Koordinationsprobleme beider Hände

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Petrah

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7. Sep. 2020
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Liebe Forumsmitglieder,
mein 11 Jahre alter Klavierschüler hat große Schwierigkeiten, linke und rechte Hand gleichzeitig einzusetzen. Er hat seit einem Jahr Unterricht, kann auch einfachere Melodien mit der rechten Hand spielen, aber sowie links etwas dazukommt - außer einem einfachen Akkord z.B. - klappt nichts mehr. Eine starke Sehschwäche ist durch eine Brille korrigiert und gerade neu angepasst worden, ich habe das als Ursache hinterfragt. Was kann ich tun, um zu helfen? Gibt es spezielles Notenmaterial für solche Fälle? Liebe Grüße und danke für alle Hinweise,
Petrah
 
Was hat eine Sehschwäche mit der Handkoordination zu tun? Das doch nur, wenn ausschließlich nach Noten gespielt werden soll (womöglich auch noch "vom Blatt"?). Da nützt neues Notenmaterial auch nichts.
Ist das Problem auch da bei auswendigen Stücken?
 
Mir stellen sich zunächst Fragen:

Hast du den Schüler von Anfang an selbst unterrichtet oder ihn von jemandem anders übernommen?

Hat der Junge auch in anderer Hinsicht Koordinationsprobleme, d.h. bewegt er sich merkwürdig?

Wie ist es im Sportunterricht?

Solch einen extremen Fall habe ich bisher noch nicht erlebt. Wie würde ich da vorgehen? Vermutlich so:

- Lasse den Schüler die rechte Hand spielen, während die linke Hand verschiedene unabhängige Bewegungen macht, z.B. nach einer Fliege schnappen, durchs Haar streichen, etwas schreiben usw.

- Du hast geschrieben, einzelne Handlungen links seien für den Jungen machbar. Versuche doch einmal, dieses „Repertoire“ an Bewegungsmöglichkeiten Schritt für Schritt zu erweitern, z.B. zunächst komplementär zur rechten Hand, also „in Pausen hinein“ spielen, später auch komplexer.

- Lasse den Schüler die rechte Hand spielen, während die linke Hand verschiedene unabhängige Bewegungen macht, z.B. nach einer Fliege schnappen, durchs Haar streichen, etwas schreiben usw.
 
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Liebe Forumsmitglieder,
mein 11 Jahre alter Klavierschüler hat große Schwierigkeiten, linke und rechte Hand gleichzeitig einzusetzen. Er hat seit einem Jahr Unterricht, kann auch einfachere Melodien mit der rechten Hand spielen, aber sowie links etwas dazukommt - außer einem einfachen Akkord z.B. - klappt nichts mehr. Eine starke Sehschwäche ist durch eine Brille korrigiert und gerade neu angepasst worden, ich habe das als Ursache hinterfragt. Was kann ich tun, um zu helfen? Gibt es spezielles Notenmaterial für solche Fälle? Liebe Grüße und danke für alle Hinweise,
Petrah

Lieber Petrah,

aus der Ferne ist eine Problemlösung immer schwierig, daher nur ein paar Ideen, die von verschiedenen Seiten an das Problem herangehen:

Gleichzeitig spielen zu können setzt voraus, gleichzeitig hören zu können. Dein Schüler hört wahrscheinlich nicht die Klänge, die sich beim Zusammenspiel in vertikaler Richtung ergeben, ich nenne das vertikales Hören. Wenn z.B. rechts und links Töne zusammen gespielt werden, ertönt ja ein Zusammen-Klang. Welche Intervalle erklingen oder welche Akkorde? Von dieser Perspektive aus ist es also wichtig, das Ohr deines Schüler auf diese Art der Wahrnehmung zu lenken. Das kann z.B. geschehen durch:
  • zwei beliebige Töne im mittleren Bereich (Singstimme) zusammen spielen mit rechts/links. Erklingt eine Dissonanz oder eine Konsonanz? Dies sollte zum Hören von Intervallen führen, erst mal leichte wie die (Feuerwehrs) Quarte, die große Sekunde, die Terz. Intervalle nacheinander hören, aber auch als Gesamtklang. Wie klingen diese Klänge? Auch transponieren, nachspielen .... . Später Akkorde hören, Dur-Moll ... .
  • Lieder nach Gehör spielen und mit einfachen Quinten begleiten. Evtl. erstmal nur eine Quinte nehmen. Bei Problemen zunächst die Quinte klopfen auf den Klavierdeckel oder das Bein. Dann Hände tauschen, also Melodie links, Quinte rechts. Dann mit beiden Händen unisono die Melodie spielen, sehr sinnvoll für gleichzeitiges Spiel, weil man da Ungenauigkeiten sofort hört. Als Lehrer vierhändig begleiten. Transponieren. Ich fange bei Anfängern immer so an (ohne Noten) und habe festgestellt, dass viele Probleme wie auch das Genannte dann nicht auftreten.
  • Rhythmische Übungen. Erst mit Gehen (Puls) und Klatschen (Rhythmen), dann am Tisch bzw. am Klavier. Dabei z.B. mit einer Hand Viertel klopfen und mit der anderen Ganze/Halbe .... . Von der Grobmotorik zur Feinmotorik!
Ich drücke die Daumen und wünsche viel Spaß und Erfolg!

Liebe Grüße

chiarina
 
Hallo ihr Lieben,
einiges davon habe ich schon ausprobiert, aber da sind sehr gute Tipps dabei, die sich bestimmt gut umsetzen lassen. Unisono spielen klappt gut (wir haben z.B. vierhändige Sachen von Anne Terzibaschitsch gespielt). Ganz herzlichen Dank an euch alle, Petra
 
Gleichzeitig spielen zu können setzt voraus, gleichzeitig hören zu können.
Wie ist es denn mit Melodien und Stücken über 2 Hände verteilt? So fängt ja z.B. die berühmte Schaum Schule an.
Ich denke, der unselige Ansatz, rechts Melodie und links Begleitung ist doch eh schon lange überholt. Die moderneren Stücke fangen mit beiden Händen an, die jeweils sich immer ergänzen oder z.B. etwas Lautmalerisches in eine Melodie einfügen. Auch ruhig mal in einer Hand mit Terzen 2 stimmig punktuell arbeiten.
Starke Brille mit vielleicht Schielen kann räumliches Sehen sehr beeinträchtigen und damit muss noch mehr gefühlt, neben obligatorischen Hören, werden. Der Blick auf die Klaviatur kann ebenso ein Grund zur Panik werden. Da hilft ja auch dies Lätzchen namens Tastenfinder der Schaumschule.
 
Ihr Lieben,
danke für eure Anregungen. Stücke mit "Händen, die sich ergänzen" auf einem Anfängerniveau könnte ich noch gut gebrauchen. Mein Schüler hat in Syrien einige Monate Klavierunterricht bei einem Verwandten gehabt ( Er meinte, nach einer Do-Re-Mi Methode) und hat mit ganz wenigen Deutschkenntnissen dann bei mir angefangen. Da waren viele Baustellen auf einmal, auch sprachliche. Mein Schüler beugt sich trotz Brille oft vor, um die Noten zu erkennen, ich habe immer noch das Gefühl, dass er nicht richtig sehen kann. Andere Koordinationsprobleme in der allgemeinen Bewegung kann ich nicht sehen. Die Motivation zum Musikunterricht liegt bei seinem Vater, nicht bei ihm selber. Da ist großer Ehrgeiz, möglichst schnelle Erfolgserlebnisse zu sehen und Integration zu forcieren. Freiraum und Freizeit finden kaum statt. Der Musikunterricht auf dem Gymnasium, wo das Kind mit Hilfe von Nachhilfeunterricht gehalten wird, vermittelt ausschließlich Theorie. In einem Jahr Unterricht ist keine Musik gehört oder kaum welche gemacht worden, er kennt keinen einzigen Komponisten mit Namen, keine Bewegung zur Musik, nix. Nur Arbeitsblätter, auswendig lernen und schwere Uebungen und Tests. Ich habe nur eine halbe Stunde pro Woche, um Türen zu öffnen.... Das musste jetzt mal raus! :) Danke für's Zuhören bzw. Lesen. Liebe Grüße
 
Mein Schüler hat in Syrien einige Monate Klavierunterricht bei einem Verwandten gehabt ( Er meinte, nach einer Do-Re-Mi Methode
Ja so werden halt im Ausland die Noten bezeichnet. Bei uns ja eigentlich im Rahmen von Singen, Solmisation. Frag ihn mal nach "sana helwa ja gamil " das ist happy birthday auf arabisch.
Und für Elise kennen die auch und alle Kinder wollen das als erstes lernen (der Anfang ist ja auch mal über 2 Hände😊)
Und vielleicht nimmst du einfache arabische Melodien und lässt sie ihn verteilt über 2 Hände spielen
 
Danke, Ellizza, das werde ich auch probieren. Schaum Band 2 habe ich eingesetzt, und Stücke aus Bodemann 2 und 3, aber dann wurde es für ihn daraus zu schwer. Ich werde weiter nach passender Musik suchen, die ihm weiterhilft. Ueber Anregungen freue ich mich immer. Liebe Grüße!
 

Hallo Ellizza,
nein, Bodenmann arbeitet nicht nach Farben. " Kleine Finger am Klavier" hat einfache, leicht verständliche Uebungen, oft volksliedhafte Melodien. Ich finde es für Anfänger bzw. jüngere Kinder gut geeignet, größere Notensysteme, gut lesbar, kurze Stücke, schnelle Anfangserfolgserlebnisse. Zu jedem Level gibt es einen weiteren Band mit Zusatzstücken. Als alleinige Schule sicher nicht ausreichend, aber bis Heft 3 gut mitzubenutzen. Danach.....hmmm....
 
Hallo ihr Lieben,
einiges davon habe ich schon ausprobiert, aber da sind sehr gute Tipps dabei, die sich bestimmt gut umsetzen lassen. Unisono spielen klappt gut (wir haben z.B. vierhändige Sachen von Anne Terzibaschitsch gespielt). Ganz herzlichen Dank an euch alle, Petra

Liebe Petrah,

wenn unisono-Spiel gut klappt, könnte es sein, dass dein Schüler beim Zusammenspiel beider Hände in irgendeiner Weise überfordert ist. Du meinst, es könne am Lesen liegen. Um das festzustellen, könnte man die Noten groß kopieren und vor allem ihn Noten schreiben lassen (kleine Melodien mit Begleitung erfinden und aufschreiben - viele Schüler sind sehr stolz auf ihre erste Komposition). Meist sieht man dann, wo es hakt. Es gibt ja auch Notenhefte mit großen Notenlinien/-systemen vom Bosse-Verlag.

Ich wähle immer einzelne Stücke aus vorhandener Literatur, die meiner Meinung nach gerade passen, also dem Schüler gefallen, ihn motivieren und das beinhalten, was er lernen bzw. vertiefen soll. Kennst du die Tastenabenteuer mit dem kleinen Ungeheuer? Vielleicht ist es möglich, Band 1 (Anfang) zum Blattspiel zu nutzen (da sieht man auch, wo Verständnisprobleme u.a. liegen), Band 2 kann man später hinzu nehmen. Sehr empfehlenswert, momentan wahrscheinlich noch zu schwer, sind auch die "Kleinen Stücke für Klavier" von G. Kretschmer: https://www.kleine-stuecke-fuer-klavier.de/ .

Da du nur 30 Minuten Unterrichtszeit hast, ist zu überlegen, ob man nicht den Unterricht zeitweise umstellt, Stücke weglässt und dafür Lieder nach Gehör mit Begleitung spielt, auch aufschreibt, dann kleine Kompositionen erfindet (aufschreiben), rhythmische Übungen (s.o.) und Blattspiel einflicht. Wahrscheinlich wirst du merken, wo der Hase im Pfeffer liegt und wo dein Schüler Vertiefung und Problemlösung braucht und kannst dann entsprechend reagieren.

Liebe Grüße

chiarina
 
Nachdem der Link im Link zu Kretschmer nicht ganz klappt hier direkt zur Produkt-Vorschau
Ein tollerLiteraturtipp!¡!
 
Hallo Petrah,
eine Übung, die bei vielen, aber nicht allen funktioniert, ist, einen sehr kleinen Abschnitt (z. B. einen Takt) auszuwählen und dann beide Hände abwechselnd spielen zu lassen, am besten natürlich ohne Temposchwankungen. Nach zehn oder 15 Wiederholungen kann man dann das Zusammenspiel probieren. So mache ich das übrigens auch bei Chorproben an Stellen, wo eine Stimme immer die andere abrutscht. Takte 5-8 Sporan, Takte 5-8 Alt, das ganze zehn Mal und dann geht es manchmal zusammen.
Naja, irgendwie ist ja auch jeder Schüler anders. Bei dem einen funktioniert die Übung, der nächste braucht vielleicht etwas anderes...
 

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