Fehlerfrei üben/spielen/vorspielen

Innerer Schweinehund ist insofern besser, als da schon eine differenziertere Innenwahrnehmung da ist. Also ein seelischer Anteil benannt wird.
Was ich nicht verstehe, Carnina, spielst Du aus Bequemlichkeit falsch? Also wie hängt die Bequemlichkeit aka innerer Schweinehund mit den Fehlern zusammen?
Ich habe jetzt bei den c-moll Variationen von Beethoven nochmal an einer Stelle andere (und eindeutig bessere) Fingersätze und es ist zäh die Reflexe in tausend Wiederholungen umüben zu müssen. Dabei bemühe ich mich, keine Zeit mit Ärgern zu verwenden, also aufs Ziel fokussiert zu bleiben und auch beim Üben emotional beim Stück zu bleiben, mit dem ein persönlicher Ärger ja gar nichts zu tun hat.
Beim Beethoven fällt es mir allerdings schwerer, beim Spielen Bilder zu entwickeln, das ging bei Chopin und Schubert viel leichter, bin mir nicht sicher, woran das liegt. Vielleicht einfach, weil technisch noch so viel zu beachten ist.
 
Was ich nicht verstehe, Carnina, spielst Du aus Bequemlichkeit falsch?
Nein aber übe nicht strikt genug langsam z.B. oder wiederhole die Stelle gedankenlos gleich nochmal wo der Fehler dann ein zweites Mal passiert. Dann ärgere ich mich, weil ich weis dass es kontraproduktiv ist und ich es mir aufwendiger mache als es nötig gewesen wäre. Oder nicht von Anfang an genau zu sein, weil der Spielspaß durchbricht und man das dann mühsam ausmerzen muss statt die Geduld aufzubringen und es mit dem „austoben“ ein bisschen aufzuschieben.
 
@virtualcai nicht falsch verstehen. Ich Sitz da nicht broternst und „ärgere“ mich. Ich liebe üben!!!! Ich könnte den ganzen Tag damit verbringen Probleme zu lösen. Dieses „ärgern“ ist eher wenn man sich an einer Aufgabe festgebissen hat und es ums verrecken knacken will. Das ist doch nix negatives. Bissl fluchen mit einem Grinsen gehört dazu (für mich zumindest). Man muss nicht alles so broternst nehmen. Oder „bin ich jetzt zu dämlich für den läppischen Anfang mit den 2 Akkorden?“ dann packt mich der Ehrgeiz weil „kann’s doch nicht sein, dass das so eine Hexerei ist!“
 
@Carnina Du sprichst mir sowas von aus der Seele. Ich habe genau das gleiche Problem, dass ich beim nach kurzer Zeit auswendig spielen den Notentext nicht mehr zugeordnet kriege. In der letzten Stunde wurde ich damit so richtig gegrillt. Einzelne Stellen rückwärts aufbauend spielen, dann im Zusammenhang aber vor den schwierigen Stellen klatschen, um den Automatismus zu unterbrechen... ich war fix und fertig.
Jetzt versuche ich regelmäßig beim Spielen die Noten mitzulesen und bei den schwierigen Stellen gezielt nach Noten zu spielen. Mein KL hat es leider auf den Punkt gebracht, dass ich weiterspiele auch wenn ich mir nicht sicher bin, was ich greifen muss. Dann korrigiere ich wild, weil ich ja schon weiß, wie es klingen sollte, aber der Fehler ist passiert und das macht es für den nächsten Durchlauf nicht besser.
Ich weiß ja, was ich theoretisch übetechnisch zu tun habe aber die Ungeduld, dass es bitte SOFORT so klingen soll, wie ich mir das vorstelle treibt mich noch zu sehr an. Es ist schon viel besser geworden aber noch ein langer Weg.
 
um den Automatismus zu unterbrechen... ich war fix und fertig
Ha so ging’s mir letztes Jahr auch. Den ganzen Schumann zerlegt um den Automatismus zu zerhauen damit ich ihn richtig übe und dann auch gestalten kann. Anfangs dachte ich „den bekomm ich nie wieder sicher“ der Witz aber ist, das Gegenteil ist passiert 😎 Hände einzeln, Phrasierung im laaaangsamsten Tempo und übertrieben(!). Hände zusammen und gaaaanz langsam mit Metronom Unterstützung gucken dass es wirklich im Takt ist und zusammen klingt was zusammen klingen soll, und auf das zwischen linker und rechter Hand hören usw usw. Einzelner Passagen rausgegriffen und linke Hand phrasieren, dann rechte, dann zusammen (was natürlich nicht gleich ging 😁😎) dann das so üben und ohhhh Wunder… ich kannte das Stück dann besser als vorher und fing an langsam weg von „ablaufenden Programmen zu kommen.“ durch dieses permanente in und aussteigen im Unterricht war ich anfangs auch fertig. In Minuten Takt (!) einsteigen, aussteigen, einzeln, zusammen, nur Oberstimme, nur Unterstimme, nur mittelstimme usw usw und habe dann angefangen auch anders zu üben (man wusste ja was einem „blüht“). Er hat am zweiten Flügel sofort unterbrochen wenn ich was verpatzt hab und ich sollte die Stelle gleich korrigieren oder Nachspielen oder dazu spielen. Seit dem kann ich ein und aussteigen an fast jeder Stelle. Direkte Folge……. Man kennt den Text dann wirklich.

Dann das spielen in verschieden Tempi. Ist nämlich auch nicht so leicht 😜
 
Dann besteht ja bei mir noch Hoffnung :-D
Ich merke natürlich auch schon, dass das was bringt. Aber erzähl das dem hochwertgeschätzten Schweinehund ;-)
 
Liebe Carnina, ich finde es großartig, dass Du an diesem Wettbewerb teilgenommen hast und auch, dass Du das Video geteilt hast.
Hut ab vor Deinem Mut. Ich wünsche Dir weiterhin viel Freude beim Spielen und dass Deine Begeisterung für immer so hoch bleibt.

Durch Dein Video wurde ich von youtube wieder auf ein Video gelenkt, das ich vor über einem Jahr gefunden und dann leider aus den Augen verloren hatte. Es hatte mich damals sehr berührt, besonders natürlich die Rachmaninoff-Etüde, die ich dadurch erstmals hörte und die mich seither nicht mehr losließ: https://www. youtube.com/watch?v=qRcnKgCF8nI

 
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Möglicherweise spielst du zu oft durch. Weiß ja nicht, wie du übst, aber ich habe den Eindruck, du wartest drauf, dass es (die "Stellen"..) von alleine besser wird.
Damit wären wir wieder bei der Eingangsfrage.

Einerseits habe ich hier gelernt: "Durchspielen lernt man nur durch durchspielen" (oder zumindest eine "Ende-Anfang" Methode), andererseits muss man natürlich neuralgische Stellen üben. Ich glaube da muss jeder *s*einen Mittelweg in der "Budegtierung der Übezeit" finden.
Dass "die Stellen" von alleine NICHT besser werden erfahre ich jeden Tag ;-) und natürlich übe ich diese Stellen jeden Tag gezielt.

Inzwischen übe ich meist die erste Stunde "Das Neue", dann gehe ich über "Die Stellen" drüber und am Schluss spiele ich 1-2x komplett durch. Und Ratz-Fatz wird auch dem Amateur klar warum die wirklich guten Spieler so viele Stunden üben...
 
Inzwischen übe ich meist die erste Stunde "Das Neue", dann gehe ich über "Die Stellen" drüber und am Schluss spiele ich 1-2x komplett durch.
Mach's genau anders rum: erst 1 bis 2 Mal durchspielen, DANN Stellen üben, dann nur noch langsam einzelne Bilder durchspielen, so dass du keine Fehler mehr machst!

Spielst du nach dem Üben einzelner Stellen komplett durch, werden sich (wieder die üblichen) Fehler einschleichen. Was wird dann abgespeichert? Das Letzte. Da du vorher Stellen geübt hast, entsteht zusätzlich Verwirrung. Dann bleibt es ewig instabil. :)

Liebe Grüße

chiarina
 
Spielst du nach dem Üben einzelner Stellen komplett durch, werden sich (wieder die üblichen) Fehler einschleichen. Was wird dann abgespeichert? Das Letzte.
Hmm, stimmt, da hätte man mit Nachdenken auch selber draufkommen können. Ab morgen dreh' ich's um.

Die Idee zuerst Neues zu üben kam aus der Überlegung heraus, dass das Gehirn am Anfang mutmaßlich am "frischesten" ist.
Und dass: Wenn das Durchspielen funktioniert, wenn ich schon mental "durch" bin, es wahrscheinlich erst recht funktioniert, wenn ich "frisch" bin.
Soviel zu nur meiner (falschen) Überlegung wie ich meine Übezeit planen wollte.

Wie gesagt ab morgen "Durchspielen zuerst".

Das könnte erklären warum es nur seeeehr langsam besser wird ;-)
 
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Mach's genau anders rum: erst 1 bis 2 Mal durchspielen, DANN Stellen üben
So ganz verstehe ich das nicht. Wenn ich die problematischen Stellen übe, klappen sie doch hoffentlich beim Durchspielen danach?
Wenn ich ohne Stellen üben mit dem Durchspielen anfange produziere ich die Fehler an den schwierigen Stellen, die ich ja noch nicht geübt habe. Wo ist mein Denkfehler? :konfus:
 
So ganz verstehe ich das nicht. Wenn ich die problematischen Stellen übe, klappen sie doch hoffentlich beim Durchspielen danach?
Wenn ich ohne Stellen üben mit dem Durchspielen anfange produziere ich die Fehler an den schwierigen Stellen, die ich ja noch nicht geübt habe. Wo ist mein Denkfehler? :konfus:
Liebe Sunshine Yellow,

du übst ja bestimmte Stellen und greifst sie dir gezielt raus, weil sie nicht so klingen wie du es dir wünschst, weil dort Probleme auftauchen und sie schwierig für dich sind. Du verwendest beim Üben dieser Stellen sicherlich verschiedenste Übestrategien, nach deren Anwendung du eine deutliche Verbesserung der Stellen wahrnimmst.

Diese Verbesserung ist aber noch sehr wacklig und gerade mal im Kurzzeitgedächtnis verankert. Du hast sie erst erreicht nach einer gewissen Zeit des Übens dieser Stelle.

Wenn du nun das Stück im Tempo durchspielst, sollen nun diese Stellen klappen, obwohl du sie nicht kurz vorher noch einmal üben kannst, stattdessen sogar viele andere Dinge musikalisch und pianistisch bewältigen musst. Das klappt nicht. Diese Fehler werden dann wieder im Kurzzeitgedächtnis gespeichert und damit tust du dir keinen Gefallen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass beim Durchspielen erneute Fehler bei diesen Stellen auftreten, ist sehr hoch, denn diese (alten) Fehler sind im Hirn viel deutlicher eingespeichert als die gerade geübte, Zeit brauchende Verbesserung der fehlerhaften Stelle. Du kannst es ausprobieren: bei einem Stück alle Stellen rausgreifen und üben/verbessern, dann das Stück im Tempo durchspielen. Ist jetzt alles fehlerfrei? Nein, denn die Speicherung der Verbesserung der Stellen braucht Zeit, bis sie im Langzeitgedächtnis gelandet ist und jederzeit und automatisch ohne vorheriges Üben abrufbar ist.

Liebe Grüße

chiarina
 
@chiarina: vielen Dank für die Erklärung!
Woran ich hänge ist, dass sich daraus für mich die Konsequenz ergibt, dass ich erst dann durchspielen darf, wenn ich die einzelnen Stellen so sicher geübt habe, dass beim Durchspielen eben keine Fehler mehr entstehen.
Mach's genau anders rum: erst 1 bis 2 Mal durchspielen, DANN Stellen üben
Das würde doch genau das fördern, was Du beschreibst, nämlich dass ich beim Durchspielen erstmal Fehler mache. Oder "zählen" die nicht, weil ich sie danach noch korrigiere durch die Arbeit an den einzelnen Stellen?
 
genau das fördern, was Du beschreibst, nämlich dass ich beim Durchspielen erstmal Fehler mache
Genau das, was Du im Nachsatz so schön beschreibt. Nach dem Durchspielen weiß man, was zu tun ist.
Ich empfehle (mache es selbst auch oft so!) nach dem Üben eine entspannte 80% Variante zu spielen, also alle Parameter (Tempo, Dynamik, rhythmische Energie, Kantabile, ...) auf ein bequemes Maß runterzuschrauben - eventuell auch mit Denkpausen.
 
Woran ich hänge ist, dass sich daraus für mich die Konsequenz ergibt, dass ich erst dann durchspielen darf, wenn ich die einzelnen Stellen so sicher geübt habe, dass beim Durchspielen eben keine Fehler mehr entstehen.
Als Übungsabschluss siehst Du das richtig.
Es geht hier um das, was Dein Gehirn nach dem Üben macht. Spielst Du am Ende einer Übesession Stellen fehlerhaft, verarbeitet das Gehirn diese Stelle genau so (vor allem beim Schlafen) und trainiert sie sich an. Daher gibt es auch immer wieder den Tipp, als Abschluss 100% fehlerfrei zu spielen, z.B. in dem man so langsam spielt, wie es dafür notwendig ist.
Oder "zählen" die nicht, weil ich sie danach noch korrigiere durch die Arbeit an den einzelnen Stellen?
Exakt!
 

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