Lieber Dreiklang,
da ist natürlich viel Wahres dran. Aber du kennst sicher das weise Sprichwort "der Weg ist das Ziel". :) Und man kann sich ja mal fragen, was es bedeuten soll.
Mein Weg war, lebenslang, mir Musik vieler Arten auf aufmerksame Art und Weise anzuhören, und sehr sorgsam in mich hineinzuhorchen, ob sie gut gestaltet (kompositorisch und interpretatorisch) ist, oder nicht. Ich habe auch selbst experimentiert mit Musik, und nach optimalen Gestaltungen gesucht (Klavier, Gitarre, Gesang, ...). Das war mein Weg in die Musik.
Niemand hier will dir diesen oder deinen Weg zur Musik madig machen! Es gibt so viele Zugänge zur Musik, wie es Menschen gibt.
Nur:
Heute sehe ich in die Welt, und stoße oft auf - offensichtlich? - "verkopft" gestaltete Musik - auch von Weltklassemusikern. Musik, die anders gespielt sein sollte, die anders sein will, die in andere Richtungen gehen will, als sie die Musiker spielen. Nur: die Musiker merken, spüren es nicht, können oft die Musik nicht ihrer selbst gemäß gestalten. Woher das kommt, weiß ich nicht. Vielleicht, weil sie sich mehr erzählen lassen, oder ließen, wie Musik gestaltet zu sein habe - und weniger einfach das eigene Gefühl und Gespür für Musik erforsch(t)en.
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dann kommt wieder dieser Hammer. Weißt du, wie es mir beim Lesen dieser Zeilen geht? So
. :D
Ich merke, du meinst es gar nicht böse - aber vielleicht verstehst du doch einmal meine Sicht auf diese Zeilen:
erst einmal wird der rationale Zugang mit "verkopft" gleichgesetzt. Du meinst damit
Musik, die anders gespielt sein sollte, die anders sein will, die in andere Richtungen gehen will, als sie die Musiker spielen.
Woher weißt du denn, was die Musik "will"? Ist deine Wahrnehmung ein objektiver Maßstab? Du kannst gern sagen, dass dir eine bestimmte Interpretation nicht gefällt, aber du kannst das doch nicht verallgemeinern! Feinbergs Aufnahme der Skrjabin-Sonate geht mir total unter die Haut, der Anfang mit seinem eruptiven Ausbruch wirft mich aus der Bahn. Dich offensichtlich nicht, warum auch immer. Die Gefühle beim Anhören von Musik sind immer subjektiv und haben viel mit der eigenen Person zu tun. Ich will dir deine Gefühle keineswegs nehmen, aber sie sind eben nicht objektiv und du kannst nicht wissen, was die Musik "will". Du sagst doch selbst, dass die Anzahl von möglichen Deutungen riesig ist - wie kannst du dann sagen, welche Richtung die richtige ist, zumal du dich auch eher selten damit beschäftigst, was der Komponist wohl wollte?
Nur: die Musiker merken, spüren es nicht, können oft die Musik nicht ihrer selbst gemäß gestalten.
Und auch hier: woher weißt du das??? Ich empfinde solche Urteile als Anmaßung und das meine ich nicht böse gegenüber dir, sondern ist eher ein Zeichen meines Erschreckens.
Einig wäre ich mit dir, wenn du schreiben würdest: "ich habe das Gefühl, dass die Musik in andere Richtungen geht, als sie manche Musiker spielen und deshalb gefallen mir ihre Interpretationen nicht."
So oft habe ich es schon gesagt, wie andere auch: die Beschäftigung mit Phrasen, Phrasierungen, mit musikalischen Elementen wie Dynamik, Artikulation, Agogik u.v.a.m. sind die Elemente von Musik und haben nichts mit abstrakter Analyse zu tun! Sie beeinhalten die Emotion und nur weil du die Erfahrung nicht gemacht hast, kannst du uns nicht diese Erfahrung absprechen! Im Klavierunterricht geht es oft um das musikalische Verständnis eines Stücks, denn was man verstanden hat, hört und spielt man dann auch so. Ein guter Lehrer sagt nicht dauernd "spiel hier mehr forte, spiel hier mehr staccato, nein, das muss weicher....", sondern er fragt. Er fragt z.B. danach, warum denn hier ein forte steht, was das denn ausdrücken soll, warum das staccato zu scharf klingt, wie denn an dieser Stelle die Phrasen zu welcher Entwicklung verschmelzen etc. etc.. Hirn und Herz und Bauch sind bei dieser Arbeit verbunden und das Eine geht nicht ohne das Andere!
Immerhin schreibst du dann:
Es ist wohl falsch, diese generelle Beobachtung von mir unbedingt mit einer "verkopften" Annäherung über die Partitur gleichzusetzen oder in Bezug zu setzen zu wollen. Denn auch die Musiker, denen (auf musikalischer Ebene) grandiose Einspielungen gelingen, haben ja "die Nase feste in viele Partituren gesteckt".
Ja, genau! :)
Ich bin bisher nicht auf Musik gestoßen, die zum Beispiel Eifersucht, oder Mißgunst ausgedrückt hätte. Zumindest gibt es keine, die ich damit ad hoc assoziieren würde. Vieles andere habe ich in Musik schon gefunden und entdeckt...
Schau mal in Opern und Operetten rein. :)
Liebe Grüße
chiarina