dozen a day

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sad_clown

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9. Okt. 2006
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Hallo zusammen,

in den letzten Wochen bin ich wieder richtig heiß geworden zu spielen und über wieder intensiv. Bin jetzt ca ein 1 Jahr dabei.
Mein Klavierlehrer hat mir das Übungsheft "dozen a day" empfohlen. Hab ich mir auch gleich gekauft zum üben.

Kennt ihr das ???
Ich find die Übungen nicht schlecht. Für die, die es nicht kennen: Es sind immer 12 Übungen am Stück. In der Erklärung heisst es, dass man es als Fingerübung vor der eigentlichen Übung machen soll.
Allerdings finde ich die Sachen schon aufwendig genug.

Wäre es eurer Meinung nach sinnvoll nur diese Sachen aus "dozen a day" zu üben dafür aber intensiver oder was meint ihr generell ???
 
hallo sad_clown

Da habe ich schon unterschiedliches gehört... Manche schwören auf Technik- und Fingerübungen, und behaupten sogar, sie sollte die Hälfte der Übe-zeit Beanspruchen. Andere wiederum sagen, Fingerübungen kann man sich gänzlich sparen, man solle die Technik lieber an den Stücken üben, die man gerade spielt.
Ich denke mal, dass das jeder ein bisschen für sich selbst herausfinden muss. Es ist natürlich logisch, dass man an einem Musikstück viel viel Technik lernen kann, aber ein paar Fingerübungen zwischendurch schaden sicher nicht, solange man es nicht übertreibt...

liebe Grüße

Stilblüte
 
Hallo was auch immer

Ja hier muss ich als "Retter der Deutschen Sprache" schon mal einschreiten.

Was ist das für ein Klavierlehrer.

Steht der auf Englisch? Dann soll er sich an J.W. Schaum halten.

Oder er gibt deutschen Klavierunterricht mit J.S.Bach

Chief
 
Hallo!

Ich dachte Musik ist eine Universalsprache. Ist es denn nicht unerheblich, aus welchem Land Edna-Mae Burnam stammt?!? Hauptsache gut und sinnvoll.
(Mir ist jedenfalls Schaum sehr suspekt, mit der Hal Leonard Klavierschule hingegen habe ich bisher ausnahmslos gute Erfahrungen gemacht.)

Mir wurde "A Dozen A Day" von meiner Klavierlehrerin empfohlen. Sie ist Dozentin an einer Musikhochschule und pädagogisch recht erfolgreich.

Von "A Dozen A Day" gibt es insgesamt 5 Bände, natürlich mit steigendem Schwierigkeitsgrad. Die Titel und dazugehörigen Abbildungen zu den Fingerübungen finde ich sehr treffend.

Im Vorwort steht ja nicht, dass du alle 12 Übungen sofort spielen sollst. Sondern nach und nach immer eine dazu nehmen - bis das Dutzend voll ist.

Ich finde es durchaus sehr sinnvoll, technische Übungen vor dem eigentlichen Üben zu machen. Sei es, um sich auf das Klavier einzustellen oder die "Übestunde" sinnvoll einzuläuten. Im Chor wird sich doch auch erst aufgewärmt - mit Einsingeübungen, die dem technischen Stand des Chores entsprechen und auch so angelegt sind, dass der Chor mit der Zeit "technisch"/gesanglich besser wird.

Wie dem auch sei, ich schätze "A Dozen A Day" sehr - und für den Klavierlehrer mag es zumindest eine recht inspirierende "Materialsammlung" sein. Aber: Was nützt die beste Fingerübung, wenn sie nicht richtig und ohne Konzentration durchgeführt wird.

Gruß, Ramona
 
Für den Verfechter der deutschen Sprache und alle anderen, die sich für "A Dozen A Day" interessieren, hier das Vorwort (in einer freien Übersetzung auf Deutsch):D

Viele Menschen machen täglich Morgengymnasik bevor sie zur Arbeit gehen.
Ebenso sollten wir unseren Fingern tägliche Übungungen geben bevor wir unser Üben beginnen.

Die Absicht dieses Buches ist, starke Hände und flexible Finger zu entwickeln helfen.

Wenn du beginnst mit diesem Buch zu arbeiten, versuche nicht in der ersten Woche gleich alle 12 Übungen der 1. Gruppe zu lernen! Lerne einfach zwei oder drei Übungen, und mache sie jeden Tag vorm Üben. Wenn diese gemeistert sind, füge eine weitere hinzu, danach wieder eine und füge immer weiter hinzu bis die 12 Übungen perfekt gespielt werden können.

Nachdem das erste Dutzend - Gruppe 1 - gemeistert und perfektioniert wurde, soll die 2. Gruppe auf die gleiche Art und Weise eingeführt werden, und so weiter mit den anderen Gruppen.

Viele dieser Übungen können transponiert werden. In der Tat, dazu sollte man ermutigt werden.
 
Noch ein Fan der Hal Leonard Schule!
Mein Sohn hat sie an der Musikschule, ist jetzt im 4. Teil. Ich bin richtig neidisch drauf und übe die meisten Stücke mit, z.Zt. "Latino, Latino" aus dem Spielband. Das groovt richtig. Ich finde diese Schule völlig zu unrecht viel zu unbekannt. " A Dozen A Day" hat dieser Lehrer übrigens nicht empfohlen, sondern "Spiel dich fit".
Ich selber hab auch bei ihm Unterricht, wir machen vor dem eigentlichen Spielen "nur" Tonleitern legato und staccato (igitt) in versch. Tempi und eine spezielle Art von Arpeggien um die Schwimmhäute zu dehnen. Er meint, das reicht völlig aus, den Rest lernt man mit den Stücken.

Gruß, Beate
 
Hallo Beabarba!

Ich hatte als Kind auch einen Lehrer, der mich oftmals nur Tonleitern spielen ließ (später auch Dreiklangsbrechungen und Kadenzen).
Ich halte nur bedingt etwas davon. Meist ist es auch gar nicht notwenig, die ganze Tonleiter zu üben. Das Problem liegt doch vielmehr am Daumenuntersatz bzw. am Fingerübersatz. Meist gelingt es nicht, eine Tonleiter gleichmäßig zu spielen, weil die Finger zu instabil sind (außerdem fehlende Fingeraktivität) und die Stütze allerspätestens beim Daumenuntersatz vollkommen zusammenbricht. Tonleiterspiel ist ein ganz wichtiges Hilfsmittel um die Töne einer Tonart zu festigen und gerade in den Sonatinen von Clementi oder Kuhlau findet man fast ausschließlich Tonleiterspiel.

Meine jetzige Lehrerin hat mir bestimmt über ein halbes Jahr Übungen aus Hanon gegeben, einfach aus dem Grund, weil meine Finger nicht so stabil waren, wie sie hätten sein sollen. Und auch um die Spanne zwischen den Fingern zu erweitern. Es erscheint mir oftmals auch ganz notwendig mittels einer Übung den Focus auf ein ganz bestimmtes technisches Problem zu lenken. Im eigentlichen Stück treten sie oftmals zu gehäuft auf, Etüden benötigen erst etwas "Erarbeitungszeit". Eine Fingerübung hingegen ist recht kurz und man kann sich voll und ganz auf seine Hand und die Finger konzentrieren.

Letztendlich ist das Ziel von Fingerübungen auch, alle Finger "gleichmäßig" auszubilden. Das geschieht aber nicht, wenn man Tonleitern immer nur auf die gleiche Art und Weise übt. Mich würde interessieren: Über wie viele Oktaven musst du die TL spielen, immer nur in Parallelbewegung und stets mit beiden Händen zusammen??? Spielst du sie in unterschiedlicher Lautstärke und auch mal so, dass eine Hand legato spielt, während die andere Hand staccato spielt ???

Probiere z.B. auch punktiert zu üben oder auch mit Akzenten (Betonen eines bestimmten Fingers). Teile die TL in sinnvolle Gruppen ein (beliebt ist auch: auf dem 1. Ton der Gruppe gut stehen, schnell weiterspielen bis zum nächsten Anker) Übe besonders den Daumenuntersatz (selbst da gibt es unzählige Übungen)usw.
Besonders als erwachsener Anfänger finde ich es wichtig, dass der Lehrer dir erklärt, wozu du diese Übungen machst. Wenn du nämlich weißt, was für einen Nutzen sie für dich haben werden, dann wirst du sie auch lieber üben.

Gruß Ramona
 
Ramona,
ich habe erst vor kurzem zu diesem Lehrer gewechselt. Im Moment spielen wir die Tonleitern "nur" legato und staccato ganz langsam (MM 60), doppelt so schnell jeweils beidhändig und triolisch, d.h. drei in einer Sekunde und über drei Oktaven. Das richtig und gut klingend hinzukriegen finde ich schon ganz schön schwer, besonders staccato. Ich nehme an, wir gehen den ganzen Quintenzirkel durch, jetzt sind bin ich erst bei D-Dur. Das macht aber nur einen ganz kleinen Teil der Übezeit aus, sozusagen zum Warmwerden.
Mein Sohn übt bei ihm gar keine Tonleitern, sondern ab und zu was aus "Spiel dich fit". Da kann er als Pädagoge schon gut einschätzen, was für wen richtig ist. Ich denke auch, daß wir zu gegebener Zeit die von dir beschriebenen Tonleitervariationen einbauen, aber alles zu seiner Zeit. Jetzt muß sich erst mal ein sauberer Anschlag einschleifen. So gesehen denke ich auch, daß es mir viel bringt, daß "igitt" bezog sich eher darauf, daß es mir im Moment noch so schwer fällt, alles auf einmal richtig hinzukriegen (sauberes Staccato, Gleichmäßigkeit, richtiger Fingersatz und richtiges Tempo).
 
Dozen A Day?

einfach Klasse!
die Erwärmung macht Spaß und die Finger lernen sich regelmäßig an ein Training zu gewöhnen ohne überlastet zu werden. Diese Regelmäßigkeit bringt erfolg, der zudem die Spielfreude nicht behindert. :keyboard:
 
Hallo Beabarba!

Sorry, dein Lehrer ist bestimmt ein sehr kompetenter Mann. Bei mir sind "Tonleitern" jedoch mit schlechten Erfahrungen mit meinem ersten Lehrer verbunden.
Im Prinzip finde ich es schon wichtig, bestimmte Standardformen zu lernen.
Ich "musste" übrigens als Kind auch alle Tonleitern Dur wie Moll des gesamten Qintenzirkels lernen, dazu kamen eben noch Dreiklangsbrechungen und Kadenzen. Das war mein damaliges tägliches "Technikprogramm" - auch verbunden mit Metronom - und eben auch über eine Oktave (in Viertel) , über zwei Oktaven (in Achtel), über drei Oktaven (in Triolen) und letztendlich über 4 Oktaven (in Sechzehntel).
Meinen ersten Dämpfer erhielt ich jedoch erst mit 15. Da wollte ich mich an einem Musikgymnasium bewerben und bin nicht angenommen worden. Hinterher haben wir noch einen Termin mit einer dort unterrichtenden Klavierlehrerin gemacht - und sie erzählte mir etwas von "der Impuls muss aus dem Finger kommen" - damals hatte ich noch nie etwas davon gehört und auch noch nie gespürt. Meine jetzige Lehrerin - bei der bin ich mittlerweile schon seit 6 Jahren - hatte ganz schön zu tun, mir eine ordentliche Technik beizubringen. Meine Finger waren total instabil ("Knickebein") und die Stütze hat auch gefehlt. Bei ihr musste ich übrigens keine einzige Tonleiter üben, sie hat mir ein paar Übungen aus Hanon gegeben ( dazu: variantenreich üben, und immer erst jede Hand einzeln richtig sicher) und Übungen zur Kräftigung der Finger. Tja, die Umstellung insbesondere das Umlernen hat sehr viel Nerven und Mühe gekostet. Am Anfang wollte ich es auch nicht einsehen, hatte ich doch 10 Jahre nie darauf achten müssen.
Mittlerweile bin ich auf einem ganz guten Weg, Besserung und vor allem Einsicht haben sich eingestellt, aber ich kann mich nach wie vor noch nicht 100%ig auf meine Finger verlassen - aber zumindest das "Gefühl" des Stützens ist da und das ist ja Voraussetzung.

Um auf Dozen A Day zurückzukommen, denn darum geht es ja in diesem Thema. Die Übungen gehen erst mal von der 5-Fingerposition aus - was ich persönlich auch gut finde, denn meiner Meinung nach sollte erst einmal die Hand- und Fingerhaltung stabilisiert werden. Es geht dementsprechend mit einfachen 5-Fingerübungen los. Erst auf und ab, dann auch mit den Dreiklangstönen, Akkorde werden geübt - legato/staccato - weiter geht es mit Übergreifen bis nach und nach die Tonleiter eingeführt wird (mit Vorübungen). Auch bei Dozen A Day werden Tonleitern geübt, so ist es ja nicht. Aber die Übungen sind sehr vielseitig und die gleichmäßige Stärkung aller Finger wird berücksichtigt.

Wie auch immer: Bekanntlich führen viele Wege nach Rom. Es gibt bestimmt viele gute Pianisten, die keine Fingerübungen spielen oder auch keine Tonleiter rauf und runter üben. Letzten Endes ist wichtig, was dabei herauskommt: Eine solide Technik

Vielleicht gehörst du ja auch zu eine der ganz wenigen Glücklichen, die von Natur aus eine gute Technik haben, die nicht so mit ihren Fingern kämpfen müssen, wie ich es muss. Oder dein ehemaliger Lehrer hat schon ganze Arbeit diesbezüglich geleistet ? Was sagt denn dein jetziger Lehrer zu deinem Fingerstand? Musst du darauf auch achten? Macht er irgendwelche "Stabilitätsübungen"? Keine Angst, will dich nicht erschrecken, ich bin einfach nur neugierig.

Wünsch dir ganz viel Glück mit deinem Lehrer!
 
ich habe mir jetzt mal einen Band "a dozen a day" gegönnt um da mal reinzuschnuppern und zu schaun, ob es mir was bringt. Ich habe mich nach Augenschein für Bd. 3 entschieden und hoffe daß ich mich mit meinen 1,5 Jahren Spielpraxis richtig eingeschätzt habe. Mein Niveau liegt so etwa bei Burgmüller op. 100 und den leichtesten Stücken aus dem Notenbüchlein für A.M.B., allerdings schön langsam.
Snowdrop, was genau meinst du mit "Stütze" und "Stabilitätsübungen"? Woran kann ich selbst erkennen, daß es mit meinem "Fingerstand" hapert? Und welche Hanon-Übungen hast du gemacht um die Finger zu stabilisieren? Ich hab da schon durchaus Vertrauen zu meinem Lehrer, der korrigiert mich auch, aber ich wüßte gern genauer, wie du das gemeint hast, auch um ihn evt. mal danach zu fragen (furchtbar diese erwachsenen Anfänger die immer alles diskutieren und hinterfragen müssen)

Neugierig
Beate
 

Hallo!

Bin mal gespannt über deinen Erfahrungsbericht: "Üben mit "Dozen A Day" ;) "
Hätte ich das gewusst, dass du dir gleich einen Band besorgst ... mmh... hinsichtlich der Fingerstabilität und Stütze würde ich dir nämlich ein anderen Buch empfehlen: Seymour Bernstein: " Klavier - Choreographie"
Dort ist alles bestens erklärt, es gibt Abbildungen, allerhand "gewöhnungsbedürftiger", aber sinnvoller Übungen und auch Übungen zur Kräftigung der Hände.

Gut, was meine ich also mit Fingerstabilität - und nebenbei, ich finde es super, dass du fragst:

Es ist doch so, der "Spielapparat" besteht aus folgenden Elementen: Fingergelenk - Handgelenk - Unterram - Oberarm - Schulter

Beim Spielen ist es wichtig auf ein lockeres Handgelenk zu achten, während die Finger aber "fixiert" sind.

Wie fühlt sich das an? Versuche mal mit einem Finger auf einer Taste zu stehen und lege dein ganzes Armgewicht auf diesen Finger. Der Finger "stützt" quasi das Armgewicht. Was passiert?

Fängt dein Finger an zu zittern wie Espenlaub oder du merkst, dass du im Fingergrundgelenk (das beim Nagel) einknickst - dann sind die Finger "instabil", alldiweil deine Fingermuskeln noch zu schwach sind.

Mit Stütze meine ich außerdem - spiele eine Tonleiter und schau genau zu, was für Bewegungen deine Hand macht. Wenn die Hand relativ ruhig bleibt und das Wurzelgelenk "qasi Schiene für deine Finger" nicht einknickt, auch nicht nach dem Daumenuntersatz - und du ein gutes stabiles Gefühl in den Fingern hast - der Arm dich quasi über die Tasten gleiten lässt - dann machst du alles prima !!!

Es gibt einige "Stabilitätsübungen" und ich kann sie dir hier weitestgehend auch aufschreiben - doch momentan drängt die Zeit - in einer Stunde hole ich mein erstes eigenes Auto ab und ich bin schon ziemlich hippelig :D

Bitte nachfragen, wenn irgendwas unklar ist ...
 
Erster Erfahrungsbericht mit "A Dozen A Day" (nicht sehr fundiert, weil ich die Noten erst seit gestern habe)
Ich finde die Übungen kurzweilig und abwechslungsreich. Nicht so dröge wie bei Hanon wo es seitenweise und endlos immer ähnlich weitergeht. Deshalb auch wirklich gut geeignet für ein kurzes Aufwärmen. Ob meine Motivation sich hält, wird sich zeigen, und ob es meine Technik verbessert, auch.

Bitte Snowdrop, schreib doch die von dir erwähnten Übungen auf, wenn du Zeit hast und dein neues Auto ausgiebig ausprobiert hast. Ich bin wirklich sehr interessiert daran ( an den Fingerübungen, weniger am Auto - jetzt wäre ein Smiley fällig, aber ich weiß nicht, wie man die mit der neuen Forensoftware in den Text integriert).
Ach übrigens, ich hab deinen "Test " gemacht. Das Fingergrundgelenk knickt tatsächlich ein, zittern weniger. Die Tonleiter scheint mir ganz o.k. - also wie die Fingermuskeln stärken?

Gruß Beate
 
Ich weiß nicht, ob man Fingermuskeln "stärken" muß. Man muß die Finger nur richtig halten, abhängig von dem Bau der eigenen Hand. Es gibt sehr schmale, instabile Finger, die das vorderste Fingerglied möglichst senkrecht stellen müssen, damit es nicht einknickt, und es gibt Finger, die auch bei halbrunder oder sogar gestreckter Haltung fixiert bleiben. Die sinnvollste Übung, um die Fixierung zu kontrollieren, ist meiner Meinung nach keine "Kraft"-Übung, sondern: Man fühlt einen Zwei-, Drei- Vier- oder Fünfklang vor, formt den Akkord also mit den Fingern, bevor sie überhaupt anschlagen, und schlägt ihn nicht an, sondern bewegt die Tasten nur die ersten Millimeter in Zeitlupe. Wenn dabei nicht alle Tasten genau gleichzeitig hinabgehen, sind die Finger nicht hinreichend fixiert. Das erklärt, finde ich, auch den Sinn des stabilen Fingers besser: Nicht der Finger soll nachgeben, sondern die Taste, und es geht dabei in erster Linie um Klangkontrolle und Zuverlässigkeit der Dynamik, auch und vor allem im pianissimo.
Die Schwierigkeit besteht dabei meistens darin, NUR die Fingerbeuger (die "Zwischenknochenmuskel") anzuspannen, ohne daß gleichzeitig das Handgelenk steif wird und ohne daß die Finger unbeweglicher werden. Dafür sind drei Tests lehrreich:
-- Man klemmt ein Feuerzeug o.ä. zwischen Fingerbeere und Handballen und macht aus dem Handgelenk Winke-Winke (Unabhängigkeit von Handgelenk und Fingerfixierung).
-- Man klemmt ein Streichholz o.ä. zwischen Fingerbeere und die Hautfalte im Wurzelgelenk und bewegt den Finger (Unabhängigkeit von Stabilität und Beweglichkeit).
-- Man klemmt zwischen Daumen und einem der übrigen Finger einen Bleistift von Terz- bis zu Oktavlänge (Fixierung von Intervallen).
Nicht daß man mit eingeklemmtem Feuerzeug, Streichholz oder Bleistift Klavier üben sollte, aber das Experiment vermittelt ganz gut, wie sich fixierte Finger anfühlen.
 
Das neuromuskuläre Problem besteht, wie Zeisig schon schreibt, nicht in der Erhöhung der Kraftleistung des einzelnen Muskels, sondern in der Erhöhung der Koordinationsfähigkeit. Die Zwischenknochenmuskulatur bewirkt ja außer der Spreizung (Abduktion) und Zusammenziehung (Adduktion) der Finger auch eine leichte Streckung der Endglieder und Beugung der Fingergrundgelenke. Dieser im Grunde gegensinnigen Wirkung müssen noch die Fingerstrecker und Fingerbeuger aus dem Unterarmbereich gerecht werden, die mit ihren Sehnen über das Handgelenk hinweg in Handfläche und Handrücken reichen. Wir wissen, warum wir täglich Stunden am Klavier zubringen ...
 
Wenn ich oben von Zwischenknochenmuskeln gesprochen habe und Wu Wei von Abduktion, Adduktion, Fingerstreckern und Fingerbeugern aus dem Unterarmbereich, dann klingt das, als müßte man Anatomie studieren, um Klavier spielen zu können. Übertragen auf den Alltag hieße das, daß man nicht einfach nach dem Frühstücksbrot langt, sondern erst mal ins Anatomiebuch schaut, welchen Muskel und welches Gelenk man dazu wie benutzt. Wahrscheinlich ist man bis zum Abend darüber verhungert.
Es gibt das Gleichnis vom Tausendfüßler, der gefragt wurde, wie er seine tausend Füße (sind in Wahrheit weniger) eigentlich koordiniert. Der Tausendfüßler begann darüber nachzudenken und konnte seither nicht mehr laufen.
Es gibt die interessante Bemerkung Glenn Goulds, er wüßte nicht, wie man Klavier spielt, und sei deswegen nicht in der Lage zu unterrichten. Und Bach, Mozart, Beethoven, Chopin haben sicherlich nie von Begriffen wie Abduktion, Adduktion, Supination, Pronation, Rotation, dorsal und palmar gehört, aber trotzdem nicht schlecht Klavier gespielt.
 
... Es gibt die interessante Bemerkung Glenn Goulds, er wüßte nicht, wie man Klavier spielt, und sei deswegen nicht in der Lage zu unterrichten. Und Bach, Mozart, Beethoven, Chopin haben sicherlich nie von Begriffen wie Abduktion, Adduktion, Supination, Pronation, Rotation, dorsal und palmar gehört, aber trotzdem nicht schlecht Klavier gespielt. ...
Ich weiß zwar nicht genau, was du damit sagen willst, bin mir aber sicher, dass die obigen Jungs alle nicht in Foren über einzelne Aspekte von Technik gesprochen haben. Wenn man derartige Fragen nur verbal verhandeln kann, ist es eigentlich recht nützlich, eine differenzierte Terminologie zu haben. Im übrigen muss ich noch zugeben, dass ich im Falle auch nur gradueller pianistischer Vergleichbarkeit mit den von dir herangezogenen Koryphäen es selbstverständlich völlig unterlassen würde, mich derart hilflos theoretisch mit der Materie zu beschäftigen. ;)
 
Mit den großen "Stars" in der Klavierbranche kann man sich ohnehin nicht vergleichen. Wenn man da ganz genau hinschaut, hat da jeder so seine Eigenarten, und keiner besitzt die Technik wie sie im "Bilderbuch" steht.
Aber das war doch schon immer so. Dass was die Klavierpädagogen lehren und wie die großen Virtuosen spielen - das klafft oftmals meilenweit auseinander. Aber darum geht es hier nicht. Es geht hier um die "optimale" Technik, worüber viele Wissenschaftler ihren Kopf zerbrochen haben - wir schreiben hier keinen Lehrgang: "Spielen wie Glenn Gould"
Das Gehen des Tausendfühlers ist nicht vergleichbar mit dem Klavierspielen. Eine senkrechte Tastatur (wie beim Akkordeon) käme dem natürlichen Verlangen der Hand eh näher. Das Klavier ist nichts "Natürliches" und somit müssen Bewegungsformen am Klavier "gefunden" werden, die natürlich (ökonomisch) und gesund sind. Jeder spricht nur über die großen Virtuosen der jeweiligen Zeit, aber ebenso wenn nicht sogar mehr gibt es Pianisten, die ihre Hände und Finger mit einer falschen Technik kaputt gemacht haben. Deshalb finde ich es enorm wichtig zu wissen, wie man Klavier spielt ohne seinen Händen und seinem Körper Schaden zuzufügen - Mal ehrlich, es gibt eben bestimmte "Musikerkrankheiten" - und viele von euch haben bestimmt Rückenprobleme, geschweige denn waren an einer Sehnenscheidentzündung nah dran! Und wir wollen doch noch alle bis zur Rente- Minimum- Freude an unserem Instrument haben.

Die Technik ist eben diffizil. Es ist von enormer Wichtigkeit mit einem lockeren Handgelenk zu spielen - und ebenso wichtig ist es, wie Zeissig beschrieben hat - dass die Taste nachgibt und nicht der Finger.

Aber das "Problem" behebt sich nicht von selbst. Auch stundenlanges "oftmals stupides" Üben bringt nicht weiter. Das bewusste Tun ist wichtig- und da unterscheiden wir uns von den Tieren- zum Glück?? Wenn man eine Bewegung "neu einstudiert", muss man sie bewusst und kontrolliert ausführen. Nach ein paar Durchgängen wird sie freilich automatisiert, so dass wir sie nicht mehr kontrollieren müssen - bis sie vollkommen natürlich und "unbewusst" wird wie das Atmen und Gehen. Doch zu Beginn steht nunmal die Vorstellung im Kopf - und man muss halt z.B. wissen, wie sich Stabilität anfühlt. (Nichtsdestotrotz: Werde morgen oder übermorgen die Übungen mal aufschreiben, und dann kann jeder selbst entscheiden, ob er sie braucht oder nicht.)
 
"Ich weiß zwar nicht genau, was du damit sagen willst...", sagte Wu Wei.
Stimmt, war ein schlechter Beitrag. Ich wollte eigentlich nur dem Eindruck vorbeugen, ich würde, weil ich als erster von Zwischenknochelmuskeln sprach, die Anatomie für den Schlüssel zum Klavierspiel halten. Zwar glaube ich, daß gewisse Bewegungs- und Haltungsvorstellungen nützlich und notwendig sind, aber die lassen sich auch anders als mit Wörtern aus dem Anatomiebuch erläutern.
Zwar hast du, Wu Wei, recht damit, daß eine differenzierte Terminologie hilft, wenn man derartige Fragen nur verbal verhandeln kann, und Wissen kann nie schaden. Ob jedes Wissen auch nützen kann, ist eine andere Frage. In Ceslaw Mareks "Lehre des Klavierspiels" lese ich: "Der Obergrätenmuskel (musculus supraspinatus) ist Synergist des Deltamuskels. Er abduziert den Arm." Wo genau der Obergrätenmuskel sich in meinem edlen Körper befindet, weiß ich nicht, weiß aber sehr wohl, daß nicht dieses Wissensdefizit dafür verantwortlich war, wenn ich schlecht gespielt hatte, und daß ich keinen Deut besser gespielt hätte, wenn ich es gewußt hätte. Falls man aus verbalen Darstellungen überhaupt etwas übers Klavierspiel lernen kann, dann nicht aus solcher, die neben dem Obergrätenmuskel den Untergrätenmuskel, den kleinen Rundmuskel, den Unterschulterblattmuskel, den Hakenarmmuskel u.a. erläutert. Niemand, der im Alltag eine natürliche, zweckmäßige Bewegung vollführt, denkt je darüber nach, welchen Muskel er gerade dafür benutzt. Jeder kann radfahren, hat als lernendes Kind damit aber erst mal seine Schwierigkeiten gehabt. Irgendwann kann man's, ohne je zu wissen, warum: Man entwickelt durch Übung ein Gefühl für Körperbalance und kann schließlich sich nur noch auf den Fahrradweg und das Ziel konzentrieren. Würde man darüber nachdenken, warum man es nun kann, würde man wahrscheinlich gegen den nächsten Laternenpfahl prallen.

Das soll -- natürlich -- kein Einwand gegen das Wissen um zweckmäßige Bewegungen und Haltungen sein, deren Training unabdingbar ist, und was Snowdrop sagt, ist alles richtig. Aber ob dabei der "musculus pronator teres" und/oder der "musculus pronator quadratus" gerade aktiv sind, ist doch jedem Klavierspieler ziemlich wurscht und wenig hilfreich.

Das Gleichnis vom Tausendfüßer ist insofern falsch, als der ja laufen konnte und es erst nicht mehr konnte, als er gefragt wurde, wie er das macht. Beim Übenden ist es wohl eher umgekehrt, denn der kann etwas nicht und möchte wissen, wie er's lernen könnte. Der Schüler aber, der dazu vom Lehrer mit einem Anatomiebuch nach Hause geschickt würde und dem Rat, er solle das erst einmal studieren, scheint mir schlecht beraten. Schließlich kann man auch musikalisches Denken, musikalische Vorstellung, differenziertes Hören nicht dadurch erklären, daß man die Hardware des Hirns erläutert (die eh immer noch nicht vollständig verstanden ist), obwohl die Frage, wie unser Hirn funktioniert, natürlich hochinteressant ist.
 
Fingerübungen mit Klavier:

"Cliffhanger" : Du hängst deinen Finger an die gedrückte Taste und ziehst den Arm mittels Fingerkraft in eine Position, wo der Finger auf der Taste steht.

"Fahrstuhlübung" - erfolgt in 4 Zählzeiten. Es gibt folgende Stockwerke: Keller= niedergedrückte Taste; Erdgeschoss = halb niedergedrückte Taste; 1. Stock = nicht gedrückte Taste. Finger = Fahrgast

Der Fahrgast fährt auf Zählzeit 1 ins Erdgeschoss,
fährt auf Zählzeit 2 in den Keller, versucht auf Zählzeit 3 mit viel Kraft noch weiter nach unten zu kommen, und fährt auf Zählzeit 4 in den 1. Stock zurück.

Fingerübungen ohne Klavier:

Lege die Fingerkuppen deiner Hände in folgender Weise aufeinander: Nagel gegen Kuppe. Und versuche mit den innenliegenden Fingern gegen die Außenfinger zu drücken, die ihrerseits gegen die "Innenfinger" drücken.
stoßweise, mit Tausch der Hände

Mache eine Katzenkralle (ohne dabei zu miauen :D ) und anschließend bewege deinen kleinen Finger und den Zeigefinger zum Daumen und lege deinen 4. Finger auf den 5. und deinen 3. auf den zweitenund übe stoßweise Druck auf den fixierten Daumen (=Gegenkraft) aus. Dann wieder zurück zur "Katze".

Jegliche Selbstversuche sind auf eigene Gefahr ! Nicht dazu empfohlen, diese unter Beobachtung eines Nichtmusikers auszuführen.
 

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