Lernpsychologische Übungsoptimierung bei mehren Stücken

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Guest
Lernpsychologische Übungsoptimierung bei mehreren Stücken

Hallo,

ich habe ja nun eine neue russische Klavierlehrerin die richtig "abgeht". Derzeit muss ich drei Stücke üben: Bach Präludium BWV 999, dann noch ein Stück von Cornelius Gurlitt (eher unbekannt) http://www.youtube.com/watch?v=30uN9zllMes
Dieses Lied ist zwar nicht schwer, dennoch muss es gelernt werden.

und dazu noch etwas vierhändiges von Diabelli. Sie möchte dass ich möglichst schnell vorankommen, weil sie sagte "die Zeit ist knapp", was irgendwie so klang, als hätte ich nicht mehr lange zu leben. :(

Ich möchte ja auch schnell und effektiv vorankommen und unterstütze dieses Lernpensum. Nun übe ich morgens eine halbe Stunde, nachmittags eine Stunde und abends nochmal eine halbe bis dreiviertel Stunde. Dabei übe ich die Stücke getrennt, weil ich glaube, dass wenn Pausen zwischen den einzelnen Stücken liegen, dies lernpsychologisch besser ist, damit sich die Inhalte nicht vermischen. Habt Ihr Erfahrung mit dem gleichzeitigen Lernen von mehren Stücken? Gibt es da Tricks und Tricks? Ich spiele seit knapp einem Jahr.
 
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Ein "Trick" um Zeit zu sparen: Jede Stelle üben, bis sie perfekt sitzt, sie dann bis zum nächsten Tag nicht mehr anrühren und am nächsten Tag schauen: Sitzt die Stelle perfekt? Dann braucht sie nicht mehr geübt zu werden (weil die Bewegungen sicher abgerufen werden, wobei ich die Aussage "Eine Stelle sitzt dann perfekt, wenn man sie selbst dann nicht falsch spielt, wenn man es will" ziemlich passend finde). Ist sie noch unsicher, wird sie genauso intensiv geübt wie am Vortag, kein Schritt wird ausgelassen. Das selbe Ergebnis wird in kürzerer Zeit erreicht sein: perfekte Durchgänge. Am nächsten Tag erneut überprüfen etc.

Wenn du das mit deinem gesamten Material jeden Tag schaffst, wirst du jede Woche alles einüben können, was sie dir aufgibt, außer das Material ist wirklich anspruchsvoll oder mengenmäßig einfach zu viel. Wichtig ist, dass du am Ende genügend perfekte Durchgänge erreichst, damit das Unterbewusstsein sich die korrekten Bewegungen einspeichert.

Die Methode ist mir von Bernhard aus dem pianostreet.com-Forum bekannt, wobei man mit den ganzen Beiträgen dieses Benutzers dort eh Bücher füllen könnte, vor allem was Überoutine und -planung angehen.
 
Killymatrix Methode habe ich unter Zeitdruck für eine dreistimmige Bach-Invention benutzt und es ging recht gut. Allerdings war der Erfolg etwas oberflächlich. So ziemlich jedes Stück kann auf verschiedenste Weise gespielt werden und wenn man das nicht auslotet, kann man meiner Meinung nach nicht frei spielen sondern bringt einfach mechanisch das Übungsresultat. Für kurze Stücke ist es aber sicherlich hilfreich, nur muß man sich darauf einstellen, gegebenenfalls einige Stellen neu zu lernen, wenn man die musikalisch noch nicht auf den Punkt gebracht hatte.
 
Ja, aber man muss die Stellen doch auch aneinanderreihen!? Wenn ich nun Takt für Takt übe bis es "perfekt sitzt", hab ich doch noch das Problem, dass ich das Stück ja fließend spielen muss.
 
Dazu kommen dann halt die ganzen anderen Methoden, die z.B. Chang ja zuhauf in seinem Buch erwähnt: http://foppde.uteedgar-lins.de/contents.html#Inhalt

Die Kontinuitätsregel: Beim Üben eines Abschnitts immer eine oder mehrere Noten des nächsten Abschnitts miteinbeziehen - so übt man den Übergang immer mit. Wenn man direkt mehrere Noten miteinbezieht, wirkt das flüssige Weiterspielen einfach natürlich und irgendwann verschwinden die verschiedenen Einsprungpunkte und es fügt sich alles zusammen.

Natürlich ist die Arbeit nach dem reinen "In-die-Finger-kriegen" nicht abgeschlossen, aber wenn das schnell erledigt ist, kann man sich den Großteil der Zeit auf die musikalische Gestaltung konzentrieren und muss sich nicht mit Unsicherheiten beim Spielen herumärgern.
 
Hi,

beim Lernen passieren bio-chemische Prozesse und die benötigen natürlich ihre Zeit. Die Nervenzellen im Gehirn verändern sich sehr konkret, sie bilden z. B. neue Äste zu anderen Zellen. (man darf das Gehirn nicht mit einem Computer vergleichen, das ist ganz grundlegend falsch)

Es hat sich gezeigt, dass man am effektivsten Lernt, wenn dieser bio-chemische Prozess durch einen Lernreiz angeregt wird und ihm dann zur Ausbildung ca. einen Tag Zeit lässt und am nächsten Tag wieder auf gleiche Art neu stimuliert.

(Ist völlig logisch, dass das so funktioniert, da der Mensch am Tag neuen Reizen ausgestzt ist und diese dann beim Schlafen für den nächsten Tag verarbeitet werden, um in einer gleichen Situation dann besser reagieren zu können.)

Ausserdem ist es so, dass die Lernkapazität für unterschiedliche Reize sehr gross ist (nicht ausschöpfbar ist). Du kannst also pro Tag sehr viele unterschiedliche Dinge (Lernreize) lernen. (Ist auch wieder logisch, dass die Natur das so angelegt hat, weil, was soll ein Mensch der im Laufe des Tages irgendwann mal aussteigt und das Gehirn sagt jetzt geht nichts mehr)

Es ist aber sehr kontraproduktiv einen bestimmten Lernreiz ständig zu wiederholen, da dieser sozusagen nicht akkumulierbar ist. Die Nervenzellen haben den Prozess begonnen und da bringt es nichts sie ständig wieder zu stimulieren. (He, macht mal voran ;-) )

Deswegen bringt das endlose Üben immer wieder der gleichen Stelle nichts. Das hat bestimmt jeder schon mal beobachtet.
Lieber mehrere unterschiedliche Dinge üben (zeitlicher Richtwert pro Lernthema ca. 10-20min).

Gruß
 
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Also BWV 999 habe ich erstmal nach der Hälfte unterbrochen, weil es mir gerade bei diesem Stück sehr schwer fällt es auswendig zu lernen, weil alles relativ gleich ist und nur mal eine Note hoch oder runter geht. Jetzt habe ich die Paganini Variationen angefangen und kann das Thema nun innerhalb von 5 Tagen auswendig. Aber Bach macht mich wahnsinnig. Ich habe mir nun eine CD von das Wohltemperierte Klavier gekauft und finde es ja "ganz nett" aber mehr auch nicht. Kann es sein, dass ich Bach nicht mag? Es gibt ja soviele Bach Fans und mich würde mal interessieren, was die an seiner Musik finden?
Mir gefällt Schumann viel besser, oder Mendelssohn. Die streuben sich auch nicht so beim Auswendiglernen. Überhaupt würde ich lieber Stücke der Romantik spielen, aber meine KLavierlehrerin meint, erst sei Bach dran, weil Bach wichtig wäre für Motorik und Theorie usw.
Geht es Euch auch so, dass sich Bach Stücke schwer auswendig lernen lassen? Bei den meisten Stücken die ich gespielt habe (waren ja alles Anfängerstücke) ging das auswendiglernen gut. Nur bei Bach nicht, bzw. bei BWV 999.
 
Hi,

das wichtigste bei Musik ist Motivation.

Meine klare Meinung:
1.) Wenn du Bach (jetzt) nicht magst, dann spiel ihn nicht.
Was bringt das Musik zu spielen, die man nicht mag?
Man wird die nie gut spielen.

2.) Dir geht der beste Komponist der Welt verloren.

3.) Irgendwann wirst du seine Grösse erkennen, dann kannst du alles nachholen. ;-)

Ist übrigens sehr Off Topic.

On Topic:

Sehr effektiv ist es, mehrere (ca. 3-4) Stücke unterschiedlicher Grade gleichzeitig zu üben.

Also z. B. ein leichtes, ein mittelschweres und ein schweres.
Und für jedes investiert man täglich ca. 20min Übungszeit.
Bei den leichten und mittelschweren kommt man natürlich schneller voran, da muss man dann öfter (ca. jede Woche) neue Stücke auswählen wie beim schweren (ca. nach 1-3 Monaten oder Jahren ;-) ).

Die leichten Stücke führen zu hoher Motivation, da man schnell einen Fortschritt sieht und dadurch kann man beim schwierigen Stück länger dranbleiben. Ausserdem baut man schneller ein grösseres Repertoir auf und darum geht es ja eigentlich.


Gruß
 
Geht es Euch auch so, dass sich Bach Stücke schwer auswendig lernen lassen?

Jaaa, kann ich nur sagen, ich weiß aber nicht warum. Z.B. Schumann finde ich viel schwerer zu spielen, aber leichter auswendig zu lernen! Kann das einer erklären?
Ich denke, viel macht schon das Notenbild aus, ich durchgehe es wie eine Geschichte mit mehrern Szenen. Bei Bachstücken gleichen sich oftmals die Notenbilder und man braucht mehr theoretisches Wissen. Wer gut in Musiktheorie/Harmonielehre ist, wird wohl Bach schneller lernen. :p
Es ist nun mal so.

Klavirus
 
Sehr effektiv ist es, mehrere (ca. 3-4) Stücke unterschiedlicher Grade gleichzeitig zu üben.

Also z. B. ein leichtes, ein mittelschweres und ein schweres.
Und für jedes investiert man täglich ca. 20min Übungszeit.
Bei den leichten und mittelschweren kommt man natürlich schneller voran, da muss man dann öfter (ca. jede Woche) neue Stücke auswählen wie beim schweren (ca. nach 1-3 Monaten oder Jahren

also genau dass versuche ich zu vermeiden. ich bilde mir nämlich ein, dass gerade wenn man mehrere Stücke gleichzeitig spielt, am Ende vollkommen verwirrt ist und das Gehin alles durcheinander bringt. oder?
 
Also laut Bernhard auf pianostreet.com eher nicht. Er beschreibt dort eine Vorgehensweise, bei der man 15-20 Minuten täglich auf ein Stück verwendet und 10 Stücke gleichzeitig erarbeitet (er selber hatte mal erwähnt, dass er, da er alle Stücke, die er unterrichtet, auch selber lernt, umgerechnet täglich ein Stück lernt).

Solange man sich wirklich eine gute Viertelstunde mit einem Stück beschäftigt, sich vollkommen konzentriert und sich nicht ablenkt und das Stück dann einfach bis zum nächsten Tag beiseite legt, um sich nicht zu verwirren, sollte das möglich sein.

Wenn man natürlich 10 Präludien von Bach erarbeiten will... also da könnte ich mir dann trotzdem gut vorstellen, dass man sich irgendwann fragt, welches Stück man spielt, also eine gewisse Abwechslung würde ich da schon vom eigenen Interesse aus empfehlen. :p

Theoretisch kann man die gesamte Übezeit aber auch auf ein Stück verwenden. Anstatt 10x 2-4 Takte von 10 verschiedenen Stücken zu lernen, kann man somit täglich auch 20-40 Takte des selben Stücks lernen (oder mehr oder weniger je nach Schwierigkeit). Wobei verschiedene Stücke, die verschiedene Techniken abdecken, sicherlich auch zum Warmhalten der Technik praktisch sind.
 

Hi,

also am besten ist, das selber auszuprobieren.

Also z. B. 3 (nicht 10) Stücke unterschiedlicher Grade (natürlich nicht 10 Fugen von Bach) auswählen und gleichzeitig üben.
Dann nach 1-2 Wochen überprüfen welchen Fortschritt man gemacht hat und eventuell seine Methodik überprüfen/anpassen.

Wenns klappt, dann ist es ja gut, wenn nicht, muss man die Ursachen ermitteln. Das ist ganz wichtig, man muss lernen seine Art zu Üben sachlich an Hand konkreter Ziele zu überprüfen

Es gibt natürlich Unterschiede zwischen den Menschen, aber eigentlich zeigt die Wissenschaft, dass die sehr gering sind (z. B. bezüglich effektivem Lernen/Psychologie).
Die beobachteten Unterschiede rühren meistens daher, dass die Methoden unterschiedlich (oder sogar fehlerhaft) angewendet werden.

Das aller aller Wichtigste beim Lernen ist:

Man muss Lernen zu Lernen.

Und auch Lernen muss/kann man üben!

Konkret beim Klavierspielen bedeuted das, man muss folgenden Prozess lernen (ein KL hilft bei diesem Prozess oder nimmt ihn einem sogar ab, was aber schlecht ist):
Man nimmt sich ein neues Stück vor. Man analysiert das Stück. Man versucht heraus zu finden, was die Probleme (nicht nur technische) dabei sind (möglichst sortiert nach Schwierigkeitsgrad/Aufwand). Die Probleme mit dem höchsten Aufwand beginnt man zuerst zu lösen, damit man da am meisten Zeit investieren kann. Die Problemlösungen erfordern natürlich KnowHow (technische Übungen, Fingersätze, Interpretation, Einsatz von Metronom, etc.), das man sich z. B. durch eigene Experimente (meiner Meinung ganz wichtig), durch den KL, durch Literatur/Videos, dieses Forum, etc. aneignen muss.

Gruß
 
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Hi,

noch etwas:

Mehrere unterschiedliche Dinge zu lernen ist gut für das Gehirn und zwar deswegen, weil dann unterschiedliche Bereiche im Gehirn stimuliert/verändert werden.

Und nicht vergessen das Gehirn ist kein Computer, beim Lernen verändern sich die Nervenzellen oder es werden sogar neue gebildet. Dieser Prozess benötigt Zeit (Schlaf) und Energie (gutes Essen). Und sollte möglichst nicht durch negative Faktoren (Stress) gestört werden.

Gruß
 
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