Klavierüben

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Leoniesophie

Leoniesophie

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7. Juni 2010
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Zur Zeit überfällt mich zunehmend starker Überfrust. Ich übe und übe und komme einfach nicht weiter. Was läuft da falsch?

Wenn das so weitergeht, habe ich bald keine Lust mehr Klavier zu spielen, weil ich momentan den Eindruck habe, mit meinem jetzigen Können ist das Ende meiner Fähigkeiten erreicht. Kann das sein, daß man als Hobbyspieler an einem bestimmten Punkt einfach nicht mehr weiterkommt oder sollte ich mir vielleicht doch mal einen anderen Lehrer suchen ?

LG
Leonie
 
Langsamer, konzentrierter spielen. Wenn man gut spielen will, ist es nunmals oft auch Arbeit statt Spaß. Vielleicht hast du ja aber insgeheim doch nicht so die Lust zum Klavierspielen und zwingst dich mehr dazu?
 
Zur Zeit überfällt mich zunehmend starker Überfrust. Ich übe und übe und komme einfach nicht weiter. Was läuft da falsch?

Liebe Leonie,

aus meiner Sicht: alles! Üben bedeutet immer, sofort einen Fortschritt zu erzielen, auch wenn er noch so (mikroskopisch) klein ist. Erfolgserlebnisse motivieren und das Gegenteil demotiviert leider. Manchmal merkt man als Schüler kleine Fortschritte nicht, aber spätestens nach einer Woche sollte der Unterschied hörbar sein. Was sagt dein Lehrer dazu? Mit ihm würde ich unbedingt darüber sprechen!

Man sollte immer so üben, dass man Erfolgserlebnisse hat und das scheint bei dir nicht zu klappen. Die Faustregel ist also: "übe so, dass klappt, was du spielst. Nimm dir nicht zuviel auf einmal vor und sei in der Lage, dir noch gut zuzuhören." Dazu gehört, so langsam wie nötig zu spielen, immer nur ein oder maximal zwei Probleme gleichzeitig zu "bearbeiten", kleine Stellen oft zu wiederholen, dann in den größeren Zusammenhang zu setzen (also z.B. weiter vorne anfangen), stimmenweise (nicht nur einzeln) zu üben und mit sich geduldig zu sein. Der Lehrer sollte mit dir im Unterricht üben, wie du bestimmte Dinge angehen kannst - er sollte nicht nur sagen, wie du etwas üben kannst, sondern dies auch im Unterricht mit dir durchgehen (so merkt er auch, ob es verstanden wurde).

Das Gute ist, dass du hörst, dass du du nicht die Fortschritte machst, die du dir vorstellst!!! Das wird dir helfen, den Weg durch diese Krise zu finden!

Wenn das so weitergeht, habe ich bald keine Lust mehr Klavier zu spielen, weil ich momentan den Eindruck habe, mit meinem jetzigen Können ist das Ende meiner Fähigkeiten erreicht. Kann das sein, daß man als Hobbyspieler an einem bestimmten Punkt einfach nicht mehr weiterkommt oder sollte ich mir vielleicht doch mal einen anderen Lehrer suchen ?

Nein, als Hobbyspieler kommt man immer weiter!!! Wie weit, ist zwar individuell verschieden, aber ich nehme stark an, dass du jetzt nicht die Erarbeitung des dritten Rachmaninovskonzertes meinst. Um welche Stücke geht es denn? Sind sie evtl. zu schwer?

Es könnte sein, dass ein Lehrerwechsel sinnvoll wäre. Verbessert sich denn im Unterricht der Klang sofort? Werden Probleme gelöst, bekommst du klare Übeanweisungen für zu Hause (s.o.)?

Liebe Grüße

chiarina
 
man als Hobbyspieler an einem bestimmten Punkt einfach nicht mehr weiterkommt
Gefährliche Frage! Denn:

Wer räumt schon gerne ein, dass das Ende der Fahnenstange erreicht ist?

Ich persönlich denke, dass das bei jedem irgenwann ´mal soweit ist, und zwar sowohl technisch als auch interpretatorisch. Technisch heißt, manche Stücke wird man niemals spielen können, sie sind einfach zu schwer. Interpretatorisch heißt, die Ausdrucksstärke, die man sich wünscht, ist nicht erreichbar.

Diese Meinung klingt etwas schroff. Ich habe sie schon sehr lange, sie begleitet mich durch bald fünfzig Jahre Klavier spielen. Warum also habe ich das Klavier noch nicht verschrottet?
Weil es nicht darum geht, die Perfektion zu erreichen. Weil es nicht darum geht, ein unerreichbares Ziel anzusteuern.

Ich habe zwar nicht gelernt, so gut zu spielen wie irgend ein konzertierender Profi. Gelernt habe ich aber etwas anderes:
Die Fortschritte, die mitnehmbar sind, die hören niemals auf. Die Erkenntnisse, die einen weiterbringen, sind ihrer Natur nach unendlich. Die Erfolgserlebnisse kommen überraschend um die Ecke, gerade wenn man sie nicht erwartet.

Und noch ´ne flappsige Idee: Die meisten fahren gerne Auto, ohne zu versuchen, die Virtuosität eines M. Schumachers zu erreichen. Auto fahren macht einfach Spaß!
Klavier spielen auch.

CW
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Darauf möchte ich ein klares "Jein" antworten. Ich denke, man kann sich den Lernfortschritt so in etwa als logarithmische Kurve vorstellen. Am Anfang gehts ganz gut vorwärts, aber gegen Ende wirds immer schwieriger. Irgendwann ist der Punkt erreicht, ab dem man in der noch zur Verfügung stehenden Lebenszeit nur noch einen winzigen Bruchteil dessen besser werden kann, was man bisher erreicht hat. Auch, wenn das noch viele Jahrzehnte sind.

Bitte nicht wörtlich verstehen, es ist ein Bild. Lernfortschritt ist nicht so glatt wie eine Logarithmuskurve. Er geht in Schüben, etc. Aber vom Prinzip sollte das Bild hinkommen.

Ich kann das auch mit zwei anderen Hobbys von mir vergleichen: Ich spiele viel Go und Backgammon. In beiden Spielen bin ich kein Anfänger mehr, in beiden werde ich aber auch niemals die Weltspitze erreichen. Ich kann noch etwas hinzulernen, aber eben nicht mehr so viel, auch nicht in 50 Jahren intensiven Trainings (zumindest beim Go nicht).

Von daher gibt es schon ein Ende der Fahnenstange, man wird es nur nie erreichen!
 
Von daher gibt es schon ein Ende der Fahnenstange, man wird es nur nie erreichen!

Kleiner Nachtrag: Nach dieser aus theoretischer Sicht sicherlich wahren Aussage sollte ich noch etwas praktisches hinzufügen: Wo Du gerade stehst auf der Kurve, das weiß ich natürlich nicht. Wie die anderen so richtig schrieben gibt es natürlich immer Hochs und Tiefs und falsche Übemethoden und falsche Lehrende. Und vieles andere auch...
 
Kleiner Nachtrag: Nach dieser aus theoretischer Sicht sicherlich wahren Aussage sollte ich noch etwas praktisches hinzufügen: Wo Du gerade stehst auf der Kurve, das weiß ich natürlich nicht. Wie die anderen so richtig schrieben gibt es natürlich immer Hochs und Tiefs und falsche Übemethoden und falsche Lehrende. Und vieles andere auch...

Es ist auch völlig egal, wo man steht auf den gewundenen Wegen und Irrwegen hin zur musikalischen "Erleuchtung".

Man kann den Weg immer weitergehen, oder auch mal einen anderen Weg ausprobieren. Das Ende wäre erst dann erreicht, wenn das Leben zuende ist oder wenn man sein Interesse am Suchen verliert. Letzteres kann natürlich passieren, weil man sich lieber mit anderen Sachen beschäftigen will, oder weil man aus Frust das Klavier an den Nagel hängt. Frust könnte aber auch zu einem Aha-Effekt führen: auf dem Weg, den ich gerade gehe, komme ich nicht voran, also sollte ich einen anderen ausprobieren. Und das muß ja nicht das endgültige Aufgeben des Klavierspielens sein.
 
Ich finde das "Ende der Fahnenstange" keine gute Metapher für das Weiterkommen und die Entwicklungsmöglichkeiten am Klavier, denn dort geht es nur hoch und runter! :p

Das ist doch recht eindimensional! :p

Die Metapher Haydnspaß' mit den verschiedenen Wegen finde ich viel besser - Wege gibt es viele und man kann sie sogar ganz individuell neu finden.

Manuelle Grenzen existieren (nicht jeder Hobbyspieler, aber auch Profi bringt es bis Scarbo und Konsorten, nur wenige erreichen die Weltspitze - Überraschung: das gilt auch für Profis :D ), ich wüsste aber nicht, dass es eine Beschränkung darin gibt, sich in Musik weiter zu bilden. Das musikalische Verständnis kann immer weiter wachsen und hat man einen guten Lehrer, ist fleißig, offen und diszipliniert, wird sich das auch am besseren Klavierspiel zeigen. Bei Hobbyspielern bleibt halt oft nicht so viel Zeit zum Üben, das schränkt natürlich ein.

Da Leonie aber vor kurzem Beiträge zum Nocturne op. 9,1 von Chopin gepostet hat und viel geübt hat, sehe ich hier absolut nicht das Problem. Das liegt woanders!

Liebe Grüße

chiarina
 
Das Ende der Fahnenstange kann es meiner Meinung nach nur bei Teilaspekten geben. Wenn die Gelenke verschleißen oder ich nur eine sehr begrenzte Übezeit habe, werden meine technischen Fähigkeiten insgesamt kaum zunehmen können. Klavierspiel besteht aber aus ganz vielen Aspekten und nicht nur der motorischen Virtuosität. Nicht jedes Stück befindet sich an der technischen Grenze. Auch langsame Stücke oder z. B. langesame Sonaten-Sätze werden vom Profi besser interpretiert als vom Laien. Und das Gehirn ist lernfähig bis ins hohe Alter. Wie weit man weiter kommt, hängt hauptsächlich davon ab, wie viel Zeit man investiert und wie effektiv man diese Zeit nutzt und welches Talent einem dafür zur Vefügung steht. Wer kann und mag neben dem Beruf 3-6 Stunden üben (ohne nur zu spielen) statt der vielleich üblichen 0,5 bis 1 Stunde bei Hobbyspielern? Da kann das Ende der Fahnenstange ganz weit wegrücken.

Man kann sich ja auch mal auf andere Bereiche konzentrieren, wenn man gerade im gewohnten Terrain nicht weiter kommt: Improvisation, Stücke für mehrere Instrumente, Harmonielehre, andere Musikstile (Neue Musik, Jazz, Pop, Latin, Funk, Rock), vierhändig, etc. Das kann für die Motivation auch förderlich sein, mal etwas anderes zu entdecken.

Ein Beispiel dazu: es wird ja auch gesagt, wer nicht schon gaaanz früh anfängt, bei dem ist an professionelles Spiel kaum noch zu denken. Es gibt genug professionelle Musiker (insb. auf anderen Instrumenten), die erst als Teeanager angefangen haben und ich kenne auch einen professionellen Jazz-Pianisten, der erst mit 22 Klavier angefangen hat und sogar als Dozent tätig war.
 
(dieser Beitrag bezieht sich nicht auf Leoniesophie! sondern ist allgemein)

ich bin stirkt gegen das schönreden...

Selbstverständlich gibt es nicht nur ein "Ende der Fahnenstange"! Es gibt mehrere!!

...eines davon wird sehr oft erreicht, und das auf allen möglichen (äußeren) Schwierigkeitsstufen: es ist der unflexible, undifferenzierte, in keinem Tempo sinnvoll fließende Klang. Schuld daran ist Ungeduld und mangelnde Bereitschaft, gerade diese Grundlage wirklich zu erarbeiten - stattdessen will man "vorankommen" und denkt sich, dass sich das schon einschleifen wird --- dabei kann ich bei Licht betrachtet sehr wohl nachvollziehen, dass man gefrustet ist, wenn selbst ein kinderleichtes Stückchen bei anderen viel besser klingt als bei einem selber.

Genau hieran aber kann jeder arbeiten (wie man da ansetzten soll, um differenzierte Zusammenklänge hinzubekommen, ist in etlichen guten Fachbüchern erklärt, z.B. bei Werner und Kratzert) und wenn man im Unterricht merkt, dass dort nicht an solchen Grundlagen gearbeitet sondern "technisch progressiv" vorgegangen wird, dann sollte man darauf bestehen, dass akribisch an allen Bewegungs- und Anschlagsweisen gearbeitet werden soll, die für ein klanglich sinnvolles spielen grundlegend nötig sind.

Das nächste, sehr früh schon und sowieso auf jeder Stufe problemlos erreichbare Ende einer Fahnenstange ist das ungenügend cantable spielen - mir rätselhaft, denn man hat Ohren, man hören lernen, wie Sänger und Geiger Kantilenen gestalten, man kann hören, wie Pianisten das aufs Klavier übertragen.

Differenziert und cantabel muss schon ein sehr einfaches Stück wie Tschaikowskis "in der Kirche" oder noch einfacher Santoros "Paolistana no.1" oder noch einfacher Chatschaturjans "Andantino" gespielt werden - an solchen langsamen Sachen kann jeder mit gutem verständigen Unterricht die klanglich-technischen grundlegenden Fehlgewohnheiten aufarbeiten ---- aber das braucht sehr viel Geduld. Da wäre ich knallhart: wer diese Geduld nicht aufbringt, sondern lieber ich-will-aber-das-und-das-machen-und-vorwärtskommen betreiben will, der hat über Frust und holerig-hölzernes stumpfklingendes Klavierspiel nicht zu jammern, sondern muss das halt in Kauf nehmen.

Des weiteren gibt es auch ein manuelles Ende der Fahnenstange, das individuell variiert und das auch bei differenziertem musikalischen spielen erreicht wird: es schafft nicht jeder, selbst bei sehr viel Zeit zum üben, solche Sachen wie Scarbo oder Danse russe ordentlich im Tempo zu spielen - aber das dürfte nicht ganz unbekannt sein ;)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Selbstverständlich gibt es nicht nur ein "Ende der Fahnenstange"! Es gibt mehrere!!

...eines davon wird sehr oft erreicht, und das auf allen möglichen (äußeren) Schwierigkeitsstufen: es ist der unflexible, undifferenzierte, in keinem Tempo sinnvoll fließende Klang. [...]


Das nächste, sehr früh schon und sowieso auf jeder Stufe problemlos erreichbare Ende einer Fahnenstange ist das ungenügend cantable spielen - [...]

Das sind ja dann aber kein Enden einer Fahnenstange, sondern eher Hindernisse auf dem Weg dorthin - immerhin kann man ja daran arbeiten, obwohl es sicher schwierig und lästig ist, jahrelang falsch Eingeübtes wieder zu korrigieren.

Des weiteren gibt es auch ein manuelles Ende der Fahnenstange, das individuell variiert und das auch bei differenziertem musikalischen spielen erreicht wird: es schafft nicht jeder, selbst bei sehr viel Zeit zum üben, solche Sachen wie Scarbo oder Danse russe ordentlich im Tempo zu spielen - aber das dürfte nicht ganz unbekannt sein ;)

Tja, dass wäre dann tatsächlich ein Ende - allerdings denke ich, dass es einige Zeit dauert, bis man soweit ist, und wenn man dann mal an diesem Punkt angelangt ist, hat man doch sicherlich schon ein Niveau erreicht, wo es so Manches zu entdecken gibt, was über diesen Umstand hinwegtröstet. ;)

Wenn ich mich richtig erinnere, zieht Wolters bei Schwierigkeitsstufe 12 die Grenze für das, was ein durchschnittlich begabter Hobbyspieler erreichen können sollte, darüber hinaus braucht es dann schon entsprechend größere Begabung bzw. auch mehr Zeit, als der durchschnittliche Hobbyspieler zur Verfügung hat. Nach ein paar Jährchen Klavierunterricht ist es wohl eher angebracht, Wege zur Überwindung von Hindernissen und Blockaden, denn Grenzen und Fahnenstangenenden aufzuzeigen.

LG, PP
 
Selbstverständlich gibt es nicht nur ein "Ende der Fahnenstange"! Es gibt mehrere!!

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Das nächste, sehr früh schon und sowieso auf jeder Stufe problemlos erreichbare Ende einer Fahnenstange ist das ungenügend cantable spielen - mir rätselhaft, denn man hat Ohren, man hören lernen, wie Sänger und Geiger Kantilenen gestalten, man kann hören, wie Pianisten das aufs Klavier übertragen.
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Des weiteren gibt es auch ein manuelles Ende der Fahnenstange, das individuell variiert und das auch bei differenziertem musikalischen spielen erreicht wird: es schafft nicht jeder, selbst bei sehr viel Zeit zum üben, solche Sachen wie Scarbo oder Danse russe ordentlich im Tempo zu spielen - aber das dürfte nicht ganz unbekannt sein ;)

Hallo,

wie in so vielen anderen Threads habe ich den Eindruck, dass hier wieder verschiedene Auffassungen von einem Begriff, hier "Ende der Fahnenstange" bestehen. Weiter oben hatte ich den Eindruck, dass damit gemeint ist, dass man sich überhaupt nicht mehr verbessern kann.
Ich habe dann meine Auffassung dagegen gestellt, dass man sich in vielen Bereichen bis zu einem gewissen Grad verbessern kann, wo vieles weniger durch die Fähigkeiten als durch zu wenig oder uneffektives Üben nicht erreicht wird. Natürlich hat Rolf damit Recht, dass das "manuelle" Ende der Fahnenstange individuell variiert. Genau so wie nicht jeder 100m unter 10 sek. laufen lernen kann, kann nicht jeder seine Fingermuskeln so schnell bewegen wie andere. Aber auch hier tun sich bei erschöpfender Optimierung der komplexen Bewegungsabläufe mehr Möglichkeiten auf, als man manchmal glaubt.

Wenn ich Rolf richtig verstehe mit "auf jeder Stufe problemlos erreichbares Ende der Fahnenstange" meint er damit die aktuelle Grenze, die jemand beispielsweise beim Cantabile erreicht hat. Wenn ich ihn richtig verstehe, und dem würde ich zustimmen, kann das duch gezieltes Üben verbessert werden. Und hier möchte ich differenzieren: In Bereichen wo man sich verbessern kann, ist der Begriff "Ende der Fahnenstange" irreführend. Auch wenn veränderte Übungen, Grundlagenarbeiten oder einfach mehr Zeitaufwand nötig ist, bedeutet das eben nicht, dass man sich nicht mehr verbessern kann und damit ist das Ende einer bestimmten Fahnenstange eben auch nicht erreicht.

Gruß
Bassplayer
 
Tja, das Wort von der "Fahnenstange" ist ja ganz wirkungsvoll gewesen. Dabei wollte ich damit eigentlich niemanden düpieren oder abmeiern, das Wort meinte ich ganz wertfrei und es gilt natürlich auch für mich.

Es scheint mir eine ganz banale Tatsache zu sein, dass der eine Spieler weiter kommt als der andere, und der wieder weiter als der nächste, aus welchen Gründen auch immer. Da sollte man nicht werten.
Ich glaube, dass derjenige, der seinen Spass am Klavier spielen nur dadurch erhält, das er immer und kontinuierlich messbare Fortschritte erzielt, zwangsläufig irgendwann ein Motivationsproblem haben wird. Dann nämlich, wenn die Fortschritte kleiner und kleiner werden, bis sie so klein sind, dass man sich fragt, ob es sie überhaupt noch gibt.

CW
 
@cwtoons: Ich hatte den Begriff auch keinesfalls wertend verstanden. Ich denke nur, dass die Annahme, man könne nicht mehr weiter kommen, oft falsch ist und gar ein Weiterkommen idR verhindert. Wenn man mal im Detail genauer definiert, was man genau besser können möchte, kann ein guter Klavierlehrer wohl in der Regel Wege aufzeigen, in einzelnen Bereichen weiter zu kommen.

Zur Motivation: jeder tickt anders und für jemanden, der stark zielorientiert ist, kann es toll sein, diese Ziele zu erreichen. Wenn er sie nicht erreicht, muss er sich fragen, ob sie zu hoch gesteckt sind oder er falsch übt und es kann hilfreich sein, mal von den Zielen weg zu schauen und das Gefallen am Spielen/Üben selbst wieder mehr wahrzunehmen und sich auf ganz kleine Ziele konzentrieren und sich zeitlich nicht unter Druck setzen. Eine Demotivierung wegen einem nicht erreichten Ziel könnte da auch blockierend wirken, die Konzentration hemmen, zu Verkrampfung führen, und man ist im Teufelskreislauf.

Aber hier wurden ja schon viele Hinweise gegeben und erster Ansprechpartner sollte der Klavierlehrer/die KL sein.

Gruß
BP
 
Oh, hier sind ja sehr viele Anregungen zusammengekommen und vor allem aus sehr vielen Blickwinkeln betrachtet. Das ist schön!

Da es inzwischen schon sehr viele "Ideen" sind, kann ich nicht mehr auf alle eingehen.
Die Kernfrage ist hier wirklich, warum habe ich keine Lust mehr? Ich denke, die Antwort ist multifaktoriell. Tatsache ist, daß ich mich ernsthaft fragen muss, ob das aktuelle Stück nicht zu schwer ist oder ob ich uneffektiv übe. Tatsache ist auch, daß ich auch sehr gerne vom eigentlichen Üben abschweife und dann entweder neue Sachen anspiele, die ich irgendwo aufgeschnappt habe oder aber bereits erlernt Stücke spiele, weil si halt so schön sind.
Der größte Frust ensteht dann, wenn ich an einem Stück zu lange übe - ich kanns dann einfach nicht mehr hören, es ist abgenudelt.
Reales Beispiel: Eine Nocturne. angefangen im Juli 2011, 4 Wochen dran geübt, dann waren Ferien,dann nach den Ferien noch 1 Woche ( also eingerechnet 5 Unterrichtsstunden dafür gebraucht), dann habe ich das Stück beiseite gelegt, aber es war noch nicht fertig. Dann im August diesen Jahres wieder hervorgeholt und über 2 Wochen dran geübt ( 3 Unterrichtsstunden). Die größten Herausforderungen sind natürlich die Verzierungen.
In der 3. Stunde ist mir dann der Kragen geplatzt: immer und immer wieder die gleichen Fehler! Ich will das nicht mehr! Für mich ist es eine Niederlage. Eigentlich hat mir dieses Stück von Anfang an nicht gefallen. OK, da musst Du durch, Dein Lehrer weiss ja schließlich, was er macht. Aber mein Entschluss steht fest: Ich finde, daß ich keine Stücke mehr spielen muss, die mir nicht gefallen!
Ich frage mich aber auch, was könnte mir ein Lehrer zeigen, wenn ich ein technisches Problem habe. Immer und immer wieder die gleich Stelle vorzuspielen bringt mich ja nicht weiter. Ich rede hier nicht vom Klang sondern meine tatsächlich technisches Unvermögen.
Was aus Euren Antworten auch immer wieder durchklang: Man kann mal andere Wege beschreiten, andere Stilrichtungen ausprobieren. Und ganz ehrlich, das macht mir auch Spaß. Aber ich bin noch nicht fertig mit dem Thema.

LG
Leonie
 

Lieber Rolf,

meinst du damit zufällig mich? :D

Ja dann:

Wiki_Friede_DS.gif


Ich bin nämlich auch strikt gegen schönreden! Und ich rede nicht schön, sondern aus meiner mittlerweile dreißigjährigen Praxis. Und ich kann dir sagen - wir meinen genau das Gleiche, betrachten es aber von zwei Seiten!

Ich habe es in diesen dreißig Jahren noch nie erlebt, dass sich etwas im Unterricht nicht verbessert hat! Es ist immer möglich! Und daher bin ich absolut dagegen, zu sagen, ein Hobbyspieler könne sich nicht mehr verbessern! Wenn er will, kann er auch! Ob er will, ist eine ganz andere Frage. Wie ich in meinen anderen Beiträgen bereits gesagt habe, gesetzt den Fall, es gibt einen guten Lehrer, der Schüler ist offen für die Anregungen des Lehrers und fleißig und im Üben diszipliniert, ist eine Verbesserung immer möglich. Und genau das sagst du doch auch! Klar stehen sich manche Schüler mit Ungeduld etc. selbst im Wege, aber dann bringen sie eben nicht die Grundvoraussetzungen zur Verbesserung mit, die ich genannt habe.

Es geht hier doch nicht darum, in den Olymp des Klavierspiels vorzustoßen, sondern es geht darum, dass Leonie sich gefragt hat, ob Hobbyspieler irgendwann vielleicht nicht mehr weiter kommen.

Doch, sie können! Aber da braucht es bestimmte Voraussetzungen, die auch du genannt hast. Leonie hat gerade gesagt, dass sie vermutlich an ihrem Üben arbeiten muss. Bitte doch deinen Lehrer mal, dass ihr in den Stunden einen Teil für's gemeinsame Üben aufwendet. Erwachsene üben leider oft zu schnell und alles, was man falsch spielt, hat man leider auch falsch geübt. Wie heißt es so schön: man kann nicht nicht üben und dreimal falsch gespielt, heißt dreimal geübt, falsch zu spielen.... . :p

Liebe Grüße

chiarina

P.S.: Lieber CW, abgesehen von der Fahnenstange, fand ich deinen Beitrag sehr schön!!!
 
ob Hobbyspieler irgendwann vielleicht nicht mehr weiter kommen.

Doch, sie können! Aber da braucht es bestimmte Voraussetzungen, die auch du genannt hast.

na also, wir tuten ins selbe Horn :D

aber Motivation und unerbittliche Selbstkritik, dazu Geduld-Geduld-Geduld müssen vom Hobbyspieler selber kommen - denn sonst wird eines der genannten Fahnenstangenenden eben unweigerlich erreicht, und dann kullern die gutenteils selbstverursachten Frusttränlein buhuend die Wangen hinab...

bis in den mittelschweren und teils schweren Bereich hinein (z.B. Beethoven op.28, Chopin op.31 u.a.) können Hobbyspieler gelangen und dabei nahezu *) mit den Profis mithalten - das ist doch was!! (heisst aber nicht, dass es jeder garantiert so weit schafft)

aber dazu muss die Grundlagenarbeit gemacht werden, und das ist nun mal sich antrainieren (auch wenn es jahrelang dauert!! (Geduld-Geduld-Geduld)) verlässlich klangdifferenziert zu spielen (und das ganz ohne darüber nachzudenken) egal bei welcher Tonstärke UND dazu ein wirkliches cantabile hinzukriegen ---- bleibt es hier bei Defiziten, dann wird man sich halt ewig fragen, warum irgendwas was leichtes bei anderen besser klingt. peng. aus.

wer sich in Frustnähe fühlt, der kann ja ausprobieren, was ich erklärt habe und der kann auch seiner/m jeweiligen Lehrkraft mit nachfragen zur klanglichen Verbesserung und wie das geht produktiv auf die Nerven gehen ;):)

__________
*) warum nahezu? jedenfalls nicht, weil Profis über geheime Tricks verfügen, sondern ein hochdifferenziertes klangdarstellerisches und klangdramatisches Gestaltungsvermögen verfügen, welches sich nicht jeder und schon gar nicht schulbuchmäßig erarbeiten kann -- oder anders gesagt: eine Neuinterpretation eines bekannten Werks, welche das Wissen und die Ausdrucksmöglichkeiten über das Bekannte erweitern (quasi die Augen öffnen) wird aus solchen Gründen meist von Profis und seltenst von Laien geleistet: ein Exempel hierfür sind die Mazurken von Chopin, die eigentlich allesamt erreichbar sind, aber wer wollte auf Horowitz´ oder Michelangelis Ideen kommen bzw. adaequates bringen?
 
@Leoniesophie:
ich kanns dann einfach nicht mehr hören, es ist abgenudelt.
Ich finde, daß ich keine Stücke mehr spielen muss, die mir nicht gefallen!

Zwei Sätze von Dir von bemerkenswerter Richtigkeit! Ist mir schon Gott-weiß-wie-oft so gegangen.

Zu 1) Klassik ist nicht unantastbar und über individuelle Geschmackskriterien erhaben und jedes noch so fantastische Stück unterliegt auch den Mechanismen einer Singlecharts-Popnummer: Irgendwann kann man etwas einfach nicht mehr hören. Heißer Kandidat auf die Spitzenposition bei mir sind die Mondscheinsonate, das Regentropfenprelude und die Pizza Quattro Stagioni - oder so ähnlich - von Vivaldi und noch viele andere Stücke, mit denen ich mich ´mal beschäftigt habe.

Zu 2) Einer der vielen Gründe, warum ich keinen Lehrer habe.

CW
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

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