Klavierreparatur Pianino Luner Bj. 1898

Kann es sein, dass die schwarzen Tasten früher anders konstruiert waren und (aus Stabilitätsgründen zum Beispiel) auch noch irgendwie ein Teil der schwarzen Tasten (den heutige schwarze Tasten nicht mehr besitzten) unterhalb der weißen Tasten lag? Und damit sich die weißen Tasten trotz der schwarzen Tastenteile darunter noch ganz normal runterdrücken lassen ohne dabei die schwarze Taste gleich mit runterzudrücken, musste da eben ein gewisser Hohlraum ausgespart werden. Um diesen Hohlraum zu schaffen wurde dann eben an den weißen Tasten ein Teil abgeschliffen.
Das wäre meine spontane konfuse Idee, nachdem Klavierbaumeister den Vorschlag hatte, dass Tasten, die auf einer Seite nicht an eine schwarze Taste grenzen eventuell anders aussehen (die hätten nämlich so eine abgeschliffene Aussparung dann nicht nötig).
 
Zu der Tastenabhobelung:
Ich hatte gerade noch den Gedanken, dass es vielleicht etwas mit der Ausdehnung des Holzes bei Wärme und/oder Feuchte zu tun hat. Und damit sich die Taste nicht so leicht verzieht, sorgend man für ungerade Winkel der Flächen zueinander und dadurch für mehr Stabilität.

Also, ich hab jetzt mehr so ins Blaue hinein geraten, denn von Physik hab ich wenig Ahnung! :rolleyes:

Grüße von
Fips
Hi Fips,

Die Lösung hat mit Ausdehnung und Feuchte zu tun - die anderen Dinge (Wärme, verziehen, ungerade Winkel) sind es nicht.

Der halbe Eisbecher gehört Dir schon:D
Aber was wird jetzt stabiler?


LG
Michael
 
Ne, Klavierbaumeister!
Ich will ja die Leute nicht verwirren:D


Vielleicht würde das ja auch zur Lösung beitragen?
Auf den Bildern würde man dann sehen, dass die weißen Tasten nur dort ausgekehlt sind, wo sie an schwarze Tasten angrenzen. Die den weißen Tasten zugewandte Seite dürfte nicht ausgekehlt sein.

Vielleicht kommt man so ja der Lösung näher. :D

Könnte aber auch auf eine falsche Fährte locken, darum bat ich ja parallel dazu um Bilder von den entsprechenden Luner-Tasten.
 
Quellen und Schwinden der Tasten soll minimiert werden!

Lieber Michael!

Holz quillt und schwindet in Abhängigkeit von der (Luft-)Feuchtigkeit. Die relative Maßänderung des Holzes ist proportional zur Feuchtigkeitsänderung. Breitere Holzstücke haben bei selber Feuchtigkeitsänderung eine größere absolute Maßänderung als schmälere.

Das Verschmälern der Tasten im Bereich der Langlöcher für die Tastenstifte soll die absolute Maßänderung des Tastenholzes minimieren und dadurch das Klemmen (beim Quellen) bzw. Wackeln (beim Schwinden) an den Tastenstiften vermeiden.

Grüße aus Wien
Roman


P.S.
Frage an die Moderatoren: Warum ist die Zeitanzeige auf Westeuropäische Winterzeit eingestellt?
 
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Hallo Roman!
Herzliche Gratulation! Du hast Dir das Eis verdient!:o

eis.jpg


Das ist natürlich nur ein Symbolfoto
Sobald ich in Wien bin gehen wir in einen guten Eissalon - Schwedenplatz?

LG
Michael

P.S.: Wem die Kurzausführung der Auflösung zu wenig ist: Hier hab ich eine PDF-Datei dazu fabriziert;)
 
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was ich nun aber gar nicht verstehe: Weshalb wird das heute nicht mehr gemacht?
 
Antwort der "früher war alles besser"-Fraktion:

Ja, so etwas wird heute in unserer kurzlebigen Gesellschaft leider nicht mehr gebaut, immer nur billig, billig


Antwort der "heute ist man weiter"-Fraktion:

Die heute verwendeten Hölzer werden kontrolliert und gleichmäßig getrocknet und sind von hoher Qualität.
Außerdem werden mittlerweile häufig gesperrte Hölzer eingesetzt, die weniger Arbeite.



Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo in der Mitte. :rolleyes:
 
was ich nun aber gar nicht verstehe: Weshalb wird das heute nicht mehr gemacht?
Lieber Fisherman,

Die erste Antwort, die mir spontan einfällt: Fast niemand weiß das überhaupt noch, auch in der Branche, bis auf wenige Ausnahmen. Selbst Google und die dicken Schmöcker haben dazu nichts ausgespuckt. Diejenigen, die es noch wissen sind meistens in Rente und bloggen nicht.

Oft werden alte Konzepte nur teilweise verstanden, ehe man entscheidet, was man daran verbessern muss, mit dem Zusatzgedanken "wenn die damals schon die Möglichkeiten gehabt hätten", dann... Die ganze Welt leidet unter dieser Erscheinung und Produkte werden zu Unprodukten - egal ob teuer oder billig.

Zweite Antwort, falls meine Erste gar nicht zutrifft und nur eine abwägige These ist: Wie man auf den Bildern sieht, waren die Garnierungen aus Leder. (Leder ist dichteres Material und erfordert engere Abstände, um nicht zu klappern) Die Garnierungen der neuen Tasten sind hauptsächlich aus weniger dichtem Kasimir. Man macht zudem von Anfang an etwas mehr Tastenspiel und schon ist die Sache geritzt.

Ein Leitspruch der Klaviertechniker lautet: "sitzt, passt, woggelt (wackelt) und hat Luft":D

LG
Michael
 
Danke!

Hallo Roman!
Herzliche Gratulation! Du hast Dir das Eis verdient!:o
Sobald ich in Wien bin gehen wir in einen guten Eissalon - Schwedenplatz?
LG
Michael

Servus Michael!

Die Überlegung mit den drei gleich breiten Holzbereichen ist ja fast schon so gefinkelt wie die Kompensationspendel von Regulatoren.

Der Eissalon am Schwedenplatz ist natürlich optimal. Ich freu mich schon auf´s Eis.

Grüße aus Wien
Roman
 
Servus Michael!

Die Überlegung mit den drei gleich breiten Holzbereichen ist ja fast schon so gefinkelt wie die Kompensationspendel von Regulatoren.

Der Eissalon am Schwedenplatz ist natürlich optimal. Ich freu mich schon auf´s Eis.

Grüße aus Wien
Roman
Hallo Roman,

Wenn ich in Wien bin, musst Du mir alles über Pendeluhren erzählen. Ich muss gestehen, auf diesem Gebiet bin ich absolut blank. No file available - zero bytes ;)

Allen, die mitgerätselt haben - ob gepostet oder nicht - danke fürs mitspielen. Es hat mir Freude gemacht, wenn ich Euch in die Geheimnisse des Klavierbaus entführen durfte - und überlege mir schon eine nächste Aufgabe.:)

Als Entschädigung für das entgangene Eis habe ich für Euch das nächste Video aus der Werkstatt...

http://www.youtube.com/watch?v=8giC8mD_FFQ

LG
Michael
 

Ponal??? :rolleyes:

Ich schätze nach wie vor Warmleim, bin aber im Außendienst mittlerweile auch auf Titebond umgestiegen, den ich auch in der Werkstatt für einzelne Verleimungen nehme, wenn´s schnell gehen muss.
 
Ponal??? :rolleyes:

Ich schätze nach wie vor Warmleim, bin aber im Außendienst mittlerweile auch auf Titebond umgestiegen, den ich auch in der Werkstatt für einzelne Verleimungen nehme, wenn´s schnell gehen muss.

Ich schätze auch Warmleim - vor allem wenn es um klanglich relevante Holz-Verbindungen geht, aber auch dort, wo sich der der Leim wieder leicht ablösen lassen soll, z.B. bei Garnierungen. Weißleim wäre da nicht gut, hingegen bei Hebegliedpolstern wie in diesem Fall sehe ich keinerlei Nachteil - eher Vorteile.

LG
Michael
 
Titebond find ich auch super. Klaviermacher, hast du nachher noch irgendwie gezwungen, z.B. eine schwere Leiste drauf gelegt?
 
Titebond find ich auch super. Klaviermacher, hast du nachher noch irgendwie gezwungen, z.B. eine schwere Leiste drauf gelegt?

Hallo Tastenscherge,

Ich habe nichts gezwungen oder eine Leiste drauf gelegt. Was man nicht gut sieht auf dem Video, ist die Menge an Leim, die ich so verteile, dass die gesamte Fläche schön gleichmäßig (relativ satt) benetzt ist, ehe der Filz aufgelegt, eingerichtet und leicht angedrückt wird. Nach Trocknung sitzen alle Filzstücke sehr fest und lösen sich nicht ab. :)

LG
Michael
 
Update aus der Klavierwerkstatt...

Die halbe Mechanik ist wieder im Instrument - japadapaduuuuu - es klingt phänomenal.

Da die Dämpfung erst ganz zum Schluss eingebaut wird, hallt es wie in einer Kirche während des Regulierens.:D

Zuerst habe ich mal die Hämmer abgezogen. Ich musste auch Hammerfilz ergänzen - dort wo er von Mäusen abgenagt war, aber das ist eine andere Geschichte. Also zuerst hab ich die Hammerbäuche maschinell bearbeitet und dann von Hand den Hammerscheitel in Form gebracht. Diverse Uhrmacherarbeiten, obwohl ich ja nichts verstehe von Kompensationspendel - aber dafür von Achsen. :-D

Wie gesagt, jetzt werden Klaviatur und Mechanik reguliert und am Ende kommt die Dämpfung zum Einbau.

Ich freu mich schon auf das fertige Instrument. Möchts gar nicht mehr hergeben:roll:

Hier noch ein paar Ausschnitte von der Arbeit: http://www.youtube.com/watch?v=Hr0TAushkQo
Ach ja - im Hintergrund spielt Fips auf dem Stein Flügel:cool:

LG
Michael
 
[...] Zuerst habe ich mal die Hämmer abgezogen. Ich musste auch Hammerfilz ergänzen - dort wo er von Mäusen abgenagt war, aber das ist eine andere Geschichte. Also zuerst hab ich die Hammerbäuche maschinell bearbeitet [...]

man kann den hammerfilz ergänzen ?!
wie geht das, wenn ich fragen darf?
:confused:
Und wie kann ich das mit dem maschinellem bearbeiten verstehen? Fräst du einen teil mit des filzes mit ner maschine aus?

Und danke für den wiedermal sehr schönen einblick in deine täglich arbeit!
ich find es immer sehr angenehm wenn jemand so kleine futzel-arbeiten macht, dann macht sich in mir immer so ein wohliges gefühl breit :roll:
 
ich find es immer sehr angenehm wenn jemand so kleine futzel-arbeiten macht, dann macht sich in mir immer so ein wohliges gefühl breit

Das hab ich auch. Und meine Frau liebt es auch, wenn ich z.B. Fliegen binde. Habe aber nie darüber nachgedacht. Das tue ich jetzt. Danke, Apfelmännchen!
 
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man kann den hammerfilz ergänzen ?!
wie geht das, wenn ich fragen darf?
:confused:
Und wie kann ich das mit dem maschinellem bearbeiten verstehen? Fräst du einen teil mit des filzes mit ner maschine aus?

Und danke für den wiedermal sehr schönen einblick in deine täglich arbeit!
ich find es immer sehr angenehm wenn jemand so kleine futzel-arbeiten macht, dann macht sich in mir immer so ein wohliges gefühl breit :roll:

Hallo Apfelmännchen,

Hammerfilz ergänzen ist so einfach wie ein historisches Kunstwerk restaurieren. ;)

Vereinfacht gesagt, geht man so vor...
Man sammelt sauberen Schleifstaub der Filze, also Filzreste, die beim Abziehen der inneren Hammerbäuche entstehen. Man benetzt diese Reste mit stark wasserverdünntem Leim, formt bzw. walkt kleine Knüllchen bzw. eine Form, die benötigt wird. Die Schadstelle wird dann ganz wenig mit unverdünntem Leim angepinselt und das Knüllchen dran montiert. Trocknung abwarten und Überstände abschleifen - eventuell nachfärben.

Diese Technik ist ungeeignet im Bereich des Scheitels, denn der Filz wird wegen des Leims zu hart und es ist nicht möglich ordentlich zu intonieren. Weiters hat diese mehr oder weniger kosmetische Arbeit nur Sinn bei Hämmern, die im Scheitelbereich noch nicht stark abgenützt sind und welche von Grund auf in Ordnung sind (Spannkraft haben).

Maschinelles abschleifen der Hammerbäuche mache ich nur bei ausgebauten Hämmern und einer selbst gebastelten Vorrichtung.

LG
Michael
 
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ok danke für die erläuterungen :)

also kann ich das mit dem hammerfilz ergänzen als reine kosmetische sache ansehen oder hat es tatsächlich etwas mit der stabilät des hammerkopfes zu tun?
weil dann könnte man sich die mühe ja sparen, wenn man ein altes klavier nur so zum klimpern hat, wenn es reine schönheitsreparaturen sind?
 

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