Lernfortschritt bei erwachsenem Schüler

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8. Okt. 2006
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Hallo dem werten Forum,

ich bin 32 und nehme seit rund eineinhalb Jahren Klavier-Unterricht. Ein Spätling :-)

Hab grundsätzlich super freude am spielen. bin aber mittlerweile ein wenig enttäuscht von mir. hätte mir nach dieser lernzeit doch erwartet, nicht mehr nur das gefühl zu haben zu üben und nicht zu spielen...
auch mit der geschwindigkeit happerts noch volle. bin nach meinem gefühl viel zu langsam - wenn ich mir zb mal ein metronom nehm...

wie weiß ich ob ich sozusagen der zeitlichen lernkurve entspreche?
gibt es schulen/stücke nach denen man sich richtigen kann?
 
Hi!
Mich würde auch mal interessieren, ob es einen "Maßstab" gibt. Allerdings bezweifle ich, dass man sich - falls vorhanden - danach richten kann oder sollte. Wie du schon schreibst, ist es ein Unterschied, ob man ein Stück tatsächlich spielt, oder doch nur die Noten umsetzt. Diesen Grad kann keine Tabelle o.ä. erkennen.
Ich spiele auch erst seit etwa zwei Jahren Klavier und habe für mich entdeckt, dass ich die Stücke nicht mehr "nur" für meinen Klavierlehrer fehlerlos zu spielen lernen will. Vielmehr geht es mir darum, etwas aus den Stücken rauszuholen, ihren Kern zu erkennen und wiederzugeben. Das erfordert dann doch mehr Zeit als bloßes Notenspielen.

Hast du denn bei allen Stücken das Gefühl, zu langsam zu sein? Könnte es da sein, dass sie einfach noch nicht gut genug sitzen? Ich hab immer das umgekehrte Problem: Ich spiele Lieder, wenn sie einmal fest "in den Fingern sitzen" häufig zu schnell.
LG
Fanny
 
wie willst du dir denn einen Massstab vorstellen ???

Es kommt auf das Talent an und wie intensiv man übt. Ich bin selber 31 Jahre alt. Zum üben komme ich kaum. Es ist jetzt z.B: fast 2200 Uhr und ich bin gerade von der Arbeit nach Hause gekommen.
Selbst wenn ich wollte hätte ich nicht mehr den Kopf und dir Konzentration zu übern.

ANsonsten ist es nur Talent. Es gibt Leute, die lernen sehr schnell und andere brauchen länger.
 
Auf keinen Fall bist du mit 32 zu alt. Habe einen sehr musikalischen Schüler (allerdings ein großer Musikhaber und Arzt aD) , der bereits 70 ist und nach 8 Monaten bereits ein Menuett von Mozart und Bach spielt.

Meiner Meinung nach sind drei Dinge wichtig:
- motorisches Talent
- Fleiß und Motivation
- musikalisches Einfühlungsvermögen

Gerade in 2 und 3 solltest du besser da stehen, als Kinder. Ich persönlich unterrichte wesentlich lieber Erwachsene, weil sie schneller lernen!
 
... sinnhaftigkeit ...

ihr habt wohl schon recht. massstäbe bei klavierlehrlingen werden immer relativ sein.

ich glaub auch, jemand wie ich, der als erwachsenen beginnt zu lernen, mit einer ganz anderen begeisterung und lernwilligkeit dabei ist, als so manches von eltern geschicktes kind.

aber so groß das interesse auch ist und die lernwillikgeit begierieg... man hat halt doch immer wieder die großen schönen meister vor ohren und fragt sich, ob man jemals sein eigenen spiel mit ihnen hören wir - oder ob's ein traum bleibt und man das klavier lieber klavier sein lässt...?
 
Hallo Indifferent,

aber so groß das interesse auch ist und die lernwillikgeit begierieg... man hat halt doch immer wieder die großen schönen meister vor ohren und fragt sich, ob man jemals sein eigenen spiel mit ihnen hören wir - oder ob's ein traum bleibt und man das klavier lieber klavier sein lässt...?
Das wäre doch sehr schade! Wenn man im Erwachsenenalter anfängt Klavier zu spielen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Virtuosität der großen Vorbilder erreicht wird, wohl eher gering (von Ausnahmetalenten mal abgesehen). Aber ich denke, es geht doch nicht darum, so virtuos zu spielen wie zum Beispiel Liszt. Vielmehr geht es doch darum, Musik zu machen und mit den eigenen Fähigkeiten ein Klavierstück so zu gestalten, dass etwas ganz individuelles herauskommt. Meine Virtuosität ist auch nicht die Beste. Obwohl ich schon seit 7 Jahren Unterricht nehme, habe ich bei Stücken, die im höheren Tempo gespielt werden, große Probleme. Aber ich liebe diese Musik und auch, wenn ich sie nicht formvollendet spielen kann, bedeutet mir die Auseinandersetzung und das Spiel (und das meine ich hier wörtlich) sehr viel.

Laß Dir nicht die Freude am Klavierspiel nehmen indem Du Dich zu sehr unter Druck setzt. Das einzige wirklich wichtige am Klavierspiel ist die Freude, Musik zu machen. Als ich anfing Klavier zu spielen, habe ich mich auch immer mit den großen Meistern verglichen und bin dadurch in eine Ungeduld geraten, die mir fast das Spielen verleidet hätte. Inszwischen hat sich das gottseidank geändert. Jetzt bin ich manchmal erstaunt, wie ich jedesmal, wenn ich an meinem aktuellen Stück arbeite, etwas neues entdecke.

Und noch etwas zu Deinem Lernstand: Am Anfang kommt es Dir so vor, dass Du nicht richtig vom Fleck kommt. Aber irgendwann tritt so etwas wie ein Multiplikationseffekt ein und eh Du dich versiehst spielst Du ein wesentlicher komplexeres Stück, als Du dir im Augenblick vorstellen kannst.

Liebe Grüße
Kerstin
 
Hallo Indifferent (und alle Anderen),
ich habe mit 59 Jahren nach über 40 jähriger Pause und der Übernahme eines alten Klaviers wieder mit dem Spielen begonnen und bekomme seit Januar Klavierunterricht.

Mit dem Fortschritt ist das so eine Sache: Relativ schnell (schon, weil hoch motiviert) habe ich den Level von Stücken wie Schumann Album für die Jugend, leichte Sonatinen usw. erreicht. Derzeit übe ich etwas schwierige Literatur (Schumann, aus Kinderscenen - natürlich auch die Träumerei -, Mozart, F-Dur Fantasie, Brahms, verschiedene Walzer usw.). Probleme bereiten mir immer mehr 2 Bereiche: Zum einen stoße ich altersbedingt (auch wegen etwas Athrose in den Daumengelenken) auf Geschwindigkeitsbarrieren und andererseits lässt wohl im fortgeschrittenen Alter sowohl die Merk- als auch die Konzentrationsfähigkeit nach. So muss ich nach einem 2wöchigen Urlaub Stücke, die ich zu beherrschen glaubte, wieder einüben. Allerdings nach 1 Woche geht es dann wieder. Bei der Konzentration zeigt sich häufig, dass immer wieder die gleichen Fehler gemacht werden.

Haben andere Spieler meines Alters ähnliche Erfahrungen?

Gruß
 
AlfMe,
es ist glaube ich bei uns älteren (bin noch 4 Jahre älter als Du) ähnlich, weil wir weniger intensiv üben, weniger Gesamtzeit meine ich als im jüngeren Alter.
Dafür haben wir aber doch mehrere Vorteile:
Wir können vieles schon fast vom Blatt lesen, weil wir es aus der jahrelangen Erfahrung schon durch wiederholtes Hören kennen.
Wenn bei mir Schwierigkeiten der Technik auftauchen, dann meistens, wenn ich zu genau spielen möchte.
Wenn ich eingespielt bin, was ca 1/2 Std. bis 1 Std dauert, laufen viele Passagen von selbst, die sonst nicht klappen. Aber beim Ausschalten des starken Willens, genau zu spielen, kommen die eingeübten Fingerfertigkeiten wieder zum Vorschein und das Spiel wird flüssiger und fehlerfreier.
Das merke ich besonders bei der Waldsteinsonate und ihren schwierigeren Passagen, die ich mit 17 schon auswendig spielen konnte, aber nun nicht mehr.
Bei neu eingeübten Stücken habe ich Deine Beobachtungen so noch nicht gemacht, weil ich zunehmend Stücke vom Blatt recht gut kann, und bei Problemen häufig darüber hinwegspiele, wenn ich nicht exakt einüben möchte.
Ich spiele meist nur für mich selbst.

Gruß Hartwig
 
Zitat von KerstinHH:
Aber ich denke, es geht doch nicht darum, so virtuos zu spielen wie zum Beispiel Liszt. Vielmehr geht es doch darum, Musik zu machen und mit den eigenen Fähigkeiten ein Klavierstück so zu gestalten, dass etwas ganz individuelles herauskommt.

hallo in den norden,

danke für deine netten zeilen. haben mich getroffen ;-)

aber genau wie du schreibst würd ich endlich gerne musik machen. du hast schon recht dass nicht virtuosität das ziel sein soll. aber eben die musik und ihre farben und emotionen. nur genau das bekomme ich nicht. ich übe - aber ich spiele nicht. ich habe nicht das gefühl zu musizieren sonder mich anzustrengen. ich schlage mehr oder weniger richtig stück für stück an.

kommt das fließen einmal oder sollte das schon da sein?
 
Super Tipp Stephen :wink:
 

Ich würde mir an deiner Stelle keine Gedanken machen, Indifferent.
Um musikalisch spielen zu können, fallen mir zwei Grundvoraussetzungen ein:
1. Musik verstehen können. Das kannst du sicherlich, da du ja eine bestimmte Vorstellung davon hast, was musikalisch spielen ist. Wenn du Musik hörst und sie dir gefällt, dann ist das ja auch schon eine Form des Verstehens.

2. Das technische Handwerkszeug um Musik, die im Kopf verstanden wird, über die Nerven und Finger auf die Tastatur zu übertragen; dabei sich selbst zuhören können um durch akustisches Feed- Back das IST an das SOLL anzunähern.

Der Punkt 2 beinhaltet meines Erachtens auch eine Zeit lang unmusikalisch Üben, das macht gar nichts. Es ist eher wie bei jeder Tätigkeit oder Kunst: beim Erlernen des Handwerkszeugs macht man erst mal Rückschritte.

Als Analogie hierzu beispielsweise beim Kampfsport: wer von Karate, Taekwon- Do etc. nichts weiß, wird im Ernstfall sehr spontan und zielgerichtet reagieren und sich bei einem Angriff mehr oder weniger gut wehren. Ein Anfänger im Kampfsport lernt dann erst mal verschiedene Stellungen, saubere Grundtechniken als Abwehr oder Angriff, fest vorgeschriebene Hand- und Fußtechniken. In dieser Phase läuft er Gefahr, falsch zu reagieren, wenn er mal angegriffen wird, da er lauter gekünstelte Bewegungen einstudiert hat. Erst nach einigen Jahren intensiven Trainigs beginnt er die neu erlernten Bewegungen in seinen Schatz von natürlichen Bewegungen mit aufzunehmen, die Techniken sind in Fleisch und Blut übergegangen. Jetzt ist er in der Lage im Ernstfall wieder spontan und richtig zu reagieren, nur mit nunmehr viel besserem Handwerkszeug.

Auf dem Klavier geht es ähnlich. Einem Anfänger zuzuhören macht meistens keinen Spass; er ist meist im Bewußtwein sehr damit beschäftigt die richtigen Tasten zu treffen, verschiedene Finger voneinander unabhängig zu koordinieren, etc. Da bleibt keine Geisteskapazität übrig um an eine bestimmte Stimmung zu denken, die das Stück vielleicht ausdrücken will. Erst nach einigen Jahren intensiven Übens ist er in der Lage sein erlerntes Handwerkszeug spontan anzuwenden und er kann sich ganz darauf konzentrieren Emotionen zu vermitteln.
Es lohnt sich auf jeden Fall bis zu diesem Moment durchzuhalten, fleißig zu üben und nicht aufzugeben :wink:

Der Hartmut
 
Hallo Indifferent!

Zunächst einmal stimme ich Hartmut voll zu, du musst dir im Moment noch keine Gedanken machen.

Hier noch ein Tipp von mir:
Suche dir ein oder zwei Stücke aus, die du schon geübt hast und die dir am besten gefallen. Die übst du jeden Tag oder zumindest regelmäßig, je nach Zeitkonto. Die brauchst du dann nicht mehr intensiv zu üben, sondern nur mal durchspielen. Viele Leute wiederholen alte Stücke, allein schon um sich einzuspielen, bevor sie mit dem aktuellen Stück beginnen.
Natürlich kannst du sie auch anschließend üben.
Auf diese Weise macht das Klavier mehr Spaß, weil du dann ein Erfolgserlebnis hast. Die Stücke gelingen dann auch fließender und du kannst dich mehr mit dem Ausdruck beschäftigen.
Selbstverständlich musst du zur Zeit noch viele neue Stücke lernen, allein der Techniken wegen. Nach eineinhalb Jahren Klavierunterricht gelingt das aber kaum jemanden, alles, was man neu gelernt hat zu verarbeiten. Dafür muss man einfach zu viel dazulernen.
Deshalb würde ich mich erst auf ein "Lieblingsstück" konzentrieren, da du immer mal wieder spielst. Du wirst nach ein paar Wochen merken, dass du dich dabei immer weniger konzentrieren musst und vieles von selber läuft.
 
Zitat von Katze:
Deshalb würde ich mich erst auf ein "Lieblingsstück" konzentrieren, da du immer mal wieder spielst. Du wirst nach ein paar Wochen merken, dass du dich dabei immer weniger konzentrieren musst und vieles von selber läuft.

Und wieder ein Grund mehr dieses Forum einfach zu mögen :-D
Manchmal muss man einfach von anderen hören/lesen um selbst zu sehen...

Es stimmt natürlich total. seit einiger Zeit habe ich zwei, drei kleine Stücke die ich beinah auswendig spiele und für meine verhältnisse schnell und nett spiele. aber die hab ich bisher nie gezählt weil ich immer dachte "es kann ja nicht sein, dass ein ein anfänger-übungsstück ein monat üben muss bis ich es spiele". aber ich hab freude an diesen da ich bei ihnen genau das gefühl hab zu spielen - und oh welch überraschung: wenn jemand zu hört, spiel ich diese stücke ;-)
 
Stimme Katze voll zu. Ich spiele einfache Stücke seit 20 Jahren immer wieder und immer wieder machen sie mir Spaß. Gerade bei einfachen Stücken hat man den Kopf völlig frei für die Musik und kann "sich selbst" genießen.
 
Hartmut und Katze sagen es mit anderen Worten, was ich oben als Beispiel mit der Waldsteinsonate meinte:

Ausdruckvolles, automatisches Spielen auch von schwierigen Passagen kommt erst nach langem, langem Üben, wenn sich das Tastensuchen und Richtigefinden automatiesiert hat.
Bei gutem Fingersatz kann dann die Technik auch noch verfeinert werden.

nur Mut und Weiterüben :) :keyboard:

Gruß Hartwig
 
Hallo Indifferent,

ich wollte Dich mit dem was ich geschrieben habe nicht demotivieren, im Gegenteil. :) Aber Katze und Hartmut haben es noch klarer ausgedrückt. Und Du hast es inzwischen ja auch schon gemerkt. Eigentlich spielst Du ja ein paar kleinere Stücke schon wirklich nach Deinen Vorstellungen.

Mir hilft es manchmal, wenn ich des Übens müde bin oder wenn ich das Gefühl habe, ich komme nicht voran, das Stück, das ich gerade "bearbeite" zur Seite zu legen und einfach auf dem Klavier herumzuklimpern ohne an ein bestimmtes Stück zu denken. Manchmal fange ich damit an, Kadenzen zu spielen, oder ein paar arpeggierte Akkorde oder ich versuche einfach mal aus dem Kopf ein oder zwei Takte aus meinem Stück zu spielen, diese vielleicht rhytmisch umzubauen oder mit einer anderen Dynamik. Das mache ich einfach nur zum Spaß oder manchmal auch, um dem Stück, das mir nicht so recht gelingen will, symbolisch die Zunge rauszustrecken, frei nach dem Motto: "Und ich krieg dich doch!" Außerdem geht mir dann vor lauter Üben das spielerische der Musik nicht verloren und ich gehe das nächste Mal entspannter an mein Stück.

Liebe Grüße
Kerstin
 

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