Frage zur Übeweise vor allem an die KL unter euch

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Klavierfan

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Liebe Forumsmitglieder,

ich spiele inzwischen auf fortgeschrittenem Niveau (letztes Stück z.B. Berceuse von Chopin) und habe laut meinem jetzigen KL aber eine völlig falsche Übeweise. Ich fange neue Stücke langsam,aber zuerst mal mit beiden Händen an zu üben um ein Gefühl für die Bewegungen, Fingersätze usw. zu bekommen. Dann mit fortgeschrittenem Stadium des Stückes gehe ich immer mehr zur Feinarbeit über, nehme also dann den Metronom und spiele auch Partien einzeln und achte mit wachsender Sicherheit auf den immer feineren Anschlag, Dynamik und Agogik.

Mein KL meint aber, ich darf ausschließlich nur einzeln und muß auch sofort mit richtiger Klangsuche anfangen zu üben, wobei das Tempo so gewählt sein muß, dass auch die Notenwerte 100% korrekt gespielt werden.

Was ich seither auch leider gerne gemacht habe ist, vor allem wenn es mir nicht so gut ging, ein neues Stück vom Blatt langsam zu spielen, wobei ich mich gefreut habe, wenn es wie von selbst immer besser wurde. Irgendwann wurde dann aus diesem Stück ein "Arbeitsstück", bei dem ich glaubte, wieder auf alles zu achten. Meint KL meint, dies sei ganz schlecht, ich dürfe das nicht machen. Wenn es mir mal schlecht ginge, solle ich micht durch die intensive Arbeit am Stück ablenken und nicht durch das Schwelgen in Noten.

Wahrscheinlich hat er recht, oder?
Ich bin auf eure Antworten gespannt, danke im voraus.
 
Mein KL meint aber, ich darf ausschließlich nur einzeln und muß auch sofort mit richtiger Klangsuche anfangen zu üben,

Was ich seither auch leider gerne gemacht habe ist, vor allem wenn es mir nicht so gut ging, ein neues Stück vom Blatt langsam zu spielen, wobei ich mich gefreut habe, wenn es wie von selbst immer besser wurde. .

nur kurz zu diesen beiden Punkten:
so ein Unfug,wie sollst du Klangfarben ausloten, wenn du dazu vergattert wirst, stur erst mal rechte und linke Hand getrennt einzuüben(noch dazu wenn du schon hübsche Literatur spielst)? Oder habe ich dich da falsch verstanden?

die beiden Hände getrennt zu trainieren ist natürlich immer wieder bei vielen Passagen zwingend erforderlich,aber das "ausschließlich nur einzeln" Üben ist Unfug(kannst auch bei Berufenen wie Neuhaus nachlesen)

"wenn es dir nicht gut geht"- heißt dass wenn du psychisch niedergeschlagen bist?- dann geh zu einem anderen KL! und spiel,was dich aufbaut und freut,was soll am "Schwelgen in Noten" denn therapeutisch so verwerflich sein,das stundenlange Üben komplizierter Terzenläufe baut dich da sicher weniger auf....(zumindest kurzfristig,denn von der Berceuse bis zur Terzen Etude ist es noch ein seeeehr langer Weg)
 
Aus meiner Sicht kommt es vor allem darauf an, warum man Klavier spielt. Ist man noch jung und möchte es vielleicht später zum Beruf machen, ist es sicherlich wichtig, die richtige Übeweise konsequent einzuhalten. (Ob die Anweisungen deines KLs richtig sind, kann ich als Anfängerin nicht beurteilen.) Wenn man aber zur eigenen Freude Klavier spielt, dann ist aus meiner Sicht diese Freude das Wichtigste. Was macht es schon, wenn man mal vor sich hin spielt oder so wie Du einfach neue Noten nimmt und spielt? Was ist so schlimm dabei, wenn man vielleicht nicht ganz optimal übt? Wenn man es dabei genießt und sich hinterher besser fühlt, dann ist das in diesem Moment das Richtige!
 
Hallo Klavierfan,

sorry,ich bin keine KL, will aber trotzdem meinen Senf dazugeben.
Über "richtige" und "falsche" Übeweisen wurde hier schon viel geschrieben. Ich denke aber, das man das nie so allgemein sagen kann. Sicher sind manche Zugänge effektiver als andere, und ich denke, dass dein KL darauf hinaus will. Dass alle Notenwerte richtig erfasst und gespielt werden, find ich auch sehr wichtig.
Ansonsten: wenn ich anfange mit einem neuen Stück, starte ích auch selten nach Lehrplan: ich "lese" meist erstmal die Stücke, versuch, sie mir vorzustellen; wo ich das nicht kann, spiele ich so langsam, wie ich alle Töne schon zusammenkriege, stümpere also vor mich hin. Irgendwann reiß ich mich dann zusammen und pick mir die schwersten Stellen raus...
Und wenn ich schlechte Laune habe, spiele ich, was und wie ich will, Hauptsache, ich kann mich abreagieren!:tuba:
Ich habe aber auch keinen Termindruck, was das Klavierspiel angeht, mich stachelt nur mein eigener Ehrgeiz und meine Freude an der Musik an. Das scheint bei dir ja ähnlich zu sein.
Gruß, flageolett
 
nur kurz zu diesen beiden Punkten:
so ein Unfug,wie sollst du Klangfarben ausloten, wenn du dazu vergattert wirst, stur erst mal rechte und linke Hand getrennt einzuüben(noch dazu wenn du schon hübsche Literatur spielst)? )
einerseits kann es sehr lohnend sein, einzelne Klangschichten zu üben, z.B. die Melodie allein möglichst kantabel, dann einzelne Klangschichten der Begleitung usw - allerdings ist das ja nicht immer stur nach linke und rechte Hand getrennt (in Beethovens op.13 hat zeitweise jede Hand zwei Stimmen) --- vielleicht ist ja das üben einzelner Stimmen gemeint? dann wäre das sinnvoll, ganz besonders in linear-polyphoner Musik.

Abgesehen davon finde ich es zielführender so zu üben, dass man immer auf den nächsten Ton vorbereitet ist und dass man, egal ob staccato oder legato, Hand und Finger sofort nach der Anschlagsbewegung entspannt bzw. locker lässt. (das jedenfalls nach meiner unmaßgeblichen Privatmeinung)
 
Ich fange neue Stücke langsam,aber zuerst mal mit beiden Händen an zu üben um ein Gefühl für die Bewegungen, Fingersätze usw. zu bekommen.
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Mein KL meint aber, ich darf ausschließlich nur einzeln und muß auch sofort mit richtiger Klangsuche anfangen zu üben, wobei das Tempo so gewählt sein muß, dass auch die Notenwerte 100% korrekt gespielt werden.

Was ich seither auch leider gerne gemacht habe ist, vor allem wenn es mir nicht so gut ging, ein neues Stück vom Blatt langsam zu spielen, wobei ich mich gefreut habe, wenn es wie von selbst immer besser wurde. Irgendwann wurde dann aus diesem Stück ein "Arbeitsstück", bei dem ich glaubte, wieder auf alles zu achten. Meint KL meint, dies sei ganz schlecht, ich dürfe das nicht machen. Wenn es mir mal schlecht ginge, solle ich micht durch die intensive Arbeit am Stück ablenken und nicht durch das Schwelgen in Noten.

Lieber Klavierfan,

fangen wir mal mit dem letzten Teil deines Beitrags an. :p

Wenn es dir schlecht geht, möchtest du also gern "in Noten schwelgen", wenn ich dich richtig verstehe. Das tut dir gut und du möchtest dann nicht intensiv an einem Stück arbeiten. Richtig?

Das kann ich sehr gut verstehen! Da könntest du das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden und spielen, was dir unter die Nase kommt. Vom Blatt, langsam oder schnell, quer durch die Literatur (auch Opern und Sinfonien kann man als Klavierauszug nehmen). Das bildet sehr, macht Spaß und du lernst neben einem guten prima-vista-Spiel viel Literatur kennen!

Ich würde zu diesem Zweck allerdings keine Stücke nehmen, die du wirklich erarbeiten möchtest! Da könnte so eine Herangehensweise manches Schlechte oder Ungünstige in Klangvorstellung und Bewegung etablieren.

Es kommt also immer auf die eigene Zielsetzung an. Habe ich als Ziel, ein Stück musikalisch so weit wie möglich zu erfassen und wiederzugeben, sollte ich auch so üben. Dabei sollte mir bewusst sein, dass alles, was ich mit dem Stück anstelle, "Üben" ist. Eine schlechte Klangvorstellung gewöhnt man sich hinterher kaum mehr ab und spielt man klanglich schlecht, so spielt man technisch falsch, denn dann macht man die falschen Bewegungen. Daher gefällt mir sehr, dass dein KL meint, gleich mit "der richtigen Klangsuche" zu üben. Es ist ein Fehlschluss, glaubt man, man könne erst mal die Noten erarbeiten und hinterher am musikalischen Ausdruck feilen.

Am Anfang einfach mal probieren, das Stück vom Blatt spielen, kann sinnvoll sein, denn so versucht man, sich einen Überblick zu verschaffen. Allerdings kann man das auch, ohne zu spielen - man schaut sich dann nur den Notentext an und versucht, sich den Klang vorzustellen, Entwicklungen zu entdecken .... .

Beginnt man dann zu üben, so ist das Üben wie eine wunderbare Entdeckungsreise, bei der ich die einzelnen Facetten wahrnehmen lerne. Das bedeutet, dass ich zum Beispiel alle Stimmen in ihren Linien kennen lerne, höre und gestalte - ich rede lieber nicht von "einzeln" üben, vor allem nicht bei Fortgeschrittenen, sondern von "stimmenweise" spielen, was nicht dasselbe ist (es kann auch in einer Hand zwei oder mehr Stimmen geben etc.). Wie lange ich das mache, hängt von meinem Können ab. Bin ich musikalisch und technisch schon so weit, dass ich Phrasierung, Kontext, Klang und Entwicklung einer Stimme sofort innerlich hören kann beim Blick auf den Notentext, muss ich kaum mehr stimmenweise üben. :p

Wir Normalsterblichen tun gut daran, alles so lange zu üben, bis wir es können und sich eine gewisse Automatisierung eingestellt hat. Wenn ich also eine Basstimme übe, dann sollte ich sie so lange spielen, bis ich die Phrase verinnerlicht habe und klanglich so gut wie möglich umsetze. Erst dann kommt der nächste Schritt. Gleichzeitig ist es aber so, dass gerade bei Fortgeschrittenen nicht alle Stellen im Stück die gleiche Schwierigkeit haben oder ähnlich komplex sind in ihrem Aufbau. Das bedeutet, dass ich verschiedene Stellen verschieden übe, je nach Bedarf und Zielsetzung. Bei einer Stelle übe ich noch stimmenweise, bei einer anderen bereits zwei Stimmen zusammen, bei der nächsten alles u.v.a.m. ......................... . Diese flexible Art des Übens bedarf aber eines feinen Ohres, denn man muss dazu immer wissen, was man denn nun genau erreichen will. Zur Kontrolle ist daher wichtig, immer mal wieder stimmenweise zu üben (auch bei schon gut gekonnten Stellen), um zu überprüfen, ob die eigene Klangvorstellung noch stimmt, ob man also wirklich noch die horizontalen Linien hört oder ob nicht schwuppdiwupp die manuelle Bewältigung die Regentschaft übernommen hat und man z.B. Mittelstimmen nur deshalb zu laut spielt, weil sie schwerer sind.

Wenn ich ehrlich bin, lieber klavierfan, glaube ich also, dass dein KL absolut Recht hat. Ich würde nur nicht "einzeln", sondern "stimmenweise" sagen und ich würde versuchen, deine verschiedenen Bedürfnisse (am Stück arbeiten, vom Blatt spielen....) wie oben beschrieben unter einen Hut zu bekommen. Üben sollte nicht starr sein, jedes Üben kann individuell anders aussehen. Ist aber das Ziel das einer lebendigen Interpretation, so sollte man sich eben sehr intensiv mit dem Stück und seinen musikalischen Inhalten beschäftigen und es quasi "durchhören".

Du scheinst eher nicht der Typ zu sein, der bisher so geübt hat (wenn doch, nehme ich alles zurück und behaupte das Gegenteil!!! *lach*)und mein persönlicher Eindruck ist, dass du dir die Worte deines KL sehr zu Herzen nehmen solltest. Die wenigsten bringen die Disziplin auf, wirklich so zu üben, daher sage ich Ähnliches durchaus auch zu meinen Schülern. :D Gaaanz selten natürlich!!!! ............................

Es lohnt sich sehr, denn am Ende wächst du in deinem Ausdruck und in deiner musikalischen Gestaltung über dich hinaus. Die Qualität deiner Interpretation hängt sehr mit deiner Herangehensweise an das Stück zusammen.

Viel Erfolg und viel Freude dabei!

chiarina
 
Zuerst einmal vielen Dank für eure Antworten.

Dir, liebe Chiarina einen besonderen Dank für deine ausführliche Antwort. Es hilft mir sehr, das von dir zu hören, denn ich muß zugeben, es fällt mir schwer, meine jahrelangen Übegewohnheiten zu durchbrechen. Nachdem ich nun auch von dir gehört habe, dass diese Art zu üben besser ist und zu einer noch besseren Interpretation der Stücke führt, habe ich den festen Vorsatz, es auf jeden Fall zu versuchen, auch wenn ich spontan das Gefühl habe, dann 3x so lange zu brauchen, um ein Stück zu lernen. Aber vielleicht ist es ja in einem Jahr ganz normal für mich, so an ein Stück heran zu gehen und ich merke, wieviel besser die Methode meines KL ist, den ich auch sehr mag. Nur in diesem Punkt hatten wir schon des öfteren Meinungsverschiedenheiten.

Vielleicht muß ich mir dann wirklich einige andere Stücke suchen, um das vom Blatt spielen weiter betreiben zu können, ohne dass ich was "kaputt" mache.
Das Schöne am Klavierspielen ist für mich einfach auch, dass es einem so gut tut, wenn einem mal wieder alles zu viel wird und man abschalten muß und möchte.

Liebe Grüße,
Klavierfan
 
Hallo chiarina,

ich rede lieber nicht von "einzeln" üben, vor allem nicht bei Fortgeschrittenen, sondern von "stimmenweise" spielen, was nicht dasselbe ist
Dazu habe ich Fragen/Anmerkungen: Wenn ich mehrere Stimmen in einer Hand habe, übe ich die auch schon mal einzeln. Aber zunächst muss ich erstmal den richtigen Fingersatz finden, und dazu muss ich alle Stimmen einer Hand betrachten. Und auch danach müssen die Hand- und Armbewegungen ja auf alle zu spielenden Stimmen passen. Ist da das Üben einzelner Stimmen nicht eher hinderlich? Ich mache das eher, um mir die Stimmführung klar zu machen, aber eben nicht als langfristige Übemethode.

Ciao
- Karsten
 
Dazu habe ich Fragen/Anmerkungen: Wenn ich mehrere Stimmen in einer Hand habe, übe ich die auch schon mal einzeln. Aber zunächst muss ich erstmal den richtigen Fingersatz finden, und dazu muss ich alle Stimmen einer Hand betrachten. Und auch danach müssen die Hand- und Armbewegungen ja auf alle zu spielenden Stimmen passen. Ist da das Üben einzelner Stimmen nicht eher hinderlich?
probier mal folgendes, z.B. bei einem dreistimmigen Ablauf:
1. jede Stimme einzeln mit für einzeln spielen optimalem Klang und Fingersatz
2. jede Stimme einzeln mit demselben Klang, aber auf beide Hände verteilt (z.B. mit wechselweise beiden Zeigefingern)
3. jede Stimme mit "unbequemem" Fingersatz (z.B. nur mit 3,4,5)
wenn diese drei Varianten jeweils den erwünschten Klang (Artikulation etc) je Stimme ergeben, dann ist für das verstehen, hören und taktil begreifen (und umsetzen!) schon sehr viel gewonnen - jetzt kann der Originaltext in Angriff genommen werden:
4. Ober- und Unterstimme zusammen
(1. und 2. Stimme / dann 2. und 3. Stimme)
5. der originale Verlauf

mag sein, dass man da erstmal einige Geduld aufbringen muss - aber so bekommt man jedes Detail mit dem richtigen Klang in den Kopf und in die Finger, und man muss sich nicht herumquälen bei der Klanggestaltung und den Fingersätzen im Zusammenspiel aller Stimmen. Das bewährt sich sowohl in dreistimmigen Inventionen (leicht) als auch im Fugato der h-moll Sonate (sehr schwer) und im frei polyphonen vielstimmigen Geflecht von Liebestod oder 10. Skrjabinsonate. Und letztlich ist es schneller zielführend, weil einige Detailarbeit schon gekonnt ist, bevor man alles auf einmal herumprobiert.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Dazu habe ich Fragen/Anmerkungen: Wenn ich mehrere Stimmen in einer Hand habe, übe ich die auch schon mal einzeln. Aber zunächst muss ich erstmal den richtigen Fingersatz finden, und dazu muss ich alle Stimmen einer Hand betrachten. Und auch danach müssen die Hand- und Armbewegungen ja auf alle zu spielenden Stimmen passen. Ist da das Üben einzelner Stimmen nicht eher hinderlich? Ich mache das eher, um mir die Stimmführung klar zu machen, aber eben nicht als langfristige Übemethode.

Lieber Karsten,

es sollte aber eine sein! Und zwar sinnvoll eingesetzt, nämlich einmal, um die Linien horizontal zu hören (wie in einem Orchester, bei dem sich das Klangbild auch aus vielen horizontalen Linien zusammensetzt) und auch immer wieder zur Kontrolle. Wenn ich eine Stimme verinnerlicht habe in Phrasierung, klanglichem Kontext und Gestaltung, brauche ich sie natürlich nur noch ab und an zur Kontrolle spielen - es ist auch interessant, wie sich die Sicht auf eine Stimme während der Arbeit am ganzen Stück verändern kann. Grundsätzlich brauche ich natürlich nichts üben, was ich schon kann. :D

Ich höre immer SOFORT, ob meine Schüler während der Erarbeitung nicht mehr stimmenweise üben. Ein Beispiel:

im Anhang unten ist ein Ausschnitt aus dem Nocturne cis-moll op. 27 von Chopin (weil wir bei Chopin waren - Berceuse, s.o.). Ab "con anima" kann man nun bei der Erarbeitung z.B. so vorgehen, dass man sich den Notentext anschaut und feststellt, dass eine achttaktige Periode in zwei viertaktige Einheiten (Vorder- und Nachsatz) gegliedert ist. Ich erkenne also die Phrasen. Der wenig geübte Spieler wird nun vielleicht hauptsächlich Akkorde sehen, sucht sich den entsprechenden Fingersatz heraus und übt dann einzeln. Der erfahrenere Spieler hingegen wird erkennen, dass dort eine Melodie (die alleroberste Stimme) mit Akkorden unterlegt ist und wird als Erstes nur diese Melodie mit einem frei gewählten Fingersatz spielen. So wird die Klangvorstellung mit allen Gestaltungsmöglichkeiten wunderbar herausgebildet, gleichzeitig bekommt der Spieler technisch ein Gefühl für die feine Artikulation (Legato, portato......) der Phrase und die Verbindung der Fingerkuppen untereinander! Um das klingende Ideal dieser Melodie zu hören, sollte man sie zunächst unbedingt mit einem bequemen Fingersatz spielen, anschließend kann man dieses Spielgefühl samt Klangvorstellung auf den durch den Klaviersatz notwendigen Fingersatz übertragen. Mit dem notwendigen Fingersatz gespielt sollte es nicht oder kaum schlechter klingen als mit dem bequemen!

Bei der Fingersatzfrage fährt man also auch mehrgleisig: die Schulung der Klangvorstellung ( also der Umsetzung des Notentextes in Klang) durch das Üben der Stimmen, erst mit freiem, bequemem Fingersatz, dann mit dem notwendigen - parallel die Erarbeitung des Fingersatzes durch das einzelne oder gleich zusammen Spielen der Hände (man muss ja auch wissen, welcher Fingersatz sinnvoll ist).

Was die Hände/Arme machen, ist halt nicht immer das, was musikalisch vorrangig ist. Bei Akkorden wie der "con anima"-Stelle sind die Bewegungen eher vertikal und so tappt man leicht in die Falle, auch vertikal zu hören und zu spielen. Hier muss man die Melodie aber horizontal denken und hören, sonst wird das con anima zum con stampfo molto elefantico.:D Also muss man immer mal wieder nur die Melodie spielen. Der Vorteil ist auch, dass man dann automatisch die Oberstimme (=Melodie) hervorhebt und die Akkorde klanglich anpasst. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Bewegungen dann eben auch anders sind. Sie richten sich nach der Verbindung der Melodietöne und sind nicht mehr so vertikal.

Ich hoffe, man sieht hier, wie eine richtige Herangehensweise von vornherein die richtige Klangvorstellung mitsamt der richtigen Technik ausbildet. Es scheint aber schwierig zu sein, das auch zu befolgen. Ich übe nur so und ich finde, dass ich dadurch viel schneller und effektiver übe. Es leuchtet doch ein, dass - wenn das Ziel auch wirklich ist, ein Stück so lebendig und gut wie möglich zu spielen - jeder Umweg, schlecht und zeitraubend ist.


Liebe Grüße

chiarina
 

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Hallo rolf und chiarina (Nennung in chronologischer Reihenfolge :p), Eure Erläuterungen scheinen sinnvoll und ergänzen sicher das, was ich bisher gemacht habe. Wieder was gelernt, vielen Dank!
 

Kennt jemand ein gutes Buch, in dem solche Beispiele behandelt werden, wie chiarina es vorher mit der Nocturne aufgezeigt hat? Man könnte bestimmt viele Tipps und Interpretationshinweise bekommen und sich etwas einlesen. Gibt es da auf dem Markt Literatur, die auch für den NichtProfi gut verständlich geschrieben ist?

Viele Grüße,
Klavierfan
 

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