Mea culpa, rolf! Und sogar
exzessiv...muss ich nachher gleich nochmal reingucken!
und wo findest du eine solche Floskel vorher? ;) nur weil wir den geradezu paradigmatisch gewordenen Beginn der Mondscheinsonate in-und-auswendig-zu-kennen-glauben wird er nicht zur Floskel - im Gegenteil ist da eine erstaunliche Verkürzung, Komprimierung zu erkennen (bzgl. der Dauer der Akkorde)
Ich hatte beim Schreiben schon ein bisschen gezögert, das Wörtchen "floskelhaft" zu verwenden...eine Anmaßung gegenüber Beethoven. Was ich versucht hatte, auszudrücken: Dem Neapolitaner haftet der Affekt-Ausdruck von Leid, Schmerz oder Trauer ja gewissermaßen "institutionalisiert", aus Tradition, an. Schon damit hat er an sich etwas floskelhaftes (nicht abwertend, sondern so neutral wie möglich gemeint!)
Ein Komponist kann an jeder Stelle in einem Stück, in jeder Kadenz, einen Neapolitaner setzen, aber wie genau der "institutionalisierte" Affekt beim Hörer ankommt, hängt ganz vom Kontext, in dem er steht, ab (und natürlich von jedem einzelnen Hörer).
Mir fällt dazu gerade ein Satz von Kaiser über die Pathétique ein: "Doch die Welt dieser Pathétique ist ebenso leidenschaftlich wie heil, ebenso gestaltenreich wie überschaubar, zugleich ekstatisch und wirkungssicher theatralisch." Jaja, ich weiß, nicht alles, was der geschrieben hat, ist toll...aber diesen Satz finde ich nicht ganz schlecht als Charakterisierung.
Ganz ähnlich meinte ich, dass der Neapolitaner in der Eingangskadenz der Mondscheinsonate bei mir als sehr "wirkungssicher theatralisch" platziert ankommt -- hier kann es wirklich keiner überhören, dass uns nun ein tragischer Gesang erwartet....
Aber ich stimme ich Dir absolut zu, wenn Du auf die Gefahr hinweist:
nur weil wir den geradezu paradigmatisch gewordenen Beginn der Mondscheinsonate in-und-auswendig-zu-kennen-glauben wird er nicht zur Floskel
Jetzt aber im Vergleich op. 110, Finale: Als Hörer ist man schon einmal durch das Arioso Dolente durch (und zwar ohne Neapolitaner), dann den ersten Teil der Fuge, und erst dann, in der Wiederkehr des Arioso ("perdendo le forze, dolente") wird der Neapolitaner einmal kurz und beiläufig tangiert, bevor nach ein paar letzten Seufzermotiven G-Dur Stillstand und dann die Rückkehr der Fuge eingeläutet wird. Das ist also schon ein ganz besonderer, markierter Moment in einem langem Satz, dessen Klage viel "undramatischer", introvertierter ist als in der Mondscheinsonate...
und im Anschluß ist Beethoven sehr erfinderisch mit der Verwendung des Neapolitaners.
Bevor ich jetzt weiter fabuliere, schaue ich mir das gleich noch einmal an!
ob wir im Analysefaden op.27,2 nehmen sollten? :)
Ich fände das eine tolle Wahl! Mal sehen, ob es überhaupt Interesse an aktiver Beteiligung gibt. Analyseversuche in Monologform wären mir dann doch auch zu theatralisch...
wie ein Neapolitaner in der Eingangskadenz :p