Ist Orgelspielen eine Bereicherung für Pianisten?

Hans Borjes

Hans Borjes

Clavio-Förderer
Dabei seit
18. Mai 2008
Beiträge
459
Reaktionen
1
Als Amateurpianist ist ja eigentlich alles erlaubt. Demnächst werde ich wohl mal die Möglichkeit haben, auf einer Kirchenorgel zu spielen. Was erwartet mich denn da? Ein Kulturschock? Wird mich das so überwältigen, daß ich hinterher meinen Flügel nicht mehr anfasse? :D

Oder verwirrt das nur, weil es eben ein völlig anderes Instrument ist?

Über Anregungen wäre ich dankbar. Bin halt am Überlegen, ob ich die Möglichkeit nutze oder lieber die Finger davon lasse.

Hans

P.S.: Die Möglichkeit eröffnen würde mir ein Organist, der damit seine Brötchen verdient. Fachlicher Beistand wäre also gegeben.
 
Ich fürchte, wenn man einmal "Blut geleckt" hat, kommt man nicht mehr los davon....;) Deswegen warte ich damit sicher noch einige Jahre und bleibe am Klavier.
 
Tja, Hans. Ich würde sagen es ist sowohl überwältigend, als auch verwirrend. Zumindest wars das für mich.

Seit ich zum ersten Mal an einer Orgel saß (ich hatte damals aber schon bestimmt 10 Jahre Klavierunterricht auf dem Buckel), lässt mich die Orgel nimmer los. Mein Klavier fass ich aber trotzdem noch an - ist nun mal zuhause im Warmen und die Orgel in der kalten Kirche, die nicht direkt ums Eck liegt und zu der ich auch keinen eigenen Schlüssel habe:D.

Verwirrend ist das ganze aber durchaus: Der Anschlag ist ein ganz anderer, du hast keine direkten Möglichkeiten die Dynamik zu gestalten. Das rechte Pedal vom Klavier, mit dem du am Klavier einiges schummeln kannst, besitzt die Orgel nicht (Legato, falls gewünscht, erfordert dadurch an der Orgel oft wesentlich kreativere Fingersätze als am Klavier.). Zu starkes Legato an der Orgel ergibt Wischiwaschi-Klang (je nach Instrument und Kirche stärker oder schwächer). Die Artikulation (also: wie lang halte ich eine Taste gedrückt, und wie lange nicht) ist mit der entscheidenste Faktor einer musikalischen Gestaltung an der Orgel. Anstatt des einen Haltepedals hast du mit den Füßen eine ganze "Klaviatur" zu bedienen (2,5 Oktaven). Das sorgt Anfangs für totale Verwirrung, weil du einfach 2 Hände und 2 Füße koordinieren musst, und nicht nur wie beim Klavier 2 Hände (abgesehen von dem einen Pedal, das der rechte Fuß am Klavier bedient)...
Von den verschiedenen Registern fange ich erst gar nicht an...

Wie gesagt, ein wahnsinnig faszinierendes und klanggewaltiges Instrument, welches aber durchaus sehr verwirrend und ungewohnt wirken kann auf einen Pianisten (auf einen Nichtmusiker wirkts aber bestimmt noch schlimmer, denn der kann dann ja nicht mal mit den beiden Händen auf der Orgel was spielen).
 
Das hört sich so an, als müßte ich es einfach mal probieren. So eine diffuse Vorstellung habe ich ja. Als Kind hatte ich übrigens mal eine Gebläseorgel mit 3-4 Oktaven von Bontempi. Grauenhaftes Ding, wie kann man seinem Kind nur sowas kaufen. Die war laut und klang nicht gerade schön :(
 
Ich hab früher auch immer wieder mal daran gedacht Orgel zu spielen. Aber irgendwie hab ich es nie geschafft, mich wirklich darum zu kümmern, dass ich irgendwo spielen kann. Hatte in späteren Jahren dann noch ein sehr enttäuschendes Erlebnis. Da war ich bei einem mehrtägigen Seminar und in dem Seminarraum stand eine kleine Orgel. Ich fragte den Verantwortlichen dort, ob ich mal auf der Orgel spielen dürfe. Er fragte mich: "Sind Sie Organist?" Und ich antwortete: "Ich bin Pianist." Daraufhin ließ er mich doch tatsächlich nicht spielen, so als ob es Blasphemie wäre, einen Pianisten an die Orgel zu lassen. Fand ich damals sehr engstirnig und enttäuschend. Naja, und seitdem war das Thema "Orgel" irgendwie gegessen... :(

Grüße von
Fips
 
@ Fips:
Lass dich durch die arrogante und engstirnige Art von dem Seminarverantwortlichen nicht abschrecken. Die meisten Organisten und Kantoren werden froh sein, wenn sich jemand für dieses "Nischeninstrument" interessiert.

@Hans:
Lass dich doch überraschen, wie es dir gefällt, auf einer Kirchenorgel zu spielen. Ich würde mir an deiner Stelle ein paar geeignete Klavierstücke vorbereiten, die sich eignen, nur mit den Händen auch auf der Orgel zu spielen. In erster Linie würde ich alle Klaviermusik aus der Barockzeit dazuzählen, dazu kommen choralartige Stücke aus späteren Epochen.

Jedenfalls bin ich so vorgegangen, vor ca. 3 Jahren. Bin mit meinen WTK1-Noten hingegangen und habe ein paar Präludien und Fugen daraus auf der Orgel gespielt. Ich werde nie den allerersten Satz vergessen, den mir der Kantor gesagt hatte, nachdem ich das erste Stück gespielt habe:

"Auf dem Klavier macht man Dynamik durch Änderung der Anschlagstärke, auf der Orgel durch Änderung der Anschlagdauer". Dieser Satz sagt sehr viel, eigentlich schon fast alles, aus.

Je länger ich Orgel spiele, desto mehr komme ich zur Erkenntnis und Einsicht, das Orgel und Klavier völlig verschiedene Musikinstrumente sind. Mit der Konsequenz, dass es kontraproduktiv ist, Orgelstücke auf dem Klavier zu üben und umgedreht, auch wenn es z.B. nur um den Klavierpart geht. Aber auch mit der Erkenntnis, dass man beide Instrumente sehr gut trennen kann. Weiterhin glaube ich auch, dass Orgelspielkenntnisse auch beim Klavierspiel weiterhelfen, insbesondere eben das Stilmittel der Artikulation auch beim Klavier einzusetzen (z.B. Glenn Gould war darin Meister auf dem Klavier), und umgedreht gilt das auch.

Das meiste, wo Orgelspiel schadet bzgl. Klavierspiel, ist m.E. schlicht die Zeit - wenn man Orgel übt, kann man nicht Klavier üben. Man kann sich eben nicht teilen. Das ist das Hauptproblem, was ich sehe, sonst eigentlich nichts.


Leider ist Orgelspiel etwas, was sehr viel Übeaufwand erfordert, da das Pedalspiel schwieriger ist, als man mglw. am Anfang glaubt. Obwohl ich ein paar Jahrzehnte Klavier gespielt habe, geht der ganze Mist des Unabhängig-Bekommens vom Pedalspiel zu den Händen, wie es am Anfang zwischen beiden Händen beim Klavierspiel ist, wieder von vorne los. Gegenläufige Melodielinien zwischen beiden Händen sowie Pedal erfordern viel Fleiß und Zeit, um das in den Griff zu bekommen. Das muß man einfach wissen.

Bzgl. Orgel habe ich das Glück, eine wirklich schöne kleine 2-manualige Orgel in einer Kirche in der Nähe zu haben, mit eigenem Schlüssel, wo die Heizung im Winter nicht abgeschaltet wird, sondern einigermaßen gute Temperaturbedingungen da sind. Weiterhin habe ich die Möglichkeit, bei Lust und Laune an verschiedenen Orgeln in meiner Umgebung spielen zu können. Ich denke, sowas ergibt sich im Laufe der Zeit automatisch im Zuge von z.B. Orgeldienstvertretungen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
hi
als ich das erste mal vor der orgel gesessen bin...hmmm... ich habe keine ahnung von nichts gehabt... warum zwei manuale, welche register soll ich einschalten daß die ganze sache mindestens "irgendwie" klingt, was soll ich mit dem pedal... und dan das tastengefühl!!! wenn man viele register einschaltet ist genau so wie wenn die klavierhammerköpfe zwei kilos hätten :D aber dann ging es irgendwie... ich hab keinen gehabt der mir etwas beibringen könnte... ich kann noch heute nicht wie man z.b. die orgel richtig registriert... ich mache es nach dem gefühl... und im pedal spiele ich kaum was (kommt mir urschwer vor!) ... es ist aber (mindestenf für mich) irgendwie mystisch die orgel zu spielen... wenn man alle rerister (ist register auch plural?) einschaltet hat man ein gefühl daß man für die ganze welt spielen könnte und wenn man dier "milde" register ein tut kann man "die engeln singen hören" :)
aber man verliert die "klavirlust" sicher nicht!

viel spaß wünsche ich dir!
lg, emmanuel
 
Je länger ich Orgel spiele, desto mehr komme ich zur Erkenntnis und Einsicht, das Orgel und Klavier völlig verschiedene Musikinstrumente sind. Mit der Konsequenz, dass es kontraproduktiv ist, Orgelstücke auf dem Klavier zu üben und umgedreht, auch wenn es z.B. nur um den Klavierpart geht. Aber auch mit der Erkenntnis, dass man beide Instrumente sehr gut trennen kann. Weiterhin glaube ich auch, dass Orgelspielkenntnisse auch beim Klavierspiel weiterhelfen, insbesondere eben das Stilmittel der Artikulation auch beim Klavier einzusetzen (z.B. Glenn Gould war darin Meister auf dem Klavier), und umgedreht gilt das auch.
Das meiste, wo Orgelspiel schadet bzgl. Klavierspiel, ist m.E. schlicht die Zeit
Kann das alles nur unterstreichen und in Hinsicht auf deine Frage ganz besonderst den vorletzten Punkt. Durch die penible Artikulation die man an der Orgel lernt, ergeben sich ganz neue interpretatorische Ansätze für Barocke Musik auf dem Klavier. Das einzige Problem ist, wie Mindenblues schon schreibt, die Zeit....
 
Orgel

Hallo Hans,

konntest Du jetzt auf der Orgel probieren?

Mit 19 habe ich nach viel Klavierunterricht mit der Orgel angefangen. Ein befreundeter Organist hatte mir die Orgel erklärt und das Wichtigste gezeigt. Danach ging es mehr oder weniger autodidaktisch weiter. Mit Gottesdienst spielen. Allerdings kam dann ein Orgel-Pause von ein paar Jahren. Klavier ging weiter.

Gegen Ende meines Studiums brühte ich meine Kenntnisse wieder auf, übte weitere Stücke ein und krönte das Ende meiner Studienzeit mit einem kleinen
Orgelkonzert.

Der wichtigste Unterschied ist der, dass die Notenwerte beim Orgelspiel viel pingeliger beachtet werden als auf dem Klavier.

Wie schon die vorigen Beiträge gesagt haben: als erwachsener Berufstätiger darf man sich auf der Orgel- und auf der Klavierfront nicht verzetteln.
Meine Gemeinde macht ohne Orgel Musik - kein Bedarf.

Vielleicht würde ich wieder spielen, wenn ich ein entsprechendes Instrument zu Hause hätte. Aber so einfach auf Vorrat ohne wirklich gebraucht zu werden ist auch nichts.

Also lasse ich es einfach.

Viele Grüße

Walter
 
Aus Robert Schumanns musikalischen Haus- und Lebensregeln:

"Versäume keine Gelegenheit dich auf der Orgel zu üben. Es gibt kein INstrument das am UNreinen und Unsauberen in Tonsatz wie im Spiel alsogleich Rache nähme als die die Orgel!"

kann ich eig nur bestätigen!^^ in dem Sinne sogar fürs Klavierspiel förderlich ein wenig Orgel zu spielen =)

aber es ist trotz alledem ein eignenständiges instrument das eig auch mit fuss ganz anderes gepspielt wird und natürlich klingt... aus diesem Grunde bevorzuge ich weiterhin das Klavier obwohl es natürlich schon was für sich hat sone orgel...:P
 
Nein, Walter, leider habe ich die Gelegenheit noch nicht ergriffen. Ich trau mich nicht. Die Kontaktdaten vom Organisten habe ich jetzt, ich bräuchte nur anzurufen. Daß der Organist in einer katholischen Gemeinde spielt (bin selbst evangelisch), ist nur der kleinere Teil des Zögerns. Ich mache im Augenblick mit der Mozart Fantasie d-moll KV397 eine musikalisch-emotionale Entwicklung durch, von der ich selbst erschrocken bin - früher habe ich Mozart gehaßt.

Irgendwie habe ich gerade Sorge, mir mit einer großen Orgel das Klavierspiel zu verderben. Ist wahrscheinlich unbegründet. Das Spiel auf dem Hammerklavier im Wiener Instrumentenmuseum hat mir ja auch sehr geholfen, das Schubert Impromptu As-Dur auf meinem Flügel zu spielen. Ich deute und spiele die ffz-Passagen jetzt viel dosierter. Das bringt musikalisch in meinen Ohren viel, zumal der Bösendorfer klanglich nicht so weit weg von den Hammerklavieren ist wie andere moderne Instrumente.

Gruß, Hans

P.S.: War Euer Berlinbesuchswochenende über Pfingsten?
 

Orgel, Klavier, Cembalo

Hallo Hans,

gestern wurde ich in meinem Beitrag schreiben durch die Türglocke unterbrochen, Besuch kam.

Hier noch ein kleiner Nachtrag: Orgel spielen hat viel mehr mit dem Cembalospiel gemeinsam als mit dem Klavier/Flügel spielen. Ich meine jetzt die Artikulation, Staccato, Legato, das Drücken der Tasten, die gewissermaßen in beiden Fällen auf eine gewisse digitale Weise "ja" oder "nein" sagen.

Es gibt eine fast bösartige Bemerkung (von Backhaus?), warum heute wieder so viel Cembalo gespielt wird: weil die Leute nicht die Technik haben, die Sachen auf dem Flügel zu spielen.

Ein Cembalo geht leichter als die meisten Flügel, eine vernünftig regulierte Orgel geht ebenfalls leichter. - Allerdings wird das "Spiel" auf der Orgel zur Schwerarbeit, wenn auf dem Hauptmanual mit allen (mechanischen) Koppeln gespielt wird (dann wird die Traktur der anderen Manuale mitgezogen).
"Orgel schlagen".

Natürlich gibt es den Effekt, wie einer meiner Vorschreiber gemeint hat: Wenn man mal Blut geleckt hat ... So ein schöner langsamer 6-stimmiger Satz oder ein prächtiges Präludium hat schon was! Die Toccata aus der 5. Symphonie von Widor würde mich immer noch reizen.

Ist einer mit der Orgel weiter fortgeschritten, kommt der Punkt, an dem er einen Umblätterer bzw. einen Registranten braucht. Also noch ein Paar Hände mehr. Der Registrant sollte das Stück, das er registrieren sollte, fast selbst spielen können - nicht ausgefeilt, aber immerhin.

Vielleicht braucht man doch mal eine dreimanualige Orgel (spät. in der Romantik), auf der dann die entsprechenden Stücke extra geübt sein wollen.
Auf einer vielmanualigen Orgel hat mich immer gestört, dass das Notenpult dann erst über dem obersten Manual, also knapp unter der Decke zu suchen ist. :(

Ansonsten ist es faszinierend zu beobachten, wie ein versierter Organist nicht nur sein Orgelstück mit Händen und Füßen spielt, sondern auch noch blitzschnell ein Register zieht oder zurück stößt, mit dem (rechten oder linken) Fuß die Koppeln oder freie Kombinationen bedient und mit dem dritten Fuß noch den Schweller gefühltvoll öffnet oder schließt.

So eine Klangmaschine hat halt so viele Knöpfe, Fußschalter, Pedale, Rückspiegel, Heizung, (Licht, Handschuhfach und Scheibenwischer), so dass die paar Tasten und Pedale, auf denen man spielt, fast gar nicht mehr auffallen. :confused:

Liebe Orgler, ich hoffe, Ihr verzeiht mir meinen leisen Sarkasmus, vielleicht hat mich ein bisschen Wehmut über die vergangene Orgelzeit so schreiben lassen. :rolleyes:

Nicht-mehr-Orgler :D

Walter

P.s.: Hans, die Berlinzeiten in einer P.N.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Vom Klavier auf Orgel ist eine Geduldssache... Meine Güte war das eine Umstellung. Aber jetzt fühle ich mich sehr wohl wenn ich auch keine Sakral-Orgel spiele sondern Hammond, aber das macht wirklich Spass. Schult auch in Sachen orchestrales Denken, da man beim Spielen die Chords anders zuspielen lässt. Es gibt kein Instrument neben der Orgel, daß so schnell ungünstige Sätze und Arrangements bestraft, das stimmt. :)
 
Hi,
ach mensch, versuch es doch einfach mal ^^ Icgh glaube nicht, dass man Angst haben muss vor eine moeglichen Ueberwaeltigung - am Anfang klingen alle Intrumente bescheiden, weil man sie nicht spielen kann. Noch nicht ;-)
Es ist sicherlich eine Bereicherung fuer dich, dich mal eine Zeit lang regelmaeszig auf die Orgel zu begeben. die Frage, ob man dann ploetzlich nur noch eines machen will (Klavier oder Orgel?) ist vermutlich auch nicht so belastend --- was traegst du lieber, Anzug oder Badehose? Kommt auf die situation an, oder? *lach*
Meiner Erfahrung nach laesst sich auf dem Klavier langfristig laenger ueben. ERrstens steht es im Haus, zweitens ist der Raum nicht dauern belegt, drittens hat es etwas gemuetliches. Bei der Orgel musst du erst nachsehen, ob eine Fuehrung oder ein Gottesdienst stattfindet, ob du dich warm genug angezogen hast, und wie du einigermaszen trocken durch den stroemenden Regen zur Kirche kommst. Dafuer kannst du aber dann mit wenig Aufwand ordentlichen Krach machen und so oft die Klangfarben variieren, wie du es aushaeltst. das hat was, vor allen Dingen, wenn das Instrument brauchbar ist. ;-)
Oh, und dass der Organist eine andere Konfession hat, sollte dich nicht stoeren. Der hat wahrscheinlich mit evangelischen Kollegen zusammen studiert und haengt vermutlich nicht so wirklich daran fest. Unterschiede in der Literatur gibt es auch schon lange nicht mehr, wenn er keinen Bach spielt, darfst du mich ab sofort Matze nennen ^^

Also hopp hopp, trau dich!!!
 
Meiner Erfahrung nach laesst sich auf dem Klavier langfristig laenger ueben. ERrstens steht es im Haus, zweitens ist der Raum nicht dauern belegt, drittens hat es etwas gemuetliches. Bei der Orgel musst du erst nachsehen, ob eine Fuehrung oder ein Gottesdienst stattfindet, ob du dich warm genug angezogen hast, und wie du einigermaszen trocken durch den stroemenden Regen zur Kirche kommst.

Hallo,
Das finde ich jetzt interessant, ich hab diese Erfahrung eher andersrum gemacht: Zuhause beim Klavierspielen hat es noch andere Leute, die mich ablenken oder stören (bzw. andersrum;-)), das Telefon klingelt und wenn man mal denkt "jetzt mach ich ne kurze Pause" bleibt man bei irgendwas anderem hängen und kann sich nicht mehr zum üben aufraffen. Wenn ich aber in die Kirche gehe (wo es immer Sommer z.B. angenehm kühl ist und man im Winter immer noch ein bisschen heizen kann) habe ich meine Ruhe, durch den Raum auch einfach gleich eine andere Übeatmosphäre und bin meistens frei von irgendwelchen Ablenkungen. Und das mit den Führungen hängt natürlich von der Kirche ab und mit anderen Organisten kann man sich absprechen, man kennt sich ja im Normalfall.

Ansonsten kann ich nur jedem raten, mal die Orgel zu probieren. Manchen liegts und manchen eben nicht. Und wenn man dann dabei hängen bleibt.... auch nicht schlimm;-)

Liebe Grüße,
JoKa
 
Am Dienstagabend beginnt das Abenteuer. Ich weiß nur noch nicht genau, welche meiner Stücke sich eignen. Das Schubert Impromptu As-Dur probiere ich auf jeden Fall; das kenne ich aus dem Film Vier Minuten ja schon. Und sonst? Das Bach Präludim geht sicher auch, die Gymnopedie ohne Pedal sicher nicht.
 
wenn er keinen Bach spielt, darfst du mich ab sofort Matze nennen ^^

Sag schon, sag schon, sag schon! Spielt er nun bach oder nich? :D
Ich frag schonmal so vorsorgend Blüte, wegen Umbenennung und so ;)

Zum eigentlichen Thema:
Soalng es dir Spaß macht, ist es ne Bereicherung. Solange nich, isses das nich. Ganz einfach, glaub ich. Men jetziger Lehrer geht gerne Angeln, ob das jetz auch unbedingt ne Bereicherung is? :D
Man lebt doch für die Musik, nicht für das Instrument, glaub ich. Irgendein bekannter Pianist hat mal gesagt, dass er die Liebe zur Musik noch lieber mag als die Musik. Ich glaub so, und nich wirklich anders, sollte man das mit Orgelspielen sehen. War bestimmt ein Franzose, weil das Zitat auf französisch gleich 10mal schöner klingt.
Lange Rede kurzer sinn, folge Lalonas Rat [damit mein ich jetz nich das matz nennen, noooch nich! :bongo:]
 
hallo hans,

und, wie war dein abenteuer?

gruß

lavendel
Hallo lavendel et al,

ich kann es kaum anders formulieren: es war eine einzige Kränkung. Während der 60 Minuten mußte ich andächtig den Ausführungen und Vorführungen des Organisten lauschen und bin kaum dazu gekommen, selbst zu spielen. Meine mitgebrachten Noten wurden im Prinzip alle runtergemacht als fürs Klavier komponiert (bäh wie widerlich...) und natürlich in keinster Weise für die Orgel geeignet.

Gleich beim Menuett BWV 115, das ich dann doch noch spielen durfte (ich hab schon nicht mehr dran geglaubt), wurde ich dann erstmal kritisiert, weil ich diesen Ton zu lang und jenen zu kurz gespielt habe. Sicher fachlich berechtigte Kritik, aber es kommt eben darauf an, wie und zu welchem Zeitpunkt man es sagt. Jetzt weiß ich mal wieder, was ich an meiner Klavierlehrerin habe.

Beim C-Dur Präludium von Bach wurde mir bei jeder Notensuchverzögerung der Notenname vorgesagt, wunderbar oberlehrerhaft; steh ich total drauf.

Wie gut, daß ich mich dann durchgesetzt und doch noch das Schubert Impromptu gespielt habe. Nur so bekommt man das Aha-Erlebnis, daß das Manual ("es heißt Manual und nicht Klaviatur") für Klavierliteratur zu kurz geraten ist. Die Abmessungen der Tasten unterscheiden sich ebenfalls vom Klavier, das fand ich schon beim Cembalo grausam.

Unterschwellig habe ich gespürt, wie das Klavier als unterste Entwicklungsstufe auf dem Weg zum Organisten degradiert wurde, durch die man halt durchmuß, wenn man an "die Königin der Instrumente" möchte.

Meine Frage zum Abschied, ob es denn in Berlin oder Brandenburg Kirchen gibt, in denen man sich stundenweise zum Üben an einer Orgel einmieten kann, wurde verneint. Es gäbe übrigens auch kaum noch Berufsorganisten. Wenn noch mehr Organisten so drauf sind, wundert es mich nicht.

Wenn ich in der katholischen Kirche wäre, würde ich jetzt austreten.

Hans

P.S.: Auf einer verwaisten Orgel würde ich mich ja nochmal versuchen. Ich bekomme schon selbst heraus, wofür die einzelnen Schalter sind. Bis dahin vergnüge ich mich mit meinem niederen Einsteigerinstrument.
 
Also wenn ich das so lesen musst packt mich nur das kalte Grausen. Da bist du ja echt an einen üblen Organisten geraten, und "Kränkung" ist dafür ja eigentlich ein viel zu harmloser Ausdruck.

Ich hoffe, dass du trotzdem eine Möglichkeit findest, die Orgel für dich zu entdecken (vorausgesetzt dass dir das heute - hoffentlich nicht - nicht schon endgültig den Spaß an der Orgel verdorben hat).

So wie dieser da, sind nicht alle Organisten (im Gegenteil - so einen krassen Organisten durfte ich zum Glück noch nie kennenlernen). Umso schlimmer, dass du ausgerechnet bei deiner ersten Begegnung mit diesem Instrument an so einen unverschämten und unhöflichen Typ gerätst. Mein Beileid.
 

Zurück
Top Bottom