriert kunstvoll....

LG Atra
 

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