"langsam spielen"

  • Ersteller des Themas chiarina
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Lieber Manfred,
schau mal, die Sache ist doch ganz einfach: Das langsame Spielen soll dem Kennenlernen und der Wahrnehmung dienen und das Hören schulen. Was passiert da alles im Stück? Beim langsamem Spielen ist aber das Taktgefühl schon wichtig und man sollte auch in der Lage sein, das ganze Stück im gleichmäßigen Tempo zu spielen. Dann allmählich das Stück auf das gewünschte Tempo bringen. Sehr oft spiele ich Stücke , die ich schon recht schnell spielen kann, zwischendurch immer mal wieder bewußt langsam, um den Klang wahzunehmen.
Es ist ein Unterschied, ob ich langsam spiele, weil ichs nicht schneller spielen kann oder ob ich um des bewußten Hörens willen langsam spiele. Beim Schnellerspielen liegt für mich der Schwerpunkt auf der Motorik und dem Abspeichern und Automatisieren der Bewegungsabläufe. Das ist aber eine ganz andere Baustelle. Im Grunde genommen bilden sich ständig verändernde Wechselwirkungen zwischen meinem Hören und meinem Spielen. Optimal ist natürlich, wenn ich von meinen spielerischen Fähigkeiten in der Lage bin, ein Stück so zu spielen, wie ich es mir vorstelle. Also wie ein Bildhauer, der eine Figur formt. Aber dazu muß er sein Handwerk beherrschen.
 
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Liebe Leute,

ich möchte mal meinen Erfahrungsschatz und meine Ausdrucksmöglichkeiten erweitern :p !

Ich habe nämlich schon lange festgestellt, dass bei Anfängern und manchmal auch bei schon etwas fortgeschritteneren Schülern die Aufforderung "langsam spielen" wenig Sinn macht. Es fällt vielen Schülern unglaublich schwer, wirklich langsam zu spielen! Besonders (sorry, liebe Erwachsene, bitte nicht böse sein!!! ) Erwachsenen, die vielleicht manchmal etwas ungeduldig sind. :) (Es geht mir nicht um langsame Sätze o.ä., sondern um Stücke oder Stellen, die auch mal in langsamem Tempo geübt werden sollen.)

Ich benutze diesen Begriff "langsam spielen" zwar nach wie vor, verwende aber auch andere, die auf Erfahrungen der Schüler aufbauen. Z.B. nützt bei vielen der Ausdruck "Zeitlupe" etwas, weil sie im Fernsehen bei Sportübertragungen (Fußball...) schon oft so etwas gesehen haben. Bei kleinen Kindern hilft der Begriff der "Schnecke". Auch ein Fluss, der träge daher fließt, hat als Bild schon den erwünschten Effekt gehabt. In bestimmten Zusammenhängen kann auch der Hinweis auf lang oder länger klingende oder zusammenklingende Töne (Zuhören!) hilfreich sein. Die Begriffe müssen also mit gemachten Erfahrungen der Schüler zu tun haben, so meine Erfahrung :p, um die Klangvorstellung eines langsamen Tempos zu wecken.

Natürlich singen/spielen Kinder schon von Anfang an Stücke/Lieder in verschiedenen Tempi, klatschen und klopfen diese etc. etc..

Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie geht ihr damit um und welche Ausdrücke benutzt ihr?

Das Metronom würde ich gern hier ausklammern. Mir geht es um die Sprache. Ich freue mich auch sehr, wenn hier viele Erfahrungen ausgetauscht werden, besonders auch von Schülern!

Liebe Grüße !!! :)

chiarina

Hallo Chiarina,

meine Erfahrung, ganz allgemein, (Natur)-Langsamkeit ist schwer (sich) beizubringen. Wenn ein Erwachsener sich dahin drillte, gedrillt wurde, zb vor allem etwas zu können, möglichst ohne viel dazwischen, dann wird das schwer bis fast unmöglich sein, diese Erfahrung des schnell schnell dieses Tun im Tun selbst abzubremsen und innezuhalten. Ganz generell. Zuviele Bilder laufen da mit.

Was vielleicht auch fehlt, ist die Erfahrung, dass dieses Abbremsen, Leisertreten auf lange Sicht etwas bringen könnte, vielleicht mehr als das ständige momentanges schnell(er).
Diese Erfahrung lassen viele Menschen nicht zu oder haben nicht die Erfahrung gemacht, sie sich machen zu lassen. Sie blinzeln ständig mit den Augen ohne einmal länger zu schauen. Die Ohren sind oft sowieso zu.
Da spielen andere verinnerlichte Bilder eine Rolle.
Und die wesentlichen sind nach hinten gedrängt. Und erhalten selten die Chance an der Oberfläche zu erscheinen. Und auch zu bleiben.

Liebe Grüße
 
Hallo Chiarina,

meine Erfahrung, ganz allgemein, (Natur)-Langsamkeit ist schwer (sich) beizubringen. Wenn ein Erwachsener sich dahin drillte, gedrillt wurde, zb vor allem etwas zu können, möglichst ohne viel dazwischen, dann wird das schwer bis fast unmöglich sein, diese Erfahrung des schnell schnell dieses Tun im Tun selbst abzubremsen und innezuhalten. Ganz generell. Zuviele Bilder laufen da mit.

Was vielleicht auch fehlt, ist die Erfahrung, dass dieses Abbremsen, Leisertreten auf lange Sicht etwas bringen könnte, vielleicht mehr als das ständige momentanges schnell(er).
Diese Erfahrung lassen viele Menschen nicht zu oder haben nicht die Erfahrung gemacht, sie sich machen zu lassen. Sie blinzeln ständig mit den Augen ohne einmal länger zu schauen. Die Ohren sind oft sowieso zu.
Da spielen andere verinnerlichte Bilder eine Rolle.
Und die wesentlichen sind nach hinten gedrängt. Und erhalten selten die Chance an der Oberfläche zu erscheinen. Und auch zu bleiben.

Liebe Grüße

Liebe pormula,

sehr schön, was du da schreibst! Ich glaube auch, dass es oft so ist.

Die Erfahrung, dass "langsam spielen" etwas bringt, können die Schüler im Klavierunterricht machen. Meine kommen manchmal ganz verzweifelt in den Unterricht, weil etwas nicht funktioniert und sind dann völlig erstaunt, wenn sie es nach 5 min. können. :D Langsam spielen ist dabei eines der "Wundermittel" :D . Steter Tropfen höhlt den Stein - irgendwann haben sie es dann gelernt :p .

Liebe Grüße

chiarina
 
Hallo zusammen,

Ich habe nämlich schon lange festgestellt, dass bei Anfängern und manchmal auch bei schon etwas fortgeschritteneren Schülern die Aufforderung "langsam spielen" wenig Sinn macht. Wie geht ihr damit um und welche Ausdrücke benutzt ihr?

Ich bin auch kürzlich auf eine "Methode" gekommen, und zwar: sich bildhaft vorstellen, alle Noten wären als "halbe Noten" notiert, und so sollte man es auch spielen. Hat bei mir selbst von Fleck weg prima geklappt, erfordert allerdings wohl ein wenig bildhaftes "Vorstellungsvermögen".

Auf jeden Fall - verschludert man selten eine "halbe Note", und gibt ihr eher selten das notwendige Gewicht und die notwendige Gestaltung. Und das ließ sich (zumindest bei mir) beim Üben auf Achtel/Sechzehntel-Passagen prima übertragen. Langsamkeit umzusetzen wurde so "ganz einfach".

Vielleicht könnte das auch in dem einen oder anderen Fall helfen...

Viele Grüße
Dreiklang
 
Ich übe langsam um z.B. Bewegungen besser kontrollieren zu können, oder auch um ganz genau hinzuhören.
Für mich macht es gar keinen Sinn mir z.B. statt 16-teln Halbe vorzustellen. So ziehe ich doch nur meine Aufmerksamkeit vom Wesentlichen ab.

Wenn ich bewusst langsam spielen möchte dann nehme ich mir entweder vor in Zeitlupentempo zu spielen, dann wird es meist "nur" langsamer, aber nicht wirklich langsam, oder ich spiele Ton für Ton wie eine lange Melodielinie beim Singen. Dort mus ich auch jeden Ton aussingen und kann nicht einfach über einzelne Töne "hinwegpfuschen".

Als Anfänger habe ich zum langsam Üben alles in kleinste 16-tel- oder 32-tel-Einheiten unterteilt, d.h. in der kleinen Einheit langsam gezählt. Das war vor allem bei langsamen Sätzen sehr sinnvoll, da so jeder Ton seinen "Wert" und sein "Gewicht" bekommt.
 
Wie kann man einen Erwachsenen beibringen, langsam zu spielen?

Liebe Chiarina,

ich denke der andere Faden ( die Chemie mit dem Lehrer) gibt Dir ein paar Anregungen, die Deine Frage beantworten können.

Erwachsenen, zumeist die Spätanfänger wollen spielen wie die Großen. Das heißt, sie kommen von Anfang an mit Ansprüchen, denen sie im großen und ganzen nicht gerecht werden können, weil sie mit der Zeit merken, wie mühselig der Weg ist und sie an ihre Grenzen kommen: nicht mehr so schnell lernen zukönnen, bereits Fachmann in seinem Beruf, vielleicht sogar Leiter einer Fima ...., Lebenserfahrungen, eine Familie bewegt, Kinder bekommen, ...... tausend Dinge, die ein Erwachsener bewegt (hat mit Erfolg), meistens ganz selbstverständlich + der Psychoblabla.

Es gilt dem erwachsenen Schüler aus dieser verzwackten Situation in eine Stille zu führen, die er nicht gewohnt ist. Viele können nichts in Ruhe tun. Aber das ist oberstes Gebot beim Erlernen einen Instrumentes, jedenfalls beim Klavier. Ruhe, Einsamkeit, Detailarbeit, sich sozusagen in ein Nirvana begeben. Was neues Lernen heißt was anderes zur Seite legen. Meistens bedenkt es niemand.

Auch muß der Schüler vom Klavierlehrer geführt werden, immer wieder geführt werden wie ein kleines Kind: "Mach das so. So ist es gut. Auch die Großen machten es so, als sie angefangen haben - jeden Tag, von morgens bis abend. Ich auch!"

Vielleicht wäre ein Einführungsgespräch angebracht. Eine professionelle Einführung kann das Minderwertigkeitsgefühl von Anfang dämpfen oder gar nicht erst auf kommen lassen. Das Langsam spielen (erarbeiten) ist oberstes Gebot. Eine Tip-Tafel an der Wand oder als Kopie den Schüler mit in die Hand zu geben mit der Überschrift

"Ein Musiker sollte mit der Zeit so arbeiten wie der Bildhauer mit dem Ton" kann hilfreich sein.

Gedanken auf der Klavierbank
1. unter der Zeitlupe betrachtet
2. Pausen braucht das Gehirn
3. Kontrolle
4. ein Stück vom Notenblatt abschreiben
5. blind gewinnt

Jeder gute Lehrer kennt weitere Tips oder in anderer Form.
Wieviele habe ich schon aus dem Forum bekommen. Leider muß der Mensch sie jeden Tag aufs neue lesen. Es hat seinen Grund, warum in den Religionen mindestens 3 x am Tag gebetet wird. Weil der Mensch vergißt. Das ist einfach so!

Solche Tips kann der Schüler sich über sein Klavier hängen oder irgendwo in der Nähe. Oder sie hängen in der Schule, an der Eingangstür, da wo er vorbei muß.
Pause - Ruhe - Lassen - ... das suggeriert und ist etwas Persönliches vom Lehrer, sozusagen eine Brücke. Braucht sicherlich nicht jeder, mancheiner gewiß. Mir helfen solche Tips sehr.

herzlicher Gruß
Kulimanauke
 
Liebe Chiarina,

ja das ist spannend!

Tempo und Zeit finde ich ein ganz eigenes Thema. Je variabler ich damit umgehen kann, um so tiefer kann ich eindringen in die Musik.

Mein Freund ist Jazzschlagzeuger-das finde ich immer wieder genial weil ich von ihm diesbezüglich immer so gute Anregungen bekomme.

Unser letzter Austausch war der über das Hören der Zwischenräume: Also die Konzentration auf die Pausen zwischen den Klängen zu richten (beim Schlagzeugunterricht ist das natürlich anders, aber auch beim Klavierspielen funktioniert das)

Eine zeitlang habe ich sogar Conga im Klavierunterricht gespielt .

Ich habe gar nichts "erklärt" sondern einfach verschiedene Tempi gespielt.

Die Schüler sollten ihr Stück meinem Tempo anpassen.

Das war dann für einige eine ganz neue Erfahrung.

Ich spiel zwar nicht gut Conga...aber immerhin es war ein lebendiger Hintergrund, nicht so als würden sie mit Metronom üben.

Man kann Accellerando machen oder ritardando-ultralangsam spielen, Betonungen machen, unterschiedliche Taktarten etc.

Ausserdem musste ich nicht soviel reden-auch sehr angenehm-sondern der Schüler musste nur hören und reagieren.

und vieles hat plötzlich super geklappt was durch reden oder Vormachen nie diese Wirkung hatte.

Viele Grüße

Sweetchocolate
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Unser letzter Austausch war der über das Hören der Zwischenräume: Also die Konzentration auf die Pausen zwischen den Klängen zu richten (beim Schlagzeugunterricht ist das natürlich anders, aber auch beim Klavierspielen funktioniert das)

Eine zeitlang habe ich sogar Conga im Klavierunterricht gespielt .


Liebe sweetchocolate,

das ist toll! Ich habe mir früher schon immer eine Conga gewünscht (habe wenigstens selbstgebaute Trommeln) , nur sind die echten wirklich teuer. Ich dirigiere/klatsche... dafür dann öfters mit meinen Schülern :D .

Auf die Pausen zwischen den Tönen zu hören, ist besonders wichtig bei staccati (auch unabhängig vom 'langsam spielen'). Beim legato dann natürlich auf den leiser werdenden Klang bzw. das Ende der Töne.

Dann dürfte es auch nicht mehr so schwierig sein, langsam zu spielen, denn die Ohren haben gut zu tun. :p

Liebe Grüße

chiarina
 
Auf die Pausen zwischen den Tönen zu hören, ist besonders wichtig bei staccati

Noch viel wichtiger ist, auch bei staccato auf die Verbindung zwischen den Tönen zu hören!

Der Begriff "Pause" kann für Schüler irreführend sein und dazu führen, daß statt Phrasen-Wahrnehmung "abgehackt" gespielt wird. Pausen gibt es, auf der realen Klangebene betrachtet statt vom Notenbild her, nur zwischen einer Phrase und der nächsten, nicht aber innerhalb einer Phrase.

Zwischen Staccato-Tönen ist meist in Wirklichkeit keine Pause (wenn man Pause definiert als "es erklingt nichts"); es gilt, auf den Nachklang des letzten Tones zu hören, um dann mit dessen Hilfe eine klangliche Verbindung zum nächsten herzustellen.

LG,
Hasenbein
 
Noch viel wichtiger ist, auch bei staccato auf die Verbindung zwischen den Tönen zu hören!

Der Begriff "Pause" kann für Schüler irreführend sein und dazu führen, daß statt Phrasen-Wahrnehmung "abgehackt" gespielt wird. Pausen gibt es, auf der realen Klangebene betrachtet statt vom Notenbild her, nur zwischen einer Phrase und der nächsten, nicht aber innerhalb einer Phrase.

Zwischen Staccato-Tönen ist meist in Wirklichkeit keine Pause (wenn man Pause definiert als "es erklingt nichts"); es gilt, auf den Nachklang des letzten Tones zu hören, um dann mit dessen Hilfe eine klangliche Verbindung zum nächsten herzustellen.

LG,
Hasenbein

Lieber hasenbein,

ich stimme dir grundsätzlich zu. In der Praxis allerdings hat sich zumindest bei mir der Tipp, bei dem Spiel von (manchen) staccati auf die Pause zwischen diesen zu hören, als unschlagbar erwiesen. Und die Pause als "Nicht-Klang" gibt es so gut wie immer nach staccati (da bin ich anderer Meinung als du)! Selbstverständlich geht es dabei auch um das Ende der staccati.

Das Problem ist manchmal bei staccato, dass Schüler nur auf den Anfang der einzelnen staccato-Töne hören. Dabei kann auch rhythmisch der Puls verloren gehen. Die Verbindung, die natürlich wichtig ist, war zumindest bei meinen Schülern in diesem Kontext noch nie das Problem, sondern der Klang des staccato selbst, sein Ende und die Pause dazwischen, die als Gesamtgefüge in einem rhythmischen und melodischen Kontext stehen.

Kaum hört der Schüler auf die Pause, stimmt alles - so meine Erfahrung.

Liebe Grüße

chiarina
 

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