Klavierworkshop mit Lang Lang in Berlin

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Hinter mir saßen ältere Menschen die sich unentwegt darüber unterhalten haben, welch Frechheit es sei, dass sie nicht die besten Plätze bekommen hätten. Wie unglaublich viel Geld sie für die letzten Konzerte ausgegeben hätten. Und wie unglaublich schnell Lang Lang seine Finger beim letzten Konzert bewegt hätte. Und dieser hochgradig besserwisserische Ton dabei. Das interessanteste ist ja noch, dass mit keinem einzigen Wort überhaupt die Werke erwähnt werden, ebenso nichts über die Musik oder die Komponisten.

Natürlich, dass ist nichts neues. Aber wenn man direkt vor solchen Menschen sitzt und diese Gespräche partout nicht ausblenden kann, dann finde ich das fürchterlich belastend.

So ist es. Das Dilemma, mit dem alle Künstler leben müssen: Die Kunst ist eine Hure. Ein jeder darf sie belabern, befingern, was auch immer. Und meist sind es genau die Dumbdreisten, deren finanzielle Zuwendungen das Rad am Laufen halten. Schlimm. Aber gibt es eine Lösung?
 
Naja ganz so einfach ist es dann doch nicht. Den armen LangLang aus der Schusslinie zu nehmen, ist mir zu simpel. Er ist ja kein Depp. Der weiss durchaus, welchen Marktwert er hat. Gewisse Dinge sollte man halt einfach nicht mitmachen. Es ist ja nicht so, dass er zu solchem Mist gezwungen wird, er ist meines Wissens kein Sklave.
Das hat mit dem Image zu tun, das man vermitteln will.

Kissin, Sokolov oder Grimaud würden so einen Zirkus nie mitmachen. Es ist eben kein Zufall, dass es LangLang traf. Der hat früher schon jeden Mist mitgemacht (zB bei Kerner als "Bester Pianist der Welt" angekündigt in einem Sautempo schweinehässlich Mozart massakriert, bei Gottschalk auf dem Sofa rumgelümmelt etc). Man kann eben doch nicht als ernsthafter Musiker respektiert werden wollen, wenn man dauernd den Boulevard bedient.
 
Also, ich finde, man muss das aus verschiedenen Perspektiven betrachten:

Wenn ich an das Video denke mit der Kampfeinlage, ich glaube ihm auch seine Gesten.
Er hat sich einen inneren Hintergrund für den Umgang mit dem Konzert gemacht, das ist doch gut und funktioiert auch trefflich.

Mir gefällt an ihm, dass er mal andere Wege beschreitet, um zu der Musik Zugang zu finden. Das hätte noch vor 30 Jahren keiner gewagt in der Form, glaube ich.

Vor 30 Jahren war da Nigel Kennedy, das enfant terrible der Geigenszene. Viele regten sich über ihn auf, aber trotzdem war er immer schon ein exzellenter Geiger. Er hatte eine Punkfrisur und scherte sich nicht um Konventionen.

Die von klavigen angeprochene Funktionalisierung des Herrn LangLang gefällt mir nicht. Er dient als Gallionsfigur für die Verbreitung japanischer Instrumente, vielleicht tut er es aus Überzeugung, vielleicht ist er auch arglos, was die Gefahren anbelangt.
 
Kissin, Sokolov oder Grimaud würden so einen Zirkus nie mitmachen. Es ist eben kein Zufall, dass es LangLang traf. Der hat früher schon jeden Mist mitgemacht (zB bei Kerner als "Bester Pianist der Welt" angekündigt in einem Sautempo schweinehässlich Mozart massakriert, bei Gottschalk auf dem Sofa rumgelümmelt etc). Man kann eben doch nicht als ernsthafter Musiker respektiert werden wollen, wenn man dauernd den Boulevard bedient.

Über die Yamaha Aktionen ist sicher keiner richtig glücklich ausser den Nutzniessern.

Und zur Bemerkung "Zirkus mitmachen" kann ich z.b. Gulda anführen, der noch ganz andere Spektakel ausgelöst und mitgemacht hat. Niemand hat aber ernsthaft seine Kompetenz für das Klavierspiel bezweifelt.

Und bei Kissin meine ich, dass er viel zu schnell alt geworden ist. Gulda hat recht eindringlich immer gewarnt, dass man nicht mehr Ernst genommen wird, wenn man die Grenzen seines Genres überschreitet. Ihm haben aber solche Grenzgänge immer gefallen und er ist gerne angeeckt. Und wenn wirkliche Könner sich einem grösseren Publikum zeigen, so sehe ich den Vorteil, dass eben Leute das Klavierspiel sehen und hören, die sonst gleich abschalten.

Ich halte es bei der Beurteilung vion LAngLAng mit Barenboim und Eschenbach.
Beide Musiker von hohem Rang und im Fall Barenboim ja schon eher Genie, attestieren ihm Ernsthaftigkeit, enormes Können und auch ein riesiges sich noch entwickelndes Potential.

Denen glaube ich das und würde nicht widersprechen.

Für LangLang spricht auch, dass er sich der Erfahrung dieser ausgezeichneten Musiker mit Ernst und Freude unterwirft.

Ein Zirkusclown würde das nicht tun. Und hätte sicher auch nicht ein derart komplettes Repertoire im Kopf.

Und H. Grimaud passt nicht in diese Reihe.
 
H. Grimaud passt da nicht ? Warum, Klavigen?

((Aber pass auf, was Du schreibst, fisherman ist wachsam!!:D))

LG, gubu
 
H. Grimaud passt da nicht ? Warum, Klavigen?

((Aber pass auf, was Du schreibst, fisherman ist wachsam!!:D))

LG, gubu

Der fisherman wird mir schon eine andere Meinung gönnen.

Helene Grimaud hat nicht die gleichen komplexen pianistischen Möglichkeiten wie die Anderen.

Das kann man ja auch anders sehen und sie über LangLang stellen-
 
Naja ganz so einfach ist es dann doch nicht. Den armen LangLang aus der Schusslinie zu nehmen, ist mir zu simpel. Er ist ja kein Depp. Der weiss durchaus, welchen Marktwert er hat. Gewisse Dinge sollte man halt einfach nicht mitmachen. Es ist ja nicht so, dass er zu solchem Mist gezwungen wird, er ist meines Wissens kein Sklave.
Das hat mit dem Image zu tun, das man vermitteln will.

Kissin, Sokolov oder Grimaud würden so einen Zirkus nie mitmachen. Es ist eben kein Zufall, dass es LangLang traf. Der hat früher schon jeden Mist mitgemacht (zB bei Kerner als "Bester Pianist der Welt" angekündigt in einem Sautempo schweinehässlich Mozart massakriert, bei Gottschalk auf dem Sofa rumgelümmelt etc). Man kann eben doch nicht als ernsthafter Musiker respektiert werden wollen, wenn man dauernd den Boulevard bedient.


hat liszt das anders gemacht? ;) :P
 
sempre molto scherzando

@ rolf: An dem Gedanken ist tatsächlich was dran. Ist es nicht Kunst im weitesten Sinne, was die "Menschwerdung" ausmacht?

...verwechselst Du da nicht Mensch werden mit Menschen machen?... :D :D und letzteres war beim traditionell als ältestes Gewerbe betrachteten Erwerbszweig meist lästig und hinderlich...

...jaja, mir ist grad nach blödeln :)

herzliche Grüße, Rolf
 
Rolf, kehrt gerade bei Dir der Frühling ein? Da machen Übungsstunden fleissig viele kleine Übungstündchen... und von der Menschwerdung kommst Du zum "Menschen machen". Bei Dir muss wohl die Sonne scheinen.:D
 

Rolf, kehrt gerade bei Dir der Frühling ein?

leider nein... aber mich inspiriert Deine Definition:
Zitat von fisherman:
Die Kunst ist eine Hure. Ein jeder darf sie belabern, befingern, was auch immer.
je nach Kundschaft trägt sie mal musikalische, mal literarische, mal malerische, mal architektonische Wäsche, ja seit neuerer Zeit trägt sie auch Designerwäsche und vermutlich auch Kochwäsche :D

herzliche Grüße, Rolf
 
So - das hätten wir nun überstanden. In unserer Familie (und im Klavierunterricht meines Kindes) können wir jetzt allmählich wieder zur Tagesordnung übergehen.

Gebracht hat die Veranstaltung sehr viel, nämlich einerseits die seltene Gelegenheit, als Klavierspieler in einer großen Gruppe einfach nur Musik machen zu können, unabhängig vom "künstlerischen" Wert des Ergebnisses. Weiterhin bleibt das unvergeßliche Erlebnis, gemeinsam mit Lang Lang auf einer Bühne gewesen zu sein. Andy Warhols 15-Minuten-Ruhm-Effekt lässt grüßen. Den Kindern hat es sichtlich Spaß gemacht. Auch die Disziplin der Teilnehmer hat mich sehr beeindruckt.

Weniger erhellend waren Lang Langs musikalische und pianistische Erläuterungen. Insoweit war auch mein Sohn ein wenig enttäuscht. Alles was Lang Lang erklärt hat wurde bereits in den letzten Wochen ausführlichst in den Klavierstunden durchgedroschen (wobei ich bezweifle, dass alle Klavierschüler gleich gut vorbereitet waren).

Leider musste die Gruppe sofort nach dem Schlussapplaus wieder auseinandergehen. Es gab nicht einmal Zeit für ein gemeinsames Erinnerungsfoto. Persönliche Kontakte mit anderen gleichgesinnten Klavierenthusiasten konnten wir nicht schließen, obwohl dies ja ein erklärtes Ziel der Veranstalter gewesen ist.

Trotzdem überwiegen die positiven Eindrücke. Mein Sohn ist sehr glücklich, dass er dabei sein durfte.

Übrigens, Lang Lang ist wirklich ein Phänomen: Selbst wenn er nur eine simple Tonleiter spielt tobt der Saal vor Begeisterung!

Viele Grüße
Frank
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Übrigens, Lang Lang ist wirklich ein Phänomen: Selbst wenn er nur eine simple Tonleiter spielt tobt der Saal vor Begeisterung!

Viele Grüße
Frank
Vielleicht zeichnet sich hier eine vollkommen neue Art der Klavierveranstaltung ab. Statt eines üblichen KLavierabends ist das Programm offen und wird eher durch Zuruf geregelt. Das hatte schon der Gulda gemacht.

LAngLAng spielte technische Exercitien. Tonleitern und Arpeggien und einige Terzen - am Schluss Oktavenläufe

dann weiter mit Volksliedern: ein Männlein steht im Walde und- alle Vögel sind schon da und weitere

Als Zugabe spielt de Tiersen Stücke und erfüllt Wünsche des Publikums.

Ich wette, dass er mit diesem Programm jede Halle voll kriegt.

Sowas schafft eben nur eine Phänomen - und man muss viel Können, um als ein solches zu gelten-
 
Lena Eier-Fangdenhut singt höchst mäßig einen langweiligen Song und zuckt dazu rum, und da tobt sogar gleich ganz Deutschland...
Ich habe das Mädchen nicht gesehen und nicht gehört und ich kenne sie auch nicht, aber was hier sich die Medien wieder rausnehmen. Ganz klar, es geht nur um die Kohle. Das Mädchen muß herhalten als Gallionsfigur.

Sogar die FAZ ist zur Bildzeitung geworden - eine Schande!
 
Deshalb haben wir ja den Faden über die gesellschaftlichen Bedingungen , die solche Phänomene ermöglichen - wie die Comptine

Von Yann Tiersen bis zur Weltrevolution - zur neueren Problemgeschichte des Abendlandes
 

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