Klavierreparatur Pianino Luner Bj. 1898

Was nirgendwo erwähnt wird und auch einmal gesagt werden muss: Es gibt Vorteile der Oberdämpfungsmechanik...

Erstens...

Zweitens...


Drittens und für mich einer der allergrößten Vorteile der Oberdämpfermechanik:

Man konnte noch problemlos eine echte "una corda" Funktion des linken Pedales verwirklichen, die wie beim Flügel eine Klangänderung erzielt.

Die heute übliche Funktion des linken Pedals beim Klavier (Klappleiste) ist ein Witz.
 
Drittens und für mich einer der allergrößten Vorteile der Oberdämpfermechanik:

Man konnte noch problemlos eine echte "una corda" Funktion des linken Pedales verwirklichen, die wie beim Flügel eine Klangänderung erzielt.

Die heute übliche Funktion des linken Pedals beim Klavier (Klappleiste) ist ein Witz.
Hallo Klavierbaumeister,

Nun, die Klappleiste hat auch ihre Berechtigung beim Spielen. Sie ist nur nicht zu vergleichen mit dem Una Corda Pedal. Nicht umsonst hat Fazioli bei seinem 4. Pedal so eine Klappleisten-Funktion als Zusatz eingebaut.

Wenn allerdings so ein Verschub im Pianino nicht vorhanden ist, werde ich nachträglich keinen einbauen. Möglich wärs vielleicht...

Hast Du das schon mal gemacht?

LG
Michael
 
Nicht umsonst hat Fazioli bei seinem 4. Pedal so eine Klappleisten-Funktion als Zusatz eingebaut.

Ja, aber beim Fazioli ist das "Klappleistenpedal" zusätzlich vorhanden und bei der Betätigung werden Steighöhe UND die Spieltiefe verändert.
Beim Klavier bleibt die Spieltiefe gleich und man hat halt ewig viel Schnabelluft.
Ok, vordergewichtete Klaviaturen könnte man durch entsprechend straffe Bändchen natürlich auch entsprechend absacken lassen. ;-)

Das Problem ist aber doch, dass die Verwendung von "u.c." von den Komponisten oft auskomponiert wurde, sich der Komponist also durchaus was dabei gedacht hat, wenn er "u.c." in die Noten gekrixelt hat.
Wenn wir dann bei einem heutigen Klavier bei diesem Hinweis das "Klappleisten-Pedal" drücken, ist das ja ganz nett, entspricht aber nicht der Intention des Komponisten bzgl. der Veränderung der Klangfarbe.

Nein, umbauen würde ich ein altes Oberdämpferklavier natürlich auch nicht.
Aber damals wurden noch etliche Instrumente mit una corda gebaut, was bei der heutigen Unterdämpfermechanik nicht mehr ganz so einfach ist.
Aber hatte das nicht irgendein japanischer Hersteller mal im Angebot?
 
Man konnte noch problemlos eine echte "una corda" Funktion des linken Pedales verwirklichen, die wie beim Flügel eine Klangänderung erzielt.

Mit solchen Sätzen weckst Du Bedarf...

Wäre denn ein Umbau relativ ungefährlich und machbar? Also, normalerweise finde ich das linke Pedal beim Klavier auch rel. sinnfrei, aber stattdessen die "una corda"-Variante wie beim Flügel wäre mir schon einiges wert...

Das Pedal sieht ja wirklich super aus, und offensichtlich noch gar nicht so abgetreten - das Klavier ist so alt, ist aber wohl nie stark benutzt worden?

Michael, was mich wundert: bei deinen Bildern sind die Risse und damit die Faserrichtung des Resonanzbodens quer zu den Saiten. Bei meinem Klavier (und auch Flügel) sind sie längs zu den Saiten, und ich dachte, dass wäre eigentlich überall so. Warum ist das hier anders?

Letzte Frage: bei meinem Oberdämpferklavier sind die Saitenabstände zwischen den 3 Saiten eines Diskanttons enger als bei heutigen Klavieren/Flügeln, dementsprechend auch die Hämmer schmaler und leichter. Ist das hier auch der Fall oder nur eine Besonderheit meines Klaviers?
 
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Mit solchen Sätzen weckst Du Bedarf...

Wäre denn ein Umbau relativ ungefährlich und machbar? Also, normalerweise finde ich das linke Pedal beim Klavier auch rel. sinnfrei, aber stattdessen die "una corda"-Variante wie beim Flügel wäre mir schon einiges wert...

Das Pedal sieht ja wirklich super aus, und offensichtlich noch gar nicht so abgetreten - das Klavier ist so alt, ist aber wohl nie stark benutzt worden?

Michael, was mich wundert: bei deinen Bildern sind die Risse und damit die Faserrichtung des Resonanzbodens quer zu den Saiten. Bei meinem Klavier (und auch Flügel) sind sie längs zu den Saiten, und ich dachte, dass wäre eigentlich überall so. Warum ist das hier anders?

Letzte Frage: bei meinem Oberdämpferklavier sind die Saitenabstände zwischen den 3 Saiten eines Diskanttons enger als bei heutigen Klavieren/Flügeln, dementsprechend auch die Hämmer schmaler und leichter. Ist das hier auch der Fall oder nur eine Besonderheit meines Klaviers?
Hallo Mindenblues,

Prinzipiell geht so ein Umbau, doch ich würde, um mich festzulegen, zumindest verschiedene Bilder benötigen. Die zweite Sache ist, ob ein Umbau ohne Werkstatt möglich ist. Gefährlich wirds nur, wenn man darauf los bastelt, ohne zu wissen was man als nächstes tut. ;) Also einen gewissen Plan sollte man schon haben.

In Wien hatte ich mal in einen älteren 2 - pedaligen Steinway Flügel ein Tonhaltepedal eingebaut. Das ging relativ problemlos, aber ich hatte die Arbeit bei einem Kollegen in einer Werkstatt durchführen können.

Die Holzfaserrichtung des Resonanzbodens kann in 4 mögliche Richtungen verarbeitet sein, je nach Philosophie des Erzeugers, den technischen Möglichkeiten und Ideen über Stabilität. Es gibt feine Unterschiede im Klang und Ausklangverhalten. Heute verbaut man Resonanzböden nurmehr in die gleiche Richtung des Hauptsteges bei erwarteter "schönster" Klangkurve und "bestem" Ausschwingverhalten.

Bei diesem Horizontalboden am Luner Klavier verlaufen die Rippen in die gleiche Richtung wie die Rastenbalken (also Vertikal), was den Vorteil hat, die Balken knapper zum Resonanzboden hin zwischen die Rippen hinzubauen, was statisch gesehen ein Vorteil ist. Obwohl der Resonanzboden Risse hatte, war der Saitendruck überall gleichmäßig gegeben. Das zeigt, dass die Konstruktion nicht ganz so übel war.

Ganz sinnfrei sehe ich die Klappleise nicht. Man kann bei schnelleren Läufen wesentlich leiser spielen. Normalerweise geht schnell und leise spielen am schwierigsten. Diese Pedalfunktion behebt das Problem bzw. macht es viel geringer, sonst hätte es Fazioli nicht für den Flügel adaptiert.8-)

Das Pedal des Luner Klavieres zeigt tatsächlich, dass das Klavier nicht übermäßig beansprucht wurde.

LG
Michael
 
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habe nur die fehlende Bewertung dieser sehr informative Dokumentation der Oberdämpferklavierrrestaurierung nachgeholt...
 
luner reparatur

habe nur die fehlende Bewertung dieser sehr informative Dokumentation der Oberdämpferklavierrrestaurierung nachgeholt...

hallo ,

oberdämpfer klaviere wurden speziell von blüthner und auch ibach relativ lange gemacht , u.a. weil damals das Vertrauen in die Stabilität der Federn noch
nicht sehr gross war , insbesondere wenn die klaviere nach Übersee
gegangen sind . ( Feuchtigkeit - Rost etz. ) . Und vielleicht auch aus einem gewissen Beharrungswillen , ähnlich wie man in Wien vielzulange die Wiener-
Mechanik eingebaut hat .
Eine Verschiebung habe ich erst einmal gesehen - bei einem Schwechten -,
man sollte jedoch ganz klar bedenken , daß Pianinos zu 90 % nicht von
Pianisten oder hervorragenden Klavierspielern benützt werden , diese haben einen Flügel , diese Debatte daher rein theoretisierend ist , da die meisten Klavierspieler das Pianopedal nicht benötigen und auch nicht wirklich benützen . Ein abrupter Übergang beim Dämpferende ist beim Spielen auch bei
einer Unterdämpfung nicht wirklich hörbar , ausser man würde das Dämpferende sehr weit unten ansetzen .
Ob die Oberdämpfung damals teurer war , kann ich nicht beurteilen , wenn ja ,
dann sicher nicht weil diese "besser " ist , sondern ev. in der Herstellung
teurer .
Dass manche heutigen Klaviere sehr "kurz" klingen , liegt sicher nicht an der
Dämpfung sondern an einer miesen Konstruktion , an die sich die Mehrzahl der
"User" jedoch bereits gewöhnt haben bzw. manche sogar ein Klavier , dass nach Fortissimo Spiel noch nachhallt ,als nicht wünschenswert erachten !
Die meisten Oberdämpfer - Klaviere erzeugen jedoch einen "schwimmenden"
Ton , der eigentlich nicht angenehm ist .

Zur Besaitung mit 13,5 t Zug : Lt. Opusnummer ist dieses Klavier aus etwa
1898/99 , damals verwendete man als bestes Fabrikat PÖHLMANN -Saiten , die in Bezug auf Zerreissgrenze den damaligen Röslau überlegen waren , also eine sehr hohe Auslastung und Zug vertrugen .
"Handgezogenen " Stahl von einer Reihe von Saitenerzeugern , der sehr unterschiedlich war , gab es damals fast nicht mehr , das ist bloss in Klavieren
aus der " vorindustriellen" Periode zu finden .

Im übrigen habe ich leichte Zweifel , ob es sich bei dem Klavier überhaupt um ein " Original LUNER" handelt : ich kenne eigentlich nur 2 Pianinomodelle von dieser Firma , die auch zu tausenden erzeugt wurden :
geradeseitig - Oberdämpfung , Halbpanzer - Oberrahmen meist mit Mozart oder
Schubertkopf . Vollpanzer - Unterdämpfung .
Nach der Mechanikaufschrift ( Deutsches Reich gesetzl. gesch. Muster ) wäre ein deutsches Fabrikat oder eines aus dem Sudetenland durchaus wahrscheinlich .
Hozverlauf - Boden -Rippen : Boden waagrecht , Rippen im rechten Winkel dazu ( senkrecht ) kommt aus der Zeit der geradesaitigen Instrumente und wurde auch noch einige Zeit danach von einigen Fabrikaten beibehalten .
Das ist keine Klangphilosophie , denn eine solche Anordnung passt durchaus nicht optimal zu einer kreuzsaitigen Bespannung . Die Herstellung eines solchen Bodens hat triviale Gründe : billiger ! -- weniger Holzverbrauch , einfachere Konstruktion , kürzere Arbeit !

Mir ist der Unterschied zwischen Restauration und Modernisierung sehr wohl bewusst , da es sich bei diesem Klavier jedoch keinesfalls um ein museales und
wertvolles Stück handelt , sondern um ein Gebrauchsklavier , dass benützt werden soll , wäre der Umbau auf eine klar bessere Unterdämpfungsmechanik
sehr überlegenswert gewesen . ( Immer unter der Prämisse , daß sich derart
umfangreiche und teure Arbeiten für dieses Klavier überhaupt ökonomisch
vertreten lassen ) . m.f.g. klaviermacherwien
 
Hallo Klaviermacherwien,

Du hast ja ein sehr detailreiches Wissen über alte Wiener Klaviere.:o

Ich lege meine Hand nicht ins Feuer, ob es sich tatsächlich um ein Luner Klavier handelt, oder ob es ein Handelsklavier von Luner ist. Nur mehr private Idealisten und Kunstliebhaber lassen so ein deteilreich verziertes Klavier überhaupt herrichten. Daher ist es auf jeden Fall zwar noch nicht museal, aber das kann sich, wenn es so weiter geht, relativ schnell ändern.

In jeder Klavierfabrik war und ist es bis heute so, dass es immer wieder Sondermodelle gab - und dieses ist meines Erachtens eines davon. Es könnte sich um ein Meisterstück eines Firmeninternas handeln, denn diese wurden meist besonders ausgiebig verziert. Alleine das aufgeschraubte Firmenschild lässt andere Spekulationen offen. Die Mechanik ist jedenfalss von der Firma Kohler, und weitere Einträge im Instrument kann ich nicht finden.

Die Theorie über den Einbau eines Horizontalbodens klingt glaubhaft, doch so viel Matrial wird meiner Meinung nach nicht eingespart, als dass sich da echt was lohnen würde. Kosten ja die Pedale schon mehr.:D Und warum baute man Querböden ein? Solch einer benötigt genau soviel Material wie der heute noch gebräuchliche Längsboden, der bald von nur Schichtholzböden aus China abgelöst wird.

Von den Pöhlmann-Saiten vor hundert Jahren habe ich bisher nichts gehört (Wissenslücke), aber dass davor Saiten aus handgezogenem Stahl vor allem in Tafelklavieren oder Hammerflügeln ohne Rahmen zur Verwendung kamen und jetzt erst kürzlich wieder erhältlich sind, ist mir bekannt. Die sind bei etwa 30-40kg Zugkraft ausgelastet.

Auf das Luner und die 13,5 Tonnen entfallen p. Saite durchschnittlich 65 kg, im Diskant etwas weniger, da ist eine Abweichung vom "Original" über die halbe Spreize gar nicht gegeben. Aber in der Mittellage komme ich auf knapp 70 kg statt 90-95kg und das ist für Pure Sound Saiten wunderbar, wäre sogar noch erträglich mit Röslau Saiten, doch die Pure Sound Saiten sind etwas silbriger im Charakter und besser ausgelastet. Vom Bass mit über 100 -120 kg pro Saite halte ich nichts - die lasse ich übrigens von Heller nach Anweisung machen und habe schon viele Jahre sehr gute Erfahrungen.

Ich prüfe auch jeweils die Resonanzbodenstärke, die der Rippen und lasse all diese Dinge zu Rasten- und Rahmenkonstruktion in mein Bild über die optimale Dauerbelastung und Besaitungsdimensionierung einfliessen. So bekomme ich ein klares Bild, dass auch den allgemeinen Klangvorstellungen der Zeit zumeist gerecht wird. Manchmal so sehr gerecht, dass ich, ob des Rufes sogar schon in einem moderneren Grotrian Flügel für einen Profimusiker solch eine Transformierung vornehmen musste - dazu noch eine Werkmeister Stimmung. Auch dieser Flügel klingt nun ausgesprochen gut.

LG
Klaviermacher
 
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Hallo Klaviermacherwien,

Du hast ja ein sehr detailreiches Wissen über alte Wiener Klaviere.:o
Dieser Bewunderung schließe ich mich an!

Die Mechanik ist jedenfalss von der Firma Kohler, und weitere Einträge im Instrument kann ich nicht finden.

Vermutlich Köhler, nicht Kohler, oder?
Schon mal die Baujahre quergeprüft?
Was hat die Mechanik für eine Seriennummer?
Wenn das Instrument ein Luner ist und die SN stimmt, dann müsste die Mechanik eine SN von ca. 100.000-120.000 haben.
Die könnte also weitere Indizien liefern.

Und warum baute man Querböden ein? Solch einer benötigt genau soviel Material wie der heute noch gebräuchliche Längsboden.
Klaviermacher

Das mit den Horizontalböden bei Kreuzsaitern habe ich auch nie richtig begriffen.
Bei Geradsaitern machen die Sinn, da relativ einfach in der Herstellung (einfache Tönnenwölbung).
Aber wie will man die bei einem kreuzsaitigem Instrument doch notwendige sehr komplexe Wölbung über senkrecht stehende Rippen vernünftig stabilisieren???

Solche "Horizontalböden" mit senkrechten Rippen parallel zu den Rastenbalken gab es noch lange nach dem 2.WK, z.B. von Rippen und bei vielen kleinen Steingraeber-Klavieren.
Mein Fall sind diese Böden nicht.
 
luner klavier

Hallo Klaviermacherwien,

Du hast ja ein sehr detailreiches Wissen über alte Wiener Klaviere.:o

Ich lege meine Hand nicht ins Feuer, ob es sich tatsächlich um ein Luner Klavier handelt, oder ob es ein Handelsklavier von Luner ist. Nur mehr private Idealisten und Kunstliebhaber lassen so ein deteilreich verziertes Klavier überhaupt herrichten. Daher ist es auf jeden Fall zwar noch nicht museal, aber das kann sich, wenn es so weiter geht, relativ schnell ändern.

In jeder Klavierfabrik war und ist es bis heute so, dass es immer wieder Sondermodelle gab - und dieses ist meines Erachtens eines davon. Es könnte sich um ein Meisterstück eines Firmeninternas handeln, denn diese wurden meist besonders ausgiebig verziert. Alleine das aufgeschraubte Firmenschild lässt andere Spekulationen offen. Die Mechanik ist jedenfalss von der Firma Kohler, und weitere Einträge im Instrument kann ich nicht finden.

Die Theorie über den Einbau eines Horizontalbodens klingt glaubhaft, doch so viel Matrial wird meiner Meinung nach nicht eingespart, als dass sich da echt was lohnen würde. Kosten ja die Pedale schon mehr.:D Und warum baute man Querböden ein? Solch einer benötigt genau soviel Material wie der heute noch gebräuchliche Längsboden, der bald von nur Schichtholzböden aus China abgelöst wird.

Von den Pöhlmann-Saiten vor hundert Jahren habe ich bisher nichts gehört (Wissenslücke), aber dass davor Saiten aus handgezogenem Stahl vor allem in Tafelklavieren oder Hammerflügeln ohne Rahmen zur Verwendung kamen und jetzt erst kürzlich wieder erhältlich sind, ist mir bekannt. Die sind bei etwa 30-40kg Zugkraft ausgelastet.

Auf das Luner und die 13,5 Tonnen entfallen p. Saite durchschnittlich 65 kg, im Diskant etwas weniger, da ist eine Abweichung vom "Original" über die halbe Spreize gar nicht gegeben. Aber in der Mittellage komme ich auf knapp 70 kg statt 90-95kg und das ist für Pure Sound Saiten wunderbar, wäre sogar noch erträglich mit Röslau Saiten, doch die Pure Sound Saiten sind etwas silbriger im Charakter und besser ausgelastet. Vom Bass mit über 100 -120 kg pro Saite halte ich nichts - die lasse ich übrigens von Heller nach Anweisung machen und habe schon viele Jahre sehr gute Erfahrungen.

Ich prüfe auch jeweils die Resonanzbodenstärke, die der Rippen und lasse all diese Dinge zu Rasten- und Rahmenkonstruktion in mein Bild über die optimale Dauerbelastung und Besaitungsdimensionierung einfliessen. So bekomme ich ein klares Bild, dass auch den allgemeinen Klangvorstellungen der Zeit zumeist gerecht wird. Manchmal so sehr gerecht, dass ich, ob des Rufes sogar schon in einem moderneren Grotrian Flügel für einen Profimusiker solch eine Transformierung vornehmen musste - dazu noch eine Werkmeister Stimmung. Auch dieser Flügel klingt nun ausgesprochen gut.

LG
Klaviermacher

Die Mechanikenfabrik heisst KÖHLER - Berlin und wurde später von Langer übernommen . Ich kenne von dort eigentlich nur die alten Holzständermechaniken .
Es gab und gibt sicher Sonderanfertigungen , diese betreffen jedoch nur das Gehäuse und keinesfalls die Konstruktion , also das Modell - den Rahmen .
Es wäre ökonomisch untragbar ein Gussmodell nur für ein oder wenige Klaviere herstellen zu lassen . ( Ausnahme - Blüthner , der vor einigen Jahren in Frankfurt einen "verkehrten " Flügel - Diskant links , Bass rechts - ausgestellt hatte , der für einen etwaqs verschrobenen ung. Pianisten extra angefertigt wurde .
Das Schild ist sicher Original , es ist ja auch "teurer " gemacht - Perlmutteinlagen .
Verschiedenes an dem Klavier bringt mich zur Ansicht , dass es gar kein Luner ist :
der gerundete Blindboden ist gar nicht "Lunerlike" . Meiner Erinnerung nach sind die Opusnummern bei Luner Pianinos entweder rechts oder links unten am Boden positioniert , nicht jedoch bei oder auf der Bassbrücke .
Da ich fast alle Wr.. Pianinomodelle am Rahmen sofort erkenne , bei Luner
kenne ich eigentlich nur die 2 schon beschriebenen , tippe ich auf Koch &. Korselt aus Reichenberg . Dieser war recht preiswert und sind mir auch kreuzsaitige Oberdämpfer von dort bekannt -- obzwar ich dieses Modell explizit nicht zuordnen kann . In diesem Falle wäre das Klavier etwa aus 1910/11 .
Deutsches Fabrikat schliesse ich aus , da damals auf Grund sehr hoher Einfuhrzölle zum Schutze der österr. Klavierindustrie kaum solche Fabrikate
hierher kamen , ausserdem die Deutschen damals schon "moderner" bauten !
Es kann durchaus ein Handelklavier sein , damals war eine derartige Hochkunjunktur , dass manche Fabrikanten gar nicht soviel erzeugen konnten ,
als sie verkaufen konnten ! ( Kann man heute nur träumen davon !)
Auch der Hinterdruck - Falleiste - wurde auch von Koch &. Korselt gemacht ,
auch ein Zeichen eines schnell und preiswert hergestellten Klavieres .
Ein mit diagonalem Holzverlauf und entsprechenden Rippen hergestellter Boden hat effektiv um Einiges mehr Holzverbrauch - Verschnitt , mehr Arbeitszeit . Bei einer sehr kleinen Produktion fällt dies nicht so sehr ins Gewicht , bei der Herstellung von tausenden Klavieren jedoch schon !
Es ist dies KEINE Frage der Klangphilosophie , denn ein senkrechter Holzverlauf mit Querrippen passt NICHT optimal zu einer kreuzsaitigen Saitenanlage . Nach dem Krieg wurde diese unpassende Methode von einigen Billigfabrikaten wie Rippen auch aus Ersparnisgründen angewendet und von einigen anderen wahrscheinlich auch um die Klaviere weniger tief machen zu können -- aus den damals unseligen Überlegungen betr. das "Kleinpianino" .
In der Mittellage eine Zug von 90-95 kg ist allerding sehr ungewöhnlich , im Bass von Nr. 1 mit 100 kg bis 130 kg mit einer Auslastung von rund 50% auf bis 80% ansteigend in den höheren Einchörigen ist jedoch gute österr. Tradition und haben dies unsere besten Fabrikate .
Ich nehme trotzdem nicht an , dass Luner ( Pattart ) sowenig Ahnung von
Mensuren hatte - sicher auch Koch &. Korselt darüber Bescheid wusste , vielmehr sind bei billigen Massenfabrikaten hie und da einfach die Langstege
durch zu schnelle und schlampige Arbeit nicht konstrktionskonform auf den Boden geleimt worden , die Rahmen wurden dann irgendwie " hieneingepempert" , und so sind teils zu lange Saitenlängen mit so hohen Zügen entstanden , bzw. zu grosse Sprünge in d. Mensur .
Was ist eine " Werkmeisterstimmung" ?
m.f.g. klaviermacherwien
 

@Klavierbaumeister

Die Köhler-Mechanik trägt die Serien Nr. 105.809, würde also zur Jahreszahl des Luner Klavieres passen (von vor 1900), wenn es denn ein Luner ist, was Klaviermacherwien bezweifelt und ich bin mir ja auch nicht 100% sicher.

Zur Veranschaulichung habe ich ein Skizze angefertigt, damit andere User auch wissen, von was wir hier reden bezügl. Resonanzbodeneinbau:
holzverlauf.jpg
Off Topic: Der Bodenmacher war um 1900 sogar ein komplett eigener Berufszweig im Bereich des Klavierbaues. Er war der Spezialist für den Einbau von Resonanzböden in Klavieren und Flügel. Die Berufsbezeichnung Bodenmacher stand sogar in seinen Ausweispapieren und wenn er die Landesgrenze überschritt, wusste der Zöllner genau, was diese Person für einer Arbeit nachging.

@Klaviermacherwien
Ein Werckmeister-Stimmung (in diesem Falle war es eine Werckmeister 3) ist eine der ungleich schwebenden, wohltemperierten Stimmungsmöglichkeiten (es gibt zahlreiche Variationen), mit welchen Klaviere im 19. Jhdt bis etwa 1880 gestimmt wurden. Danach wurden alle ungleich schwebenden, wohltemperierten Stimmungen abgelöst von der gleichschwebenden oder auch gleichstufigen (auch wohltemperierten), und heute gebräuchlichen Einheitsbrei-Stimmung.;) (...und die heute in alle Klaviere hineingepämpert wird:D)

@Mindenblues
Die Abstände der Chöre [Die Saite(n) für einen Ton] können variieren. Es hängt auch von der Breite der Hammerköpfe ab, welches Maß da angebracht ist. Zu eng ist nicht gut und zu weit auseinander auch nicht, aber es gibt einen gewissen Spielraum für den Erzeuger - somit erklärt sich der Unterschied.


LG
Michael
 
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luner klavier

@Klavierbaumeister

Die Köhler-Mechanik trägt die Serien Nr. 105.809, würde also zur Jahreszahl des Luner Klavieres passen (von vor 1900), wenn es denn ein Luner ist, was Klaviermacherwien bezweifelt und ich bin mir ja auch nicht 100% sicher.

Zur Veranschaulichung habe ich ein Skizze angefertigt, damit andere User auch wissen, von was wir hier reden bezügl. Resonanzbodeneinbau:
Den Anhang 1608 betrachten
Off Topic: Der Bodenmacher war um 1900 sogar ein komplett eigener Berufszweig im Bereich des Klavierbaues. Er war der Spezialist für den Einbau von Resonanzböden in Klavieren und Flügel. Die Berufsbezeichnung Bodenmacher stand sogar in seinen Ausweispapieren und wenn er die Landesgrenze überschritt, wusste der Zöllner genau, was diese Person für einer Arbeit nachging.

@Klaviermacherwien
Ein Werkmeister-Stimmung (in diesem Falle war es eine Werkmeister 3) ist eine der ungleich schwebenden, wohltemperierten Stimmungsmöglichkeiten (es gibt zahlreiche Variationen), mit welchen Klaviere im 19. Jhdt bis etwa 1880 gestimmt wurden. Danach wurden alle ungleich schwebenden, wohltemperierten Stimmungen abgelöst von der gleichschwebenden oder auch gleichstufigen (auch wohltemperierten), und heute gebräuchlichen Einheitsbrei-Stimmung.;) (...und die heute in alle Klaviere hineingepämpert wird:D)

@Mindenblues
Die Abstände der Chöre [Die Saite(n) für einen Ton] können variieren. Es hängt auch von der Breite der Hammerköpfe ab, welches Maß da angebracht ist. Zu eng ist nicht gut und zu weit auseinander auch nicht, aber es gibt einen gewissen Spielraum für den Erzeuger - somit erklärt sich der Unterschied.


LG
Michael

ein "Querboden" ist mir noch niemals untergekommen ? auf welchen Klavieren gibt es so einen " Wahnsinn" ? Ich kenne nur waagrechten und senkrechten
Holzverlauf mit dementsprechend im 90% Winkel verlaufenden Rippen und
"moderne" Böden mit einem Faserverlauf etwa längs des Langsteges.
Auch Längsfaser mit waagrecht Rippen oder senkrecht habe ich schon gesehen .
Die Erklärung " Saitenabstand" muss ich etwas korrigieren , dieser hängt nicht
von der Hammerkopfbreite ab , SONDERN die Hammerkopfbreite hängt von
der Konstruktion der Saitenteilung ab und diese entsteht IMMER zuerst !!
Es sind hier enge Grenzen gesetzt , die Basslage hat zumeist die breiteste
Teilung , dann Mittellage und dann Diskant . Auf Grund der Saitenschräge und
den damit auch dementsprechend einzuleiemnden Hammerköpfen wäre eine zu schmale
Teilung für das Durchlaufen der Köpfe sehr nachteilig ( gibt es , -- beschnittene Köpfe ) , bzw. benötigen die Köpfe im Bass eine gewisse Mindestgrösse ( Gewicht ) um die starken Saiten auch optimal erregen zu können .
Eine zu breite Teilung , um die Saiten mit stärkerer Kreuzung im Bass noch länger zu machen , ergibt wieder andere Nachteile :
Boden wird für die Diskanttöne zu gross ,Steg zu lang und zu schwer , Klavier wird zu breit und unansehnlich , aber vorallem die Tasten müssen auf Grund der grossen
Gesamtbreite hinten stark gekröpft ( abgewinkelt ) sein , was vorallem zu
einer stark erhöhten Abnützung der Waagegarnierungen führt und auch die Spielart negativ beeinflusst .
( Gibt es bei nicht wenigen - schlecht konstruierten - Klavieren .)

Man sieht , Klavierbau ist eine Kunst , bei der immens viele Einzelheiten wichtig sind , und die wie ein Räderwerk ineinander übergreifen .
klaviermacherwien
 
Hallo aus der Werkstatt,

Mittlerweile habe ich den Klaviaturrahmen von den von Motten zerfressenen Filzen befreit und gereinigt. Der Stuhlboden (Holzbalken unterhalb des Klaviaturrahmens) musste auch gereinigt werden, da die Mäuse ziemlich viel Schmutz hinterlassen haben. Die Pedalerie wurde ebenfalls zerlegt und gereinigt. Danach habe ich die Seitenbacken, den Stuhlboden sowie den Pedalrahmen wieder an das Gehäuse montiert und das Klavier wieder in waagrechte Position gebracht.


Hier zwei Bilder dazu...

klaviaturrahmen.jpg


pedalrahmen.jpg

Als nächstes wird der Klaviaturrahmen neu befilzt.

LG
Michael
 
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Michael, anhand deiner Bilder sieht das alte Schmuckstück schon mal von innen aus wie neu, und ich nehme an, es wird auch so klingen, wenn nicht besser (besser: a) weil meine Theorie ist, dass Holz, je älter es ist, umso freier schwingen kann - Harz ist zerbröselt, Holz ist leichter geworden, mit dem Resultat eines laaaaaaangen Sustains, b) weil du bestimmt besseres Saitenmaterial hast als es damals gab, und c) weil du begnadete Hände und Ohren hast).

Mich würde interessieren, was diese Arbeit am Ende kostet (kannst es ja ganz klein schreiben).:D
Oder als PM, wie gesagt, da steht eine ähnliche Herausforderung auf Rügen...
 
Auf den Klang nach der vollendeten Restauration bin ich ebenfalls mächtig gespannt und nach dem geschätzten Arbeits - und Materialaufwand muß der Kunde dafür mal mindestens soviel wie für ein billiges Neuinstrument hinlegen. Allerdings wenn ich kalkuliere, wie das Schätzchen dann vermutlich spielbar sein wird und klingt, wird das für den Kunden sicher das weitaus bessere Preis - Leistungsverhältnis als jenes bei einem angenommenen Chinesen - oder Koreanerneukauf.
 
@Mindenblues,

Danke für Dein Posting *Verneigung und Freude*
Ich bin auch ganz sicher, dass dieses Klavier besser klingen wird als es je zuvor geklungen hat. Ein bisserl wirds noch dauern, da ich ja noch die Mechanik überholen muss und die Tasten. Nach Abschluss der Arbeiten stelle ich wieder eine Aufnahme auf Youtube.

@Petz,

Ich kenne mehrere alte wie neue Klaviere mit Querboden. Ist zwar nicht die Regel, aber eines dass ich kenne, klingt sogar ausgesprochen gut. Es ist einfach eine andere Philosophie im Klavierbau.


Bild - Querboden
querboden2.jpg

LG
Klaviermacher
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Der Mohrherr hatte auch nen recht guten Klang nur die Stimmhaltung war unter jeder S.. trotzdem kein offensichtlicher Stimmstockschaden ersichtlich war.
 

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