Godowksy - letztmöglicher technischer Fortschritt

A

Angettermaxi

Dabei seit
28. Juni 2011
Beiträge
6
Reaktionen
0
Guten Abend alle, die ihr die 88 Tasten zum täglich Brot zählt,....^^
ich hab mich in letzer Zeit etwas mit Leopold Godowsky beschäftigt ; Hamelin hat mich dabei von einem Stück zum nächsten geführt. Als ich dann mal den Wikipediaeintrag aufmerksam geschmökert habe, bin ich auf nen Satz gestoßen, der mich doch etwas stutzen ließ. Da heißt es:

<<Im Ergebnis steht Godowsky in dem Ansehen eines phänomenalen Virtuosen, der in seinen Studien über die Etüden von Chopin und in seinen Paraphrasen nach Walzern von Johann Strauß den letztmöglichen technischen Fortschritt demonstriert und für chromatische Passagen in Terzen einen neuen Fingersatz erfunden hat>>

Wie ist der letztmögliche technische Fortschritt zu verstehen, man spricht ja in der Musik nicht gerne von Superlativen und Extremen, weshalb mir die Behauptung auch etwas unseriös vorkommt. Der Autor des Artikels stützt sich dabei aber auf "Reclams Klaviermusikführer", von dem ich nun wirklich keine leichtfertigen Äußerungen vermute. Hat also Godowsky der Pianistik technisch den letzten Schliff verliehen und sie so an ihre Grenzen gebracht, bzw gab es nach ihm keine weitere Entwicklung?? :o

Ich würde mich sehr auf eine Auslegung freuen :D

LG Angettermaxi
 
die Fledermausparaphrase von Godowski ist furchterregend schwierig - das hat sie gemeinsam mit ein paar Transkriptionen und Paraphrasen von Liszt, Brassin, Papst, Strawinski.
die Etüdenbearbeitungen sind ebensolche Kaliber - ob man sie für schwieriger hält als die verrückt-aufwändige Transzendentaletüde nach Paganini Nr.4b von Liszt ist wahrscheinlich eine subjektive Geschmackssache

bei weitem nicht so übertrieben aufwändig, aber sehr schön ist Godowskis leider nur selten gespielte Java-Suite
 
Hoffentlich vergräm ich jetzt keinen Godowsky Fan,aber solche Superlative wie Godowsky sind schon recht relativ finde ich, was haben seine berüchtigten Bearbeitungen der Musik gebracht? (die Java Suite kenne ich aber zugegebenermaßen nicht)
(welche Welten hingegen hat Franz Liszt der Musik eröffnet!)
Mich fasziniert da das angeblich von Busoni stammende bonmot, das ungefähr so lautete:

"Godowski spielt doppelt so schnell wie ein elektrisches Klavier , aber ein elektrisches Klavier spielt doppelt so gefühlvoll....."
 
Godowski - in diesem Faden etwas OT:

Es gibt da sehr klagvoll gesetzte leichte Stücke "Educational Adaption" mit Einführungen (englisch) für Anfänger, ich denke auch an erwachsene Anfänger, und es gibt auch nur mäßig schwere Bearbeitungen von ihm (das Menuett aus der Arlesienne-Suite habe ich schon gespielt), für Klavieramateure gut machbar. - Bearbeitungen, mit viel Liebe für jedes Niveau hergestellt.

Mich wundert, dass in unserem Forum nicht mehr davon geschrieben oder mitgeteilt wird.

Godowski muss nicht immer schwer oder sauschwer sein. Er wird so gerne in die "Unspielbar-Ecke" gestellt. Natürlich weiß ich von den Chopinbearbeitungen, von der Badinage und solches Zeug. Phantastisch! - Aber bitte nicht nur so.

Walter
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
(die Java Suite kenne ich aber zugegebenermaßen nicht)
Einen ersten Eindruck zum Mithören und -lesen gibt's hier: https://www.youtube.com/watch?v=4ZGM_IY_Gug

Problematisch beim Forschen nach klaviertechnischen Extremen anhand des Lebenswerks von Godowsky ist der Aspekt, dass es relativ wenige Einspielungen Godowskys wie https://www.youtube.com/watch?v=Cn_J-5EDKqI gibt, die oftmals hinter den mitunter enthusiastischen und vor Superlativen nur so strotzenden Schilderungen von Zeitgenossen zurück bleiben - es ist bekannt, dass Godowsky dem Einspielen von Studioaufnahmen wenig Positives abgewinnen konnte.

Ein anderer Ausschnitt aus der "Java-Suite" ist in einer tontechnisch sehr unzulänglichen Aufnahme mit dem Komponisten überliefert: Godowsky plays The Gardens of Buitenzorg - YouTube

Auf jeden Fall macht die Diskrepanz zwischen Anspruch (Schwierigkeitsgrad des Notentextes) und der sehr begrenzten Quellenlage (hinsichtlich erhaltener Einspielungen) die Suche nach aussagekräftigen Antworten alles andere als einfach. Die allerwenigsten Pianist(inn)en haben den langen Atem eines Hamelin, um sich durch eine gigantische Anhäufung von Höchstschwierigkeiten an der Grenze der Spielbarkeit hindurch zu kämpfen. Wenn freilich aus Werkbezeichnungen ("technische Studien", "transzendentale Etüden" etc.) schon hervorgeht, dass Grenzbereiche des klaviertechnisch Möglichen ausgelotet werden sollen, sind der Etablierung im Repertoire selbst bei äußerst belastbaren Solisten natürliche Grenzen gesetzt. Man möchte unterstellen, dass Godowsky diesen Umstand der Sache wegen (höchstmögliche Virtuosität) sogar in Kauf genommen hat.

LG von Rheinkultur
 
Es gibt da sehr klagvoll gesetzte leichte Stücke "Educational Adaption" mit Einführungen (englisch) für Anfänger, ich denke auch an erwachsene Anfänger, und es gibt auch nur mäßig schwere Bearbeitungen von ihm (das Menuett aus der Arlesienne-Suite habe ich schon gespielt), für Klavieramateure gut machbar. - Bearbeitungen, mit viel Liebe für jedes Niveau hergestellt.

Mich wundert, dass in unserem Forum nicht mehr davon geschrieben oder mitgeteilt wird.

Hi Walter & all,

Habe ja dieses Album "Renaissance" von Godowsky, allerdings nur Band I davon, er enthält diese Rameau-Stücke:

Sarabande, Rigaudon, Menuett a-Moll, Menuett g-Moll, Elegie, Tambourin ( UND die Originale von Rameau, die leichter sind),

also angesehen hatte ich mir alle Bearbeitungen, ganz besonders schön find ich die Sarabande wegen 1 bestimmten Takt, nämlich Takt 20, aber auch sonst
ist sie sehr schön, am wenigsten hab ich mir Rigaudon angesehen, mag das Notenbild nicht so, die Menuette sind soo schön, die Elegie kannte ich schon vorher,
mag aber auch da das Notenbild nicht soo, und der Kracher ist Tambourin, der sehr schön ist, aber vielleicht von den Stücken das schwierigste !

Die anderen, also Sarabande und Menuette, sind aber machbar! Anscheinend muss tatsächlich nicht alles "höchstgradig schwierig" sein von Godowsky!

Außerdem hab ich noch das Stück "Alt Wien" von ihm, das total "charmant" ist, find ich, und irgendwie in "Alte Zeiten" führt, - allerdings in Alte Zeiten einer Stadt, in der ich noch nie war :(

:) LG, Olli !
 
Die anderen, also Sarabande und Menuette, sind aber machbar! Anscheinend muss tatsächlich nicht alles "höchstgradig schwierig" sein von Godowsky!

Außerdem hab ich noch das Stück "Alt Wien" von ihm, das total "charmant" ist, find ich, und irgendwie in "Alte Zeiten" führt, - allerdings in Alte Zeiten einer Stadt, in der ich noch nie war
Letzteres ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass man Godowsky-Bearbeitungen nicht immer nur im exorbitant schwierigen Bereich ansiedeln muss: Boris Berezovsky

Bei Stücken mit Salon-Atmosphäre wäre auch nichts weniger hilfreich als ein überfrachtetes Satzbild. Bei solchen Bearbeitungen wird die Grenze des Erträglichen meines Erachtens zeitweilig überschritten: Strauss/ Reger / Hans-Dieter Bauer: The Blue Danube (Improvisations for piano on the Strauss waltz) - YouTube - Reger hat solche Virtuositäts-Exzesse damit bezahlt, dass sich diese niemals im Solisten-Repertoire halten konnten...

LG von Rheinkultur
 
Hi Rheinkultur!

Hee, echt CHARMING, vom Beresovsky! Thxx fürs Raussuchen der Aufnahme! ;)

Aber dieses andere Ding, Reger, ... weiß nicht, genau das was Du sagst, mit "zeitweilig überschritten", finde ich auch, bei dem Stück.
Obwohl ich so virtuose Sachen eigtl. ganz gern höre, z.B. von Cziffra, der hat die Blaue Donau ja auch bearbeitet, ist mir das Reger-Ding irgendwie nicht eingängig genug..
bzw.: Es dauert mir zu lange, bis endlich die Melodiestimme bzw. eine Phrase mal beendet wird, und am Anfang dauerts mir zu lange, bis es endlich losgeht :D

Jaa, ich weiß, Ungeduld ist unmusikalisch ;) . Trotzdeem.

Erwähnte ich, dass ich von Reger GAR NICHTS weiß, ( bis auf ein Exlibris bzw. Exmusicis, das ich mal genauer unter die Lupe nehmen durfte,

http://members.aon.at/musikus/img/raetsel.jpg

nämlich in meiner Diplomarbeit, und nur ein oder 2 Stücke von ihm hab, in einem Sammelband, weiß nichtmal in welchem.. !? )

hmm..aber zurück zu Godowsky: Seine Chopinetüden-Versionen sind nat. Wahnsinn, werd nachher DOCH mal wieder Hamelin-CDs rausholen oder Tube..

Greetings, Olli !
 

Aber dieses andere Ding, Reger, ... weiß nicht, genau das was Du sagst, mit "zeitweilig überschritten", finde ich auch, bei dem Stück.
Obwohl ich so virtuose Sachen eigtl. ganz gern höre, z.B. von Cziffra, der hat die Blaue Donau ja auch bearbeitet, ist mir das Reger-Ding irgendwie nicht eingängig genug..
bzw.: Es dauert mir zu lange, bis endlich die Melodiestimme bzw. eine Phrase mal beendet wird, und am Anfang dauerts mir zu lange, bis es endlich losgeht :D
...ein bezeichnender Extremfall für das Phänomen, dass sich Komplexität und Virtuosität verselbständigen können und jede Bodenhaftung verloren geht. Da hatte Reger wohl Liszt mit seinen Paraphrasen über Opernmelodien von Rossini, Bellini u.a. im Hinterkopf und diesen mit solchen "Geistesflügen" möglicherweise übertreffen wollen. Zwei Aspekte sind am "Donauwalzer" als Vorlage problematisch: Zum einen benötigen die Strauss'chen Konzertwalzer ihren organischen musikalischen Fluß, der bei solchen überladenen Satzbildern auf der Strecke bleibt. Das wäre vergleichbar mit dem Spiel eines Klavierauszuges bei gleichzeitig fehlender Bereitschaft des Spielers, Nebenstimmen außen vor zu lassen, wenn sie das Spieltempo beeinträchtigen. Freilich zeigen erhaltene Einspielungen mit derartiger Literatur aus den Jahren bis 1918 und später, dass man sich Abweichungen vom Notentext gestattet hat, die zu späterer Zeit inakzeptabel gewesen wären. Auch Godowsky hat auf den kreativen Umgang mit einer Vorlage nicht verzichtet. Zum anderen verlieren die eigentlich unmittelbar ansprechenden Vorlagen ihren spezifischen Charme und ihre Atmosphäre, wenn überall kontrapunktische Kunstgriffe die Übersicht erschweren. Das wäre vergleichbar mit dem Befinden eines Zuhörers, der einen Dialog zweier Personen verfolgen soll und plötzlich mit weiteren überaktiven Zuhörern konfrontiert wird, die sich alle gegenseitig ins Wort fallen. Während Reger hier diese imaginäre Grenze überschreitet, verlangt Liszt dem Spieler gewaltige Virtuosität ab, ohne dass der Bezug zum thematischen Kern gänzlich verloren geht.

Sicherlich spielt da auch der zeitgeschichtliche Faktor eine Rolle: Während Chopin und Liszt 1810 bzw. 1811 geboren waren, sind Reger und Godowsky weit mehr als ein halbes Jahrhundert später erst auf die Welt gekommen. Die Suche nach Innovationen, nach einem Höher-Schneller-Weiter bringt es mit sich, dass der Reiz durch virtuose Aktionen zum Dauerreiz mutiert, der irgendwann nur noch das Gegenüber ermüdet. Die im 20. Jahrhundert gezogenen stilistischen Konsequenzen erwiesen sich als folgerichtig: Während Reger die harmonischen Verwicklungen bis zum Gebrauch des Dreifachkreuzes ausarten ließ, hat der Personenkreis um Arnold Schönberg die Bindung an dur-moll-tonale Vorgaben gänzlich aufgegeben. Dabei hat Reger das Dreifachkreuz keineswegs erfunden - bereits bei Alkan ist dieses Phänomen zum Einsatz gelangt. Gemeinsam mit Verdi und Wagner hat dieser das Geburtsjahr 1813 - aber deren Bekanntheitsgrad als Komponist wird er wohl nie erhalten. Gründe dafür? Siehe oben!

LG von Rheinkultur

(Mit Alkan hat der ungarisch-französische Komponist und Pianist Stephen Heller das Geburts- und Sterbejahr gemeinsam. Bei letzterem könnte sich die eine oder andere Wiederentdeckung lohnen...)
 
...ein bezeichnender Extremfall für das Phänomen, dass sich Komplexität und Virtuosität verselbständigen können und jede Bodenhaftung verloren geht. Da hatte Reger wohl Liszt mit seinen Paraphrasen über Opernmelodien von Rossini, Bellini u.a. im Hinterkopf und diesen mit solchen "Geistesflügen" möglicherweise übertreffen wollen. Zwei Aspekte sind am "Donauwalzer" als Vorlage problematisch: Zum einen benötigen die Strauss'chen Konzertwalzer ihren organischen musikalischen Fluß, der bei solchen überladenen Satzbildern auf der Strecke bleibt.
da muss ich dir widersprechen: es liegt nicht an Regers sehr schwieriger Paraphrase, wenn der musikalische Fluß sich nicht einstellt - es gibt u.a. z.B. eine Einspielung von Volodos, der man mangelnden musikalischen Fluß nicht attestieren kann.
Eher fände ich die Frage interessant, ob die in Richtung Jugendstil klingende erste Hälfte dieser Paraphrase sich nicht musikalisch zu weit weg von der Vorlage bewegt.
Was die spieltechnischen Schwierigkeiten betrifft, so sind manche anderen - häufiger gespielten - Paraphrasen/Transkriptionen nicht leichter: zu nennen wären die oft gespielten Trois Mouvements de Petrochka von Strawinski, die Paganini-Transzendentaletüden und die Tannhäuserouvertüre von Liszt, Götterdämmerungstrauermarsch von Busoni, diverse Paraphrasen von Tausig, Brassin, Papst, Siloti, Busonis Toccata und natürlich die dafür berüchtigten Godowskisachen wie die Chopinbearbeitungen und Fledermausparaphrase (und wenn man was ganz exotisch schwieriges probieren will, empfehlen sich die Klavierauszüge von Karl Klindworth)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Zum einen benötigen die Strauss'chen Konzertwalzer ihren organischen musikalischen Fluß, der bei solchen überladenen Satzbildern auf der Strecke bleibt. Das wäre vergleichbar mit dem Spiel eines Klavierauszuges bei gleichzeitig fehlender Bereitschaft des Spielers, Nebenstimmen außen vor zu lassen, wenn sie das Spieltempo beeinträchtigen. [......] Dabei hat Reger das Dreifachkreuz keineswegs erfunden - bereits bei Alkan ist dieses Phänomen zum Einsatz gelangt. [......] Stephen Heller


Rehi Rheinkultur,

zu den 3 schwarz markierten Punkten:

Also das mit dem Klavierauszug und den Nebenstimmen: Guter Vergleich, find ich. Passt auch auf Menschen, die kleine Musicals wie etwa "Ruddigore" am Klavier begleiten,
wie mein Musiklehrer früher, in der Schule. Da konnte der auch nicht oberperfekt jedes kleine Neben-Stimmchen hervorheben, das ist n langes Ding, und überhaupt bin ich aus best. Gründen recht FROH,
dass er NICHT PLÖTZLICH KRANK war, auf den VIER Aufführungen damals *gggg* - denn , ad rem, wenn er da zu langsam oder ins Stocken geraten wäre, hätte das drastische Folgen gehabt,
bezüglich der Bühnen-Aktionen, wie beispielsweise "singen" (wo nämlich einige Lieder aus Ruddigore gar nicht so leicht waren, zu singen, glaub ich.

Also der FLUSS muss da sein, auf jeden.

@ Dreifachkreuz: hab ich noch nirgends bewusst gesehen *gg* - man kanns auch übertreiben. Schon Doppelkreuze find ich bedenklich ;)

@ Stephen Heller: Von dem hab ich ein Stück ;) Juhuu :) ...Idylle (Lied ohne Worte), sieht aus wie E-Dur, bearb.: Krentzlin, in: Meister des Vortrags, Berlin: Lienau, c 1963, Pl.-Nr: Kr. 521, S. 22-23

LG, Olli !
 
da muss ich dir widersprechen: es liegt nicht an Regers sehr schwieriger Paraphrase, wenn der musikalische Fluß sich nicht einstellt - es gibt u.a. z.B. eine Einspielung von Volodos, der man mangelnden musikalischen Fluß nicht attestieren kann.
Eher fände ich die Frage interessant, ob die in Richtung Jugendstil klingende erste Hälfte dieser Paraphrase sich nicht musikalisch zu weit weg von der Vorlage bewegt.
Das eine schließt das andere keineswegs aus. Es empfiehlt sich der Vergleich, wie präsent kompositorische Elemente im Werk sind, deren Verbindung zur Vorlage erkennbar ist, und inwieweit andere Strukturen, Nebenstimmen, Auszierungen etc. anzutreffen sind, die eine solche Bindung nicht aufweisen. Der musikalische Fluß wird also keineswegs allein durch den technischen Schwierigkeitsgrad bestimmt, sondern auch durch einen Kontext, der mit der Vorlage erkennbar zu tun hat oder eben auch nicht. Virtuosität um ihrer selbst willen strengt mehr an, als wenn man diese mit einer (thematischen) Vorgabe in Einklang bringen kann.

Was die spieltechnischen Schwierigkeiten betrifft, so sind manche anderen - häufiger gespielten - Paraphrasen/Transkriptionen nicht leichter: zu nennen wären die oft gespielten Trois Mouvements de Petrochka von Strawinski, die Paganini-Transzendentaletüden und die Tannhäuserouvertüre von Liszt, Götterdämmerungstrauermarsch von Busoni, diverse Paraphrasen von Tausig, Brassin, Papst, Siloti
Ich wage folgende Einschätzung: Die von Dir aufgezählten Paraphrasen oder Bearbeitungen bleiben ebenfalls näher am originalen Kontext, so dass das Verhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis letztlich günstiger ausfällt. Der von Dir erwähnte Paul Pabst hat folgende in diesem Sinne bezeichnende Einspielung hinterlassen: https://www.youtube.com/watch?v=0iPemm3Dphg

(und wenn man was ganz exotisch schwieriges probieren will, empfehlen sich die Klavierauszüge von Karl Klindworth)
Klavierauszüge sind freilich ein Sonderfall. Während bei originaler Sololiteratur der notengetreue Vortrag erwartet wird, sind Klavierauszüge im Prinzip für die Studierpraxis am Werk bestimmt und bedeuten immer eine Art Gratwanderung: Einerseits ist das vom Orchester gespielte musikalische Material unter Verzicht auf die originalen Klangfarben der Orchesterinstrumente bestmöglich auf die zehn Finger des Pianisten hin zuzuschneiden. Andererseits muss der Spieler Hauptsächliches vom Nebensächlichem trennen können und darf zwangsläufig nicht alles mitspielen, wenn darunter die Tempostabilität leidet. Bei der Einstudierung die Gesangssolisten am ausgestreckten Arm "verhungern" lassen, weil man für alle Nebenstimmen eigentlich drei oder vier Hände bräuchte? Der Unmut des GMDs bei der szenischen Probe ohne Orchester schafft sehr bald Klarheit, was wirklich wichtig ist: Präzises Korrepetieren nach Schlag und kein irritierendes Verkünsteln dürfte dann sehr hilfreich für alle Beteiligten sein. Es führt also kein Weg dran vorbei, den "Klindworth" zugunsten der Spielpraxis notfalls etwas auszudünnen...!

LG von Rheinkultur
 
@ Dreifachkreuz: hab ich noch nirgends bewusst gesehen *gg* - man kanns auch übertreiben.
Ich erinnere an die letzten Beiträge dieses Fadens, da gibt es die gewünschten Beispiele: https://www.clavio.de/forum/klavierspielen-klavierueben/16685-x-vor-noten-invention-nr-6-a-4.html

@ Stephen Heller: Von dem hab ich ein Stück Juhuu ...Idylle (Lied ohne Worte), sieht aus wie E-Dur, bearb.: Krentzlin, in: Meister des Vortrags, Berlin: Lienau, c 1963, Pl.-Nr: Kr. 521, S. 22-23
Vielleicht sind die Klavierwerke dieses Jubilars mal einen eigenen Faden wert?

LG von Rheinkultur
 
Es führt also kein Weg dran vorbei, den "Klindworth" zugunsten der Spielpraxis notfalls etwas auszudünnen...!
den Klindworth hab ich erwähnt, weil sich von Bülow bei ihm beschwert hatte, dass man seine Ringauszüge nicht im Tempo spielen können (ist doch mal hübsch so unter Lisztschülern...:)...) und Klindworth redigierte sie, doch die erleichterten Fassungen (die heute noch gebräuchlich sind) sind immer noch haarsträubend :):)

was den Kontext bei der Regerparaphrase*) betrifft: ich finde jetzt nicht, dass die Vorlage da zu wenig präsent wäre - aber auf eigene Weise hat Regers "Improvisation" halt ähnlich viel mit dem Donauwalzer zu tun wie etwa Ravels La Valse mit dem Wiener Walzer; trotzdem sind beide wie ich meine sehr gelungen. z.B. ist Regers Paraphrase von der ulkigen Kadenz bis zum Schluß richtig klasse, spielfreudig, temperamentvoll (accelerando auch noch - nu ja, halt nicht leicht)

*) hübsch ist doch, die Straussmelodien nur durch Akzente kenntlich zu machen, damit der Klaviersatz nicht zum unleserlichen Dickicht wird
 
ich kenne weder das Stück noch dessen Bearbeitung - ist das auch so schwierig zu spielen wie die hier erwähnten Sachen? ;)

mhh..nein..zumindest in der vorliegenden Fassung auf keinen Fall..aber für eine Bearbeitung selbst würde es sich glaub ich daher gar nicht mal schlecht eignen..

Es müsste übrigens aus den beiden Büchern "Romances sans Paroles" op. 120 sein, was ich momentan vermute (daher dauerte meine ANtwort zu lange), denn aus op. 105 ist es nicht,
aber es gibt da noch op. 138 oder so, ganz sicher bin ich mir aber nicht, denn guck Dir mal diese Werkliste an:

Stephen Heller

SRY für lange ANtwortdauer, aber Heller ist ja n unübersichtlicher Vogel !! (knurr) ;)

LG, Olli
 
was den Kontext bei der Regerparaphrase*) betrifft: ich finde jetzt nicht, dass die Vorlage da zu wenig präsent wäre - aber auf eigene Weise hat Regers "Improvisation" halt ähnlich viel mit dem Donauwalzer zu tun wie etwa Ravels La Valse mit dem Wiener Walzer; trotzdem sind beide wie ich meine sehr gelungen. z.B. ist Regers Paraphrase von der ulkigen Kadenz bis zum Schluß richtig klasse, spielfreudig, temperamentvoll (accelerando auch noch - nu ja, halt nicht leicht)

*) hübsch ist doch, die Straussmelodien nur durch Akzente kenntlich zu machen, damit der Klaviersatz nicht zum unleserlichen Dickicht wird
Einen Unterschied zwischen Reger und Ravel gibt es dann doch: Reger legt sich auf einen ganz bestimmten Strauss-Walzer fest, während Ravel die Gattung allgemein im eigenen Sinne musikalisiert. Eine "Apotheose des Wiener Walzers" sollte dieses 1919/20 entstandene Orchesterwerk sein - in Wirklichkeit ist die unlängst untergegangene k. & k.-Monarchie vor dem geistigen Auge präsent. Am Ende walzerte also die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie ins Verderben, ohne dass hierzu ein ganz bestimmter Walzer als Vorlage herhalten musste. Während das innere Ohr bei Reger angestrengt auf der Suche nach dem vertrauten Donauwalzer bleibt, ist die Hörerwartung (und Hörer-Erwartung) bei Ravel eine andere...!
 

Zurück
Top Bottom