Gerne spreche ich auch nicht darüber. Ich war mir von Anfang an entschlossen, später den musikalischen Weg zu gehen. Aber es kommen immer mehr Zweifel auf und Angst, es könnte nicht klappen aufgrund von Konkurrenz. Habe ich überhaupt Chancen? Vielleicht bin ich ja nicht gut genug/talentiert genug?
Naja, ganz salopp gesagt: Man wird es nie erfahren, wenn man es nicht ausprobiert und sein Bestes gibt. Und wenn es wirklich sein soll, dann muss man es einfach tun. Und zwar unabhängig davon, was die anderen tun. Also ist die Konkurrenz im Endeffekt irgendwie auch egal, da sie in dieser Argumentation überhaupt keine Rolle spielt. Daran solltest du wirklich nicht diese Art von (kraftraubenden) Gedanken verschwenden!
Sehr gute Leistungen erbringt man hier immer nur durch Eigenmotivation, Eigenantrieb, Disziplin und eigenen Ausdruckswillen. Was man damit erreicht wird die Zeit zeigen. Das ist leider der Preis, den man "für die Kunst" zahlen muss: Mangelnde Sicherheit.
Hierbei muss man sich immer im klaren sein: Das was wir hier in Deutschland als mangelnde Sicherheit bezeichnen ist - wenn man einigermaßen vernünftig ist - immer noch mehr, als die meisten Menschen auf dieser Welt als Sicherheit bezeichnen können. Selbst wenn du im weiteren Verlauf merkst, dass es mit der Musik und dir auf Dauer nicht klappen sollte, kannst du dich noch immer beruflich umorientieren. Deine jetzigen Entscheidungen sind nicht auf ewig in Stein gemeißelt! Außerdem gibt es an der Musikhochschule immer mehr den Trend, dass Leute noch einen zweiten (musiknahen oder musikfernen) Studiengang parallel studieren (ich kenne nun mehrere Beispiele aus mehreren Klavier- und Gesangsklassen), um im Notfall ein zweites Standbein zu haben. Und ich kenne auch mehrere Fälle, in denen Leute zunächst sehr intensiv Musik studiert haben und sich danach noch umorientiert haben und nun etwas ganz anderes machen (Unternehmensberatung, Musikmanagement, Softwareentwicklung, ...).
Also was ist mein "Rat" an dich (nun fühle ich mich alt, grau und langbärtig):
1.) Gedanken wie "was ist, wenn ich zu untalentiert oder zu blöd bin" sind unkonstruktiv und rauben nur Kraft. Man sollte schnellstmöglich lernen, die damit einhergehende Gedankenspirale zu durchbrechen und in etwas Konstruktives umzuwandeln.
2.) Wenn du wirklich Musik machen möchtest, dann geb dein Bestes und schau, welche Türen sich dabei öffnen. Mehr kann man hier nicht tun. Dabei muss dir klar sein, dass es gerade in der Musik etwas dauern kann, bis man merkt, wo der Weg hingeht.
3.) Die Selbstzweifel, welche deinen Sorgen zugrunde liegen, sind normal. Versuche sie in etwas Konstruktives umzuwandeln. Falls du wirklich (zunächst) alles auf die Musik setzen möchtest, kannst du dir selbst sagen, dass du nur dann herausfinden kannst, ob diese Selbstzweifel angebracht sind oder nicht, indem du jetzt alles gibst, was du geben kannst. In den nächsten Jahren und Jahrzehnten wirst du dann schon sehen, wo der Weg hingeht. Dieser Gedankengang gibt zumindest mir dann immer sehr viel Kraft. Falls du das Gefühl hast, nicht alles auf eine Karte setzen zu wollen, überlege, ob du zusätzlich zum Musikstudium noch ein weiteres Studium absolvieren möchtest. Das ist mittlerweile beliebter, als man glauben mag (auch wenn man dafür den richtigen Professor braucht).
Und nun noch ein paar Ratschläge, die in meinen einleitenden Worten nicht angeklungen sind:
4.) Auch für fortgeschrittene Klavierschüler gibt es Meisterkurse (z.B. beim Tonkünstlerverband Bayern). Hier kannst du schonmal Professoren kennenlernen und andere, erfahrenere Lehrer auf dein Spiel blicken lassen.
5.) Ziehe in Erwägung den Lehrer zu wechseln. Am besten wäre jemand, der eine Dozentur/Professur an einer Musikhochschule innehat. Solche Menschen haben häufig auch Privatschüler (und sind manchmal preiswerter als man denkt...).
6.) Mache in den nächsten Jahren bei JuMu mit. Wenn du merkst, dass dir das nicht gefällt, lass dir dadurch nicht den Spaß am Klavier vergällen und lass dich nicht an deinen Studiumsplänen zweifeln. Dass du jetzt keine Wettbewerbe magst, heißt nicht, dass du diese in ein paar Jahren nicht mögen kannst.