Fragen zu Tonhöhen und Schwingungsfrequenzen? Hier bist Du richtig!

Die Umstellunf der reinen Stimmung auf die temperierte Stimmung war ja auch schwer gewöhnungsbedürftig seinerzeit.

Achtung! Es gab auf Tasteninstrumenten nie eine reine Stimmung. Das ist schlichtweg unmöglich. Man kann einige ausgewählte Dreiklänge einer bestimmten Tonart rein stimmen. Dann klingen die restlichen Akkorde aber furchtbar. Daher wurde nicht von der "reinen Stimmung" auf die "temperierte Stimmung" umgestellt, sondern von diversen Speziallösungen, die nur sehr begrenzt einsetzbar waren auf eine allgemein nutzbare, für alle Tonarten passende, fehlerminimierte Stimmung, die sogenannte gleichstufig, gleichschwebende Stimmung.

Bei Chor und Orchestermusik ist und war die reine Stimmung schon immer möglich und wird selbstverständlich auch praktiziert.
 
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Achtung! Es gab auf Tasteninstrumenten nie eine reine Stimmung. Das ist schlichtweg unmöglich. Man kann einige ausgewählte Dreiklänge einer bestimmten Tonart rein stimmen. Dann klingen die restlichen Akkorde aber furchtbar. Daher wurde nicht von der "reinen Stimmung" auf die "temperierte Stimmung" umgestellt, sondern von diversen Speziallösungen, die nur sehr begrenzt einsetzbar waren auf eine allgemein nutzbare, für alle Tonarten passende, fehlerminimierte Stimmung, die sogenannte gleichstufig, gleichschwebende Stimmung.

Bei Chor und Orchestermusik ist und war die reine Stimmung schon immer möglich und wird selbstverständlich auch praktiziert.

Völlig klar, aber die "Wohltemperierte Stimmung" war vor allem bei Tastatoren gewöhnungsbedürftig!! Und natürlich bei allen, die nun mit dem neugestimmten wohltemperierten Instrument musizierten. Konnten sie doch vorher eher in "ihrer Tonart" zB A-Dur rein spielen (Geigen), die ja auch noch die Umfeldtonarten einbezogen, da die Klaviere ja extra für das Stück "rein" in einer Tonart gestimmt wurden (so hat man es im Fach Musikgeschichte jedenfalls vermittelt). Nun mussten Violinisten sogar in der jeweiligen Haustonart schon korrigieren!

Tja...
 
da die Klaviere ja extra für das Stück "rein" in einer Tonart gestimmt wurden (so hat man es im Fach Musikgeschichte jedenfalls vermittelt)

Auch im Fach Musikgeschichte erzählen die einem manchmal Unsinn :p

Man hat halt anfangs nur in einigen wenigen Tonarten gespielt auf Tasteninstrumenten. In Cembalomusik vor Bach wirst du kaum Tonarten mit mehr als 2 oder 3 Vorzeichen finden. Und selbst in solchen einfachen Tonarten klingen die damals gebräuchlichen Stimmungen manchmal sehr schräg. Also von reiner Stimmung kann keine Rede sein.

Wohltemperiert bedeutet übrigens nicht gleichstufig. Die gleichstufige Temperatur gab es zu Bachs Zeiten noch nicht.
 
Nun, ich war nicht dabei seinerzeit, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass die Chembali damals nach dem Stück gestimmt wurden. Mein Vater hat das seinerzeit so praktiziert. Gabe es mehrere Tonarten, die aufeinander folgten, hatt er einen Kompromiss gestimmt.
 
Also ich stelle mal so ne Theorie auf...

Das erste Instrument war die Stimme und der Gesang - da dürften wir uns ja einig sein. Das heisst gleichzeitig, bevor die Stimme begleitet oder ersetzt wurde, von mit Darmsaiten bespannten Schildkrötenpanzer, gab es schon jede Menge Lieder. Mal nachdenken - ne ich kenne keines davon. Aber irgendwas hatten sie gemeinsam.

Ja! Um die Musik in Gesellschaft und mit anderen Menschen zu singen, wäre es am Besten, dass sie in einer Lage gesungen werden, wo so viele Stammesgenossen wie möglich mitsingen können - ein Mehrgesang. Und danach - vielleicht tausende Jahre später kommen Instrumente ins Spiel - also der Schildkrötenpanzer. Das Instrument sollte die Stimme ersetzen - sagen wir einmal für einen Toten - das klingt sehr mystisch - war es ja auch - wieso sollte ein Schildkrötenpanzer singen. Der Verstorbene hat nun keine Stimme mehr, aber die Lieder (von ihm) leben weiter...

Um irgendwo anzufangen, ein System von Tönen aufzubauen, muss man mit dem Ton beginnen, der sozusagen übergeordnet ist. Mit welchen Ton fange ich an. Am ehesten mit dem Ton, der am häufigsten vor kommt im Gesang des Toten bzw. der Beginn der Lieder welche alle Stimmlagen singen konnten.

Und so kam mann auf das a1. Jenes Lied, das mit dem a1 begann, konnte fast jeder mitsingen. Eine Hymne für den Toten - oder was auch immer. Es wurde von Generation zu Generation weitergegeben und nun stehen wir vor der Frage....waren es 415, 428, 435 oder 440 Hz?

Moment - Wenn man genug Steinzeitmenschen ausgräbt und die Schädel einscannt, kann man vielleicht herausfinden, dass es zwangsläufig genau 412,15 Hertz gewesen sein musste, welches exakt das erste a1 der Geschichte war. Wie gesagt, das ist alles nur Theorie, wie die Urknalltheorie - und die ist ein Schmarrn dagegen :D

Übrigens.. Die Geschichte mit den Pferden und dem Space Shuttle kam mal vor ein paar Jahren als Doku im Fernsehen. Mehr weiß ich dazu nicht mehr.

LG
Klaviermacher
 
Klaviermacher, du bist echt genial :D


Jetzt nur noch eine Frage: wie hat man die Hz gezählt bei den Steinzeitmenschen...? :rolleyes: :p
 
@ Klaviermacher: schöne Story !!!

Die gleichstufige Temperatur gab es zu Bachs Zeiten noch nicht.

Ich dachte schon, dass es sie gab zu Bachs Zeit. Wo hast du diese Information her?

Zumindest ist eine Aussage von Bach zu einem Klavierstimmer verbrieft:
Er wollte alle großen Terzen "scharf gemacht" haben (also größer als rein). Bei Bedarf kann ich das Zitat mit Quellenangabe raussuchen. Leider hat er nicht gesagt, alle Terzen gleichmäßig scharf (das wäre eine andere Beschreibung von gleichstufiger Stimmung). Aber er hat auch nicht gesagt, ungleichmäßig scharf, und schon gar nicht, manche Terzen rein (also scheiden schonmal mitteltönige Stimmungen aus). Und falls er manche Terzen weniger scharf, manche schärfer haben wollen, hätte er es angeben müssen, was er aber nicht tat. Man kann also anhand dieses Zitats wohl am wahrscheinlichsten davon ausgehen, dass er die gleichstufige Stimmung meinte.

Und das mit "Wohltemperierter" Stimmung von Bach was anderes als "Gleichstufige" Stimmung gemeint ist, ist zumindest genauso Mutmaßung, als wenn er die gleichtemperierte Stimmung meinte.

In Ermangelung einer anderen Quelle halte ich mich an die überlieferte Quelle, dass Bach eben alle Terzen scharf haben wollte, was also schon mindestens in der Nähe der Gleichstufigkeit liegt, wenn nicht eben sogar die Gleichstufigkeit gemeint ist (was für mich naheliegend ist, insbesondere durch den ebenfalls überlieferten Satz, dass Bach sich nach der selbst gelegten Stimmung seines Instruments "sämtliche Tonarten" zu eigen machte - womit geht das besser als mit der gleichstufigen Stimmung?).
 
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Zitat von Haydnspaß: Die gleichstufige Temperatur gab es zu Bachs Zeiten noch nicht.
Zitat von Mindenblues: Ich dachte schon, dass es sie gab zu Bachs Zeit.
Hier ein paar Literaturhinweise, die vielleicht weiterhelfen:
  • Beckh, Hermann: Die Sprache der Tonarten in der Musik von Bach bis Bruckner. Vom geistigen Wesen der Tonarten. Stuttgart (Urachhaus) 4/1999.

    Beckh ist Schüler von Rudolf Steiner. Von daher erklärt sich der anthroposophische (und für mein Verständnis esoterische) Ansatz dieser Monographie, deren erste Auflage wohl Anfang der Dreißiger Jahre erschienen ist.
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  • Jorgensen, Owen: Tuning the Historical Temperaments by Ear. Marquette (Northern Michigan University Press) 1977.
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  • Jorgensen, Owen: Tuning. Containing the Perfection of Eighteenth Century Temperament, the Lost Art of Nineteenth Century Temperament and the Science of Equal Temperament. East Lansing (Michigan State University Press) 1991.

    Jorgensen versucht u.a. nachzuweisen, daß die gleichschwebende Stimmung bei Klavieren erst um 1885 eingesetzt wurde und seit Beginn des 20. Jahrhunderts weitere Verbreitung fand.
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  • Kelletat, Herbert: Zur musikalischen Temperatur. Kassel (Merseburger) 1981 f.
    1. Johann Sebastian Bach und seine Zeit.
    2. Wiener Klassik
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  • Neuwirth, Erich: Musikalische Stimmungen. Mathematische Grundlagen verschiedener musikalischer Stimmungen (mit CD-ROM). Wien (Springer) 1997.
 
Die gleichstufige Temperatur hatte Andreas Werkmeister schon vorgenommen, aber niemand interessierte sich in seiner Zeit dafür. Die Theorie dazu war sicher schon wesentlich früher bekannt - und bestimmt auch Bach. Als charakterlos wurden die Tonarten empfunden - und die Zeit - als auch die Musik war nicht reif dafür. Erst mit dem Marxismus und seinem gesellschaftlichen Einfluss in ganz Europa begann der Aufstieg der gleichstufig temperierten Stimmung. Alles sollte, ja musste gleich sein. Bis 1870 waren wohltemperierte Stimmungen wohl eher die Norm und erst danach kam der Wechsel zur heute gleichstufigen Stimmung und setzte sich vollkommen durch.

LG
Klaviermacher
 

Jetzt nur noch eine Frage: wie hat man die Hz gezählt bei den Steinzeitmenschen...? :rolleyes: :p
Früher scherte man sich allgemein nicht um so belangloses Zeug.;) Die waren damals keine Erbsenzähler. Dieser Quatsch kam erst in letzter Zeit auf. Heute werden Blutkörperchen, Botenstoffe und Rezeptoren gezählt, vermessen, genetisch verglichen, auf Kilometer und Newtonmeter hochgerechnet, digital katalogisiert, verschickt und abgerufen, auf Microchips der Nanogeneration gespeichert und implantiert. :D

LG
Klaviermacher
 
"Erst mit dem Marxismus und seinem gesellschaftlichen Einfluss in ganz Europa begann der Aufstieg der gleichstufig temperierten Stimmung", sprach Klaviermacher.
Au weiha, möchte man kommentieren, Marx ist also verantwortlich für die gleichstufige Stimmung...

Weiter oben war von Ziegelsteinen die Rede, Roman aus Wien hat das hinreichend und angemessen kommentiert. Aber es gibt Menschen, die sind mystisch veranlagt und lassen sich die herbeispintisierte mystische Bedeutung einer Trivialität ungern aus dem Sinn schlagen, und zuletzt finden sie auch noch in den Maßen eines Ziegelsteins Mystisches. Ich fürchte allerdings, ein Maurer würde sie darob auslachen. Und ein Historiker kann sicherlich nur darüber lachen, daß der Marxismus etwas mit gleichstufiger Stimmung zu tun habe. (Um diesen Gedankengang überhaupt entwickeln zu können, muß man wohl dem Namensfetischismus erlegen sein, der "gleichstufig" mit marxistischer "Gleichmacherei" assoziiert.)

Aber jeder mag glauben, woran er will, auch daran, irgendeine Kammertonhöhe sei den Schwingungen (welchen Schwingungen?) des Menschen angemessener als irgendeine andere. Man mag noch so oft wiederholen, daß dahinter immer nur eine pragmatische Einigung stehen kann -- wer das Mystische liebt, wird auf dem Mystischen beharren, zumal es anscheinend befriedigender ist, an eine tiefere Bedeutung zu glauben als hinzunehmen, daß dahinter nur eine pragmatische Konvention steht und hinter der gleichstufigen Stimmung nur eine mathematisch-physikalische Notwendigkeit. Von allen, die dazu eine Meinung haben, können allerdings die wenigsten die Rechenwege erklären.

Mancher Musiker hat, nachdem man sich 1939 auf 440 Hz geeinigt hatte, eingewendet, das sei doch reine Willkür. Stimmt. Es ist reine Willkür. Aber welche Frequenz auch immer man wählt, bleibt es reine Willkür. Der einzige Sinn dieser Willkür ist eine Erleichterung des Musikerlebens, sonst nichts.

Klaviermachers Text zur Spurbreite ist kein schlechtes Beispiel: es hat sich eben so ergeben, es hat keine tiefere Bedeutung, allenfalls hat es Gründe, die in einem gewissen pragmatischen Nutzen zu suchen sind.
Der Text ist übrigens ein Zitat aus dem Roman "Der Zahir" von Paulo Coelho, erschienen bei Diogenes; nachzulesen ist es hier: http://esistwieesist.info/sites/Worte.html#Gefundenes
 
Früher scherte man sich allgemein nicht um so belangloses Zeug.;) Die waren damals keine Erbsenzähler. Dieser Quatsch kam erst in letzter Zeit auf. Heute werden Blutkörperchen, Botenstoffe und Rezeptoren gezählt, vermessen, genetisch verglichen, auf Kilometer und Newtonmeter hochgerechnet, digital katalogisiert, verschickt und abgerufen, auf Microchips der Nanogeneration gespeichert und implantiert. :D

LG
Klaviermacher

super!!! :D

Aber irgendwie würde es mich trotzdem interessieren, wie man früher (zu Bachs, Beethovens, Brahms Zeit) die Stimmgabeln justiert hat (irgendwie mußte man die Schwingungen ja zählen)
 
Ich werde den wissenschaftlichen Text zu den Ziegelsteinen suchen und demnächst für alle Interessenten hier hinein posten. Kann etwas dauern, bin im WE.

Bei Musik geht es eben um Magie, um Schwingungen blos, die in ihrer Komplexheit Gefühle erzeugen, unser ästhetischen Empfinden berühren.
Schwingungen...
letztendlich besteht auch Materie blos aus ebensolchen, die im Angesicht eines anwesenden oder nichtanwesenden Beobachters sich mal wie Teilchen oder Wellen verhalten.

Auch dazu bald mehr.

Alles Liebe und ein schönes Wochenende!

Viola
 
Hi,

bisher wurden noch gar nicht die kosmischen Frequenzen und Rhythmen angesprochen.
Die muss man auch berücksichtigen und in Beziehung zum Klavierspielen setzen. :-)

Gruß

PS: Was ist eigentlich mit der Astrologie? Hat die nicht auch einen Einfluss auf die Stimmung?
 
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http://www.astrologie-altmann.at/index.php?sid=4040

Und meine astrologische Tonart ist ausgerechnet B-dur, die Tonart, die ich hasse wie die Pest 8)
Cool :D Meine Tonart ist G-Dur/e-Moll

Am lustigsten fand ich diese Passage:
Den Beweis, dass die Tonart C-Dur mit den Widder-Kräften in Verbindung steht, liefert Joseph Haydn in seiner Schöpfung: „Es werde Licht!“. In Nr. 3 der Jahreszeiten fixiert er den C-Dur Dreiklang wörtlich auf das Sternzeichen „Widder“, es heißt: „Vom Widder strahlet jetzt die helle Sonn.“

Ich finds immer wieder hochinteressant, wie man eine Scheinlogik auf völlig unzusammenhängenden Fakten schaffen kann. Und dass so, dass es vlt sogar Leute gibt, die das glauben. ;)

lg marcus
 

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