Klavierstimmen lernen

  • Ersteller des Themas Krischu
  • Erstellungsdatum

Sechstes Kapitel: Das Nadelöhr - die ersten Quinten

Hallo nach sechs Wochen...

Inzwischen bin ich schon gefragt worden, wo denn die nächsten Kapitel zu finden sind... nun ja, da sie bislang halt noch nirgends stehen, wird es wohl Zeit, daran zu schreiben. Also geht es nun hier weiter. Übrigens: Demnächst werde ich zu den einzelnen Schritten auch akustische Beispiele einpflegen, sind schon vorbereitet.

Bislang bis du, wenn du dich an deinem Instrument bis zu den Ergebnissen des fünften Kapitels erfolgreich vorgearbeitet hast, immerhin schon in der Lage, einen Kammerton, eine Oktave und ein paar große Terzen sauber nach logischen und gut wahrnehmbaren Referenzkriterien anzusteuern. Nun muss es irgendwie weiter gehen, und das wird etwas knifflig. Denn die komplette Tonpalette besteht ja nicht nur aus einer Große-Terzen-Treppe, sondern es gibt deren vier:
A-Cis-F-A
Ais-D-Fis-Ais
H-Dis-G-H
C-E-Gis-C

Und irgendwie musst du nun den Sprung hinkriegen von der ersten in die weiteren Treppen, um diese dann aufzubauen. Und es führt nun kein Weg daran vorbei, dass du Quinten legen musst. Also diese vertrackten Intervalle, die eine "winzige Nuance", was immer das sein mag, von ihrer absoluten Reinheit abweichen sollen.

Aber du bist, als Kenner und Anwender der ersten Kapitel, klar im Vorteil. Denn die bereits gelegten großen Terzen werden dir helfen. Das hat den folgenden Grund: Für die erste erwähnte große Terz, die von Klein-F nach Klein-A, nannte ich dir noch die Zahl von ca. 6-7 Schwebungen. Die lassen sich nämlich noch gut zählen. Bei der nächsten Terz in der Treppe, der von Klein-A nach Cis-1, geht das Zählen (für ca. 9 Schwebungen) gerade noch so eben. Aber alles, was schneller ist, zählt man nicht mehr wirklich, sondern hört intuitiv und mit Feingespür einfach "schneller" oder "langsamer". Nicht jedem/jeder mag das gelingen. Doch halte ich diese Form des akustischen Feingespürs für viel besser steuerbar als die zuverlässige Wahrnehmung der äußerst langsamen Schwebungen der temperierten Quinten.

Wenn du deine Fähigkeiten entlang den ersten Kaptieln eingehend erprobt hast, dann hast du bereits ein im Ansatz entwickeltes Gespür dafür, welche schnellen Schwebungen nun schneller oder langsamer sind. Genau das ist dein Vorteil. Und damit kannst du jetzt hinlänglich zuverlässig fortfahren:

1) Beim E-1 dämpfst du zwei Saiten ab, vorzugsweise die äußeren. Die verbleibende Saite stimmst du nun so zum bereits gestimmten Klein-A, dass du den deutlichen Eindruck einer ganz sauberen, schwebungsfreien Quinte hast. Dann überprüfst du das Ergebnis, und zwar anhand der kleinen Terz vom (bereits gestimmten) Cis-1 zum E-1. Wie schnell schwebt diese kleine Terz?
Vergleich mal diese neue kleine Terz cis'-e' mit der bereits gelegten großen Terz von Cis-1 nach F-1. Wenn du den deutlichen Eindruck gewinnst, dass beide etwa gleich schnell sind, dann hast du gut gearbeitet. Dann ist deine Quinte wirklich ziemlich rein. Wenn du dagegen den Eindruck gewinnst, dass deine neue kleine Terz cis'-e' langsamer ist als die große Terz cis'-f', dann kannst du getrost annehmen, dass deine frisch gelegte Quinte größer ist als eine reine Quinte. Sichere Bestätigung dafür wäre, wenn deine neue kleine Terz cis'-e' genau so "langsam" schwebt wie die tiefere große Terz a-cis', oder noch langsamer als diese.

Entsprechend, mit diesem Wissen, kannst du nun die temperierte, etwas zu knappe Quinte ansteuern. Versuch jetzt mal, die kleine Terz cis'-e' so zu modifizieren, dass sie genau so schnell schwebt wie die höhere bereits gestimmte Terz, die von F-1 nach A-1. (Wie schon gesagt: "zählen" kann man da nicht, man braucht ein zuverlässiges Hör-Geschwindigkeits-Gespür.) Wenn dir das gelingt, dann bist du im grünen Bereich und hast die erste temperierte Quinte mit brauchbarer Präzision hingekriegt. Gratuliere! Nun kannst du die beiden abgedämpften Saiten des E-1 nachstimmen.

2) Ähnlich, aber in bereits abgekürzter Form, verfährst du nun mit dem D-1. Du steuerst (nach Abdämpfen zweier Saiten), diesmal abwärts vom A-1 aus, eine supersaubere Quinte an. Die dabei entstehende kleine Terz d'-f' muss, wenn du gut gearbeitet hast, deutlich langsamer sein als die soeben zuvor angelegte, nur einen halben Ton tiefer liegende kleine Terz cis'-e'. Anschließend modifizierst du diese neue kleine Terz d'-f' am d' so, dass sie genau so schnell schwebt wie cis'-e'. (Natürlich müsste sie, rein algebraisch, ganz geringfügig schneller sein... aber das Erbsenzählen kommt erst viel später dran.) Hast du's hingekriegt? Wenn ja, dann sollte nun auch deine neue Quinte d'-a' gut klingen, also ein subtiles, gerade noch angenehmes, temperiertes Jaulen aufweisen.


Geschafft? Klasse. Dämpfer raus, Chorsaiten nachstimmen, hinsetzen, auf die Schulter klopfen, ausruhen, Kaffee trinken...


-- Fortsetzung folgt --


Gruß
Martin
PianoCandle


... und aus Schweb wird Quint
 
Drücken

Martin,

zunächst einmal großen Dank für die Mühe, die Du Dir bisher gemacht hast und dafür meine Anerkennung.

Ich bin gerade dabei, Deine Kapitel durchzuarbeiten - mental zunächst einmal -, noch nicht mit dem Stimmhammer in der Hand.

Mir fällt im Kapitel 4 (Stimmhammer und seine Bedienung) auf, daß durchweg vom "Drücken" gesprochen wird - einhergehend mit Anschlagen des Tons.

Ist dieses Drücken in beide Richtungen gemeint, also, sowohl ziehen wie drücken? Ich verstehe es jedenfalls so. Vielleicht sogar überflüssig, meine Frage, aber es wäre vielleicht eine Erwähnung oder Klarstellung wert.

Eine weitere Frage:

Im ersten Kapitel beschreibst Du das Legen der ersten Oktave a-a' (1chörig).
Könntest Du erläutern, warum Du unter Punkt 1 Dir zum tieferen F (große Dezime abwärts) ein A-1 (von der Stimmgabel) ausgeben läßt und dazu 6-7 Schwebungen/s einstellst? Welche Töne schweben da gegeneinander? Es können ja eigentlich nur Obertöne sein. Aber welche? Vielleicht vom F das C oder eine Oberquinte und vom A das C als Oberterz? Du siehst, ich habe Deine Anleitung erst einmal mental erarbeitet. Säße ich jetzt am Flügel, könnte ich es sicher selber sagen.

Und (vorerst) zuletzt:

Kommt noch ein Kapitel über die gespreizte Stimmung?

Viele Grüße und in gespannter Erwartung des nächsten Kapitels,

--
Christoph
 
Danke der Nachfragen, Krischu/Christoph!
Geht in Kürze weiter... sitze momentan gerade irgendwo bei Schneckentempo-Internet...
-m-
 
Hallo Krischu/Christoph,
hier nun eine Beantwortung deiner Fragen.

1) Mit dem "Drücken" des Wirbel meine ich in der Tat alle Arten, in denen der Wirbel mittels des Stimmhammers in irgendeine Richtung federnd bewegt wird, ohne dabei gedreht zu werden. "Ziehen" wäre hier nicht das angebrachte Wort; denn entscheidend ist nicht das, was ggf. gerade die Hand mit dem Werkzeug macht, sondern das, was im Ergebnis davon der Aufsetzkopf des Stimmhammers mit dem Wirbel macht.

2) Was beim Stimmen gegeneinander schwebt, sind die jeweiligen Töne selbst. Natürlich hängt das auch mit den Obertönen und deren Berechnung zusammen, aber die Wirkung der Obertöne innerhalb eines Tones selbst ist zunächst einmal nicht ausschlaggebend. Im Prinzip entstehen reine, als schwebungsfrei empfundene Intervalle dann, wenn die Hertz-Werte der Grundtöne in einem ganzzifferigen Verhältnis zueinander stehen, und zwar als
1:1 (Prime) z. B. a-a 220-220,
1:2 (Oktave) z. B. a-a' 220-440,
2:3 (Quinte) z. B. a-e' 220-330,
3:4 (Quarte) z. B. 330-440 e'-a',
4:5 (große Terz) z. B. 440-550 a'-cis'' und
5:6 (kleine Terz) z. B. 550-660 cis''-e''.
Diese Intervalle spielen beim Stimmen die Hauptrolle, ergänzt noch durch die beiden Sexten, die quasi invertierte Terzen sind, nämlich
5:8 (die kleine Sexte, Gegenstück zur großen Terz) z. B. 275-440 cis'-a' und
3:5 (große Sexte, Gegenstück zur kleinen Terz) z. B. 330-550 e'-cis''.

Wie du siehst, sind die Anfangszahlen dieser Verhältnisse nicht größer als 1 bis 5. Die Endzahlen sind nicht größer als 1 bis 6 oder geradzahlige Vielfache davon. Andere Zahlenverhältnisse (z. B. 2:7, 4:9, 7:13 etc.) spielen beim Anstreben der temperierten Klavierstimmung keine Rolle.

Nun direkt zu deiner Frage: f-a ist eine große Terz, also ein Verhältnis 4:5, idealerweise 176:220 Hz. Setzt man nun das f, numerisch gesehen, auf 170 Hz, dann weicht es gegenüber dem a um 6 Hz vom ganzzahligen Verhältnis ab, was das Ohr in Form von 6 Schwebungen pro Sekunde wahrnimmt.
Nimmt man als Intervall stattdessen f-a', also eine große Dezime (4:10, 176:440), dann ändert sich an diesem Schwebungsverhältnis nichts. Das auf 170 gesetzte f schwebt mit dem 440er a' ebenfalls 6x. (Das dahinter stehende mathematische Prinzip leuchtet mir zwar seit Jahrzehnten unmittelbar ein, aber im Moment fällt schaff ich es gerade nicht, die einfache Logik dahinter plausibel zu erklären...)
Wenn ich mir also zum Klein-F (um mal wieder die andere Schreibweise zu benutzen) das A-1 von Gabel oder Gerät ausgeben lasse, dann schwebt beim Einpegeln des Klein-F gewissermaßen dazu das virtuell als "Unterton" mitlaufende Klein-A.

Oh je, wenn man da in die theoretischen Feinheiten geht, fängt der Kopf an zu rauchen... Es gibt bestimmt noch weitere Erklärungsmöglichkeiten.
Zurück zur Einfachheit: die Intervalle f-a und f-a' schweben im Idealfall gleich schnell!

3) Auf die Spreizung der Stimmung komme ich noch in einem späteren Kapitel zu sprechen. Sie ist hier im übrigen vor gar nicht langer Zeit auch in einem anderen Forumsfaden angesprochen worden. wird auch bestimmt noch des öfteren geschehen.


Gruß
Martin
PianoCandle


... und aus Mathe wird Klang
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Krischu/Christoph,
hier nun eine Beantwortung deiner Fragen.

1) Mit dem "Drücken" des Wirbel meine ich in der Tat alle Arten, in denen der Wirbel mittels des Stimmhammers in irgendeine Richtung federnd bewegt wird, ohne dabei gedreht zu werden. "Ziehen" wäre hier nicht das angebrachte Wort; denn entscheidend ist nicht das, was ggf. gerade die Hand mit dem Werkzeug macht, sondern das, was im Ergebnis davon der Aufsetzkopf des Stimmhammers mit dem Wirbel macht.

Danke, Martin. Damit ist das jetzt bei mir sonnenklar. Das "Nichtdrehen" sondern nur federnd auf den Wirbel Kraft (ein Drehmoment) ausübend.

2) Was beim Stimmen gegeneinander schwebt, sind die jeweiligen Töne selbst. Natürlich hängt das auch mit den Obertönen und deren Berechnung

Jetzt muß ich Dir leider wohlwollend widersprechen. Als Physiker muß ich sagen, daß man von "Schwebungen" nur zwischen geringfügig unterschiedlichen Frequenzen spricht. Die Schwebungsfrequenz ist Fs= |f1 - f2 |.

Du sagst aber doch, Du läßt f und a' erklingen und stellst die Schwebungen auf 6 ein. Dann müssen ein f gegen irgendein anderes f schweben - anders geht es einfach nicht. Oder zwei Obertöne, die f und a gemeinsam haben (worauf meine ursprüngliche Frage zielte).

Ein f(170Hz) wäre zu tief. Es muß ja ein f(174Hz) sein.

Ich habe mal ein kleines Experiment gemacht. Habe mal eben mit einem kleinen Programm die 88 Töne (theoretische temperierte Stimmung auf der Basis von A 440) berechnet (die findet man sicher allenthalben im Internet, aber ich wollte jetzt nicht irgenddeine Tabelle irgendwo "klauen"):

,,A 27.500000
,,B 29.135235
,,H 30.867706
,C 32.703196
,CIS 34.647829
,D 36.708096
,DIS 38.890873
,E 41.203445
,F 43.653529
,FIS 46.249303
,G 48.999429
,GIS 51.913087
,A 55.000000
,B 58.270470
,H 61.735413
C 65.406391
CIS 69.295658
D 73.416192
DIS 77.781746
E 82.406889
F 87.307058
FIS 92.498606
G 97.998859
GIS 103.826174
A 110.000000
B 116.540940
H 123.470825
c 130.812783
cis 138.591315
d 146.832384
dis 155.563492
e 164.813778
f 174.614116
fis 184.997211
g 195.997718
gis 207.652349
a 220.000000
b 233.081881
h 246.941651
c' 261.625565
cis' 277.182631
d' 293.664768
dis' 311.126984
e' 329.627557
f' 349.228231
fis' 369.994423
g' 391.995436
gis' 415.304698
a' 440.000000
b' 466.163762
h' 493.883301
c'' 523.251131
cis'' 554.365262
d'' 587.329536
dis'' 622.253967
e'' 659.255114
f'' 698.456463
fis'' 739.988845
g'' 783.990872
gis'' 830.609395
a'' 880.000000
b'' 932.327523
h'' 987.766603
c''' 1046.502261
cis''' 1108.730524
d''' 1174.659072
dis''' 1244.507935
e''' 1318.510228
f''' 1396.912926
fis''' 1479.977691
g''' 1567.981744
gis''' 1661.218790
a''' 1760.000000
b''' 1864.655046
h''' 1975.533205
c'''' 2093.004522
cis'''' 2217.461048
d'''' 2349.318143
dis'''' 2489.015870
e'''' 2637.020455
f'''' 2793.825851
fis'''' 2959.955382
g'''' 3135.963488
gis'''' 3322.437581
a'''' 3520.000000
b'''' 3729.310092
h'''' 3951.066410
c''''' 4186.009045



Und ich habe hier mal die harmonische Reihe über a=220 und f=174.614116
aufgeschrieben.

0. 220.000000 174.614116
1. 440.000000 349.228231
2. 660.000000 523.842347
3. 880.000000 698.456463
4. 1100.000000 873.070579
5. 1320.000000 1047.684694
6. 1540.000000 1222.298810

Da fallen mir die beiden a auf, die gegeneinander schweben. Und das sind ziemlich genau 7 Schläge.

D.h. es klingt (schwebt) bei der gr. Dezime f-a' die Oktave von a' (1. Oberton)
gegen 4.Oberton von f. Das wäre dann das a''.

Du schriebst:
1) Du lässt dir vom Gerät das A-1 als Ton ausgeben. Das Stimmen beginnst du dann eine große Dezime tiefer beim Klein-F. Zwei der drei Saiten dämpfst du ab, vorzugsweise die beiden äußeren (du brauchst also zwei Abdämpfkeile). Die übrig bleibende (mittlere) Saite stimmst du mit deinem Stimmhammer so, dass du beim Anschlagen des Tons, bei gleichzeitig tönendem A-1 des Geräts, keine Schwebungen hörst. Wenn du dies ungefähr erreicht hast, stimmst du die Saite abwärts, bis du ca. 6-7 Schwebungen pro Sekunde hörst.

Das deckt sich mit meinen Berechnungen. Da Du ein Stimmgerät, das wahrscheinlich eine obertonreiches A-1 ausgibt, und keine Stimmgabel (Sinus) verwendest, hast Du in dem A-1 auch die Oktave 880 Hz drin, die dann gegen die 873 Hz schwebt.




Nun direkt zu deiner Frage: f-a ist eine große Terz, also ein Verhältnis 4:5, idealerweise 176:220 Hz. Setzt man nun das f, numerisch gesehen, auf 170 Hz, dann weicht es gegenüber dem a um 6 Hz vom ganzzahligen Verhältnis ab, was das Ohr in Form von 6 Schwebungen pro Sekunde wahrnimmt.
Nimmt man als Intervall stattdessen f-a', also eine große Dezime (4:10, 176:440), dann ändert sich an diesem Schwebungsverhältnis nichts. Das auf 170 gesetzte f schwebt mit dem 440er a' ebenfalls 6x. (Das dahinter stehende mathematische Prinzip leuchtet mir zwar seit Jahrzehnten unmittelbar ein, aber im Moment fällt schaff ich es gerade nicht, die einfache Logik dahinter plausibel zu erklären...)
Wenn ich mir also zum Klein-F (um mal wieder die andere Schreibweise zu benutzen) das A-1 von Gabel oder Gerät ausgeben lasse, dann schwebt beim Einpegeln des Klein-F gewissermaßen dazu das virtuell als "Unterton" mitlaufende Klein-A.

Gruß
Martin
PianoCandle


... und aus Mathe wird Klang


Viele Grüße

Christoph
 
  • Like
Reaktionen: Leb
Es ist in der Tat so. Es schweben nur geringfügig unterschiedliche Frequenzen. 441 Hz kann nicht gegen 220 Hz schweben!

Bei der Terz f-a, z.B., schwebt der 5. Teilton des f (das ist a'') gegen den 4. Teilton des f (ebenfalls a'').

Bei der Dezime f-a' schwebt der 5. Teilton des f (a'') gegen den 2. Teilton des a' (a'').

[EDIT: in beiden Fällen wird diese Schwebung, die das Ohr auf a'' wahrnimmt, auf 6 Hz (oder auch 7, oder auch 8, je nach Temperatur und/oder Instrument) eingestellt.]

Bei einer Oktavenstimmung, z.B. D-d, schwebt der zweite Teilton des unteren Tons (hier: 2. Teilton von D ist d) gegen den 1. Teilton des oberen Tons.

Bei einer Quintenstimmung ist es der 3. Teilton des unteren Tons gegen den 2. Teilton des oberen Tons.

Usw. usf.

Es schweben also jeweils die Teiltöne gegeneinander. Nur bei einer Chor-Reinstimmung schweben die Grundtöne (1. Teilton) gegeneinander.

Soweit mein Verständnis.

Ciao,
Mark
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
  • Like
Reaktionen: Leb
Tolle imposante Recherche, Christoph!
Gemeinsam sind wir stark :p

Und mit deiner Gegenüberstellung der Teiltöne von Klein-F und Klein-A wird auch klarer, weshalb die Dezime Klein-F zu A-1 das gleiche Schwebungsverhalten zeigt:

1. 440.000000 174.614116
2. 880.000000 349.228231
3. 1320.000000 523.842347
4. 1760.000000 698.456463
5. 2200.000000 873.070579
6. 2640.000000 1047.684694
7. 3080.000000 1222.298810

(Deine Numerierung habe ich, im Sinne der Bezeichnung als Teiltöne, konventionsgemäß geändert.)

Allerdings: Direkt hören tue ich diese gegeneinander schwebenden Teiltöne nicht wirklich. Die Hörpraxis funktioniert banaler. Ich höre zwei Töne zugleich, halt in diesem Fall f und a bzw. f und a', und außerdem ein zählbares Wabern. Aber ich werde bei meinen nächsten Stimmungen mal gezielt darauf achten...


Gruß
Martin
PianoCandle


... und aus Physik schwebt Stimmung
 
Hihi, Mark, Grüßle nach Pretoria!!!
2x 21.39 Uhr.... zwei Doofe, ein Gedanke :D:D

-m-
 
Hallo Christian, hallo Mark, Dank euch beiden!
Gerade habe ich meine Ohren beim Intervall-Hören nach wahrgenommenen, aber bislang in 30 Jahren Tätigkeit nicht themaitisierten Details befragt. Und siehe da, oder besser höre da: Ich höre tatsächlich die besagten Teiltöne als schwebend.

Besonders schönes Beispiel:

Von f nach a höre ich a'' schwebend.
Von f nach a' höre ich ebenfalls a'' schwebend.
von f nach a'' höre ich a'' sehr deutlich schwebend - welch Wunder;)

Und dazu ein neugieriger Gegentest:
Von F nach A höre ich a' schwebend, halb so schnell wie oben versteht sich.
Von F nach a, sowie von F nach a' höre ich ebenfalls a' deutlich schwebend.
Aber von F nach a'' - da schwebt nichts! Oder bestenfalls äußerst schwach. Denn beim a'' ist das in diesem Fall schwebende a' nicht mehr als Teilton vorhanden, außer als schwach mit angeregter Unterton.

Bin ganz fasziniert - vor allem darüber, dass es etwas derart elementar Bedeutsames gibt, das ich trotz jahrzehntelanger engagiert präziser Praxis, nebst ausreichend vorhandener Intellektualität, erst jetzt beim Darüber-sich-Austauschen-mit-Anderen bis in die Tiefe durchdenke...

In Kürze geht's weiter. Jetzt habe ich voraussichtlich ein paar Tage kein Internet.

Gruß
Martin
PianoCandle


... und aus Krach wird Klang
 
Aber von F nach a'' - da schwebt nichts! Oder bestenfalls äußerst schwach. Denn beim a'' ist das in diesem Fall schwebende a' nicht mehr als Teilton vorhanden, außer als schwach mit angeregter Unterton.

a'' ist der zehnte Teilton des F. Der ist vermutlich nicht nur sehr schwach, sondern auch erheblich erhöht, wegen Inharmonizität, so dass er, selbst wenn er stark genug wäre, zu schnell gegen a'' schwebt um wirklich als Schwebung wahrnehmbar zu sein. (Ich denke, das Ohr nimmt nur Schwebungen bis zu ca. 10 oder max. 15 Hz wirklich als Schwebung wahr.)

Bin ganz fasziniert - vor allem darüber, dass es etwas derart elementar Bedeutsames gibt, das ich trotz jahrzehntelanger engagiert präziser Praxis, nebst ausreichend vorhandener Intellektualität, erst jetzt beim Darüber-sich-Austauschen-mit-Anderen bis in die Tiefe durchdenke...

Dass es die Teiltöne sind, die schweben, wusste auch ich nicht, bis ich das im englischen Schwesterforum las... Und es hat darüber schon so einigen Streit gegeben...

Ciao,
Mark
P.S.: interessant finde ich auch, dass eine gleichtemperierte große Terz auf einem stärker inharmonischen Instrument langsamer schwebt (reiner klingt) als auf einem weniger inharmonischen...
 
Siebentes Kapitel: Auf kürzestem Weg zur chromatischen Folge

Hallo.

Inzwischen ist seit dem Verfassen des vorigen Kapitels ein halbes Jahr vergangen. Es wird langsam Zeit, die wichtigsten Hinweise fortzusetzen, und das ganze Thema nach und nach abzurunden.

Immerhin: Zuverlässige Wege zum Erzielen akzeptabler Oktaven, Quinten und Terzen sind bereits vorgezeichnet. Quarten und Sexten, als Invertierungen der Quinten und Terzen, lassen sich bereits erahnen.

Lediglich Sekunden wurden bislang noch gar nicht erwähnt - aber die werden auch, soweit mir bekannt ist, nicht als Stimm-Intervalle genutzt. Sicher ist allerdings dies: Je mehr lückenlos aufeinander folgende gestimmte Töne vorhanden sind, umso größer ist die Auswahl der Referenz- und Prüf-Intervalle beim Ansteuern der weiteren Töne. Deshalb habe ich bei der Konzipierung meiner Stimm-Reihenfolge Wert darauf gelegt, so schnell wie möglich eine lückenlose chromatische Tonfolge fertigzustellen.

Bislang hast du die Töne f-a-cis'-d'-e'-f'-a' fertig. Das ist, chromatisch gesehen, ein Flickenteppich. Lediglich e' und f' folgen direkt aufeinander. Um hier Abhilfe zu schaffen, ist es nun sinnvoll, folgendermaßen weiter zu verfahren:

1) Vom fertigen cis' aus legst du eine Quarte zum fis', so sauber und schwebungsfrei wie möglich. Dabei entsteht zwangsläufig die große Terz d'-fis'. Und da eine saubere Quarte immer etwas knapper ist als eine temperierte, muss die entstandene große Terz ebenfalls etwas zu knapp sein. Sie sollte jetzt also deutlich langsamer schweben als die direkt darunter liegende bereits fertige Terz cis'-f'. Hast du das geschafft, dann modifizierst du nun das fis' so, dass die große Terz d'-fis' genau so schnell schwebt wie cis'-f'. Im Prinzip soll sie idealerweise minimal schneller sein, aber darauf richte nun bitte nicht dein Ohrenmerk, sondern vielmehr darauf, dass nach dieser Korrektur die Quarte cis'-fis' immer noch wohlig klingt und nicht mürrisch jault.

2) Ähnlich verfährst du nun mit dem gis'. Leg vom cis' aus eine saubere (also zu große) Quinte. Die dadurch nebenbei entstehende große Terz e'-gis' sollte nun hörbar zu groß sein, also vernehmlich schneller schweben als die darüber liegende bereits fertige Terz f'-a'. Korriger nun das gis' so, dass beide benachbarten großen Terzen gleich schnell sind, und dass die Quinte cis'-gis' noch angenehm klingt.

3) Als nächstes steuerst du das c' an. Und dabei kannst du schon gut von den bisherigen Ergebnissen profitieren: Du kannst wahlweise vom f' aus eine Quarte abwärts legen und diese dann mit der benachbarten Quarte cis'-fis' vergleichen und abstimmen. Oder alternativ legst du vom e' aus abwärts eine große Terz und vergleichst dann die mit bereits zwei fertigen benachbarten, nämlich cis'-f' und d'-fis'. Mit anderen Worten: Ab jetzt kannst du die temperierten Intervalle direkt ansteuern, in wechselnder Anwendung mehrerer Vergleichsintervalle. Die "Krücke" des zwischengeschalteten Rein-Intervalls brachst du ab hier nicht mehr.

4) Nun kommt die erste Nagelprobe. Aber wenn du bis hier präzise gearbeitet hast, wirst du sie bestehen. Vom c' aus steuerst du nun das g' an. Diese Quinte muss sich mit der dabei zwangsläufig entstehenden Quarte d'-g' gut vertragen. Das bedeutet: Es gibt eine klare Toleranzgrenze. Im ungünstigsten zulässigen Fall ist sowohl die Quarte als auch die Quinte exakt rein. Das kann man noch "durchgehen" lassen. Nicht zulässig sind dagegen die beiden folgenden Varianten: a) Quinte sauber, Quarte zu klein, bzw. Quarte sauber, Quinte zu groß. Oder b) Quinte zu klein und Quarte zu groß, wie es sich gehört - aber beide jaulen unerträglich. Sollte einer dieser beiden Fälle eintreten, musst du in den Ergebnissen der gesamten bisherigen Prozedur auf Fehlersuche gehen.
Viel wahrscheinlicher ist aber zu erwarten, dass du die Nagelprobe bestehst. Und dann ist im Idealfall die Quinte c'-g' etwas knapp und die Quarte d'-g' minimal gespreizt.

5) Zur chromatischen Vollendung fehlt nun nur noch das dis'. Du steuerst es vom g' aus abwärts an und vergleichst die entstehende große Terz mit den benachbarten großen Terzen darüber und darunter. Zugleich kontrollierst du die Quarte dis'-gis' auf Annehmbarkeit (auf keinen Fall zu klein), und im Übrigen kannst du auch diverse benachbarte kleine Terzen zur Kontrolle auf ein annehmbares Ergebnis anspielen.

6) Jetzt hast du eine lückenlose chromatische Folge von c' bis a'. Von nun an kannst du jeden weiteren Ton unter Kontrolle von mindestens drei unterschiedlichen Vergleichsintervallen ansteuern. Zur Vervollständigung der ersten Oktave stimmst du nun noch h und ais (in der kleinen Oktave = Klein-H, Klein-Ais), jeweils angesteuert als große Terz oder Quarte oder Quinte von den entsprechenden darüber liegenden Tönen aus.


Alles hingekriegt? Super. Ab jetzt geht die Ansteuerung in Oktaven weiter. Alle anderen Intervalle dienen der Kontrolle.


-- Fortsetzung folgt --


Gruß
Martin
PianoCandle

... und aus Krach wird Klang
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Danke für die Fortsetzung, PianoCandle. Ich hatte mich während des letzten halben Jahres gelegentlich gefragt, ob du die Stimmanleitung hier noch beendest. Irgendwann will ich mich auch daran versuchen, meinen Flügel selber zu stimmen.

Grüße von
Fips
 
-- Fortsetzung folgt --


Gruß
Martin
PianoCandle

... und aus Krach wird Klang

Hallo Martin,

Ich hatte mich auch schon ein paar mal mit dem Stimmen an meinem Flügel versucht,
die Stimmung schon zum halten gebracht, jedoch war sie immer nicht rein gewesen und das bei gut allen Intervallen.
Jetzt habe Ich hier die "Anleitung des Klavierstimmens" vorliegen und sehe endlich mal
wie viele Schwingungen bei einem Intervall sein sollen.

Ich lese mir in Zukunft alle Beitäge durch und habe genug Lesestoff,
doch die angekündigte Fortsetzung könnte auch langsam kommen. ;)
Schon jetzt vielen Dank für deine Mühe.
 
Passend zum Thema:

Heute, Donnerstag, 06.10.2011 21:03 BR-Klassik (im Internet
empfangbar: BR-KLASSIK | BR)

Stille Helden

Wie Klaviertechniker für den guten Ton sorgen

Von Jochen Eichner

Vorschau:

"Ein Lob bekommen sie so gut wie nie zu hören - höchstens Kritik, wenn ein Flügel nicht so klingt, wie sich das der Pianist vorgestellt hat. Wenn sie von der Bühne gehen, geht das Konzert erst los. Und doch: Ohne Klaviertechniker und Konzertstimmer wäre die Klavierszene aufgeschmissen, der Pianistenstarkult nicht denkbar. Klavierstimmer sind die Männer hinter der Musik - die stillen Helden. Mit ihrem Handwerk bereiten sie den Boden, damit Kunst entstehen kann.Es ist ein Handwerk mit wissenschaftlichem Anspruch und manchmal esoterischer Fachsprache. Ein Handwerk, bei dem man nicht nur Gespür für Mechanik und Verständnis für Technik braucht, sondern auch eine künstlerische Ader. Für die, denen das gegeben ist, ein Traumberuf. Er geht weit über das Stimmen, Regulieren und Intonieren hinaus. Nicht selten sind Klaviertechniker auch Mutmacher, Seelsorger und Tröster für all jene, die im Rampenlicht stehen."

Grüße,

Friedrich
 
Ein unstimmbarer Flügel

Jetzt kommt endlich wieder was, langelange mental vorbereitet, diesmal ohne Kapitelnummer.

Vor sechs Jahren wurde ich nach Hagen/Westfalen gerufen. Mein dortiger Kunde, dessen Mutter eine Schule leitet, hatte vor, Teile seines Examensprogramms als Pianist auf dem dortigen Flügel öffentlich darzubieten. Nun wusste er wohl, dass dieser Schulflügel technisch weitab von Perfektion war, aber wenigstens gestimmt sollte er doch sein.

Was ich vorfand, war ein echt Hagener Roth&Junius-Flügel, 180 cm, wunderbar schultypisch ramponiert, aber erstmal augenscheinlich ganz passabel. Die Tonhöhe passte einigermaßen, und das trotz zweier Plattenbrüche bei den Agraffen der Mittellage. Das Stimmen ließ sich also ganz brav an, die Mittellage war zügig fertig, der Bass ebenfalls. Doch dann ging es in den Diskantbereich - und schnell wurde deutlich, dass dort die Saiten an ihren vorderen Umlenkungen sehr starke Reibung hatten und sich nur äußerst unwiliig in Bewegung setzen ließen. Nun gut, das gibt es schon des öfteren; da guckt man einmal griesgrämig und beißt dann die Zähne zusammen, weil man weiß: da werde ich mehrmals durch müssen. Üblicherweise stimmt man dann erstmal los, um dann drei bis zehn Töne weiter festzustellen, dass die eben vorher gestimmten Töne schon wieder verkehrt sind. Dann geht man dort wieder zurück, macht alles nochmal, und hangelt sich in dieser Fast-Sisyphus-Methode nach und nach in die Höhe. Es dauert, und zwar viel länger als unter geschmeidigeren Voraussetzungen, aber es endet in der Regel erfolgreich.

Weshalb ich das hier erzähle:
Nach dem Temperatur-Legen, mit dem sich die bisherigen Kapitel befassten, müssen die vorbereiteten Töne durch sauberes Oktavieren sinngemäß in die tieferen und höheren Lagen abgebildet werden. Wie man dabei vorgeht, und welche Intervalle man dabei günstigerweise zur Kontrolle wählt, darüber - so vermute ich - findet man viel Anschauliches in vielen anderen Stimm-Anleitungen. Diesbezüglich halte ich mich deshalb hier kurz. Hier möchte ich aber eine typische Schwierigkeit thematisieren, die nahezu bei jeder Klavierstimmung (so wie ich es kenne) eine Rolle spielt, wenn auch in der Regel nicht entfernt so stark wie im vorliegenden Fall.

Das, worum es geht, nenne ich, und dies schon seit Anbeginn meiner Tätigkeit, den "Bergwander-Effekt".
Er besagt, dass soeben gestimmte Töne eine Neigung haben, schon bald nach dem Stimmen benachbarter Töne verstimmt zu sein, und zwar so, dass sie zu hoch werden. Die arglose Annahme, dass gestimmte Saiten ihrer Spannung folgen und tendenziell wieder absacken, trifft zwar ganz manchmal auch zu, aber eben viel seltener als das genannte "Bergwandern".


Wer sauber stimmen will, muss darauf gefasst sein und stets rechtzeitig gegensteuern, und zwar spätestens, bevor ein bereits berggewanderter Ton als Referenzton für das Stimmen eines darüber oder darunter liegenden Tones herangezogen wird.

Im vorliegenden Fall des o. g. Schulflügels funktionierte das leider nicht. Selbst nach mehreren Kaskaden des Stimmens in vier Durchgängen waren die gestimmten Töne schon kurz darauf wieder krass zu hoch. Somit war ein direktes Ansteuern sauberer Töne nicht möglich, der Flügel war im vorfindlichen Zustand unstimmbar. Nun wusste ich aber natürlich, dass wenige Tage später auf diesem Flügel anspruchsvoll konzertiert würde. Es musste also eine Stimmung gelingen, wie auch immer. Damals, Anfang 2006, habe ich mir mit einer Art Wahnsinnsakt geholfen. Ich habe dann im fünften Durchgang die Diskanttöne gezielt zu tief gestimmt, in der Erwartung, dass sie nach Abgleichen der Nachbartöne ihre richtige Höhe von selbst erreichen. Ich musste mich schlicht darauf verlassen, dass mein Erfahrungshintergrund mir ermöglicht, intuitiv ohne verwendbare Referenztöne das zielführende Ausmaß an tonaler Falschheit anzusteuern. Zur Nachahmung empfehle ich das nicht, es ist eine etwas dramatische Strategie; aber immerhin, sie gelang so weit, dass mein Kunde Tage später den Flügel spielen und danach über ungetrübten Publikumsbeifall berichten konnte.

Ich selbst schlich an dem Tag meines "Werks" von dannen wie ein geprügelter Hund. Für eine eigentlich ganz normale Stimmung benötigte ich nicht anderthalb bis zwei Stunden, sondern über vier, und das durchgehend in höchster Konzentration, und mit dem letztlichen Wissen eines durchaus fragwürdigen Ergebnisses, das aber dennoch für hohe Ansprüche gebraucht wurde. Nach etwas Pause landete ich schließlich in den Proberäumen des Kunden, wo ich auch nächtigte. Dort stand des Kunden Trainingsflügel, ein Yamaha G2. Nachts um elf ritt mich dann der Ehrgeiz: Ich stimmte den Flügel einmal komplett durch, so schnell ich konnte, aber ohne jede Auslassung. Das dauerte, weil ichs wissen wollte, eine knappe Stunde, und war dann gut. Und ich wusste: ich kann's noch - und schlief dann irgendwann ruhig ein...

Fortsetzung zum Umgang mit diesem Thema folgt in Kürze, das Obige ist noch längst nicht alles.

Gruß
Martin
 
  • Like
Reaktionen: Leb
Aaaargh!
Genau mein Thema an diesem Wochenende.
Ich hatte Freitag eine Konzertstimmung an einem bekanntermaßen je nach Wetterlage kaum bis unstimmbaren Flügel vor mir.
Meine Kollegen wünschten mir noch Glück beim Aufbruch und ich machte mich auf den Weg...
Beim Flügel angekommen bot sich mir eine erfreulich schöne Stimmung, die mich hoffen ließ das ganze ganz entspannt wirklich schön gestalten zu können.
Die Ernüchterung kam, nachdem ich die Tonhöhe abgenommen hatte. Gerade mal 441hz und gewünscht waren ausdrücklich 443hz.
Ich machte mich also schweren Herzens daran den Flügel hochzustimmen.
Dabei hatte ich natürlich schon die Grundregeln im Kopf. Den Stimmhammer auf 11 Uhr aufsetzten, vorsichtig den Ton etwas herablassen, vorsichtig überziehen und dann von oben den Ton setzten...
Das Ergebnis war niederschmetternd. Die Stimmung stieg und stieg. Auch beim vierten Durchgang waren die 445hz wieder nach kürzester Zeit erreicht.
Die Zeit saß mir im Nacken, weil meine kleine Tochter darauf wartete aus dem Kindergarten geholt zu werden, die Große Vortanzen beim Ballett hatte und langsam alles über mir zusammenschwappte.
In meiner Not habe ich dann doch unseren Meister mit guten 45 Jahren Berufserfahrung angerufen, der glücklicherweise die Zeit hatte mich zu retten.
Ob ich es mit taktischen tiefer stimmen geschafft hätte das ganze zu retten weiß ich nicht. Geblieben ist auf jeden Fall ein verdammt mieses Gefühl.
LG Fine
 
  • Like
Reaktionen: Leb
Dabei hatte ich natürlich schon die Grundregeln im Kopf. Den Stimmhammer auf 11 Uhr aufsetzten, vorsichtig den Ton etwas herablassen, vorsichtig überziehen und dann von oben den Ton setzten...

Danke für deine Illustration aus der Praxis, Fine - ja, zu beneiden bist du da nicht gerade.
Zu den Regeln, die du erwähnst, und zu deren m. E. sehr zweifelhafter Vollständigkeit, habe ich in diesem Faden in diesem Kapitel geschrieben.

Zum aktuell angefangenen Thema schreibe ich heute abend weiter.

Gruß
Martin
 
Hallo Martin, hallo Fine,

danke für Eure Erfahrungsberichte, ich leide beim Lesen gleich mit. Gottseidank lassen sich meine Instrumente passabel stimmen (Martin, Du kennst sie ja gut ;)). Wenn ich mir vorstelle, dass jedesmal der Stimmer nach 4 Stunden entnervt das Haus verlässt und die Gurke noch immer krumm ist .... absoluter Horror!

Gruß
Thilo
 
Danke für deine Illustration aus der Praxis, Fine - ja, zu beneiden bist du da nicht gerade.
Zu den Regeln, die du erwähnst, und zu deren m. E. sehr zweifelhafter Vollständigkeit, habe ich in diesem Faden in diesem Kapitel geschrieben.

Zum aktuell angefangenen Thema schreibe ich heute abend weiter.

Gruß
Martin

Ich hatte den Strang gestern Nacht nur überflogen und war am letzten Kapitel hängen geblieben, weil mich das dieses Wochenende umgetrieben hat.
Und habe die Chance genutzt es mir von der Seele zu schreiben.

Ich hatte keinesfalls vor einen Vortrag übers Wirbelsetzten zu halten (das kann ich auch gar nicht).
Außerdem hast du das hast du ja schon schön getan.
Wobei ich trotz allem der Meinung bin, dass die von mir aufgeführten Punkte in der Regel schon Zielführend sind, selbstverständlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Nach dem Setzten des Wirbels, hält die Stimmung in der Regel einem verbiegen des Wirbels und einem sehr harten Anschlag stand.

LG Fine
 

Zurück
Top Bottom