Harmonieanalyse Brahms 4. Sinfonie

[weber18]

Hallo!

Ich sitze gerade dabei und beschäftige mich mit dem Beginn des 4. Satzes von Brahms' 4. Sinfonie. Da ist so ein schöner Bläserchoral am Anfang und mich interessieren die Harmonien. Kann mir jemand dabei behilflich sein, ob meine Deutungen korrekt sind? Bzw. wie die Harmonie im 6. Takt zu deuten ist? Da stehe ich nämlich auf dem Schlauch...


Quelle: https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/musik/artikel/modellanalyse-sinfonie

Meine Deutung (Grundtonart: e-Moll) wäre wie folgt:

1. Takt: Subdominante (a-Moll)
2. Takt: Subdominante (a-Moll) mit Sexte anstatt Quinte
3. Takt: Tonika (e-Moll)
4. Takt: Subdominante (a-Moll)
5. Takt: Doppeldominante (Fis-Dur) mit Septime
6. Takt: ??? G-Dur plus Sexte (?)
7. Takt: Dominante (H-Dur) mit Septime und tief alterierter Quinte
8. Takt: verdurte Tonika (E-Dur)

Ich freue mich über eine kurze Hilfestellung bzw. andere Deutungsmöglichkeiten!

LG
weber18

 

[mick]

Ein Blick in die Partitur anstelle dieses Auszugs würde die Sache schnell klären...

 

[hasenbein]

Du hast Fehler drin in Deinen obigen Noten.

Erstens sind das bei Brahms nicht solche Kack-Voicings; zweitens erklingt in Takt 6 einfach ein e-moll-Sextakkord.

Deine Akkordanalyse ist außer Takt 6 richtig.

Normalerweise schreitet man ja nicht von der Doppeldominante direkt zur Tonika fort; hier in Takt 5-6 funktioniert es jedoch, weil das e liegen bleibt und fis und ais jeweils einen Halbton höher gehen.

 

[rolf]

@hasenbein das Notenbeispiel mit

Kack-Voicings

ist aus https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/musik/artikel/modellanalyse-sinfonie# kopiert.

Fazit: es ist ein herbes Los, Schüler zu sein.

 

[Demian]

Fazit: es ist ein herbes Los, Schüler zu sein.

Schon der erste Satz des Lexikonartikels ist fragwürdig: „Die Sinfonie als Gattung wurde nach 1860 neu belebt.“ Da fragt man sich doch als aufmerksamer Schüler: „… nachdem was genau passiert war?“ Gemeint ist vermutlich die Gattung nach klassischem Vorbild, aber so eine große Lücke gab es da gar nicht (Schumann). Und als Sinfonien nach dem avantgardistischen Verständnis der Zeit wurden ja auch die Sinfonischen Dichtungen betrachtet.
Der Artikel zeigt, wie nah didaktische Reduktion und Verfälschung beieinander liegen.

 

[hasenbein]

Fazit: es ist ein herbes Los, Schüler zu sein.

Zumindest wenn man als Schüler keine Öhrchen hat...

 

[weber18]

Deine Akkordanalyse ist außer Takt 6 richtig.

Normalerweise schreitet man ja nicht von der Doppeldominante direkt zur Tonika fort; hier in Takt 5-6 funktioniert es jedoch, weil das e liegen bleibt und fis und ais jeweils einen Halbton höher gehen.

Danke, hasenbein!
Also dann Tonika (e-Moll) in Takt 6? Es erklingt ja auch noch ein d… Ist das dann tatsächlich eine Tonika mit Septime?

Lg

 

[mick]

Es erklingt ja auch noch ein d…

Ich hatte dir doch den Tipp gegeben, mal die Partitur anzusehen. Welches Instrument spielt denn das d?

 

[agraffentoni]

Welches Instrument spielt denn das d

darf ich raten?
Ein Blasinstrument?

 

[mick]

darf ich raten?
Ein Blasinstrument?

Falsch geraten. Der Klavierauszug glänzt nicht nur durch

Kack-Voicings

sondern ist auch einfach falsch. Das d gibt es in der Partitur überhaupt nicht. Und genau deshalb hätte der Blick in die Partitur

die Sache schnell klären

können.

Aber stattdessen wird lieber über irgendwelche nicht vorhandenen Septimen lamentiert...

 

[Jsp]

Das d gibt es in der Partitur überhaupt nicht.

Aber stattdessen wird lieber über irgendwelche nicht vorhandenen Septimen lamentiert...

In den Klarinetten ist in der Tat ein d notiert. Da es sich aber um A-Klarinetten handelt, erklingt natürlich h. Wahrscheinlich ist so der Fehler zustande gekommen.
Es ist natürlich erschreckend, dass jemand der anscheinend gar keine Fähigkeiten im Partiturlesen hat und in die einfachsten Fallen tappt, solche Auszüge erstellt, die Schülern helfen sollen.

 

[agraffentoni]

Falsch geraten

ich meinte ein transponierendes Blasinstrument, oder ist die Klarinette ein Xylophon, weil aus Holz?

 

[mick]

ich meinte ein transponierendes Blasinstrument, oder ist die Klarinette ein Xylophon, weil aus Holz?

Verstehe ich nicht. Die Klarinetten spielen h in dem Takt.

 

[StefanN]

Die Klarinetten spielen h in dem Takt.

Tun sie das?

 

[hasenbein]

Ich hatte dir doch den Tipp gegeben, mal die Partitur anzusehen. Welches Instrument spielt denn das d?

Man könnte einfach auch die betreffende Stelle ANHÖREN und wahrnehmen, dass es mitnichten nach einem Vierklang, sondern einfach nach einem Molldreiklang klingt. Das habe ich jedenfalls gemacht. Aber Hören ist ja irgendwie out heutzutage

 

[weber18]

Tun sie das?

Ja tatsächlich. Notiert ist d (in A) und es klingt demnach h. Hätte ich doch vorher in die Partitur geschaut
Danke!

 

[StefanN]

Seh' schon, die Meister hier haben das Phänomen der transponierenden Instrumente noch nicht genügend durchdrungen. Man muss schon wissen, was passiert, wenn man zu einem A-Klarinettisten sagt: "Spiel' mal ein h."

Das ist kein Gegaukel um spitzfindige Wortwahl, sondern Probenalltag .

 

[Häretiker]

Man muss schon wissen, was passiert, wenn man zu einem A-Klarinettisten sagt: "Spiel' mal ein h."

Ich würde, wenn es aus dem Kontext nicht klar ist, fragen: klingend oder gegriffen?

Grüße
Häretiker, spielt auch Es- und B-Intrumente

 

[mick]

Das ist kein Gegaukel um spitzfindige Wortwahl, sondern Probenalltag .

Das ist in diesem Zusammenhang nicht relevant. Es geht hier um die Übertragung einer transponierenden Stimme in einen Klavierauszug, und da ist entscheidend, was hinten rauskommt.

A propos Probenalltag: Was sagst du denn dem 1. Hornisten in diesem Takt? In seiner Stimme (Horn in E) steht hier c, auf seinem Instrument (F-Horn) greift er ein h und es erklingt ein e.

Probenzeit ist knapp und für unnötige Missverständnisse hat man keine Zeit. Man tut gut daran, immer präzise zu sagen, was man gerade meint.