Ich habe gerade entdeckt, daß es einige Blüthner Flügel für 2-3000 Euro gibt, allerdings "Originalzustand" und rund 100 Jahre alt, das ist möglicherweise interessant, wenn ich einen Klavierbauer finde, der mit mir aussucht und wir einen Flügel finden, den man "scheibchenweise" restaurieren kann und der mit geringem Aufwand erstmal spielbar ist.
Ich würde dir raten, lieber ein gut generalüberholtes Instrument zu kaufen, weil es eine Menge Unwägbarkeiten mitbringt, einen
flügel nach und nach überholen zu lassen. Die einzige Ausnahme wäre, wenn du einen wirklich guten Klavierbauer und dessen Arbeiten kennst und diesen beauftragen kannst. Sonst kaufst du die Katze im Sack und es besteht eine gewisse Chance, dass du nach der Überholung nicht endgültig zufrieden mit dem Instrument bist.
Die älteren
blüthner Flügel (vor dem 2. Weltkrieg) sind meines Erachtens unglaublich gute Instrumente und nicht wenige sind auch heute noch in so gutem Zustand, dass sie gut spielbar sind. Für das Wohnzimmer halte ich das Modell 6 (mit 190cm) für einen ausgezeichneten Flügel. Das ist eigentlich mein Lieblingsmodell, der Bass hat einen sehr guten Klang, wie man ihn sonst nur von deutlich größeren Instrumenten kennt. Modell 4 (210m) und Modell 2 (230cm) sind für das Wohnzimmer schon relativ groß. Das ist eher etwas für eine kleine Bühne. Den kleineren 180cm Flügel finde ich ziemlich unbeeindruckend, er fällt im Vergleich zum Modell 6 stark ab. So ab den zwanziger Jahren gab es auch noch einen kleinen (so um die 160cm) Stutzflügel. Zu DDR-Zeiten war das Modell 11 der kleinste Flügel, 1.48m. Der ist sinnlos. Das Modell 10 mit 166cm ist ganz brauchbar, gemessen an der Größe.
DDR-Blüthner, das ist so ein Kapitel für sich. Hier muss man sich die Instrumente sehr genau anschauen. Sicher ist in den Werkstätten damals auch ordentlich gearbeitet worden, die Instrumente waren gut, aber nicht so gut wie die alten und auch nicht so gut wie die heutigen. Aber auch hier kann ein guter Klavierbauer eine Menge Dinge tun, um die Instrumente klanglich und spieltechnisch zu verbessern. Hauptproblem ist oft, dass die Flügel überwiegend keine Renner-Mechanik eingebaut haben und die Flemming-Mechanik nicht so ein gutes Spielgefühl vermittelt. Auch bei anderen Materialien gab es Qualitätsprobleme. Mir persönlich sind diese Instrumente oft zu schwer und träge vom Spielgefühl, während die alten Blüthner-Flügel immer leicht und flüssig spielen. Auch die Modulationsfähigkeit des Tones ist bei den DDR-Flügeln nicht so ausgeprägt, ich vermute, dass das an den Hammerköpfen liegt.
Das 2. Beispiel allerdings kann ich überhaupt nicht einordnen. Ich höre nur, das der Flügel grauenvoll verstimmt ist und derart "blechern" klingt, als ob kein Filz mehr auf den Hämmern ist... Der daraus resultierende "Klang" erinnert mich eher an ein altes "Saloonpiano"
Hier sind einfach nur die Hammerköpfe hart gespielt. Sie weisen vermutlich tiefe Rillen auf. Da muss der Hammerkopf wieder in Form gebracht und anschließend intoniert werden (wenn noch genügend Filz auf dem Hammerkopf ist, sonst muss man neu befilzen).
Dann habe ich mal aufgrund dieser Erfahrunfg mal in einem Klaviergeschäft neue Blüthner-Flügel angespielt, die ich ganz hart und nichtssagend fand.
Es ist gut möglich, dass ein neuer Flügel aus der Fabrikation noch etwas Nacharbeit bedarf. Wenn die akustischen Eigenschaften des Ladens ungünstig waren, muss der Flügel nicht unbedingt zu hart klingen, es mag sich dann nur in der Umgebung so darstellen. Die neuen Blüthner Flügel sind bei guter Intonation wirklich klangschön: brilliant und warm, singend. Allerdings ist der Ton meines Erachtens etwas entindividualisiert, nicht mehr so nah am Ton der alten Blüthner-Flügel dran. Doch diese Tendenz gibt es m.E. bei anderen Herstellern auch.