Gelernt und wieder vergessen

  • Ersteller des Themas Kiwi
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.............. Am unzuverlässigsten ist das Finger-/Muskel-Gedächtnis. Am wertvollsten ist das intellektuelle/mentale Gedächtnis (ein Stück im Kopf spielen).

Das Thema finde ich sehr interessant.

Dass das Finger-/Muskelgedächtnis am unzuverlässigsten sein soll, möchte ich aber bezweifeln, zumindest, was mich betrifft. Warum kann ich Stücke (zumindest teilweise), die ich als Kind vor über 40 Jahren gespielt habe, immer noch mit den richtigen Fingersätzen spielen (lassen wir mal das musikalische Element außer Betracht)? Das läuft ganz von alleine, da muss ich gar nicht nachdenken, obwohl damals eine echte mentale/intellektuelle Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Stück kaum bis gar nicht stattgefunden hat. Gespielt habe ich diese Stücke über 40 Jahre nicht, habe sie auch nicht bewusst gehört und auch die Noten während dieser Zeit nicht mehr gesehen. Die Finger haben diese Stücke (Teile) trotzdem im "Gedächtnis" behalten.

Heute (mit 58) spiele ich die erarbeiteten Stücke mindestens 1 mal die Woche durch, um sie nicht zu vergessen.

Ist es vielleicht so, dass die als Kind erlernten Bewegungsabläufe besser im Gedächtnis bleiben als die mental/intellektuell erworbenen Fähigkeiten? Je älter man wird, um so mehr verschiebt sich das dann zugunsten des mentalen/intellektuellen Gedächtnisses?
 
Finger/Muskelgedächtnis

Hallo,

streitet Euch doch nicht um das eine oder das andere. Visuelles und strukturelles Gedächtnis, auditives Gedächtnis (Höreindrücke) und motorisches Gedächtnis (Fingergedächtnis) ist beim Zusammenspiel miteinander vernetzt.

Welcher dieser drei Gedächnisteile am stärksten zu gewichten sei oder welches "am besten ist", ist Typfrage - der haptische Typ muß be"greifen", der visuelle Typ "sieht" die Noten ..... Auch ich bin eher der auditive und der haptische Typ wie Wiedereinsteigerin.

Mehr darüber in meinem Blog "auswendig spielen".

Walter
 
Visuelles und strukturelles Gedächtnis, auditives Gedächtnis (Höreindrücke) und motorisches Gedächtnis (Fingergedächtnis) ist beim Zusammenspiel miteinander vernetzt.

Das trifft es hervorragend!

Es erinnert mich an einen kurzen Bericht über den Neurologen Oliver Sacks. Er erzählte von einer Frau mit Alzheimer, die saß nur noch da, mit leeren Augen, stierte vor sich hin. Setzte er sie ans Klavier und nannte Komponist u. opus (oder Titel), dann wurde sie wach, die Augen strahlten, sie wurde lebendig, spielte das Stück (und offensichtlich recht gut). Nach dem letzten Ton versank sie wieder in ihre Dumpfheit.
Sacks nannte es das "prozedurale Gedächtnis". Dieses überdauert Zeiten und sogar ein gewisses Maß Alzheimer. Und der Ausdruck "prozedurales Gedächtnis" ist für mich auch eine Art Vernetzung unterschiedlicher Bestandteile, die alle eine Rolle spielen und wohl in einer Wechselbeziehung (kybernetisch) zueinander stehen.
 
Ist es vielleicht so, dass die als Kind erlernten Bewegungsabläufe besser im Gedächtnis bleiben als die mental/intellektuell erworbenen Fähigkeiten? Je älter man wird, um so mehr verschiebt sich das dann zugunsten des mentalen/intellektuellen Gedächtnisses?

nicht nur als kind, glaube ich. es heisst ja auch, dass man radfahren und schwimmen nicht verlernt, vielleicht gilt das also prinzipiell für bewegungsabläufe?

ich hab vor langer zeit ;) die chinesischen schriftzeichen der japanischen schrift gelernt und seit vielen jahren nicht mehr benutzt. als ich es dann mal wieder versucht habe, reichten die ersten beiden striche eines zeichens, um den rest dann ohne hinzusehen schreiben zu können. einfach weil man die zeichen durch den bewegungsablauf lernt.

ähnliches stelle ich bei mir beim klavier fest: was mal motorisch richtig "gesessen" hat, lässt sich bei mir relativ schnell wieder in die finger kriegen, viel schneller als das noten entziffern. vielleicht ist das aber auch die jahrelange motorische übung beim zeichen-schreiben, die sich überträgt.

lavendel
 
Hi Wiedereinsteigerin,

Dass das Finger-/Muskelgedächtnis am unzuverlässigsten sein soll, möchte ich aber bezweifeln, zumindest, was mich betrifft. Warum kann ich Stücke (zumindest teilweise), die ich als Kind vor über 40 Jahren gespielt habe, immer noch mit den richtigen Fingersätzen spielen (lassen wir mal das musikalische Element außer Betracht)?

das Problem beim Finger-/Muskel-/Bewegungsgedächtnis ist, dass die Bewegungen nur als Sequenz gelernt/gemerkt werden. Die aktuelle Bewegung stimuliert die darauffolgende. Das bedeutet, dass du damit nicht bewusst zwischendrin einsteigen kannst, da du ja die stimulierende Bewegung für den Einstiegspunkt nicht kennst.

Dieses Gedächtnis funktioniert nur wenn du das Stück von Anfang bis Ende spielst. Sobald du zwischendrin einen Fehler/Hänger hast, geht es nicht mehr weiter.

Gruß
 
Hi Walter,
Visuelles und strukturelles Gedächtnis, auditives Gedächtnis (Höreindrücke) und motorisches Gedächtnis (Fingergedächtnis) ist beim Zusammenspiel miteinander vernetzt.

Welcher dieser drei Gedächnisteile am stärksten zu gewichten sei oder welches "am besten ist", ist Typfrage - der haptische Typ muß be"greifen", der visuelle Typ "sieht" die Noten ..... Auch ich bin eher der auditive und der haptische Typ wie Wiedereinsteigerin.

und genau diese Vernetzung führt eben zu einem insgesamt besseren Gedächtnis. (die Summe ist mehr als seine Teile. ;-) )

Und damit überhaupt eine Vernetzung möglich ist, müssen eben alle Gedächtnis-Arten berücksichtigt/trainiert werden, auch wenn man ein bestimmter Typ ist.

Ausserdem sollte man immer auch gerade seine Schwächen stärken. ;-)

Gruß
 

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