Finger trainieren für Fortgeschrittene

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Doc88

Guest
In der neuesten Piano News wurde der Pianist Kadir Akar vorgestellt, der für fortgeschrittenere Klavierschüler Übungen entwickelt hat. Kennt jemand schon seine Übungen oder hat das schon mal ausprobiert ? Lohnt es sich ? Ein neuer Hanon ? Er habe an der Uni Düsseldorf gute Erfolge erzielt.
 
Jetzt habe ich die Überschrift verdorben !! " ... zielt " gehört natürlich nicht dazu. :angst:
 
Habe es korrigiert.
 
es spricht ja nichts gegen Übungen generell, aber der Zweck "Finger trainieren" erschließt sich mir nicht ganz...

Z.B.: Hanons "Fingerübungen" nur als solche zu betrachten und mechanisch runterzuüben, bringt rein gar nichts. Wenn man jedoch versucht, damit Musik zu machen - beispielsweise darauf achtet, eine schöne Gesamt-Linie zu bilden, die Töne gut miteinander zu verbinden, etc., können sie damit das Gehör und damit auch das Klavierspiel verbessern.
Die Frage ist halt, ob man das wirklich unbedingt an solchen stupiden Abläufen trainieren muss... habe ich persönlich mal 2-3 Tage probiert und dann doch wieder Chopin-Etuden geübt ;-)

Also was sind das genau für Übungen? Sicherlich ist das Rad nicht neu erfunden worden...?
 
Ich habe nur wenige Informationen darüber gelesen. Aber es handelt sich offenbar um Übungen mit " gefesselten Fingern ", die eine starke Dehnung der Hand erfordern. Was mich neugierig machte, war die Aussage, daß nicht die tausendste Version von Hanon, Czerny und Konsorten präsentiert wird, sondern ein verblüffend schnell wirkendes System von Übungen, die die Unabhängigkeit der Finger fördern sollen. Als Referenz wird die MuHo Düsseldorf angegeben. Offenbar sollen doch relativ " unmusikalische" Übungen eine deutliche Verbesserung der Spielqualität erzielen. Ich weiß, daß dies im Forum ein rotes Tuch ist, aber neugierig wäre ich schon mal.
 
Naja, Fesselübungen dieser Art wurden ja bereits von Liszt, Cortot und anderen publiziert und sind jetzt nicht etwas so bahnbrechend Neues.

Ich frage mich immer wieder, was genau "Unabhängigkeit der Finger" bedeuten soll. Rein anatomisch gesehen sind ja die Finger 3-5 nie unabhängig und wenn ich z.B. einen Triller mit 3-4 spiele, dann macht der 5. Finger natürlich in der Luft die Bewegung des 4. automatisch mit. Würde ich versuchen, den 4. unabhängig zu heben, käme ich ziemlich schnell an eine Verspannungs- und Geschwindigkeitsbarriere.

Fesselübungen sind meiner Meinung nach gut, um Doppelgriffe (z.B. Terzentriller) zu trainieren. Wobei ich es damit auch nicht übertreiben würde...
 
Es gibt auch eine Homepage, wo ein Kurs angeboten wird : www.totalpianocontrol.com . Aber für eine Teilnahme besteht momentan Aufnahmestop.
Die Methode wird auch in YT vorgestellt. ( Sucheigabe Kadir Akar oder totalpianocontrol.com)
 
Vor längerer Zeit hab ich mal von meinem damaligen KL Pischna verordnet bekommen. Auch mit reichlich Fesselübungen. Damit war jedenfalls eine deutliche Verbesserung meiner Anschlagspräzision und Spielgenauigkeit verbunden. Wie auch immer ....
 
Vielleicht gibt's bei dem Heft kostenlos ein paar Handschellen dazu.
Bei Cortot gibt es meines bescheidenen Wissens Übungen dergleichen in nahezu unendlich vielen Variationen, dazu wird man zu weiteren Erfindungen animiert. Vielleicht fehlen die Bilder?
 
Ich habe mal gelesen, dass solche Übungen so ähnlich sind, wie wenn man sich mal allen möglichen Behandlungen und Operationen unterzieht, obwohl man gar nicht weiß, ob man überhaupt krank ist oder was genau man hat...

Freilich mache ich selbst auch Übungen aller Art. Ideen hierzu gibt es ja durch Cortot usw. reichlich - auch der eigene Erfindergeist ist gefragt.
Nur mache ich die Übungen immer aus dem direkten Kontext einer Problemstelle in einem Stück heraus, und nur, wenn ich auch Probleme damit habe. Übungen, die man eigentlich schon kann, kann man sich wirklich sparen.
Zweitens verwende ich nicht so viel Zeit auf die Übungen, sondern werfe diese nur mal zwischendurch ein - meine Hauptarbeit besteht im musikalischen Üben und Verstehen. Alles andere würde zunehmend zu einem zu mechanischem und technischem Üben verleiten.

LG
 
Bier ist Bier und Schnaps ist Schnaps. Wenn ich technische Übungen mache, dann trainiere ich meist ein mechanisches Problem. Da gibt es oft keinen nennenswerten musikalischen Inhalt. Das soll die Finger geschmeidiger machen. Wenn ich ein Stück aus der Anspruchsvolleren Klavierliteratur übe, dann spielt das Musikalische Gestalten die Hauprolle. Ich denke nicht, daß die mechanischen Übungen die musikalische Gestaltung beeinflussen. Gewisse Bewegungsmuster gehören einfach dazu und sind Voraussetzung für musikalische Gestaltung. Sonst wird das Erlernen neuer Stücke mühsam. Je mehr ( mechanische ) Patterns verinnerlicht sind, desto effektiver das Erlernen neuer Literaturstücke. Jeder mir bekannte fortgeschrittene Pianist übt auch neben Literaturstücken technische Studien und Etüden. Tonleitern, Dreiklänge, Übungen für die Spannweite usw.usw. Wer das nicht mehr braucht ist schon sehr sehr weit fortgeschritten.
 

Hat einer was andres behauptet?
Jeder der genannten Autoren solcher Übungen hat zum Thema gewiss alles parat, was man sich denken kann. Die Auswahl macht den Meister - und die Neuausgabe dient sicher anderen Zwecken (zu dem in Grimms Märchen auch schon mal ein Esel herhalten musste).
 
Genau deshalb habe ich ja am Anfang des Fadens vorsichtig gefragt, ob jemand schon diese Übungen von Akar gemacht hat. Auf praktisch allen Gebieten gibt es ja auch immer mal wieder Fortschritte.
 
Ich habe Übungen von Kadir Akar ausprobiert und kann sie nur empfehlen!!
Ich spiele sie meistens 5 -10 Minuten zum Einspielen. Das Tolle ist, dass ich wirklich schon nach kurzer Zeit gemerkt habe, dass meine Finger unabhängiger und beweglicher geworden sind. (Ich übe grade die Chopin Etüde in A Moll.) Natürlich würde ich die Übungen nicht übertrieben lang spielen, aber sie sind ja ziemlich kurz und man kann sie immer mal zwischendurch ein paar Minuten spielen. Ich habe mir auch schon das Buch bestellt und bin schon sehr gespannt.
 
Ein Unterschied ist, dass bei Cortot
beide Hände unisono spielen und
bei den Übungen von Kadir Akar die Übungen gespiegelt sind. Also die Linke spielt genau die gleiche Figur, gespiegelt und mit dem gleichen Fingersatz, sodass beide Hände "gleichberechtigt" sind. Auch sind die Übungen kürzer als bei Cortot, aber teilweise schwieriger zu greifen. Dafür habe ich schon nach ein paar Minuten üben gemerkt, dass die Hände lockerer bzw. die Finger unabhängiger werden.
Du kannst aber auch mal auf der Website schauen. Da gibt es einen Beitrag von einem Hochschulprofessor, der genau darüber schreibt.
 
Ein Unterschied ist, dass bei Cortot
beide Hände unisono spielen und
bei den Übungen von Kadir Akar die Übungen gespiegelt sind.
tatsächlich gespiegelt (as oder d als Spiegelachse) hat den Vorteil, dass beide Hände identische Tastengriffe spielen (was vor langer Zeit schon Goldenweiser und Feinberg empfahlen, und die selber hatten das nicht erfunden) - zumeist aber klingen wirklich gespiegelte Abläufe recht wenig angenehm... Trotzdem ist das als Übung durchaus nützlich!!
 
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Was der Autor in den Videos zeigt, sieht leider sehr gewalttätig aus und klingt auch so. Gerade bei Fesselübungen muss das Handgelenk sehr viel freier und beweglicher sein!

Davon abgesehen, findet man ähnliche, aber bessere und praxisnähere Übungen bei Brahms (WoO 6). Auch die sind kurz und die Bewegungsabläufe sind dort auch oft gespiegelt. Wenn man die Brahms-Übungen versteht (was nicht immer einfach ist), sind sie überaus nützlich. Ebenso wie viele Cortot-Übungen, wenn man sinnvoll damit umgeht. Es hält einen übrigens auch niemand davon ab, die Cortot-Dinger gespiegelt zu üben.

Zum Ausgleich der teilweise recht anstrengenden Brahms-Übungen mache ich übrigens immer Feuchtwanger-Übungen, die das genaue Gegenteil davon sind. In der Kombination ist das meiner Meinung nach unschlagbar. Die Übungen von Kadir Akar bringen nun wirklich nichts Neues - ich würde darauf verzichten.
 
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Wenn ich technische Übungen mache, dann trainiere ich meist ein mechanisches Problem. Da gibt es oft keinen nennenswerten musikalischen Inhalt. Das soll die Finger geschmeidiger machen.
Und genau das ist Unsinn und abzulehnen.

Es gibt beim Instrumentalspiel keine "mechanischen Probleme". Sondern alle aus Sicht des Uninformierten scheinbar "mechanischen" Probleme sind stets Probleme, bei denen Klangvorstellung, Klangwahrnehmung (Martienssen: "Klangwille"), Zweckmäßigkeit und Schnelligkeit des Wahrnehmens und Denkens sowie mechanische bzw. körperphysiologische Aspekte zusammen kommen und untrennbar sind.

Dabei ist sehr wichtig, dass unterschiedliche musikalische Inhalte und Parameter - also nicht nur der genaue "Linienverlauf" des Gespielten, sondern auch Tempo, Dynamik, Phrasierung usw. - ganz entscheidenden Einfluss auf die erforderlichen zweckmäßigen Bewegungen haben, also die Vorstellung eines vom "musikalischen Inhalt" gelösten "Techniktrainings" gänzlich irrig ist.

Sofern man nicht unter einer manifesten Erkrankung des Bewegungsapparates leidet, hat man bereits die erforderliche Fingergeschmeidigkeit, die muss nicht extra gesteigert werden. Was man jedoch gucken muss und in der Tat durch zweckmäßige Übungen und Übeweisen befördern kann, ist, in welcher Art die Bewegungen der Finger als untergeordnete Bewegungen in gesamtkörperliche Bewegungsabläufe eingebunden sind! Nur dann können sie gut und ermüdungsfrei arbeiten.

Und deshalb ist auch für "Schnellspielen" (sofern man sich nicht im Bereich sehr virtuoser Literatur bewegt) meist auch nicht "Training" im "sportlichen" Sinne erforderlich, sondern man muss eher sozusagen den "Trick" kennen ( also z.B. vom Lehrer gezeigt bekommen und dann zur Gewohnheit machen), dann kann man auch ohne Einspielen und auch nach 2 Wochen Urlaub gleich schnell und locker spielen, und lediglich das "kopfmäßige Hineinkommen in die musikalische Welt" braucht einen Moment.
 
Präzision der Fingerbewegung und die Dehnbarkeit der Hände werden durch entsprechende technische Übungen deutlich verbessert. Das zu leugnen ist blanker Blödsin. ( Der Hasigeist, der stets verneint und alles was es gibt besser weiß) . Ich kenne zum Beispiel Schilderungen aus russischen Musikausbildungsstätten, da ist sowas sehr umfangreich üblich. Der Erfolg dieser Ausbildung ist unbestreitbar. Diese Arroganz einiger " alter Hasen " geht nicht nur mir allmählich auf den Zeiger.
LG Doc
 

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