Blüthner Flügel

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Mich würde mal interessieren, was für Meinungen es über Blüthner Flügel gibt. Ich habe in meinem Leben auf zweien gespielt und war sehr begeistert von dem klaren differenzierten Klang und dem Spielgefühl. Allerdings handelte es sich dabei um Modelle um 2,50 m oder länger, dafür habe ich einfach keinen Platz. Es wírd vermutlich noch eine Weile dauern, bis ich mir einen Flügel leisten kann, aber je klarer meine Vorstellungen bis dahin sind, desto besser.

Klangbeispiel 1:
http://www.youtube.com/watch?v=lA4wVelTo5Y&feature=related

Klangbeispiel 2 (leider sehr schlecht gespielt und schlechte Aufnahmequalität aber man hört die anderen Aspekte des Blüthner-Klangs, den ich meine)
http://www.youtube.com/watch?v=EVmx01bCylI&feature=related
 
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Hallo Guendola,

ich spiele im Unterricht auf einem 1,80 m langen Blüthner-Flügel von 1904. Da finde ich den Klang wunderschön, weich und singend. Dann habe ich mal aufgrund dieser Erfahrunfg mal in einem Klaviergeschäft neue Blüthner-Flügel angespielt, die ich ganz hart und nichtssagend fand.

Gruß

lavendel
 
Hallo Guendola,

ich spiele im Unterricht auf einem 1,80 m langen Blüthner-Flügel von 1904. Da finde ich den Klang wunderschön, weich und singend. Dann habe ich mal aufgrund dieser Erfahrunfg mal in einem Klaviergeschäft neue Blüthner-Flügel angespielt, die ich ganz hart und nichtssagend fand.

Gruß

lavendel

Aha, meine begrenzten Erfahrungen liegen genau dazwischen. Besonders interessieren würden mich die Instrumente aus DDR-Zeiten, die müßten ja aufgrund der Vorurteile etwas günstiger sein als neuere. Gibt es da einen Qualitätseinbruch?

Ich habe gerade entdeckt, daß es einige Blüthner Flügel für 2-3000 Euro gibt, allerdings "Originalzustand" und rund 100 Jahre alt, das ist möglicherweise interessant, wenn ich einen Klavierbauer finde, der mit mir aussucht und wir einen Flügel finden, den man "scheibchenweise" restaurieren kann und der mit geringem Aufwand erstmal spielbar ist.
 
Hallo Guendola,
ich bin ein wenig ratlos wegen der 2 "Klangbeispiele"... beim ersten Beispiel höre ich zwar einen klaren, mittenbetonten Klang, der mich ein wenig an meinen Ibach erinnert... das kann aber auch an der Aufnahme an sich liegen (Mikrofon, etc.).
Das 2. Beispiel allerdings kann ich überhaupt nicht einordnen. Ich höre nur, das der Flügel grauenvoll verstimmt ist und derart "blechern" klingt, als ob kein Filz mehr auf den Hämmern ist... Der daraus resultierende "Klang" erinnert mich eher an ein altes "Saloonpiano". Das mag zwar durchaus seinen Reiz haben, aber ein Flügel sollte etwas anders klingen ;).
Allerdings bin ich mit Dir einer Meinung, dass man durchaus mit ein wenig Geduld und Zeit und der Hilfe eines erfahrenen Klavierbauers durchaus einen günstigen Flügel erwerben kann, der mit verhältnismäßig geringem Aufwand wieder zu neuem Leben erwacht. Wichtig dabei ist, dass die "lebensnotwendigen" Teile des Instrumentes (Stimmstock, Hammerköpfe, Resonanzboden etc.) noch so weit i.O. sind, das sich eine Aufarbeitung lohnt.
Es ist mitunter erstaunlich, was man mit einer Hammerkopfbearbeitung, Stimmen und Regulieren aus einem ansonsten sehr unansehnlichen, alten Instrument herausholen kann...
 
Ich habe gerade entdeckt, daß es einige Blüthner Flügel für 2-3000 Euro gibt, allerdings "Originalzustand" und rund 100 Jahre alt, das ist möglicherweise interessant, wenn ich einen Klavierbauer finde, der mit mir aussucht und wir einen Flügel finden, den man "scheibchenweise" restaurieren kann und der mit geringem Aufwand erstmal spielbar ist.

Guendola, meine Meinung ist, dass es bei einem 100 Jahre altem Schätzchen schon fast egal ist, welche Marke es ist, Hauptsache, es ist auch damals kein Billigprodukt gewesen. So denke ich, dass bestimmt 95% des Klanges, welchen du nach vollständigem "Abarbeiten der scheibchenweisen akustischen Restaurierung" erwarten darfst, durch die Restaurierung herrühren. Also, ob da nun Blüthner oder Bechstein oder Steinway draufsteht auf der Tastenklappe des alten Schätzchens, wäre mir egal. Ich würde nur zusehen, dass die Länge des Flügels so ist, wie du es nur eben in deiner Wohnung einrichten kannst - size does matters!:D

Also für 2-3 TEuro sollte man schon einen soliden 100 Jahre alten 2 Meter langes Markenflügel erwerben können, von Hornochsen, die meinen, nur neue Flügel wären was wert.
 
Ich habe gerade entdeckt, daß es einige Blüthner Flügel für 2-3000 Euro gibt, allerdings "Originalzustand" und rund 100 Jahre alt, das ist möglicherweise interessant, wenn ich einen Klavierbauer finde, der mit mir aussucht und wir einen Flügel finden, den man "scheibchenweise" restaurieren kann und der mit geringem Aufwand erstmal spielbar ist.

Ich würde dir raten, lieber ein gut generalüberholtes Instrument zu kaufen, weil es eine Menge Unwägbarkeiten mitbringt, einen Flügel nach und nach überholen zu lassen. Die einzige Ausnahme wäre, wenn du einen wirklich guten Klavierbauer und dessen Arbeiten kennst und diesen beauftragen kannst. Sonst kaufst du die Katze im Sack und es besteht eine gewisse Chance, dass du nach der Überholung nicht endgültig zufrieden mit dem Instrument bist.

Die älteren Blüthner Flügel (vor dem 2. Weltkrieg) sind meines Erachtens unglaublich gute Instrumente und nicht wenige sind auch heute noch in so gutem Zustand, dass sie gut spielbar sind. Für das Wohnzimmer halte ich das Modell 6 (mit 190cm) für einen ausgezeichneten Flügel. Das ist eigentlich mein Lieblingsmodell, der Bass hat einen sehr guten Klang, wie man ihn sonst nur von deutlich größeren Instrumenten kennt. Modell 4 (210m) und Modell 2 (230cm) sind für das Wohnzimmer schon relativ groß. Das ist eher etwas für eine kleine Bühne. Den kleineren 180cm Flügel finde ich ziemlich unbeeindruckend, er fällt im Vergleich zum Modell 6 stark ab. So ab den zwanziger Jahren gab es auch noch einen kleinen (so um die 160cm) Stutzflügel. Zu DDR-Zeiten war das Modell 11 der kleinste Flügel, 1.48m. Der ist sinnlos. Das Modell 10 mit 166cm ist ganz brauchbar, gemessen an der Größe.

DDR-Blüthner, das ist so ein Kapitel für sich. Hier muss man sich die Instrumente sehr genau anschauen. Sicher ist in den Werkstätten damals auch ordentlich gearbeitet worden, die Instrumente waren gut, aber nicht so gut wie die alten und auch nicht so gut wie die heutigen. Aber auch hier kann ein guter Klavierbauer eine Menge Dinge tun, um die Instrumente klanglich und spieltechnisch zu verbessern. Hauptproblem ist oft, dass die Flügel überwiegend keine Renner-Mechanik eingebaut haben und die Flemming-Mechanik nicht so ein gutes Spielgefühl vermittelt. Auch bei anderen Materialien gab es Qualitätsprobleme. Mir persönlich sind diese Instrumente oft zu schwer und träge vom Spielgefühl, während die alten Blüthner-Flügel immer leicht und flüssig spielen. Auch die Modulationsfähigkeit des Tones ist bei den DDR-Flügeln nicht so ausgeprägt, ich vermute, dass das an den Hammerköpfen liegt.

Das 2. Beispiel allerdings kann ich überhaupt nicht einordnen. Ich höre nur, das der Flügel grauenvoll verstimmt ist und derart "blechern" klingt, als ob kein Filz mehr auf den Hämmern ist... Der daraus resultierende "Klang" erinnert mich eher an ein altes "Saloonpiano"

Hier sind einfach nur die Hammerköpfe hart gespielt. Sie weisen vermutlich tiefe Rillen auf. Da muss der Hammerkopf wieder in Form gebracht und anschließend intoniert werden (wenn noch genügend Filz auf dem Hammerkopf ist, sonst muss man neu befilzen).

Dann habe ich mal aufgrund dieser Erfahrunfg mal in einem Klaviergeschäft neue Blüthner-Flügel angespielt, die ich ganz hart und nichtssagend fand.

Es ist gut möglich, dass ein neuer Flügel aus der Fabrikation noch etwas Nacharbeit bedarf. Wenn die akustischen Eigenschaften des Ladens ungünstig waren, muss der Flügel nicht unbedingt zu hart klingen, es mag sich dann nur in der Umgebung so darstellen. Die neuen Blüthner Flügel sind bei guter Intonation wirklich klangschön: brilliant und warm, singend. Allerdings ist der Ton meines Erachtens etwas entindividualisiert, nicht mehr so nah am Ton der alten Blüthner-Flügel dran. Doch diese Tendenz gibt es m.E. bei anderen Herstellern auch.
 
Die älteren Blüthner Flügel (vor dem 2. Weltkrieg) sind meines Erachtens unglaublich gute Instrumente und nicht wenige sind auch heute noch in so gutem Zustand, dass sie gut spielbar sind. Für das Wohnzimmer halte ich das Modell 6 (mit 190cm) für einen ausgezeichneten Flügel. Das ist eigentlich mein Lieblingsmodell, der Bass hat einen sehr guten Klang, wie man ihn sonst nur von deutlich größeren Instrumenten kennt.

Hi Jensen,

da ich um Deine Blüthner-Kenntnisse weiß, würde ich Dich gerne zu den älteren Blüthner Flügel (vor dem 2. Weltkrieg) verschiedene Dinge fragen.

- wann und wodurch wurde die Patentmechanik bei Blüthner abgelöst?
- würdest Du auch bedenkenlos einen mit Patentmechanik nehmen?
- sollte er unbedingt ein Aliquot haben oder ist einer ohne eher zu empfehlen?

@alle
natürlich sind hier alle angesprochen und eingeladen zu meinen Fragen was beizutragen.

Danke und Gruß

Axels
 
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wann und wodurch wurde die Patentmechanik bei Blüthner abgelöst?

Das kann ich dir nicht genau sagen. Meines Wissens hat es beide Mechaniktypen während einiger Jahre / bzw. fast Jahrzehnte parallel gegeben. Ich denke, dass nach 1920/25 keine/kaum noch Patentmechaniken verbaut wurden. Das ist aber nur grob aus der Erinnerung von Instrumenten, deren Seriennummer ich nachgeschlagen habe. Vielleicht weiß jemand mehr darüber.

Abgelöst wurde die Patentmechanik durch eine ganz normale Doppelrepetitionsmechanik.

- würdest Du auch bedenkenlos einen mit Patentmechanik nehmen?

Ich hatte einen solchen Flügel viele Jahre. Er war dann aber so abgespielt, dass er komplett überholt werden musste. Da ich ihn relativ teuer gekauft hatte und ein Liebhaber scharf auf diesen Flügel war, konnte ich nicht widerstehen, ihn zu verkaufen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass es ein Platzproblem gab, weil ich noch drei weitere Flügel hatte. Ich bereue das heute, ich hätte besser einen anderen Flügel hergegeben. Generell sind die Unterschiede zwischen einer "normalen" und der Patentmechanik aus meiner Sicht vernachlässigbar. Die meisten Leute würden das gar nicht bemerken. Dies unter der Voraussetzung, dass die Patentmechanik gut reguliert ist.

sollte er unbedingt ein Aliquot haben oder ist einer ohne eher zu empfehlen?

Das wäre für mich eher nebensächlich. Mein Flügel hatte kein Aliquot. Ich kenne ein paar ältere Blüthner mit Aliquot. Eine besondere Klangverbesserung im Diskant kann ich nicht erkennen (ist aber subjektiv). Das Aliquot stellt mitunter ein Problem bei der Stimmung des Diskantes dar (ist nicht sauber zu stimmen). Allerdings relativiert sich dieses Problem, wenn man den Flügel aus einigen Metern Entfernung im Raum hört.
 
Ich würde dir raten, lieber ein gut generalüberholtes Instrument zu kaufen, weil es eine Menge Unwägbarkeiten mitbringt, einen Flügel nach und nach überholen zu lassen. Die einzige Ausnahme wäre, wenn du einen wirklich guten Klavierbauer und dessen Arbeiten kennst und diesen beauftragen kannst. Sonst kaufst du die Katze im Sack und es besteht eine gewisse Chance, dass du nach der Überholung nicht endgültig zufrieden mit dem Instrument bist.

Und ich würde zum Gegenteil raten, nämlich das Heft für die Steuerung der Generalüberholung selber in die Hand zu nehmen. Weil man dann eigene Wünsche insbesondere bzgl. Hammerkopfschwere, Mechanikjustierung und insbesondere der Intonation einfließen lassen kann. Bei heutigen Spitzenmechaniken der Fa. Renner z.B. kann man auswählen, ob man die rel. wuchtigen Hammerköpfe heutiger Fabrikationen, oder kleinere Hammerköpfe, wie sie früher üblich waren, einbauen lassen will. Und so weiter und so fort.

Die Katze im Sack kauft man wohl eher, wenn man nicht weiß was eingebaut wurde.

Der Hauptteil des Endklangs und Spielgefühls entsteht durch die akustische Sanierung - die neue Mechanik mit Neuintonation, die neuen Saiten, der wiederhergerichtete und in Spannung gebrachte Resonanzboden, usw.

Ich würde bei einer akustischen Generalsanierung mich an Werkstätten richten, die tagein, tagaus nichts weiter machen, als Markeninstrumente zu sanieren, und mir deren Resultat ansehen und anhören und anspielen. Jedenfalls bin ich so vorgegangen (damals bei der Klavierwerkstatt Simon, die an das Klavierhaus Döll/Hannover angeschlossen ist). Werkstätten, die z.B. eine Trockenkammer haben, um die Luftfeuchte runter auf 15% drücken zu können vor Sanierung des Resonanzbodens. Oder man beauftragt unseren Klaviermacher Michael!
 
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