Hatte LvB kleine Hände?

Ja bei Bach und Mozart stand halt noch die Musik im Vordergrund, nicht die technische Angeberei (wie bei Chopin, Liszt, Schumann und Konsorten.)
Es ist anders: Bei Chopin und Schumann (größtenteils auch bei Liszt) erfordert die Musik gewisse technische Abläufe, die manchen als Angeberei erscheinen, es aber keinesfalls sind. Sonst wäre Technik ja Selbstzweck. Und sonst wären diese Komponisten heute vergessen. Klar, solche gibt es auch, aber die kennt heute kaum noch jemand.
 
Ja bei Bach und Mozart stand halt noch die Musik im Vordergrund, nicht die technische Angeberei (wie bei Chopin, Liszt, Schumann und Konsorten.)

Bei Schumann ist die technische Schwierigkeit aber auch meist eher versteckt und nicht exhibitionistisch offen liegend wie bei Liszt.
Schubert und Brahms haben viele geniale Stücke ohne jeglichen pianistischen Glanz.
Z.B. die chromatische Fantasie und Fuge, Waldsteinsonate und Appassionata bieten außerdem auch jede Menge virtuoses Spektakel. Ich denke, über die Qualität dieser drei Stücke muss nicht diskutiert werden.
Zu sagen, Barock und Klassik wäre wahre Kunstmusik und Romantik virtuose Effekthascherei stimmt jedenfalls im Allgemeinen nicht.
 
Hui...das sind ja echte alte Männerboxen. Meine Frau würde mich rauswerfen :010:

Die Boxen bleiben, die Frau fliegt raus. :-D

Wie "Für Elise" verrät, hat Beethoven eigentlich primär für die Schnitten geschrieben, nach denen er schmachtete (lief ja in der Hinsicht nicht so smooth für ihn). Deshalb die kleineren Griffe.

Leider hat er die Spielfähigkeiten der angebeteten Elsen oft weit überschätzt...

Hätte dem Ludwig mal jemand eine Laute geschenkt... ;-)

Was könnt ihr eigentlich alle so greifen?
[...]
Gibt es hier auch Leute, die schon mit einer Oktave Probleme haben? Das wäre eigentlich ja fast schon eine Art Behinderung für das Klavierspiel.
Bei mir sind Septimen vollgriffig, Oktaven mit Einschränkungen, Nonen mit viel Mühe und Dezimen unmöglich.
 
Es ist anders: Bei Chopin und Schumann (größtenteils auch bei Liszt) erfordert die Musik gewisse technische Abläufe, die manchen als Angeberei erscheinen, es aber keinesfalls sind. Sonst wäre Technik ja Selbstzweck. Und sonst wären diese Komponisten heute vergessen. Klar, solche gibt es auch, aber die kennt heute kaum noch jemand.

Komisch. Schumann habe ich tatsächlich noch nie "angeberisch" (ich weiß dass es nicht deine Meinung ist) empfundenen. Für mich ist er der Komponist, der am nächsten am Klavier dran ist. Bei allen anderen orchestriere ich den Klaviersatz oftmals geistig, bei Schumann nie. Zudem rhythmisch oft interessant. Und wenn man sich den Klaviersatz ansieht denkt man an Knoten in den Fingern, tatsächlich liegt er dann aber gut. Wieder pianistisch ;-). Das denke ich, wenn ich an Schumann denke. Chopin, obwohl ich kein Fan von ihm bin, empfinde ich übrigens auch nicht angeberisch...
 
Und Liszt ist auch nicht gleich Liszt. Es gibt Stücke, die mehr oder weniger reine Showstücke sind, aber auch tiefgründige, die von gleicher Qualität wie die großen Werke von L.v.B. sind.
Allen voran steht natürlich die Sonate in h-Moll, aber Teile von Harmonies poétiques et religieuses (Funerailles, Benediction), mein namensgebendes Stück, Teile von Années de pelerinage (v.a. Après une lecture de Dante), die Ballade in b-Moll und vieles mehr sind von hoher Qualität.

Wenn man bei den Ultravirtuosen ist, findet sich bei Alkan schon weniger Qualität als bei Liszt und bei Thalberg quasi gar keine mehr.

Und wenn man sich so die berühmten, technisch abgrundtief schweren Sachen ansieht, mir würden spontan einfallen Beethoven Op. 106, Liszt h-Moll, Liszt Mephistowalzer, Balakirew Islamey, Ravel Gaspard de la nuit haben die außer vielleicht Islamey alle auch sehr hohen kompositorischen Wert. Die meist völlig unvirtuosen Impromptus von Schubert oder seine ebenfalls nicht durch pianistischen Glanz auffallende Sonate D960 oder die technisch schwierige, aber nicht zum Angeben bei musikalisch nicht musikalisch vorbelasteten Leuten geeignete Kunst der Fuge genau so.
 
@St. Francois de Paola
Wo würdest du Rachmaninow einordnen?
 
@Demian ähnlich wie Liszt sehe ich ihn. Das cis-Moll Prélude z.B. ist (obwohl gar nicht so schwer) eher ein Showstück. Ich habe das mal bei einem Meisterkurs für Schüler gespielt. Das konnte ich ziemlich gut, der Professor meinte aber, das werde nicht vorgespielt, sei ja quasi U-Musik, so ganz Unrecht hat er nicht. Habe dann aus dem wohltemperierten Klavier gespielt.
Andere Stücke, z.B. das dritte Klavierkonzert sind aber sowohl was das "Angeben bzgl. Technik" als auch was die Schöpfungskraft angeht überzeugend.
 
Und wenn man sich den Klaviersatz ansieht denkt man an Knoten in den Fingern, tatsächlich liegt er dann aber gut.

Die einen sagen so, die anderen so. Ich kenne jedenfalls niemanden, der beispielsweise Op. 7 auch nur annähernd als "gut liegend" bezeichnen würde. Dasselbe gilt über längere Strecken auch für Op. 14 und Op. 17, auch einige Einzelsätze aus der Kreisleriana oder dem Carnaval (z.B. "Paganini") sind keine wirklich bequemen Handschmeichler.

Op. 7 ist sogar eines der anstrengendsten und unbequemsten Stücke, die ich je gelernt habe. Ich habe mich bisher erfolgreich davor gedrückt, das vor Publikum zu spielen. :007:
 
Zuletzt bearbeitet:
Aus einem Brief vom 2. Juli 1834 an seine Mutter zur "Toccata" op. 7:
„Nimm jedoch das beiliegende Stück [die Toccata] als Beweis meines fortwährenden Strebens. In Zwickau wird es schwerlich Jemand machen.“
Dass sich das auf technisches Können bezieht, lässt sich allerdings nicht herauslesen. Und stolz auf seine kompositorischen Leistungen zu sein, hat nicht unbedingt etwas mit Angeberei zu tun.
 
Zuletzt bearbeitet:

Beethoven, Mozart, Bach und Konsorten waren sich schon alle der Tatsache bewusst, dass sie besser als andere waren. Schubert vielleicht nicht, die Mehrheit der überragenden Genies war sich dessen aber bewusst.
 
Klingt nach gutem Marketing
 
Das halte ich für völlig abwegig. Wenn man sieht, wie erfolgreich zeitgleich Händel auf dem „Markt“ war, lässt sich leicht erkennen, dass es Bach in erster Linie um seine Kunst ging. Ein Auskommen, um sich und seine Familie zu ernähren, war ihm sicherlich auch wichtig, aber Vermarktung und Ruhm offenbar nicht. Denn ich bin mir sicher, dass er so wie Händel hätte komponieren können (z.B. beliebte Opern), wenn er es gewollt hätte.
Wobei ich Händel keineswegs gering schätze. Dass seine kompositorischen Fähigkeiten an die von Bach heranreichen, zeigen u.a. einige seiner Klaviersuiten.
 
Wobei ich Händel keineswegs gering schätze.

Dito

Dass seine kompositorischen Fähigkeiten an die von Bach heranreichen, zeigen u.a. einige seiner Klaviersuiten.

Das finde ich allerdings nicht. Gerade dadurch, dass ich Händel wirklich mag und schätze, zeigt sich für mich im Vergleich zu Bach dessen Überlegenheit.
So geht es mir übrigens mit vielen. Bin tatsächlich immer noch und immer wieder voller Ehrfurcht und Bewunderung ob Bachs Werken...
 
Gerade dadurch, dass ich Händel wirklich mag und schätze, zeigt sich für mich im Vergleich zu Bach dessen Überlegenheit.
So geht es mir übrigens mit vielen. Bin tatsächlich immer noch und immer wieder voller Ehrfurcht und Bewunderung ob Bachs Werken...
Oh, ein ästhetischer Streit flammt auf - wie schön!

Ich habe mir in den letzten Wochen einfach mal, um einen Überblick zu bekommen, alle Klaviersuiten von Händel angehört. Mir ist dabei aufgefallen, dass einiges davon wirklich belanglos wirkt, warum auch immer (Gebrauchsmusik?). Aber ein paar Suiten bzw. Suiten-Sätze reichen an die Qualität von Bachs Werken heran, z.B. die Fuge in der Suite f-moll. Summa summarum aber ist Bachs Gesamtwerk dem aller seiner Zeitgenossen an Einfallsreichtum und künstlerischer Qualität überlegen, keine Frage!
 
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