Etuden von Henselt

Ich bin neulich zufällig auf die Etuden von Henselt gestoßen.
...du wirst staunen, wenn du mal über Henselts f-Moll Konzert stolperst!!
die Etüden sind überwiegend schwierig bis sehr schwierig - Henselt, der spätere Hofpianist der Zarin, könnte als eine Art "deutscher Alkan" (wenn auch nicht so bekannt) bezeichnet werden. Erstaunlich, dass er nach anfänglich aufsehenerregender Konzertkarriere immer gehemmter wurde in Sachen öffentlicher Auftritte (vgl. Harold Schonberg) - es hieß, er spiele am besten, wenn er sich allein bzw. unbeobachtet fühlte.
 
Ich bin neulich zufällig auf die Etuden von Henselt gestoßen. Kennt sie jemand? Für Etude fand ich die Werke erstaunlich gut, habe darunter unerwartet nette Stücke entdeckt, hier mal ein paar Etuden (ich höre mir gerade an, was es von ihm auf YT gibt):

Henselt - Etude Op. 5 No. 10 "Lost Happiness" - YouTube

Henselt - Etude Op. 5 No. 5 "Lost Home" - YouTube

Das erste ist ein richtiger Ohrwurm.

Beim zweiten würden mich die ständigen 10er Griffe abschrecken.
 
...du wirst staunen, wenn du mal über Henselts f-Moll Konzert stolperst!!
die Etüden sind überwiegend schwierig bis sehr schwierig - Henselt, der spätere Hofpianist der Zarin, könnte als eine Art "deutscher Alkan" (wenn auch nicht so bekannt) bezeichnet werden. Erstaunlich, dass er nach anfänglich aufsehenerregender Konzertkarriere immer gehemmter wurde in Sachen öffentlicher Auftritte (vgl. Harold Schonberg) - es hieß, er spiele am besten, wenn er sich allein bzw. unbeobachtet fühlte.
Die folgenden vier Stolpersteine gibt es hier:
Adolph Henselt - Piano Concerto Op.16 PART 1 of 4 - MICHAEL PONTI - YouTube
Adolph Henselt - Piano Concerto Op.16 PART 2 of 4 - MICHAEL PONTI - YouTube
Adolph Henselt - Piano Concerto Op.16 PART 3 of 4 - MICHAEL PONTI - YouTube
Adolph Henselt - Piano Concerto Op.16 PART 4 of 4 - MICHAEL PONTI - YouTube

Demnach können zwei Faktoren eine nicht unbeträchtliche Rolle gespielt haben, dass Henselt nicht die Popularität eines Franz Liszt erreicht hat: Zum einen die Verlagerung des Wirkungskreises ins ferne zaristische Russland, zum anderen die zitierten Spielhemmungen, die das publikumswirksame Agieren im Dienste der eigenen Sache natürlich nicht gefördert haben. Hinsichtlich des letztgenannten Phänomens dürfte er nicht der einzige gewesen sein: Einem Leopold Godowsky wird nicht gänzlich ohne Grund nachgesagt, seine überlieferten Aufnahmen blieben um Lichtjahre hinter seiner wahren Meisterschaft am Instrument zurück...!
 
Besten Dank für die Aufnahme mit Ponti!!!!
 
Die Stücke von Henselt sind ganz wunderbar. Ich muss gestehen, dass ich sie nicht kannte, was nun aber zu ändern ist.

Ich habe mal in Robert Schumanns Tagebüchern gestöbert und z. B Folgendes gefunden:

"Donnerstag am 21sten (Dezember 1837).

Mit Henselt u. Weber im Hotel. herzlicher Mensch, der viel zu denken gibt, dieser Henselt- hat alles auf der Zunge.

Freitag am 22sten. Früh zu Henselt bei Mendelssohn, wo er wahrhaft herrlich gespielt auf dem Englischen-....

Abends schrecklich viel Bier getrunken- was ist das schwach und erbärmlich! Dann mit Lorenz zu Henselt, der wunderschön gespielt u. lieb wie immer war.

Sonnabend am 23 sten- zu Mendelssohn, wo Henselt-...
um 8 zu Henselt- Briefe seiner Frau- Etuden, neue, von ihm bezeichnet-treuherzig- Geständnisse, auch von mir, die mich beihahe ärgern- Du- wie ein Bruder kömmt er mir vor

Sonntag, am 24sten Heiliger Abend- mit Weber u. Henselt viel zusammen- .....

Abends bis 1 Uhr bei mir- Henselt wie ein Gott am Clavier-



September 1842:

Sontag d.18, nachdem wir ihn zweimal vergeblich erwartet hatten....
Er entzückte mich wie ehemals durch sein imposantes und dabei weiches Spiel; sein Vortrag ist schön und natürlich, überhaupt der ganze Mensch Gemüth glaube ich. Als Componist hat er aber keine Fortschritte gemacht, alle Melodieen hatte er früher schon frischer, und die Form ist immer Dieselbe. So herrlich nun sein Spiel ist, so deutlich jeder Ton, so glaube ich doch, daß durch das viele mechanische Studium sein Anschlag an Zartheit verloren hat. So recht hingehaucht, poetisch scheint er nicht spielen können, es sieht und hört sich bei solchen Stellen imer ein gewisse Steifheit heraus. Schade, daß er sich da nach Petersburg hin vergraben hat, wo sein Talent in Stunden geben wenn nicht untergeht, so doch leidet. Er hat mich übrigens durch sein Spiel wieder wie vor 6 Jahren ermuthigt, dann aber auch angefeuert. Ich bin jetzt unverzeihlich faul im Clavierspiel gewesen, doch ich will Alles wieder gut machen, so viel es mir möglich ist."
Ende des Zitats

Als Klavierlehrer scheint Henselt unglaublich streng, geradezu unerträglich gewesen zu sein.
Sehr schön weist Schumann hier ( wenn wir annehmen, dass er mit seinen Beobachtungen recht hat) auf die Gefahren mechanischen Übens hin.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
...du wirst staunen, wenn du mal über Henselts f-Moll Konzert stolperst!!

Das Henselt-Konzert wurde im 19 Jahrhundert viel gespielt, vor allem als Vorbereitung für die Chopin-Konzerte. Danach kam es ziemlich aus der Mode.

Arthur Rubinstein hat in seiner Autobiographie-Teil 1 geschrieben, dass er sich in seinen jungen Jahren gegenüber seinem Lehrer (Heinrich Barth) geweigert hatte, dass Henselt-Konzert einzustudieren, weil er es musikalisch schlecht und altmodisch fand (was Rubinstein übrigens auch über die Mendelssohn-Stücke dachte, die er auf Ansage Barths einüben musste). Danach gab es mit seinem Lehrer ziemlichen Streit.

Nette kleine Anekedote, die aber zeigt, wie sich der Musikgeschmack um 1900 allmählich änderte. Auch Moszkowski gerieht um diese Zeit langsam in Vergessenheit, nachdem er zuvor noch Unmengen an Geld mit seinen Werken verdient hatte.
 
Das Henselt-Konzert wurde im 19 Jahrhundert viel gespielt, vor allem als Vorbereitung für die Chopin-Konzerte.
eine merkwürdige Methode, denn rein technisch ist das so, als würde man die Hammerklaviersonate als Vorbereitung auf Haydnsonatinen üben :D:D ...also mit den beiden Konzerten von Chopin hat die massive und oftmals extrem weitgriffige Akkordprügelei von Henselt nichts zu tun (das ist eher lisztig), dasselbe gilt für die ausufernden Oktavgänge; bestenfalls ein paar Spielfiguren klingen chopinesk im f-moll Konzert.
 
Das Henselt-Konzert wurde im 19 Jahrhundert viel gespielt, vor allem als Vorbereitung für die Chopin-Konzerte. Danach kam es ziemlich aus der Mode.
Das könnte man bestenfalls in stilistischer Hinsicht nachvollziehen - im Vergleich der Schwierigkeitsgrade ist es höchstwahrscheinlich genau umgekehrt. Ein wenig dürfte Rubinstein seine Haltung gegenüber Mendelssohn-Bartholdys Klavierwerk modifiziert haben:
Arthur Rubinstein plays Mendellsohn's Spinning Song - YouTube
Rubinstein, Heifetz and Piatigorsky - Mendelssohn - YouTube

Letzteres zeigt ihn als kongenialen Kammermusiker - allerdings bleiben gegenüber den zahlreichen Einspielungen von Werken Schumanns, Chopins und Liszt in Rubinsteins Diskografie Mendelssohn-Einspielungen eher marginal. @Inaki spricht vom Wandel des Musikgeschmacks um 1900: Da sind in der Tat viele großen Namen recht schnell wieder aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwunden. Moszkowski wurde an dieser Stelle genannt, die Scharwenka-Brüder oder Robert Fuchs könnte man ebenso erwähnen - interessant für jeden Pianisten, der im spätromantischen Repertoire für Entdeckungen aus der Brahms-Generation bereit ist...
 
Besten Dank für die Aufnahme mit Ponti!!!!

Michael Ponti hat außerordentlich viel virtuoses Repertoire aus dem 19. Jahrhundert eingespielt und sich unzweifelhaft verdient gemacht um Literatur, die eine Wiederentdeckung durchaus verdient hätte - darunter Klavierkonzerte von Xaver Scharwenka und Moszkowski, deren Namen gerade eben noch gefallen sind...!
 

eine merkwürdige Methode, denn rein technisch ist das so, als würde man die Hammerklaviersonate als Vorbereitung auf Haydnsonatinen üben :D:D ...also mit den beiden Konzerten von Chopin hat die massive und oftmals extrem weitgriffige Akkordprügelei von Henselt nichts zu tun (das ist eher lisztig), dasselbe gilt für die ausufernden Oktavgänge; bestenfalls ein paar Spielfiguren klingen chopinesk im f-moll Konzert.

Ja, das stimmt wohl. Ich weiß leider nicht mehr genau, wo ich das gelesen hatte, sonst würde ich die Fundstelle zitieren.

Ich besitze eine Ausgabe von Adolf Ruthardts "Wegweiser durch die Klavier-Literatur" von 1926 (Erstauflage davon stammt so ca. aus 1890). Was dort alles so drin steht ist sehr lustig.. halt eine andere Zeit. Was man Ruthardts Meinung nach angeblich alles als Vorbereitung einstudieren soll, bevor man die heute gängige Klavierliteratur spielen könne. Ein einziger Schmankerl, vor allem die Spitzen gegen die damaligen sog. "Neutöner" (!) Debussy, Ravel usw.
 
Ein wenig dürfte Rubinstein seine Haltung gegenüber Mendelssohn-Bartholdys Klavierwerk modifiziert haben

Ja, er hatte auch nicht grundsätzlich etwas gegen Mendelssohn, sondern gegen eben die paar Stücke, die sein Lehrer Barth im als "Hausaufgabe" mitgab. Ich kann mir vorstellen, dass es sich eher um solche Sachen wie das Capriccio (op. 5) und das Scherzo a Capriccio etc... gehandelt haben dürfte. Die finde ich auch nicht so wirklich dolle. Da hat das gute alte "Spinnerlied", op. 67 Nr. 4 doch mehr Pepp und ist nicht zu lang ;-)
 
Den erstarrten Georg Martin Adolph von Hänselt sehe ich immer mal wieder auf dem Weg in unsere 'Innenstadt':

=> Denkmal <= ;)

Leider stehen ihm hier nur 5 Oktaven zur Verfügung... :D

Cordialement

Sol
 
Henselt und Rubinstein

Zu erwähnen ist, dass Henselt und Rubinstein sich sehr gut kannten. Zu Henselts 50. Jübiläum als kaiserlicher Leiter der Mädchenschulen in Russland hielt Rubinstein die Rede.
Henselt unterrichtete mit seiner Methode an den russichen Schulen für höhere Töchter, deren Leiter er war. Das heißt, er hat die Lehrer dort ausgebildet und diese wiederum die Schülerinnen. Er hat es sich nicht nehmen lassen, den Prüfungen selbst beizuwohnen. Rubinstein war Leiter des Musikconservatoriums in St. Petersburg und daher nutznießer der Ausbildung seiner Studenten, die vorher bei Henselt gewesen waren.
Hensetl hielt isch selbst für einen unzureichenden Komponisten. Hervorgehoben hat er selbst sein Poem d'Amour und noch einige andere Werke. Berühmt ist die Einspielung der Vögleinetüde Henselt's durch Rachmaninoff. Berühmt und unerreicht. Heute wird sie meist im halben Tempo gespielt.
 

  • Habe heute die CD gehört und Henselt sofort ins Herz geschlossen:herz:
  • Ein Muss für alle Romantikfans (Schumann hat ihn mit Chopin in einem Atemzug erwähnt) und ein Muss für alle Franken;-)
 

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