Klavierwerke und ihre Titel

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Frédéric Chopin

Frédéric Chopin

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Klavierwerke und ihre Titel

Viele finden, daß gewisse Titel zu gewissen Klavierwerken gar nicht passen, wor allem bei den Titeln, die nicht der Komponist gewählt hat.
Würdet Ihr in manchen Fällen einen anderen Titel wählen?
Wisst ihr, bei welchen Klavierwerken der Titel vom Komponisten stammt?
Wenn ja, wie kam der Komponist zu dem Titel?
Wie findet ihr z. B. die Titel der Chopin Etüden? Passend oder unpassend?

Das Thema brachte mich u. a. auf die Idee, als ich die Zitate zum Titel "Mondscheinsonate" von L. v. Beethoven gelesen habe:


Mondscheinsonate von L. v. Beethoven:
Das schlimmste, was Beethovens Sonata quasi una fantasia cis-moll op.27/2 passieren konnte ist der unseelige Titel, den sich der Dichter Ludwig Rellstab hat einfallen lassen. Seine Assoziation einer nächtlichen Kahnfahrt auf dem Vierwaldstääter See verfehlt den Gehalt der Musik m.E. um mehrere 100%!!
Der erste Satz ist für mich ein bedrückendes Abbild einer vollständigen Depression und tiefer Hoffnungslosigkeit. Diese Nacht ist schwarz - da gibt es keinen romantischen Mondschein.



Genial! Ich kann in diesem Beitrag jedes Wort unterschreiben. Es ist unglaublich, wie irgendein Trottel sich einen Namen, der völlig falsch ist, für dieses Meisterwerk hat einfallen lassen. Beethoven hätte ihn dafür vermöbelt.

Ich würde diese Sonate: "Schicksalsonate" nennen.

Liebe Grüße, Mario
 
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Ok, ich wiederhole mich:

Ich finde, Werke sollten keine Titel tragen. Das lässt das Werk in eine Schublade schieben. Von wegen "ich muss sie so spielen, als ob ich mich in der atmosphäre einer Mondscheinfahrt befinden würde". Das ist falsch!

Die Opus Zahl sagt mehr über ein Werk aus, als ein Titel, wenn man die Biografie des Komponisten kennt.
 
Mich stört z. B., daß die Etüde op.25 Nr.12 von Frédéric Chopin "Ozeanetüde" genannt wird.
Ich fasse sie völlig anders auf. Für mich bedeutet sie große Trauer, die das Herz zerreißt! Die große Liebe, die ich nicht bekomme oder verloren habe.

Ich glaube, derjenige, der sie in Ozeanetüde getauft hat, kennt nicht diese Gefühle, da es für ihn nur ein wellenrauschender Ozean ist.

Liebe Grüße, Mario
 
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Ich finds schade, daß auf dem "Mondscheinsonate"-Titel so böse herumgehackt wird. Es ist auf jeden Fall ein Nachtstück (wehe jemand widerspricht!!!) und nachts scheint nun mal der Mond. Ich stell mir jedenfalls immer einen Friedhof im Mondschein bei diesem 1.Satz vor. :p

Super finde ich auch den Titel "Wut über den verlorenen Groschen", dessen Ursprung auch nicht so recht geklärt ist. Aber besser als mit diesem Titel könnte man das Stück nicht beschreiben.
 
Ich bin der Meinung, dass es grundsätzlich 2 Typen von Stücken gibt:

1. Stücke, deren Interpretation eindeutig ist.
2. Stücke, die so verschieden interpretiert werden können, dass ihre Essenz nicht durch einen Namen erfasst werden kann. Hier fällt mir spontan ein Stück von Scriabin und dessen Interpretation von Horowitz (eher romantischer) und Kissin (eher leidenschaftlicher) ein. Ich weiss leider nicht, wie das Stück genau heißt. Horowitz hat es in Moskau gespielt.

Der erste Satz der "Mondscheinsonate" gehört aus meiner Sicht eindeutig zu der ersten Kategorie. Man kann ihn so spielen oder so, langsamer oder etwas schneller, man kann an verschiedenen Stellen lauter oder leiser werden usw. Das alles ändert aber in keinster Weise die Essenz von dem Stück: Trauer, Schicksal, Schwarz, gewisse Hilflosigkeit. Ich glaube jemand, der behauptet, dieses Stück sei romantisch oder wie auch immer (und das war wohl die Idee, von demjenigen, der dem Stück den namen "Mondscheinsonate" gegeben hat) hat eindeutig Wahrnehmungsprobleme. Es ist wohl wahr, dass jeder seine eigene individuelle Wahrnehmung hat aber ich bin davon überzeugt, dass sie auch FALSCH sein kann. Die Richtung muss stimmen. Wenn die Richtung stimmt, kann man die Interpretation gewissermaßen gestalten.

Betrachten wir "Für Elise". In diesem Stück geht es über die Liebe. Ich hoffe, dass ist ja allen klar und keiner kommt auf die Idee aus diesem Stück einen Tanz zu machen oder so. Bei Youtube gibt es alle möglichen Versionen von dem Stück, die es VERÄNDERN, bis zu Jazz und so. Aus meiner Sicht sind die nur Müll, manche klingen interessant UND MEHR NICHT, das heißt man wird sie ein mal hören wollen, um zu schauen: aha, so was gibt es auch, ok, das wars.
Ich würde die 3 Teile von "Für Elise" folgendermaßen entschlüsseln (nur meine Ideen):

1. Der erste Teil drückt den Satz "Ich liebe dich" aus. Als ich dieses Stück zu spielen versuchte, war mir völlig unklar, warum da eine Wiederholung (unmittelbar nach den Oktavsprüngen) vorkommt, die laut Noten jeweils mit beiden Händen gespielt werden soll, wobei sie viel bequemer (aus technischer Sicht) mit der rechten Hand gespielt werden kann. Ich habe darüber nachdegacht und bin zu der Idee gekommen, dass da dieser Teil "Ich liebe dich" ausdrückt, wird durch das Einsetzen beider Hände eine gewisse Schüchternheit erreicht, die TYPSICH für denjenigen ist, der "Ich liebe dich" sagt - es ist nämlich nie leicht! Wenn man diese Stelle mit einer Hand spielt, wird man diese Schüchternheit NICHT erreichen.

2. Der zweite Teil drückt das POSITIVE an einer Liebe aus. So nachdem Motto: wir lieben einander und es geht uns wunderbar.

3. Der dritte Teil drückt das NEGATIVE an einer Liebe aus.

Ich würde sagen, dass Beethoven durch den zweiten und den dritten Teile den UNTERSCHIED, zwischen einer gegenseitigen Liebe und einer nicht gegenseitigen Liebe demonstrieren möchte.

Ich bin davon überzeugt, dass jeder, der dieses Stück so spielt oder versteht, als ginge es dort nicht um die Liebe (und sicherlich auch wenn man ihm einen entsprechenden Namen, der nichts mit der Liebe zu tun hat, gibt) die Essenz des Stückes weit verfehlt!

Andris
 
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Ich finds schade, daß auf dem "Mondscheinsonate"-Titel so böse herumgehackt wird. Es ist auf jeden Fall ein Nachtstück (wehe jemand widerspricht!!!) und nachts scheint nun mal der Mond. Ich stell mir jedenfalls immer einen Friedhof im Mondschein bei diesem 1.Satz vor. :p

Super finde ich auch den Titel "Wut über den verlorenen Groschen", dessen Ursprung auch nicht so recht geklärt ist. Aber besser als mit diesem Titel könnte man das Stück nicht beschreiben.

Nachtstück ist es auf jeden Fall. Aber ich würde mich der Meinung anschließen, dass diese Nacht schwarz ist und da gibt es keinen Mond. Sie ist so schwarz, dass man gar nichts sieht. Es gibt nur dich und die absolute Dunkelheit.
Aber es geht auch nicht wirklich darum, ob es da den Mond gibt oder nicht. Es geht ja darum, dass derjenige, der diese Sonate "Mondscheinsonate" genannt hat, sie als ein ROMANTISCHES Stück empfunden hat. Und das ist aus meiner Sicht falsch.

P.S. "Wut über den verlorenen Groschen" finde ich absolut GENIAL und bin voll deiner Meinung. Die Kissins Aufnahme kann ich auch absolut empfehlen: für mich spielt er es PERFEKT!

http://www.youtube.com/watch?v=LqDj5186hUk
 
Ich denke mal, dass die Kinderszenen op.15 von Schumann prädestiniert sind für dieses Thema.
Wenn man bei jedem Stück weiß, was man sich vorstellen kann/soll, hilft das schon beim Spielen enorm, finde ich.

Oder träumt vielleicht jemand nicht bei der "Träumerei" ;) ?
 
Es geht ja darum, dass derjenige, der diese Sonate "Mondscheinsonate" genannt hat, sie als ein ROMANTISCHES Stück empfunden hat. Und das ist aus meiner Sicht falsch.

Das kommt aber wieder darauf an, was man sich unter "Romantik" vorstellt. Romantik im heute gebräuchlichen Wortsinn (geprägt von Hollywood) ist natürlich etwas völlig anderes. Zur Zeit, als der Titel Mondscheinsonate geprägt wurde, hat man sich unter Romantik etwas ganz anderes vorgestellt. Dunkle, gruselige Wälder, Burgruinen, Geister und Dämonen, unglückliche(!) Liebe. Lies mal die Texte von Schumanns Liederkreis op.39 Okay, da gibts ein Lied "Mondnacht", und das hat einen ganz anderen Charakter. Aber es ist ja offensichtlich, daß mit Mondscheinsonate etwas anderes gemeint ist.
 
Das kommt aber wieder darauf an, was man sich unter "Romantik" vorstellt. Romantik im heute gebräuchlichen Wortsinn (geprägt von Hollywood) ist natürlich etwas völlig anderes. Zur Zeit, als der Titel Mondscheinsonate geprägt wurde, hat man sich unter Romantik etwas ganz anderes vorgestellt. Dunkle, gruselige Wälder, Burgruinen, Geister und Dämonen, unglückliche(!) Liebe. Lies mal die Texte von Schumanns Liederkreis op.39 Okay, da gibts ein Lied "Mondnacht", und das hat einen ganz anderen Charakter. Aber es ist ja offensichtlich, daß mit Mondscheinsonate etwas anderes gemeint ist.

Also wenn gruselige Wälder, Geister, Dämonen und Tod romantisch waren, dann nehme ich meine Kritik teilweise zurück. Aber mit Liebe hat dieses Stück aus meiner Sicht nichts zu tun, auch mir einer unglücklichen Liebe nicht.
 
"Winterwind" passt auch überhaupt nicht zu op. 25,11.
Ich finde, in diesem Stück gibt es eine "Ruhe vor dem Sturm", der plötzlich losbricht, es ist irgendwie ein großer Kampf (((nicht zuletzt des Pianisten mit dem Klavier :cool:))), der aber auch glückliche Momente beinhaltet.

Mir geht es oft so, dass ich bei Musik zwar etwas empfinde, das aber nicht immer mit Worten, Bildern oder Situationen beschreiben könnte, weil es zu abstrakt ist.
 

wort oder zahl

freunde! nicht jeder kennt sich im "knöchelverzeichnis" wie in seiner westentasche aus. worte und sätze sind einfach leichter zu memorieren als abstrakte zahlen (ausgenommen, wenn hinter der zahl eine logische struktur ersichtlich ist). daher haben autos auch NAMEN.

für die bekanntheit eines stückes ist ein name allemal förderlicher als eine nummer. und von irgendwas müssen musiker und verlage doch leben. wenn ihr dinge anders wahrnehmt, ist das doch ok. aber der name ist nur bezeichnung - nicht inhaltsangabe!

in einem opel kadett sind ja auch nicht lauter fesche kadetten rumgefahren - ganz im gegenteil. jumbos lullaby kann ich mir merken. ne nummer nicht. und mozarts klarinettendingsbumms mit nummer xyz läuft bei uns zuhause unter "out of afrika".

das wort ist mächtiger als die zahl!

lassen wir bitte die zahlen den buchhaltern.
danke. fisherman
 
Liebe Clavio- Freunde,

heute habe ich mal eine Frage!

Weiß jemand von Euch, ob die Bezeichnung "Minutenwalzer" von Frédéric Chopin von ihm selbst stammt, und ob er selbst darauf bestand, daß man ihn exakt in einer Minute spielen sollte?

Hab mal in einer Biographie davon etwas gelesen, kann mich aber nicht mehr genau erinnern, woher genau die Bezeichnung kommt.

Würde mich auf Antworten sehr freuen!

Liebe Grüße, Mario
 
Weiß jemand von Euch, ob die Bezeichnung "Minutenwalzer" von Frédéric Chopin von ihm selbst stammt, und ob er selbst darauf bestand, daß man ihn exakt in einer Minute spielen sollte?

Nein, der Walzer wurde von einem Hund geschrieben.

Der berühmte „Minutenwalzer“ ist übrigens – anders, als man es häufig hört – nicht darauf angelegt, möglichst in einer Minute gespielt zu werden. Eine zu große Hast beim Vortrag verdirbt diese Miniatur. Dieser Walzer ist auch unter dem Namen „Petit chien“ bekannt, da Chopin einer Überlieferung nach durch den Anblick eines jungen Hundes, der versuchte, seinen eigenen Schwanz zu fangen, zu dem sich ständig um den Ton as drehenden Hauptthema inspiriert worden sein soll.
 
Hallo ubik,

das Zitat von Wikipedia kenne ich. Ich bin nämlich auch der Auffassung, daß der Walzer innerhalb einer Minute einfach zu hastig wirkt. Ich kenne Aufnahmen, da versuchen Pianisten ihn nämlich innerhalb einer Minute zu spielen und diese Aufnahmen gefallen mir überhaupt nicht! Ich habe den Walzer auch schon oft gespielt, habe aber nicht die Auffassung, daß man versuchen sollte, ihn innerhalb einer Minute spielen zu können.

Danke für Deine Antwort, aber durch das Wikipedia- Zitat ist jetzt nicht meine eigentliche Frage beantwortet!

Von wem entstand der Titel: Minutenwalzer?

Und woher kommt die Behauptung, zu versuchen, ihn innerhalb einer Minute durchspielen zu können?

Ich dachte es wäre Chopin sogar selbst gewesen, der dem Walzer später den Titel "Minutenwalzer" gab, bin mir aber nicht sicher!

Hoffe deshalb noch auf eine Antwort!

Liebe Grüße, Mario
 
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Ich kann Dir leider keine Quelle nennen, aber ich meine mich zu erinnern, dass der Titel eine Momentaufnahme ausdrücken soll - einen kurzen Augenblick. Es war niemals als metrische Einheit gedacht.

Das kann aber auch alles im Nachhinein angedichtet sein, denn "minute" heißt im Französischen auch soviel wie Entwurf, Konzept ... das ist aber meine ganz persönliche "Verschwörungstheorie" :D
 
Ich kann Dir leider keine Quelle nennen, aber ich meine mich zu erinnern, dass der Titel eine Momentaufnahme ausdrücken soll - einen kurzen Augenblick. Es war niemals als metrische Einheit gedacht.

Das kann aber auch alles im Nachhinein angedichtet sein, denn "minute" heißt im Französischen auch soviel wie Entwurf, Konzept ... das ist aber meine ganz persönliche "Verschwörungstheorie" :D

Ich glaube zu diesen Walzer liegt eine ganz schön gewaltige Verschwörungstheorie vor. Ich kann mir auch nicht mehr vorstellen, daß Chopin je darauf bestanden hätte, den gesamten Walzer exakt in einer Minute durchspielen zu müssen. Schon allein wegen dem Sostenuto- Teil, der vom musikalischen Ausdruck wesentlich ruhiger gespielt werden muß.

Ich glaube, die Behauptung, man müsse ihn exakt in einer Minute durchspielen, stammt von denen, für die Klaviermusik nichts anderes ist, also reine Technik und je schneller, desto besser.

Davon gibt es ja genug! Das beweisen die Aufnahmen von Klavierspielern, ich nenne sie nicht einmal Pianisten, die versuchen, den Walzer innerhalb einer Minute durchspielen zu können. Diese werden maßenhaft ins Internet gestellt. Mit solchen habe ich Mitleid, den sie haben keine Empfindungen für die Musik. Sie empfinden nicht Musik, weder wenn sie sie hören, noch wenn sie sie spielen. Sie nehmen vielleicht nur Töne und Geräusche war.

Manchmal habe ich wirklich so den Eindruck, wenn ein Klavierspieler wieder mal versucht, so schnell es geht, höchstens schnell und schneller ein Klavierstück wie die "rasende Wildsau" runter zuklimpern und dann auch noch stolz sein will, wie schnell doch er spielen kann. Doch wo war die Musik?

Virutosität gefällt mir, aber nicht wenn kein einziger musikalischer Sinn mehr zu hören ist und es wie ein abgespielter Computer klingt und ein Klavierspieler ständig nur so spielt.
Wenn es abwechslungsreich ist, und es Passagen gibt, wo der Pianist zwischendurch auch mal technische Künste zeigt, das widerum gefällt mir sehr gut.

Dann noch ein schönes Beispiel: Da gibt es Klavierspieler, die stellen Videos ins Internet, wo sie sich die Augen mit einem Bindetuch verbinden und dann spielen. Welchen Zweck hat das? Zu beweisen, daß man blind spielen kann? Aber wozu ist das nötig? Dient Musik nicht einem anderen Zweck?

Liebe Grüße, Mario
 
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