Ich kann mich nicht erinnern, jemals Gänsehaus bei einer Musik bekommen zu haben. Da geht es mir eher wie fisherman. Es gibt in manchen Stücken Passagen, da bleibt mir buchstäblich die Luft weg, ich bekomme einen Kloss im Hals und es treibt mir die Tränen in die Augen. Dagegen bin ich machtlos. Es ändert auch nichts, das Stück schon sehr oft gehört zu haben.
Ich sehe mir auch gerne die Partituren solcher Stücke an und analysiere das Notenbild, so gut ich das kann. Normalerweise bin ich dann erst recht tief beeindruckt davon, was der Komponist geschaffen hat. Manchmal tritt eine solche Reaktion erst dann ein, wenn ich die Musik genauer kenne, welche Intentionen der Komponist hatte, usw. (z.B. bei Händels "L`Allegro")
Allerdings ist mir aufgefallen, dass die Interpretation eines Werkes massgeblich ist, wie ich reagiere (eigentlich eine Binsenweisheit). Die Matthäus-Passion mit Harnoncourt ist für mich geradezu gespickt mit Stellen auf die ich reagiere wie oben beschrieben. Die meisten anderen Interpretationen lassen mich dagegen ziemlich kalt.
Interessant finde ich auch, was violapiano und Stilblüte geschrieben haben. Es geht mit ganz ähnlich. Oft finde ich ein Stück, das ich üben möchte wunderbar. In der folgenden Zeit, während des Uebens, stellt sich eine gewisse Gleichgültigkeit ein. Sobald das Stück aber einigermassen sitzt, kommt dieses starke Gefühl wieder. Ich glaube, das hat auch viel mit dem Werk selbst zu tun. Klavierwerke von Bach oder Preludes von Rachmaninoff bbleiben stets spannend. Manche modernen, eher seichten, aber ganz nett anzuhörenden Stücke werden mir beim zehnten mal spielen langweilig.
Ich habe den Eindruck, dass ich mit zunehmendem Alter immer stärker auf Musik reagiere. Eine Erklärung dafür habe ich bis jetzt noch nicht gefunden.
Gruss aus der Schweiz
Klangrede