Christian Petzold, Menuett g-moll (aber d-moll notiert)

Marlene

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Hallo,

Henle notiert das Menuett in g-moll. Die Bach Gesamtausgabe (Bärenreiter) notiert d-moll wobei die rechte Hand im C-Schlüssel notiert ist. In einem Notenheft mit alten Tänzen ist das Menuett ebenfalls nur mit einem b als Generalvorzeichen notiert und das Manuskript mit der Handschrift von J.S. Bach notiert ebenfalls d-moll.

Warum notiert Bach d-moll obwohl das Menuett in g-moll steht? Liegt es möglicherweise an einer eventuellen Koppelung der beiden Menuette?

Liebe Grüße
Marlene
 
Hallo,

Henle notiert das Menuett in g-moll. Die Bach Gesamtausgabe (Bärenreiter) notiert d-moll wobei die rechte Hand im C-Schlüssel notiert ist. In einem Notenheft mit alten Tänzen ist das Menuett ebenfalls nur mit einem b als Generalvorzeichen notiert und das Manuskript mit der Handschrift von J.S. Bach notiert ebenfalls d-moll.

Warum notiert Bach d-moll obwohl das Menuett in g-moll steht? Liegt es möglicherweise an einer eventuellen Koppelung der beiden Menuette?

Liebe Grüße
Marlene

Nein - das nennt man "dorische Notation". Molltonarten mit einem b-Vorzeichen weniger zu schreiben, war im deutschen Barock eine verbreitete Konvention. Es hat nichts weiter zu bedeuten. Auch das bekannte Doppelkonzert d-Moll für zwei Violinen hat Bach ohne Vorzeichen notiert, viele andere Moll-Stücke entsprechend.

LG, Mick
 
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Danke, Mick.
 
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Liegt es möglicherweise an einer eventuellen Koppelung der beiden Menuette?

Hi Marlene,

@ Koppelung , allgemein : die Koppelung der beiden Menuette erfolgte erst während der Lehrtätigkeit von Edward MacDowell an der Columbia-Universität.

Zitat aus meiner John W. Schaum - Ausgabe "Das Beste von Bach" :

" Während seiner Lehrtätigkeit an der Columbia-Universität knüpfte Edward MacDowell eine Melodienfolge aus diesen beiden Menuetten auf den Seiten 20 und 21. Mach auch Du den Versuch, indem Du Seite 20, 21 und dann wieder Seite 20 ohne irgendeine rhythmische Pause zwischen den Stücken spielst."

LG, Olli!
 
Nein - das nennt man "dorische Notation". Molltonarten mit einem b-Vorzeichen weniger zu schreiben, war im deutschen Barock eine verbreitete Konvention. Es hat nichts weiter zu bedeuten. Auch das bekannte Doppelkonzert d-Moll für zwei Violinen hat Bach ohne Vorzeichen notiert, viele andere Moll-Stücke entsprechend.

LG, Mick
Charakteristisch für den dorischen Modus ist die erhöhte sechste Tonstufe ("dorische Sexte"). Wollte man die Grundtonart g-moll mit den passenden B-Vorzeichen B und Es am Zeilenanfang bezeichnen, müsste man die sechste Stufe auf der Tonleiter jedesmal mit dem Auflösungszeichen versehen. Stammton erniedrigen und meistens oder immer die Erniedrigung wieder aufheben - das wären zwei Vorgaben, wo man gar keine bräuchte.

LG von Rheinkultur

Dazu könnte man auch SED-Prinzip sagen, nämlich Es-E-D: Ein Tonschritt vor und zwei wieder zurück...!
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Und ich habe mich nebenher ein wenig in die Kirchentonarten eingelesen, aber ich finde das recht verwirrend. Bei dorisch und ionisch denke ich eher an Säulen und Kapitelle. ;)
Die Verwirrung klärt sich auf, wenn man zum einen mit der Zeit immer mehr Literatur kennenlernt und ganz spezifische klangliche Möglichkeiten für sich nachvollzieht, die auf den verwendeten Skalen beruhen. Bei der dorischen Skala auf dem Grundton G wird beispielsweise dann auf der 4. Stufe kein Moll-, sondern ein Durakkord gebildet. Spiele mal eine ganz schlichte I-IV-V-I-Kadenz und höre mal auf den klanglichen Unterschied: Erst g-moll, c-moll, D-Dur, g-moll und dann "dorisch" g-moll, C-Dur, D-Dur, g-moll. Was ändert sich dann?

Zum anderen wiederholen sich strukturelle und formale Elemente nicht nur etwa in der Architektur, sondern auch in der Musikgeschichte: Modale Skalen ("Kirchentonarten") finden nach der Dominanz der Dur-Moll-Tonalität klassischer Prägung ab der fortschreitenden Romantik wieder zunehmende Verwendung, auch durch Anregungen aus der jeweiligen Landesfolklore (oft modal statt tonal). Auch andere Skalenbildungen und die Aufgabe des Bezugs auf Skalen und Zentraltöne bestimmen das klangliche Erscheinungsbild. Höre und schaue mal bei Spätromantikern, Impressionisten und vielem, was der sogenannten "gemäßigten" Moderne zugerechnet wird, genau hin - dann erklärt sich manche "Reibung" und "Spannung" aus dem Zusammenhang heraus.

LG von Rheinkultur
 
Dass es doch etwas zu bedeuten hat finde ich nachvollziehbar. Danke, Rheinkultur, für die Aufklärung. Und ich habe mich nebenher ein wenig in die Kirchentonarten eingelesen, aber ich finde das recht verwirrend. Bei dorisch und ionisch denke ich eher an Säulen und Kapitelle. ;)

Ich denke, Rheinkultur wollte nur den dorischen Modus ganz allgemein erklären, ohne Bezug auf das g-Moll-Menuett.

Die Vorzeichnung hätte in der Tat was zu bedeuten, wenn es sich im Barock tatsächlich um dorische Stücke handeln würde - das ist bei Bach aber eigentlich nie der Fall. Ganz im Gegenteil, Bach hat sogar dorische Choräle ganz selbstverständlich in Moll harmonisiert. Beispielsweise hat er in der Kantate 61 "Nun komm, der Heiden Heiland" sogar die Melodie zu Moll umgearbeitet und dabei die unsangliche, verminderte Quarte gis-c' problemlos in Kauf genommen. Auch hat dein g-Moll-Menuett (Petzold) keinerlei dorische Züge - die dorische Sexte kommt nicht ein einziges Mal vor.

Telemann hat eine entsprechende Notation sogar bei Dur-Tonarten verwendet - Es-Dur schrieb er oft mit nur zwei b-Vorzeichen, As-Dur mit drei etc. Es gab im deutschen Spätbarock offensichtlich die ungeschriebene Regel, möglichst wenige Tonartvorzeichen zu verwenden. Es ist hier wirklich nur eine Notationskonvention, über die du dir nicht den Kopf zerbrechen solltest! Wirklich dorische Instrumentalmusik musst du ungefähr 100 Jahre früher suchen - oder tatsächlich solche Stellen in Spätromantik (z.B. in manchen Chopin-Mazurken) oder Impressionismus aufspüren.

LG, Mick
 
Es ist hier wirklich nur eine Notationskonvention, über die du dir nicht den Kopf zerbrechen solltest!

Nun ja, wenn ein Stück daher kommt mit einem b als Generalvorzeichen, dann denkt die Anfängerin in mir (weil ich so schnell keine Musik "voraushören" kann): "F-Dur oder d-moll!". Und dann der nächste Blick zum letzten Takt und die Überlegung: "Aääähm, g-moll? Und dann nur ein b? Und die vorkommenden e mit Vorzeichen - ja, was denn nun?".

Da ich den Dingen gerne auf den Grund gehe wollte ich es halt genauer wissen. Aber an Euren Beiträgen sehe ich mal wieder, dass es vielleicht nicht immer gut ist so wissensdurstig zu sein. Denn wenn ich eine Frage habe, dann kommen durch die Antworten meist drei neue dazu. Aber das ist gut so, denn so kann man ja wieder neues hinzulernen. :)
 
Ich denke, Rheinkultur wollte nur den dorischen Modus ganz allgemein erklären, ohne Bezug auf das g-Moll-Menuett.
Deshalb hat mick auch von "dorischer Notation" und nicht vom "dorischen Modus" gesprochen respektive geschrieben. Meine Erklärung bezog sich also auf den Begriff und nicht auf das Menuett.

Generell gilt für die Fortentwicklung der Musikgeschichte: Strukturelle und formale Besonderheiten haben stets auf das klangliche Ideal eines Tonsatzes Auswirkungen - zur Abgrenzung von Sonoritäten früherer Zeiten haben später tätig gewordene Komponisten bestimmte ältere Spezifika vermieden. Die Vermeidung von Parallelführungen "perfekter Konsonanzen" (Prime, Quinte, Oktave) durch Komponisten ab der Renaissance beruht darauf, dass die Parallelführungen von Stimmen charakteristisch für die frühen Entwicklungsstadien der Mehrstimmigkeit waren und die Selbständigkeit der Einzelstimmen im Satz wieder einschränken würden. Das wäre als Rückschritt zu empfinden, wenn diese Satzweise ohne besondere künstlerische Absicht etwa im Zeitalter des Barock zum Einsatz käme. Bei der Vermittlung tonsetzerischer Kenntnisse hat es sich als zweckmäßig erwiesen, entsprechende Vorgaben zu machen - obwohl Bach mit bestimmten Parallelführungen vorsichtig umging aufgrund seiner künstlerischen Intentionen, ohne dass ihm ein Lehrer bestimmte Verbote gemacht hätte.

Mit der Harmonik verhält es sich ähnlich wie mit der Melodik: Tonale Musik klingt anders als modale. Deshalb gelangten ab der Spätromantik wieder modale Skalen zur Anwendung, deren Bedeutung in Spätbarock und Klassik stark zurückgegangen war. Der Begriff "Kirchentonart" ist eher fragwürdig, da diese Skalen auch außerhalb der Sakralmusik verbreitet waren.

LG von Rheinkultur
 

Hab ein paar Buchstaben überlesen...In g-Moll und d-moll iert? :lol:
Sorry für OT

LG
Michael
 
Nee, was bist Du für ein cleveres und gefinkeltes Bürschchen.

CW
 
Kann den selbstgerechten Grunztroll nicht mal jemand sperren?
Er genießt es halt, endlich mal einen Platz gefunden zu haben, an dem er seinen unqualifizierten Müll los werden kann - und zwar anonym. Im realen Leben sind solche Subjekte gescheiterte und verkrachte Existenzen, da nur diese Zeit und Bedürfnis haben, ihre Mitmenschen mit Provokationen und Beschimpfungen zu malträtieren. Allerdings sollte Grunz besser nicht dahin gehen, wo man auf anarchokommunistische Hassparolen nicht so steht. Da macht man aus ihm schneller Hackfleisch als er grunzen kann, beispielsweise an manchen Ecken der von ihm erwähnten Dortmunder Nordstadt.

@Grunz: Spar' Dir weitere Kommentare und mach' Dich endlich vom Acker!
 
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