Existenzkrise durch Musik?

  • Ersteller des Themas kreisleriana
  • Erstellungsdatum

kreisleriana

kreisleriana

Dabei seit
29. März 2009
Beiträge
1.013
Reaktionen
604
neulich diskutierte ich mit meinen Studenten, wie im (nicht berufsmusikalischen)Berufsleben burn-out etc vermieden werden kann und erwähnte die Möglichkeit, durch aktives Musizieren Ausgleich zu finden und wollte die Meinung der jungen Studiosi dazu hören.

Kaum hatte ich das ausgesprochen, kam eine bittere Erinnerung in mir hoch:

Ich hatte einen lieben Kollegen, immer gut gelaunt, immer hilfsbereit, fröhlich und verständnisvoll.
Er war begeisteter Hobby Musiker und Komponist.Er wartete sehr auf seine Pension, um endlich beliebig viel Zeit für seine große Leidenschaft zu haben und erzählte mir immer von seiner Arbeit an der Komposition einer Messe.
Es wurde dann still um ihn, ich traf ihn noch manchmal, er war niedergeschlagen, "die Komposition geht nicht voran, das Projekt ist zu groß, er schaffe das einfach nicht, immer , schon als Mitglied der Wiener Sängerknaben, hatte er davon geträumt, in Komposition und Musik einmal die Erfüllung zu finden, aber dann kam ein anderer Beruf, Zeitnot, ein erfülltes Berufsleben, und jetzt wo alles in Erfüllung gehen könnte scheitere er an seinem Traum, weil ihm die Begabung fehle."
Ich dachte damals an die traurige Szene im "Amadeus" Film, wo Salieri Gott verflucht, weil dieser ihm nur die Fähigkeit gegeben hatte, Mozarts Genie zu erkennen, ihm selbst aber das Genie versagt hatte oder das traurige Lied Reinhard Meys "wir wollten doch den Horizont erreichen und haben nur ein Schiffchen aus Papier".

Das Bild seines furchtbaren Endes kam mir vor Augen, während die Studenten diskutierten: seine Frau fand ihn neben der unvollendeten Partitur erhängt am Dachboden.

Auch hier hat es schon den einen oder anderen Faden gegeben, wo es recht emotional zuging, Verletzungen erwähnt wurden und auch zugefügt wurden.Wie gefährlich für das emotionale Gleichgewicht ist - bei allem Positiven und unendlich Bereichernden- Musik bzw. das Scheitern an den eigenen musikalischen Ambitionen?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Wie gefährlich für das emotionale Gleichgewicht ist - bei allem Positiven und unendlich Bereichernden- Musik bzw. das Scheitern an dben eigenen musikalischen Ambitionen?
nicht gefährlicher, als bei anderweitigen ambitionen.

es hängt sehr stark von der persönlichkeit ab, wie diese vom "scheitern" verwundet, oder auch nicht verwundet wird.
 
Solange man nicht vergißt, dass beim Musik machen der Weg das Ziel ist, dürfte es nicht zu solchen Existenzkriesen kommen.
 
Das ist ein Problem nicht weniger Leute: Sie bilden sich ein, wenn nicht etwas ganz Tolles in ihrem Leben passiere oder sie etwas ganz Tolles leisteten, sei ihr Leben (bzw. sie) nichts wert.

Und manche halten sich für was weiß ich wie hochtalentiert und meinen, sie müßten unbedingt aus diesem Talent was machen.

Dies ist natürlich alles Bullshit.

Narzißmus und Perfektionismus überwinden, einfach ein ganz gewöhnliches Leben führen und dabei Spaß haben - das ist es!

LG,
Hasenbein
 
Wie gefährlich für das emotionale Gleichgewicht ist - bei allem Positiven und unendlich Bereichernden- Musik bzw. das Scheitern an den eigenen musikalischen Ambitionen?

Hi kreisleriana,

ich glaube, da kommts auch mit drauf an, wie viel an z.B. materiellem ( Geld ), oder Zeit, oder Anstrengungen zuvor in diese Ambitionen "investiert" wurden. Viele Studenten zahlen vielleicht Unsummen, üben wie die Wilden, schaffens bis kurz vor Ende - und dann ist aus irgendwelchen Gründen Feierabend... . Dein in der Tat trauriges Beispiel mit dem Komponisten ist da glaub ich fast noch seltener... und vielleicht ist ja auch nichtmal immer ein "unvorhergesehener Tod" die Folge, vielleicht gibts ja noch andere unschöne Dinge, die sich dann ereignen könnten - aber das kann man nat. nur erahnen.

Das mit der Begabung, dass ihm die fehle ( ich nehme an, es handelte sich um seine eigene Aussage ? ) , also ich weiß nicht. Er hätte ja auch eine "unbegabte" Messe zuendekomponieren können. Irgendwie muss ja dieser Gedanke der Unbegabtheit in ihm entfacht worden sein.

Irgendwie sind wir zwar alle verschieden begabt - aber auf keinem Gebiet richtige "Nullen", denk ich. So ist der Mensch. Seine Vielfältigkeit und Anpassungsfähigkeit und seine diversen Fertigkeiten aus jedwedem Bereich, gepaart mit ein wenig Opportunismus, haben ihn zu dem gemacht, was er ist.

Nun denn! Machen wir das Beste draus ;)

LG, Olli !
 

Ähnliche Themen

Dreiklang
Antworten
146
Aufrufe
14K
Dreiklang
Dreiklang

Zurück
Top Bottom