Das CTS5 hat zwar hier in Deutschland einen guten Ruf und sicher auch für viele Arbeiten eine Berechtigung, aber es gehört gewiss nicht zur technologisch modernsten Generation von Stimmgeräten. Ich meine damit nicht einmal die Bauweise, sondern das dahinter stehende Denkmodell, wie man stimmen sollte. Der Fehler hat damit zu tun, dass das Stimmgerät nicht das Instrument anhand von Samples analysiert und aufgrund der Rückschlüsse permanente Anpassungen vornimmt, sondern feste Stimmkurven und damit "Grundannahmen" über ein Instrument verwendet, die zutreffen können oder nicht. Die Temperatur ist keineswegs trivial, denn legt man hier die erste Oktave bzw. Kombination aus Oktave und Dezime zu weit oder zu eng, handelt man sich schon dort Fehler ein, die früher oder später zum Problem werden. Ist die erste Oktave zu eng, bekommt man die Intervalle nicht sauber austemperiert, ist sie zu weit, muss man sich aufgrund der nötigen Streckung in den weiteren Oktaven dann mit sehr unschön klingenden Dezimen anfreunden. Dieser Sound erzeugt bei mir dann ungefähr den Gesichtsausdruck, als wenn ich den Saft einer ausgepressten Zitrone trinke.
Ich glaube, dass genau diese Probleme der Grund sind, dass elektronische Stimmgeräte häufig auf Ablehnung bei Stimmern stoßen bzw. zu der Meinung führen, man könne damit keine hochwertige Stimmung erreichen. Es gibt aber Softwarelösungen, die vom ersten Ton an das Instrument analysieren und das zu Grunde liegende Stimmmodell anpassen, so dass die Besonderheiten des jeweiligen Instrumentes Berücksichtigung finden, und zwar schon in der Temperatur, obwohl dort die Abweichungen jeweils sehr gering sind. Doch genau das ist der Denkfehler: Die (geringen) Fehler schon in der Mitte ziehen weitere Konsequenzen nach sich.
Hatte vor Jahren mal ein sehr altes Stroboskop-Stimmgerät von Yamaha bekommen und es ist mir damit auch nicht gelungen, Stimmungen herzustellen, die mir wirklich gefallen haben. Das ging auch schon in der Temperatur los. Das war genau dasselbe Problem. Das CTS hat zwar einen Mikroprozessor, ausreichende Genauigkeit und auch eine gute Anzeige (Stroboskopnachbildung), so dass Messgenauigkeit und Ablesegenauigkeit stimmen, aber der Grundfehler an dem Stimmgerät ist das zu Grunde liegende Modell, was eine gute Stimmung ausmacht. Da geht der Verituner m.E. den richtigen Ansatz, ab dem ersten Ton werden Informationen gesammelt und die Stimmkurve angepasst. Es wird also nicht ein Modell der "immer gleichen Temperaturoktave" über das Instrument gebügelt, sondern sofort angepasst.
Aber es ging ja eigentlich um "Klavier stimmen mal anders". Dazu wollte ich eigentlich nur den Link posten, jedoch fand ich den weiteren Verlauf des Fadens auch interessant und sehr diskussionswürdig.
Hier nun der Link:
Ab ungefähr 7.00 Minuten geht es los, vorher wird noch sauber gemacht. In den letzten 2 Minuten kann man das gestimmte Klavier anhören.