Kommunikation im Klavierunterricht

Peter, spielst du noch Geige?
 
Nein! Nach Lehrerwechsel ist innerhalb 6 Monaten die Liebe zu Hass umgeschlagen; mit 15 aufgehört.
Habe es vor ca. 10 Jahren noch mal versucht (hatte ne ziemlich gute Geige gefunden und überholen lassen) und nach 3 Tagen war klar, dass der Hass auf das Ding immer noch besteht.
Außerdem kann ich die gar nicht mehr halten, ohne dass mir die Schulter explodiert. :angst:
 
Hierfür würde mich der Grund interessieren. Liegt es an einer unterschiedlichen Überforderungsgrenze bei

Jein! Ich muss @hasenbein weitgehend Recht geben. Jeder Berufsmusiker muss sich (heute doch sehr unbedingt) dem Anspruch stellen, der eben das Musikleben gegenwärtig beherrscht, also ein hohes Maß an musikalischer wie technischer Perfektion zu liefern!
Ein Freund hat das Mal so formuliert:
"Der Hobbyspieler übt bis es klappen kann, der Profi bis es normalerweise immer und auch unter Stress klappt!"
Dass es auch Hobbymusiker gibt, die sich hohen Anforderungen unterwerfen ist die von @hasenbein nicht erwähnte Ausnahme!
 
Hallo @hasenbein ,

Hierfür würde mich der Grund interessieren. Liegt es an einer unterschiedlichen Überforderungsgrenze bei beruflichen Musikern und "normalen Hobbyspielern" ?

Es liegt an den Möglichkeiten von sehr begabten Musikern und ihrem Willen.

Wenn jemand sehr talentiert ist, schnell versteht und gleichzeitig den Willen hat, diese Fähigkeiten bestmöglichst einzusetzen, ergeben sich für den Unterricht ganz andere Möglichkeiten und Anforderungen.

Das kann bedeuten, dass man bestimmte Dinge nur anreißt, weil man weiß, dass der Schüler sich zu Hause sehr intensiv damit beschäftigt und die Umsetzung hinbekommen wird. Mit einem Hobbyspieler, der auch nicht so viel Zeit zum Üben hat, ist es oft notwendig, diese Umsetzung im Unterricht genau zu üben.

Natürlich spielt auch die Zeit, in der sich der Schüler mit Musik beschäftigt, eine Rolle. Da existieren bei einem möglicherweise beruflich orientierten Schüler ganz andere Erwartungen und Anforderungen als bei einem Hobbyspieler. Logischerweise ist dann auch die Geschwindigkeit des Vorankommens und der persönlichen Entwicklung sehr unterschiedlich.

Sehr schade finde ich es dann, wenn man einen sehr begabten Schüler hat, der den Willen nicht hat, seine Möglichkeiten auszukosten und auszunutzen. Ganz unabhängig von Musik als Beruf. Da kann man als Lehrer immer nur Wege und Möglichkeiten aufzeigen - gehen kann der Schüler den Weg nur selbst und wenn er es will.

Liebe Grüße

chiarina
 
@chiarina, das verstehe ich. Das bedeutet dann aber, dass das Kriterium dafür, welchen Level an Forderung der Lehrer stellen kann/muss um das optimale Ergebnis zu erzielen, nicht das Berufsmusikertum sein kann. @hasenbein s Beitrag klang so.
 
"dass er lacht, wenn er geht" – ich erhöhe auf "dass er STRAHLT, wenn er geht". Lachen setzt m. E. etwas Komisches voraus. Strahlen hingegen zeugt von innerer Beglückung.
Sehr gut korrigiert. Ein strahlendes Lachen meinte ich, aber man kann auch strahlen ohne zu lachen. Lachen ist biologische Kommunikation, strahlen kommt von innen, von Glück, von Zufriedenheit, von Begeisterung, von Leidenschaft.

Hihi, ich hatte bei meinem besten Lehrer nie Zeit zum Strahlen oder Lachen. Ich hatte es einfach nur eilig. Schnell nach Hause rennen, Geige wieder auspacken und üben.
Du bist offenbar so schnell vorwärts geprügelt worden, dass du zwischenzeitlich wenig Zeit hattest für nachdenkliche/strahlende Ruhephasen. Selbst das Flennen war offenbar nur Ausschwemmen von Stresshormonen. So geht's natürlich auch. Der Zusammenbruch kommt dann auf der Hochebene, wenn das Gipfelkreuz fehlt.
 
@chiarina, das verstehe ich. Das bedeutet dann aber, dass das Kriterium dafür, welchen Level an Forderung der Lehrer stellen kann/muss um das optimale Ergebnis zu erzielen, nicht das Berufsmusikertum sein kann. @hasenbein s Beitrag klang so.

Doch, da schließe ich mich hasenbein und auch Altem Tastendrücker an. Wer Musik studieren will, muss auch schon vorher wissen, was auf ihn zukommt. Es werden im Studium hohe Anforderungen an Studenten gestellt, die dieser erfüllen muss, will er nicht scheitern oder rausfliegen.

Als Lehrer bereite ich ihn vor dem Studium also so vor, dass er einerseits möglichst gut vorbereitet ist und andererseits weiß und einschätzen kann, welche Anforderungen denn an ihn gestellt werden und ob dieser Beruf überhaupt das Richtige für ihn ist.

Also werde ich den Unterricht so gestalten, dass auch da schon hohe Anforderungen gestellt werden. Wenn der Schüler da nicht mitkommt oder das nicht will, ist das ein wichtiges Zeichen dafür, dass das Studium für ihn nichts ist.

Liebe Grüße

chiarina
 
Da habe ich als kleiner Bub eine gegenteilige Erfahrung gemacht. Ich habe nach einem Gespräch mit der Orchesterleiterin unseres kleinen Kammerorchesters geflennt und war mehr als unzufrieden. :-D
Aber auf die nächste Probe war ich so gut vorbereitet wie noch nie und habe vorher noch nie die anderen "Musiker", das Orchester und die Musik an sich so ernst genommen und respektiert.

Lieber Peter,

das scheint aber doch ein einmaliges und auch sehr eindrückliches Ereignis gewesen zu sein, wenn ich das richtig verstehe. Das hat aber nichts damit zu tun, dass man generell motiviert und erfüllt aus einem Unterricht gehen sollte. Wenn dann einzelne Erlebnisse dabei sind, die einem zu denken geben und bei denen man mit der Unzufriedenheit des Lehrers konfrontiert wird, ist das etwas ganz anderes, als wenn jemand nach jeder Stunde solche Erlebnisse hat. Oder meinst du nicht?

Liebe Grüße

chiarina
 
Auf jeden Fall! Klar war das was Einmaliges und hatte eher wenig mit dem Unterricht selbst zu tun.
Du bist offenbar so schnell vorwärts geprügelt worden, dass du zwischenzeitlich wenig Zeit hattest für nachdenkliche/strahlende Ruhephasen. Selbst das Flennen war offenbar nur Ausschwemmen von Stresshormonen.
Ach Du meine Güte. Das kam doch nicht etwa so rüber?
Das "Flennen" war Jahre nach meinem ersten Lehrer; da war Hopfen und Malz eh schon verloren. Da ging es auch weniger um Geige sondern um Respekt (ich hatte ne Probe geschwänzt, wurde dabei wegen größtmöglicher Dummheit erwischt, war auf die nächste nicht vorbereitet...da hat sich die Leiterin des Peterle mal geschnappt und ihm kräftig in´s Gewissen geredet...geflennt habe ich, weil sie mit Allem Recht hatte und ich mit mir selber extrem unzufrieden war). Ansonsten war das Kammerorchester das Einzige, was mir überhaupt noch Spaß machte.
Das "nach Hause rennen" war pure Begeisterung. Ich hatte bei dem Lehrer bis 5x die Woche Unterricht, 4x davon umsonst bei ihm zu Hause. Ich bin zum Unterricht gerannt weil ich es kaum erwarten konnte und bin nach Hause gerannt weil ich gleich wieder üben wollte. Und wenigstens 1x die Woche war ich im Theater um den Geigen zu lauschen.
Schlimm, dass ich mich gar nicht mehr richtig an die Kommunikation mit diesem Lehrer erinnern kann (darum geht es ja hier) aber er konnte mich für die Musik so was von begeistern und ich fand das alles sehr spannend.
Dafür kann ich mich noch sehr gut an den nächsten Lehrer erinnern. Immer kühl, etwas introvertiert und Perfektionist "diese Stelle hier ist noch nicht perfekt...". 6 Monate an einer verschissenen Etüde! Bei nem 10jährigen Zappelphillip! Kacklehrer! Ich hasse den heute noch. :-D
Der nächste war besser aber der zog nach einem Jahr wieder weg. Also der vierte Lehrer. Der gab sich viel Mühe und wollte mich irgendwie noch auf´s Studium vorbereiten aber die Begeisterung konnte er nicht mehr wecken. Selbst mein erster Lehrer bot mir später wieder kostenlosen Privatunterricht an und schenkte mir erst mal ne Geige. Aber es ging nicht mehr.
 

Außerdem kann ich die gar nicht mehr halten, ohne dass mir die Schulter explodiert.
Ja dann spiel die doch einfach wie traditionelle Fiddler, die sich das Ding auf den Arm legen, weil sie so besser frei singen können. Weitere Haltungsmöglichkeiten sind einigen Rednex-Videos zu entnehmen, die sich das Ding beim Spielen auch gerne gegen den Bauch oder sonst wohin drücken.

Noch besser in einem Rapalje-Video, vielleicht gefällt Dir das ja, ich fand es irgendwie passend.


View: https://www.youtube.com/watch?v=NV1eiUhfHRE

Habe noch einen der alten Schule gefunden, scheint leider im Aussterben begriffen zu sein, denn die jüngere klemmen diese sich ja meist auch alle ein. Doch mit dieser Haltung sollte es keine Probleme mit der Schulter geben.


View: https://www.youtube.com/watch?v=fsEj3Tzo9Ls
 
Zuletzt bearbeitet:
Also werde ich den Unterricht so gestalten, dass auch da schon hohe Anforderungen gestellt werden. Wenn der Schüler da nicht mitkommt oder das nicht will, ist das ein wichtiges Zeichen dafür, dass das Studium für ihn nichts ist.
Liebe @chiarina, mir scheint es wir sind oben von verschiedenen Bedeutungen des Begriffs "optimales Ergebnis" ausgegangen. Ich meinte damit den bestmöglichen Fortschritt des Schülers. Du subsummierst darunter wohl auch, dass ein ungeeigneter Schüler mit Berufsmusikerambitionen seine Entscheidung korrigiert. Diesen Sinn sehe ich auch.
Also bin ich damit einig, dass eine Überforderung des Schülers bewusst in Kauf genommen wird.

Mit geht es jedoch um den umgekehrten Fall: warum sollte ich als Lehrer einen "normalen Hobbyspieler" unterfordern wollen? Da kann dann doch das Optimum im Sinne meiner Definition nicht erreicht werden? Das wäre Zeit- und übrigens auch Geldverschwendung.

Liebe Grüße
KrautundRueben
 
... oder @hasenbein möchte mit "fordender" sagen, dass er Berufsmusikerschüler bewusst in die Überforderung treibt, während er bei den noHos (benutze ich ab jetzt als Abkürzung für "normalen Hobbyspieler", was das auch immer ist) an das optimale Forderungslevel geht. Dann verstehe ich seine Aussage.
 
mir scheint es wir sind oben von verschiedenen Bedeutungen des Begriffs "optimales Ergebnis" ausgegangen. Ich meinte damit den bestmöglichen Fortschritt des Schülers.

Lieber KrautundRueben,

aber was ist genau der bestmögliche Fortschritt des Schülers? Das, was er nach seinen Fähigkeiten erreichen könnte oder das, was er zusätzlich unter Berücksichtigung seiner Zeit, Energie, seinem Interesse etc. erreichen kann.

Als Lehrer versucht man immer, das Meiste zu erreichen, was möglich ist. Glaube ich zumindest. Ich glaube nicht, dass man einen Hobbyspieler, nur weil er ein Hobbyspieler ist, unterfordern will bzw. die Einstellung hat "da macht es ja nichts, da ist es ja nicht so wichtig, ist ja "nur" ein Hobbyspieler". Geht es dir darum?

Wie weit das Fordern dort geht, kommt auf die individuellen Bedürfnisse und Ziele der (erwachsenen) Hobbyspieler an. Manche wollen viele Stücke spielen, nicht improvisieren und haben kein Interesse daran, ein Stück bis ins Letzte auszufeilen. Manche empfinden gerade diese Arbeit als ungeheuer bereichernd. Manche wollen sich nicht mit Harmonielehre beschäftigen, weil sie sowieso wenig Zeit zum Üben haben, manche wollen gerade das auch bei wenig Zeit. Etc. etc..

Bei Hobbyspielern sind die Bedürfnisse und Ziele also äußerst unterschiedlich, während sie bei potentiellen Berufsmusikern sehr ähnlich sind: so gut zu werden wie nur möglich, eine umfassende Ausbildung aller musikalischen und pianistischen Fähigkeiten zu erlangen und dazu gehört selbstverständlich auch, dass mehrere Stunden am Tag geübt wird.

Es ist nicht unbedingt eine Überforderung, wenn sich herausstellt, dass das Interesse für diese intensive Beschäftigung mit Musik und dem Klavierspiel nicht ausreicht. Es kann auch sein, dass der Wille und das Interesse dann einfach nicht groß genug ist.

Liebe Grüße

chiarina
 
@KrautundRueben
Och Mensch, es ist doch stinknormal, dass jemand mit Berufsambitionen mehr gefordert werden muss als ein Hobbyspieler. Das geht doch schon beim Üben los. Bei 30-60 Minuten am Tag wird Dir ein Hasi vermutlich (zu Recht) nen Vogel zeigen, wenn Du das später beruflich machen willst. Das reicht dann halt vorne und hinten nicht. Bei einem Hobbyspieler, der mit ganz anderen Sachen sein Geld verdient, wird Hasi vermutlich vor Freude im Kreis springen, wenn so ein Schüler wirklich jeden Tag so viel übt.

Huch, @chiarina hat sich vorgedrängelt. :-)
 
Also werde ich den Unterricht so gestalten, dass auch da schon hohe Anforderungen gestellt werden.
Das erinnert mich an meinen Musikschullehrer, der mich als Jugendliche mal fragte "Pianistin willst du ja nicht werden, oder? Sonst müssten wir das noch anders machen." Und ich, ganz verschüchtert ob dieser merkwürdigen Aussage, hab natürlich verneint. Schade schade, dass ich nicht gefragt habe, was genau er denn anders machen würde...
 
@chiarina, @Peter,

ja, ich bin dabei: die Grenze wieweit man bei noHos individuell sinnvollerweise fordert, hängt logischerweise von Übezeit, Könnensstand, Ehrgeiz usw. ab.

Es geht mir darum: ich hätte einen ziemlichen Hals und würde mir einen neuen KL suchen, wenn ich mitbekommen würde dass mein KL handelt nach dem Motto: "ach das ist ja nur ein noHo, den muss ich ja nicht so fordern."

Ich bin sicher, du handelst nicht so, @chiarina !
 
Ist die Situation offen (die Negativperson ist niemand, von dem man in irgendeiner Form "abhängig" ist), betreiben sie als Entschädigung empirische Anthropologie.
Bist du dann wenigstens so nett, und sagst der Negativperson zum Abschied, daß sie als Anschauungsmaterial für empirische Anthroplogie eingesetzt wurde - so daß ihr negatives Bild wieder mal bewahrheitet wird? Das wirst du ihr doch wohl gönnen können!
:-):teufel:
 
Die wichtigste Kommunikation ist, den Eltern zu sagen, daß das Kind begabt ist. Dann zahlen sie ohne murren.
 

Zurück
Top Bottom