Gebrauchter Flügel: Sprünge im Lack des Resonzbodens

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GeraldF

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21. Dez. 2013
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Ich werde demnächst mit dem Klavierbauer meines Vertrauens einen privat angebotenen Flügel (gebaut 1995) ansehen. Das einzige was mir optisch auffiel waren Sprünge des Lacks auf dem Resonzboden. Vorab: was kann das bedeuten? Der Resonanzboden selbst schien in Ordnung zu sein, die Sprünge waren auch nicht entlang der Maserung sondern mehr wie runde Schlieren.
 
Diese Lackrisse sehen teilweise aus wie Spinnennetze und kommen von spröden, wenig elastischen Lacken.
Weit verbreitet z.B. bei Blüthner, Ibach, etc., also bei auch gut klingenden Instrumenten.
 
Man hat früher zum Lackieren des Resobodens Harze verwendet, unter anderen Dammar, Kolophonium, Benzoe, Copal, Schellack. Einige dieser Harze schwinden mit der Zeit, was bei entsprechenden Mischungen zu späteren "Sprüngen" führte. Man könnte das jetzt mit Spiritus und Benzoe wieder rauspolieren - würde aber bis auf das optische Empfinden keinen Sinn machen, da der Klang ansich von solchen "optischen Erscheinungen" völlig unberühert bleibt. Der Resolack dient dem Boden auch nur als Schutz vor Witterungseinflüssen, welcher auch trotz der feinen Risse weiterhin gegeben ist. Unlackierte Resoböden (gibt es auch) können hingegen schon ihren Klang je nach Schwankung der Luftfeuchtigkeit verändern.

Viele Grüße

Styx
 
Danke Euch für Eure Antworten. Hat mir dabei geholfen den Termin mit dem Klavierbauer (den ich natürlich bezahlen muss) zu vereinbaren, da die Sprünge offenbar keine wirklichen Mängel sind.
Ich lasse Euch wissen wie es weitergeht.
 
Diese Lackrisse sehen teilweise aus wie Spinnennetze und kommen von spröden, wenig elastischen Lacken.
Weit verbreitet z.B. bei Blüthner...
Kann ich bestätigen. Diese Spinnennetze gibt es auch bei dem Blüthner der Pianobar und wir haben uns schon gefragt, wie das kommt.
 
Ich hatte vor Jahren, als ich noch meine Werkstatt in Berlin hatte, einen Flügel in Reparatur gehabt welcher auch diese Erscheinungen aufwies. Da dieser allerdings ohnhein auch Risse im Resonanzboden hatte welche gespant werden mußten, überlegte ich ob ich den Boden komplett abziehe, oder mal versuche daß ganze mit Spiritus aufzupolieren - ich entschloß mich zu letzteren, abziehen hätt ich ja immer noch können. Über das Ergebnis war ich dann doch sehr erstaunt, der Boden glänzte wie eine Speckschwarte, und von den Spänen waren nur die Leimstellen noch zu sehen (aber auch bloß weil ich Blödmann Holzkaltleim zum einleimen der Späne verwendet habe)

Viele Grüße

Styx
 
Der Klavierbauer bestätigt Eure Einschätzung. Der Lack könnte sehr spröde sein, außerdem steht das Instrument offenbar seit längerer Zeit zu trocken was die Sprünge hervorrufen kann. Insofern hat ein eventueller Kauf ein Restrisiko.
Die Sprünge an sich stellen keinen Schaden dar, sie weisen lediglich auf weniger schöne Umstände hin.
 

Dem Lack ist das wohl wurst. Der springt nur, weil das Holz zu trocken war. Und fürs Holz gilt wie immer: 40-60% rF ohne starke Schwankungen...
 

Ich habe das damals beobachtet: das Sättigen eines im Winter zu trockenen Wohnzimmers beinahe mit Tonnen Wasser dauerte damals Wochen. Diese Mengen Feuchtigkeit, gebunden v.a. in den Wohnzimmertextilien, bildet dann aber einen schützenden Puffer.

Starke Schwankungen dürfen - kurzzeitig - sogar entstehen. Beim Stoßlüften z.B. Die sind ohne Auswirkungen auf ein Austrocknen des Reso-Holzes.

Man sieht dann die LF (...der Raumluft..) von zB von 52% auf 43% durchsacken, aber nach Schließen der Fenster erholt sich die Raum-LF recht schnell wieder, indem aus den Stoffen, den Teppichen, den Polstern, den Tapeten des Raumes etc. die der trockenen Luft von draußen fehlende Feuchtigkeit wieder nachgespeist wird.

Es gleicht sich wieder an.

Und aus dem ggfs. vorhandenen Venta wird fehlende Feuchtigkeit wieder nachgespeist.

Holz ist nur gefährdet, wenn diese größeren Schwankungen längerfristig anhalten, weil dann der Ausgleichsprozess auch das Klangholz mit umfasst - es trocknet dann allmählich auch aus.

In wenigen Stunden "falscher" LF jedoch passiert da noch nichts Böses. Die Austauschprozesse zum Egalisieren der Feuchte laufen an Oberflächen ab. Aufgrund geringer Temperaturdifferenzen sind die transportierten Mengen Feuchtigkeit in kurzen Zeiten noch nicht von Bedeutung.

Dem dient auch die Lackierung von Resonanzböden: diese Prozesse des Wassertransportes zu behindern.

Risse im Lack des Reso-Bodens bedeuten dann zwar im Prinzip (...) eine Schwächung dieser Schutzfunktion, aber da die Fläche kaum Einbußen leidet, sind Risse allein im Lack des Klangholzes auch nahezu ohne Bedeutung. Weil, durch diese Risse wird kaum eine nennenswerte Holzfläche einer anderen LF ausgesetzt.
 
Starke Schwankungen dürfen - kurzzeitig - sogar entstehen. Beim Stoßlüften z.B. Die sind ohne Auswirkungen auf ein Austrocknen des Reso-Holzes.

Darf ich dazu eine Frage stellen, die etwas vom Thema abweicht?

Schaden eigentlich die relativ krassen Temperaturschwankungen beim Stoßlüften? Im Winter habe ich im Wohnzimmer ca. 20 Grad, wenn ich nun lüfte und es draußen sehr kalt ist, dann kühlt sich auch die Luft im Zimmer sehr schnell auf recht niedrige Werte ab. Danach steigt die Temperatur wieder recht schnell an.

Temperaturänderungen führen ja zu Materialausdehnung bzw. dazu, dass sich das Material wieder zusammenzieht. Man merkt dann sogar bei einigen Gegenständen (z.B. Fernseher), dass sie knacksen wegen der Temperaturschwankungen.

Schadet das einem Klavier bzw. Flügel? Erhöht man damit die Gefahr von Rissen?
Wenn ja, wie soll man denn dann am besten lüften?
 
1. Temperatur ist sekundär. rF ist entscheidend. Diese sinkt beim Stoßlüften rasch dramatisch ab, steigt aber ebenso schnell wieder. Kein Problem. In der kurzen Zeit passiert gar nichts.
2. Materialausdehnung: Bis sich Temperaturschwankungen aufs Holz auswirken, müssen viele, viele Stunden/Tage vergehen. Versuch mal, ein zimmerwarmes Stück Holz bis in den Kern abzukühlen...
3. Hier dürften wohl die Saiten (gute Wärmeleiter, geringer Querschnitt) am schnellsten reagieren. Aber die reagieren auch ebenso schnell "zurück".
 
@3tonus,

generell sollte die relative Luftfeuchte zwischen 40-60% liegen und die Raumtemperatur 21° nicht überschreiten.

@Klimperer,

Abrupte Temperatur und LF Schwankungen mag ein Klavier nicht, die Gefahr daß der Resonanzboden "knallt" ist relativ hoch. Beim Lüften auf jeden Fall die Heizung an lassen und darauf achten daß kein Durchzug entsteht.


Viele Grüße

Styx
 
Styx, was schreibst Du da? Das höre ich zum ersten Mal!!!!!
 
Styx, was schreibst Du da? Das höre ich zum ersten Mal!!!!!

Was meinst Du wohl warum ein Klavier frühestens 4Wochen nach dem Transport gestimmt werden soll? Wenn es aus dem Wagen von draußen kommt, muß es sich erst mal den klimatischen Bedingungen des Raumes anpassen. Wenn sich jetzt aber die klimatischen Bedingungen im Raum ebenfalls beständig ändern, sind die Hölzer nur am arbeiten. Beim sogenannten Stoßlüften haut man die LF recht schnell runter, trockene Luft zieht sich allerdings die Feuchtigkeit, egal woher.


Viele Grüße

Styx
 
Abrupte Temperatur und LF Schwankungen mag ein Klavier nicht, die Gefahr daß der Resonanzboden "knallt" ist relativ hoch. Beim Lüften auf jeden Fall die Heizung an lassen und darauf achten daß kein Durchzug entsteht.

*nichtversteh*

Wenn kein Durchzug entsteht, gibt's auch keine Lüftung. Dass ein Reso vom Stoßlüften "knallt" (was auch immer das sein mag?), wäre mir neu. Ich steh grad ziemlich auf'm Schlauch...

... sagt Klimperer (ohne die 36)
 

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