Deshalb ist es unmöglich ein Klavier perfekt zu stimmen

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ibex

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Hallo zusammen

Ich habe kürzlich ein Video auf Youtube gesehen, in dem erklärt wird, weshalb es anscheinend unmöglich ist ein Klavier perfekt zu stimmen. Um ehrlich zu sein blicke ich da noch nicht so richtig durch, da mein Wissen zur Musiktheorie einfach noch zu gering ist.

Was meint ihr dazu?



LG
ibex
 
Hallo
Um ehrlich zu sein blicke ich da noch nicht so richtig durch, da mein Wissen zur Musiktheorie einfach noch zu gering ist.

Was meint ihr dazu?

Ja, soweit ich das verstehe, ist das schon richtig und auch gut präsentiert, finde ich.

Die Zusammenhänge kannst Du sicher auch in den meisten Einführungen zu Musiktheorie, Harmonielehre etc nachlesen. Auf der Website von Jörg Gedan http://www.pian-e-forte.de/ findest unter "Klavier Fachwissen" auch eine gute Einführung zu den akustischen Grundlagen. Dort wird das auch gut verständlich erklärt: http://www.pian-e-forte.de/texte/pdf/basics.pdf

Liebe Grüße
Gernot
 
Besten Dank Gernot. Ich bin immer davon ausgegangen, dass einfach jeder einzelne Ton eine genau bestimmte Frequenz in Hz haben muss und man sich nach dieser orientieren kann. Über die ganzen Zusammenhänge mit der Harmonie wusste ich bisher gar nichts. Da habe ich noch einiges zu lernen.

Ich habe mir vor kurzem ein Buch bestellt. Es heisst ABC Musik (Allgemeine Musiklehre) von Wieland Ziegenrücker. Allerdings finde ich schon die ersten Kapitel recht kompliziert, da es schon gleich mit vielen mir unbekannten Begriffen losgeht. Gibt es hier eventuell Bücher, die noch etwas verständlicher fürs Selbststudium geschrieben sind?

Auf jeden Fall werde ich mir mal deine Links anschauen. Besten Dank dafür.

LG
ibex
 
Es gibt hier schon ein paar Fäden mit Buchempfehlungen. Such mal in der Forensuche (Häkchen bei der Option "nur die Titel durchsuchen").

Ich kann Dir leider nicht sagen, welche Bücher zu Musiktheorie besonders voraussetzungslos sind, was das Vorwissen angeht. Das ist alles sehr subjektiv. Ich würde in eine Buchhandlung gehen und mir von den Büchern, die in den Fäden hier empfohlen wurden, vor Ort ansehen. Da bekommt man ein besseres Gefühl, ob das eine oder andere einem mehr liegt. Es schadet auch nicht, verschiedene Bücher zu haben. In dem einen wird dies besser erklärt, in dem anderen etwas anderes.

Liebe Grüße
Gernot
 
Ach was, mit modernen Stimmgeräten ist schon eine perfekte Stimmung möglich....das blöde daran - es klingt besch*****.
LG
Alb
 
Gegen das pythagoreische Komma kommt auch ein Stimmgerät nicht an. ;-)
 
Gegen das pythagoreische Komma kommt auch ein Stimmgerät nicht an. ;-)
Unterschätz nicht die moderne Technik. Die Stimmgeräte sind auf des Komma genau. Wir haben nur bei Klavieren ein kleines Problem - die Inharmonizität....das auszugleichen, schafft nur ein geschultes Gehör, kein noch so exaktes Stimmgerät.
LG
Alb
 

Da schau her, Du kannst zwar jedes Klavier mathematisch mittels Stimmgerät perfekt stimmen, aber es klingt nicht - zumindest für einen Profi ned. In den Übergängen hast Du derartige Abweichungen, daß eine mathematisch richtige Stimmung eher hinderlich wäre - hier muß daß Instrument nach Gehör zu Gunsten des Klanges etwas verstimmt werden, so daß der Eindruck entsteht, es wäre nun rein. (obwohl es keineswegs rein ist)
LG
Alb
 
Eine mathematisch perfekte Stimmung gibt es eben nicht. Man kann immer nur ein paar Intervalle rein stimmen, der Rest muss unrein gestimmt werden. In der gleichschwebenden Stimmung passen nur die Oktaven, alle anderen Intervalle sind - ob mit oder ohne Stimmgerät unrein. Und selbst die Oktaven spreizt man dann auch noch ein wenig wegen der Inharmonizitäten. Im Prinzip stimmt also gar nichts. Wir haben uns daran gewöhnt, das ist alles.
 
Ihr redet aneinander vorbei, habt aber beide Recht :super:
 

Da das Video in Englisch ist und die Erklärung sehr schnell, kann ich es nur deshalb nachvollziehen, weil ich es schon mal vorher gelesen habe. Das dargestellte Problem und weitere Fragen bei der Klavierstimmung wie Spreizung und Inharmonizität finde ich aber spannend.
 
Hi @ibex, im abc-Buch Seite 16-18 sind die Stimmungen doch schön komprimiert erklärt.
(Ich hab das Buch nämlich auch erst vor kurzem bestellt :bye: )
 
Das Video enthält keine Erklärungen, die nur speziell auf das Klavier zutreffen, sondern es geht hier ganz allgemein um das Problem der Temperatur und warum beim Festlegen auf bestimmte Tonhöhen die Reinheit verloren geht. Das betrifft nicht nur das Klavier, sondern alle Instrumente mit Tonhöhen, die der Spieler beim Spielen nicht mehr verändern kann. Der Titel ist sehr irreführend.

Die Aspekte, die eine Klavierstimmung schwierig machen, insbesondere Inharmonizität, werden überhaupt nicht benannt.

Es werden auch fragwürdige Behauptungen aufgestellt. Z.B. sollte man eine Gitarre nicht nach Flageolet-Tönen stimmen. Denn damit stimmt man quasi reine Oktaven. Da aber Gitarren auch eine - wenn auch im Vergleich zum Klavier geringe - Inharmonizität haben, ergibt sich damit nicht der reinste Klang in allen Tonarten. Gitarren sind aber auch wieder so ein Spezialfall, da es von vielen Faktoren abhängt, ob es "sauber" klingt.

Ist ein weites Feld...
 
Eine Frage in die Runde, wie sind eigenlich Digis gestimmt ? Sehr wahrscheinlich gar nicht, deswegen klingen sie so versch...en.
 
Hi @ibex, im abc-Buch Seite 16-18 sind die Stimmungen doch schön komprimiert erklärt.
(Ich hab das Buch nämlich auch erst vor kurzem bestellt :bye: )

Um ehrlich zu sein bin ich noch gar nicht so weit gekommen. Ich habe schon auf Seite 12 Mühe. :-( Da wird irgendwas zu Partial-, bzw. Obertönen erklärt. Da steht dann: "Über dem Grundton C ergibt sich folgende theoretisch unendliche, auf alle anderen Tonstufen transportierbare Reihe."
Dann kommt eine Grafik mit Partialtöne, Obertöne und Saitenverhältnis und es steht: "In der Patialtonreihe ist der Grundton der 1. Partialton. Die Obertonreihe beginnt über dem Grundton: 1. Oberton ist der 2. Partialton."
Eine Seite weiter vorne wird erklärt: "Man nennt sie harmonische Obertöne, auch Partialtöne. Nach dieser Erklärung lässt sich für mich der Satz "1. Oberton ist der 2. Partialton." umformen in "1. Oberton ist der 2. Oberton" (da vorher ja erklärt wird, dass man sie Partialtöne oder Obertöne nennt) und dann ergibt hier schon alles keinen Sinn mehr. :dizzy:

Ich glaube das Buch ist schon gut, allerdings für mich etwas zu komprimiert.

LG
ibex
 
Eine Frage in die Runde, wie sind eigenlich Digis gestimmt ? Sehr wahrscheinlich gar nicht, deswegen klingen sie so versch...en.
Standardmäßig gleichschwebend mit Spreizung, inklusive aller Inharmonizitäten. Sind halt vom einem echten Flügel abgenommen.

Kann man dann aber auch binnen Sekunden schnell mal umstellen auf diverse andere Stimmungen in allen Tonarten. Bei Modellierung hat man noch mehr Möglichkeiten wie die Spreizung zu ändern, Saitenchöre gegeneinander zu verstimmen, Saiten bis auf 10 m zu verlängern, Hammer-Intonation ändern usw.

Und den total verbastelten Flügel dann per Knopfdruck wieder in den Werkzustand zurücksetzen können: Priceless
 
Dann kommt eine Grafik mit Partialtöne, Obertöne und Saitenverhältnis und es steht: "In der Patialtonreihe ist der Grundton der 1. Partialton. Die Obertonreihe beginnt über dem Grundton: 1. Oberton ist der 2. Partialton."
Der erste Partialton ist die ganze Saite = Grundton. Der erste Oberton ist die Oktave, also die halbe Saite. Man beginnt also nur versetzt zu zählen. Das Buch ist ansonsten sehr gut. Die Details kannst du einfach guuugeln (Beispiel) oder hier erfragen.

Ich habe mir mal nur mit diesem Buch ein Referat zur Temperatur erarbeitet - einschl. Klangdemonstration am mehrsaitigen Monochord.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Moin,

so schwer ist das doch alles nicht. Ich gehe im Folgenden zunächst von einem Instrument mit unendlich dünnen Saiten aus, also ohne Inharmonizitäten bei der Obertonreihe.

Wenn man einen Ton um eine Oktave erhöht, dann verdoppelt sich die Frequenz. Aus 100 Hz werden dann beispielsweise 200 Hz.

Wenn man einen Ton um eine Quinte erhöht, muss man (wenn es eine reine, schwebungsfreie Quinte ist), die Frequenz mit 3/2 multiplizieren.

Wichtig ist bei Tonhöhen: Man addiert nicht Frequenzen, man multipliziert (für mathematisch Begabte: Die Frequenz wächst exponentiell, nicht linear). Bei der oben genannten Oktave beträgt der Unterschied z.B. 100 hZ, wenn man dann aber zur nächsten Oktave geht (Verdopplung auf 400 Hz), dann beträgt der Unterschied schon 200 Hz zur vorherigen Oktave.

Wenn man jetzt auf seinen Flügel schaut, sieht man, dass 7 Oktaven gleich 12 Quinten sind (wie Mick oben schon sagte).

Für 7 Oktaven muss man die Frequenz 7 mal verdoppeln, man erhält einen Faktor von 2^7 = 128.

Für 12 Quinten hingegen muss man die Frequenz 12 mal mit 3/2 multiplizieren, man erhält (3/2)^12 = 531441/4096 , also ungefähr 129.746337890625 als Faktor.

Nähme man als Startton 10 Hz (nur, weil man damit leicht rechnen kann), so wäre der 7 Oktaven höhere Ton 1280 Hz, der 12 Quinten höhere Ton aber 1297,4634 Hz, also schon mehr als 17 Hz höher.

Es kann also keine Stimmung geben, bei der Quinten und Oktaven gleichzeitig rein sind.

Jetzt aber ein praktisches Beispiel: Viel größer sind die Unterschiede bei den großen Terzen. Ich spare mir ein Rechenbeispiel, weil man das praktisch nachvollziehen kann.

Man nehme einen frisch gestimmten Flügel oder ersatzweise ein Digi. Man spiele eine Quinte. Wenn nun der musikalisch talentierte Mensch die große Terz dazwischen singt und darauf achtet, dass diese möglichst schwebungsfrei erklingt, dann wird er, wenn er nachfolgend die große Terz auf dem Klavier spielt, feststellen, dass die gesungene Terz tiefer (hörbar!) ist als die gespielte.

Bei Instrumenten, deren Saiten nicht unendlich dünn sind (also theoretisch bei allen Instrumenten, letztlich aber vor allem bei Klavieren mit ihren dicken Basssaiten) treten dann noch ganz andere Probleme auf, die aber mit den hier beschriebenen mathematischen Problemen nichts zu tun haben.
 
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