Klaviervorspiel "vergeigt" und jetzt etwas demotiviert...

ChristineK

ChristineK

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Hallo zusammen,

ich habe hier länger nichts mehr geschrieben, aber fleißig weitergeübt. Mittlerweile spiele ich (Wiedereinsteigerin) wieder seit über 3 Jahren... eigentlich nur "für mich". Nun habe ich mich breitschlagen lassen, am Klaviervorspiel meiner Lehrerin mitzuwirken. Sie organisiert das immer einmal jährlich sehr nett für die ganzen Kids und ihre stolzen Eltern, und einige wenige Erwachsene wie mich, die dann auch spielen. Es war vielleicht ein etwas zu komplexes Stück für mich (eines der leichteren Nocturnes von Chopin), aber ich hab es monatelang in Arbeit gehabt und habe es in den letzten Wochen vor dem Auftritt mit verschiedenen zusätzlichen "Techniken" geübt. Also, dass man an jeder Stelle wieder einsteigen kann, wenn man rausfliegt, usw.

Ich neige normalerweise auch nicht zu übermäßigem Lampenfieber. Trotzdem war ich dann während des Auftritts irgendwie so abgelenkt, dass ich eine ganze, längere Passage komplett verhauen habe! Das war mir natürlich vor den Zuhörern peinlich, aber vor allem habe ich mich total über mich geärgert. Zumal ich es vorher wirklich so gut geübt hatte, wie nie ein Stück zuvor.

Frage mich nun, wie kann das passieren - kennt ihr das auch? Ich habe nun seit einigen Tagen das Klavier nicht angerührt. Sicher werde ich das bald überwinden, aber momentan bin ich schon recht gefrustet....

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
Christine
 
... ich hab es monatelang in Arbeit gehabt und habe es in den letzten Wochen vor dem Auftritt mit verschiedenen zusätzlichen "Techniken" geübt. Also, dass man an jeder Stelle wieder einsteigen kann, wenn man rausfliegt, usw.

Zumal ich es vorher wirklich so gut geübt hatte, wie nie ein Stück zuvor.


Liebe Christine,

ich stimme Rolf zu!

Es ist sehr mutig überhaupt an einem Vorspiel teilzunehmen. Ich würde das wohl nicht bringen – ich wäre zu nervös.

Du kannst es! Könntest Du es nicht hätte Dich Deine Klavierlehrerin das Stück nicht spielen lassen, oder?

Eine Freundin hat am Sonntag das gleiche vor sich und sie kann das Stück fehlerfrei spielen. Sie fürchtet jedoch dass sie es auch „vergeigen“ wird. Ihr habe ich eine PN geschrieben und zwar unter anderem dies (vielleicht hilft es Deine Frage - aus meiner Sicht - zu beantworten):

Wir sind wie das Wetter, mal scheint die Sonne mal regnet es, dann gibt es Hagel. Uns geht es mal gut, mal scheint die Sonne in unserem Herzen, dann gibt es darin Gewitter mit Sturm und Hagel. Das überträgt sich auf die Finger. Man ist mit den Gedanken woanders und spielt trotzdem, macht aber den einen oder anderen Fehler. Das ist völlig normal, es passiert halt, wir können es nicht beeinflussen.

Christine, Du kannst es – das ist doch die Hauptsache oder? Vergiss das Vorspiel! Und: Ran an die Tasten!

Liebe Grüße
Marlene
 
Liebe Christine !
Ich werde am So. sicherlich das gleiche Problem haben. Aber Dank unsrer Chatfreunde bin ich so motiviert ,dass ich mir daraus nix mehr mache. ich wollte nach der letzten Kl Stunde ganz aufhören. Lies mal bei "Sonstiges" unter "Aufhören" die Antworten, die mir meine unbekannten " Psychologen" so geschrieben haben. Einfach klasse ,wenn nicht genial!!! Ich habe mich nach dem Lesen gleich wieder an Klavier gesetzt und ,siehe da , ich konnte es fehlerfrei spielen und bin jetzt voller Erwartung, wie es für mich am So. ausgehen wird. Natürlich bin ich etwas nervös, aber das gehört wohl dazu, obwohl ich gut und gerne darauf verzichten könnte.
Also mach Dir keine Sorgen.Das nächste Mal klappt alles viiieel besser. Ha , ha, ja ich hab jetzt n o c h gut lachen Vielleicht heul am So.Abend. Mal schauen.
Gruss Monique
 
Liebe Christine,

ergänzend könnte man sagen: dies war Dein erstes Vorspiel (oder zumindest Dein erstes Großes), nicht wahr? Wußtest Du, daß selbst einige große Pianisten (die es eigentlich "können" sollten) teils großes Lampenfieber hatten? (jedesmal?)

Dinge, die man zum erstenmal tut, oder die man nicht oft tut, und oft geübt hat ,neigen dazu, nicht zu klappen. Ich spreche hier vom "vor Publikum Auftreten", nicht vom Stück an sich.

Ich persönlich würde es als "Erfahrung" nehmen, nichts weiter. Du hast es jetzt erlebt, wie "Auftreten" ist, und daß das u.U. nicht so einfach ist. Das ist übrigens mehr wert, als wenn Du gar keine Erfahrungen damit hättest ;)

Du brauchst Dir eigentlich (wenn überhaupt) bloß die folgenden Fragen stellen:

- will ich wieder mal auftreten (oder das "lernen")? Dann muß ich das Auftreten "üben" und in Zukunft oft machen, jede sich bietende Gelegenheit wahrnehmen usw.
- hab' ich da keinen Bock drauf, dann spiel' ich eben nur für mich alleine (das macht wahrlich vielen Leuten auch genug Spaß ;))

Ansonsten, wie alle schon sagten: 'ran an die Bouletten (bzw. Tasten). Laß' Dir von sowas den persönlichen Spaß am Klavier und an der Musik nicht nehmen.

Viele Grüße
Dreiklang
 
Nochmal anders gedacht: Du hast das Nocturne sehr lange und intensiv geübt, aber in der Konzertsituation ist eine längere Passage schief gegangen. Ich kann mir vorstellen, dass du sehr enttäuscht darüber bist, aber eigentlich ist das nicht so richtig gerechtfertigt: Du hattest den Mut dich auf das Vorspiel eingelassen. Es ist nicht alles schief gegangen, einen Teil hast du gut hingekriegt und dass das ein schweres Stück für dich ist, weißt du ja selbst. Ich sehe keinen Grund nun zu verzweifeln. Seine Höchstleistung in der Konzertsituation abzurufen ist ein professioneller Anspruch, dem man wohl als Amateur fast zwangsläufig nicht genügen kann. Deswegen freue dich über das, was funktioniert hat und ziehe deine Lehren für künftige Vorspiele.

lg marcus
 
Ich glaube, etwas Lampenfieber ist nichts Schlechtes. Es gehört dazu und ist normal, und zusätzlich zwingt es zu einer gewissen Konzentration, die man evtl. nicht aufbringen würde, wenn einem alles vollkommen egal wäre.

LG, Olli!
 
Zitat von Rolf:
es heisst, wer nach einem Autounfall oder Skiunfall zu lange wartet, wieder Auto oder Ski zu fahren, der wird dann immer ängstlich dabei sein
Diesen Gedanken hatte ich nach einem schweren Motorradunfall: Entweder sofort rauf auf den Hobel, oder nie wieder. Ich habe mich für sofort wieder rauf entschieden und bin froh darüber.
 
Diesen Gedanken hatte ich nach einem schweren Motorradunfall: Entweder sofort rauf auf den Hobel, oder nie wieder. Ich habe mich für sofort wieder rauf entschieden und bin froh darüber.
Genau das ist es. Wer nach einem Misserfolg das Spielen über einen gewissen Zeitraum einstellt, schafft Freiräume für negative Gedanken und Angstgefühle. Je länger die Auszeit von den Tasten andauert, desto nachhaltiger setzen sich diese belastenden Empfindungen fest. Wer schon bald wieder weiterspielt, überschreibt die negativen Inhalte zeitnah mit positiven, bis die erlittene Niederlage ihre prägende Bedeutung verloren hat.

Gerade die Angst vor dem Angsthaben macht selbst internationalen Stars zu schaffen:
http://www.fonoforum.de/fileadmin/archiv/2011/03/047_49_Anderszewski.pdf
Das wäre ein Beispiel unter sehr vielen, die man aufzählen könnte.

Vielleicht helfen ein paar Überlegungen ein wenig weiter:
  • Der Auftritt fand im Rahmen eines Schülervorspiels statt. Diese Vorspiele sind keineswegs dazu da, nur Perfektes und Vollendetes abzuliefern.
  • Ohne dabei gewesen zu sein: Ich unterstelle, dass die anderen Akteure auch nur Menschen waren und nicht alles fehlerfrei geklappt hat.
  • Nur wer nichts tut, macht auch keine Fehler, weiß der Volksmund.
  • Abschließend die Gegenfrage: Gibt es eine Aufnahme des Auftritts? Auch wenn so ein Mikrophon angeblich gnadenlos jeden Fehlgriff für die Ewigkeit festhält - ich kenne sehr oft den umgekehrten Fall. In der enormen Anspannung habe ich Unzulänglichkeiten als katastrophal empfunden. Nun höre ich die Aufnahme und siehe da: Der Lapsus war im nachhinein nicht annähernd so verheerend - manchmal muss ich die Aufzeichnung gezielt absuchen, um eine kleine Unebenheit ausfindig zu machen. Wer allerdings professionell musiziert, kommt um Ehrlichkeit zu sich selbst nicht herum. Aber oftmals ist man selbst am schwierigsten zu überzeugen... - siehe oben!

Fazit: Ran ans Instrument und wieder positive Erfahrungen sammeln. Und mehr als sich gewissenhaft vorzubereiten kann man nun mal nicht tun - und die erworbenen Fertigkeiten bestmöglich abzurufen, wenn's darauf ankommt.

In diesem Sinne erfolgreiches Schaffen und
LG von Rheinkultur
 
Guten Abend zusammen!

Wow, so viele aufmunternde Worte, vielen lieben Dank! Und ihr habt ja so recht mit allem, was ihr geschrieben habt. Als Amateur (und selbst das ja noch im "Anfängerstadium") bei einem solchen Vorspiel vor immerhin doch einem kleinen Raum voller fremder Menschen, noch dazu an einem fremden Instrument, die Höchstleistung abrufen zu wollen, naja, das ist sicher fast ein Ding der Unmöglichkeit... Klar haben auch die anderen nicht immer perfekt gespielt... wobei meine vergeigte Passage schon ein negatives Highlight war - ohne bisher versucht zu haben, eine Aufnahme zu ergattern (die es vermutlich irgendwo geben wird). Vielleicht wäre das nicht schlecht, mal anzuhören. Im Nachhinein denke ich auch: immerhin hab ich danach noch tapfer bis zum Schluß weitergespielt, denn nach der verpatzten 3. Seite gab es ja noch eine 4.

Nach einer langen Woche Pause - was bei mir sonst nie vorkommt - habe ich mich nun am Wochenende also wieder brav ans Klavier gesetzt. Nach dem Unfall wieder rein ins Auto - guter Vergleich, der hier genannt wurde! Allerdings kann ich das Nocturne nun erstmal nicht mehr sehen.... Und ob ich im nächsten Jahr wieder beim Vorspiel dabei sein werde, naja, das steht wirklich noch in den Sternen.
 

derlei geschehenisse darf man gerne so optimistisch, tatkräftig und ärmelhochkrempelnd sehen, die zweckmäßigkeit einer solchen sichtweise ist jedoch mehr als zweifelhaft. aus ihr gezogene konsequenzen bewirken unter zwang selbiges, wie die auf unglücksorten für unfreiwillige zeugen meist unverzüglich eintreffenden seelsorger: das aufkratzen und salzen von frischen wunden.

besser ist es, von zwangsinduzierten steh-auf-männchen autosuggestionen abzusehen und auf das zu hören, was die seele selbst verlangt.
einer phase des in sich kehrens, nach einem weniger geglückten vorspiel, sind ungleich heilsamere kräfte eigen, als einer noch so vollkommenen übe-session, wenn derselben denn keine ehrliche und unverfälschte intrinsische motivation zugrunde liegt.
 
hier war gewiss nicht von aufgeben, sondern von einer pause die rede ;)
 
Ach, ich denke, man spürt doch, was einem gut tut. Der eine ist zärter besaitet und braucht eine längere Pause, der andere wagt sich bald wieder mutig in den Kampf mit dem Biest... ich bin jedenfalls dankbar für eure unterschiedlichen Sichtweisen, die mich in der Hinsicht zum Nachdenken und Handeln anregen. So oder so - aufgegeben wird nicht!! :-)
 
Auch von mir zunächst Respekt, dass Du Dich an das Vorspiel gewagt hast! War es das erste überhaupt oder seit vielen Jahren? ich sage Dir nur, Übung macht den Meister denn man erkennt erst dann, wo die Probleme auf einen warten wenn es vor das Publikum geht. Meist ist es nicht gut das Stück zuviel zu üben oder man muss es vorher mal eine ganze Zeit "liegen lassen". Ich will Dir mal etws erzählen.... ich habe letztes Jahr für einen Wettbewerb die Polonaise fis-moll op.44 von Chopin gelernt. Ich hatte sie erst ganz kurz vorher auswendig gelernt und habe noch Backstage in die Noten geschaut, denn die Mazurka im Mittelteil ist sehr schwer zu lernen. Es gibt kleine Feinheiten, die jeweils den Unterschied machen, ein paar Töne aber je nachdem bist Du dann im ersten, zweiten oder dritten Teil angekommen. Und plötzlich hatte ich einen Mini-Blackout während meines Auftritts, habe einen falschen Ton genommen und wusste, ich habe gerade 8 Takte ausgelassen... die schönsten Takte des gesamten Stückes überhaupt, der Höhepunkt der Mazurka... ich habe mich schon auf der Bühne total geärgert aber mir nichts anmerken lassen. Hinterher war ich sauer auf mich selber , das hat etwa eine Stunde gedauert. Ich wusste, dass ich das Finale des Wettbewerbs total vergeigt hatte, aber andererseits war es dann auch egal. Es war vorbei, ich konnte es eh nicht mehr ändern, habe das Stück einige Zeit liegen gelassen und voila, als ich es dieses Jahr für mein Programm wieder aufgenommen habe, da lief es dann.

Wichtig für Dich: Freu Dich dass Du Dich getraut hast, schau nach vorne, pack das Stück weg, mach was ganz anderes und hole es in 8-10 Wochen wieder raus. Du wirst sehen, es tut gut und beim nächsten Mal klappt die Passage dann ;)
 
Allerdings kann ich das Nocturne nun erstmal nicht mehr sehen.... Und ob ich im nächsten Jahr wieder beim Vorspiel dabei sein werde, naja, das steht wirklich noch in den Sternen.

das ist ein großer Fehler! Genau das Gegenteil solltest du machen, wie rolf es schon gesagt hat.

Nimm genau dieses Nocturne, ergründe genau, warum die Passage nicht klappte, erarbeite sie neu und spiel es dann wieder vor (Freunden, Bekannten), mach das so oft, bist du es auch in der Vorspielsituation schaffst.

Ich habe vor einigen Tagen beschrieben, dass ich mich ärgerte, weil eine Passage auf einem fremden Flügel ohne Einspielen in fremder Umgebung nicht gelang.Da es für mich ein Experiment war (kein öffentliches Vorspiel, da würde ich so was nicht machen) war es doch lehrreich. Ich sah mir die Stellen zu hause genauer an, die unter Streß nicht klappten und erkannte, warum es da Probleme gab und studierte sie genauer durch.

Dieses Wochenende war ich in einem Hotel, da stand in der Eingangshalle ein sehr schöner Seiler Flügel.
Ich hatte meine Lektion gelernt und übte mich ganz ruhig am Flügel ein, wenn da Leute aus und ein gehen ist man anfangs nervös, aber nach ruhigem Durcharbeiten und Kennenlernen der Situation spielte ich die Sachen dann durch und alles klappte einwandfrei.
 
off topic @kreisleriana:

Das freut mich sehr für dich!!

LG, Sesam
 
Nun habe ich eben eine aufmunternde Mail von meiner Klavierlehrerin bekommen, das hat mich natürlich auch sehr gefreut. Und auch sie wies darauf hin (wie viele hier ja auch), dass es selbst Profis hin und wieder so geht (das verdrängt man ja als Amateur gern), bzw. dass man die eigene Leistung nicht an diesem einen "Auftritt" messen sollte. Ich hab mich nun also wieder einigermaßen erholt von dem Ganzen....

Zum Nocturne, ach, ihr habt ja recht. Ein kleines Bisschen muss es noch ruhen. Aber es ist einfach zu schön, um jetzt schon endgültig ad acta gelegt zu werden. Da ich demnächst beim Clavio-Treffen in HH dabeisein werde, werden vielleicht dann einige von euch die Gelegenheit haben, Zeugen zu sein, wie das Nocturne ein weiteres Mal von mir "aufgeführt" wird... ist ja noch eine Weile hin... ;-)
 
Hi Christine,

um welche Nocturne handelt es sich eigtl. ? Ich sehe, dass sie bisher nicht näher bezeichnet wurde, gehe aber ungefähr von op. 15, 3 g-Moll aus, oder op. 32,1 H-Dur... ?? - Denn: Was man BENENNT, verliert auch für die Zukunft seinen Schrecken. ;)

Was man NICHT benennt, erhält den Nimbus des Gefährlichen..und das wollen wir doch vermeiden, denk ich !?

Und auch von mir ein kleiner Tip - : schließe mich denjenigen an, die sagen: Dranbleiben an den Nocturnes! ;)

Aufmunternd guckt,
mit LG, Olli !!
 

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