Blickmanagement

... so wird ein Schuh draus.
(Über das Skriabin Prélude op.17 / 5 bin ich vor einiger Zeit gestolpert, eigentlich aus Neugier, wie man so etwas angehen müßte, wenn man es denn zu üben hätte. Eine eher akademische Frage für mich).
Bei grenzwertigen Stücken, die Sprungstellen enthalten, welche das Potential haben, mein Niveau über längere Zeit zu beschäftigen (um damit die Skala aus den Sphären der o.g. Beispiele etwas herunterzuziehen drücke ich mich vorsichtig aus - ) beobachte ich, dass ich einige Stellen ohne Zweifel beherrsche und einige Stellen gleicher Schwierigkeit nicht. Ich frage mich dann, was geht da vor?
 
Gleich schwer sind nur identische Stellen. :-)
 
Ich pass mal auf, und wenn ich ein typisches Beispiel habe, melde ich mich hier wieder.
 
(Über das Skriabin Prélude op.17 / 5 bin ich vor einiger Zeit gestolpert, eigentlich aus Neugier, wie man so etwas angehen müßte, wenn man es denn zu üben hätte. Eine eher akademische Frage für mich).
(da müsste man sich primär klar machen, dass kontinuierlich 3 zu 2 bei Viertel = 100 vorliegt, links triolisch, rechts duolisch - erkennst du das?)
 
Ja. Ein ständiges 2 (RH) auf 3 (LH). Mit wenigen Ausnahmen (in Takt 1, 2, 3, 4)
 
Lieber Debösi,

wenn du diese Stelle nur links üben willst, sei dir zweierlei bewusst:
  • der Daumen der Oktave f - F liegt dort, wo beim vorherigen Akkord der 5. Finger war
  • die Oktavspanne hat man auf dem Niveau intus (Liszt). Also ist der Daumen bei den Oktaven führend, den Rest beachtet man gar nicht. :003:
Daraus ergeben sich für mich zwei Übestrategien:
  • möglichst schnell vom ersten Akkord zur Oktave f - F wechseln, erst mal nur den Daumen der Oktave spielen. Dabei die Verbindung 5. Finger des Akkords - Daumen der Oktave fühlen. Erst hinschauen (auf das Ziel), dann Augen zu. Zwischendurch entspannen. Später auch die komplette Oktave spielen.
  • möglichst schnell von der f-Oktave zur folgenden c/B/As - Oktave wechseln, dabei nur den Daumen spielen. Erst hinschauen, dann "blind" spielen. Entspannen zwischen den Tönen. Einen Schwung für beide nehmen (nicht zwei Impulse!) , leicht elliptisch mit dem Uhrzeigersinn.
Diese Strategien werden fortgesetzt bzw. es wird auf ihnen aufgebaut, indem man fortfährt:
  • Kombination der beiden Schritte, also 1. Akkord plus nur die Daumen der folgenden beiden Oktaven. Pause, durchschnaufen, flache Ellipse spielen, als würdest du über die Klaviatur gleiten = ein Schwung für alles, erst hinschauen, dann blind spielen
  • nächste Kombi: nach dem 1. Akkord warten, entspannen, dann die Daumen der nächsten beiden Oktaven plus nächstem Akkord
  • dann diese beiden Schritte kombinieren (Akkord + beide Oktaven + Akkord) .....
Wenn's klappt, jubeln und einen heben! Wenn's nicht klappt, brüllen und einen heben! :003:

Das ähnelt also dem Rhythmisieren bzw. Stationenüben. "Blind" üben kann man probieren, aber im Ernstfall wird man gezielt hingucken, um die Sicherheit zu erhöhen. Zwischendurch kann man auch immer die ganze Oktave spielen, also den 5. Finger hinzunehmen. Alle Tipps kann man auch abändern, je nachdem wie es passt.

Langsam würde ich es nur auf die altbekannte Weise üben: 1. Akkord spielen, blitzschnell zur nächsten Oktave (komplett oder nur Daumen) wechseln, aber nicht spielen, sondern "schlapp" machen, also so weit entspannen wie möglich. Dann erst die Oktave spielen, blitzschnell zur nächsten Oktave wechseln, nicht spielen, schlapp machen ....... .

Liebe Grüße

chiarina
 
na also - trotz presto Vorschrift sind die Griffwechsel der rechten Hand ruhiger als die Oktavgriffe der linken => also könnte man hier (blabla Notentext kennen ohne auf den Noten nachgucken zu müssen) abschnittweise nur die Griffe einüben (also rechts so Sachen wie c-e-g mit 125 und g-c-g mit 125) locker akkordisch; die repetierte Note in der rechten Hand ist eine prima Orientierung um während dieser Übung fast nicht nach rechts schauen zu müssen (das zu erkennen, hilft dann auch, die 16tel original und schnell zu spielen)
die Arbeitsschritte sind hier übersichtlich.
 
Blinde Kuh spielen - Denkfehler! Vergesst es bitte einfach.
Ich möchte das machen, was hilft. @chiarina ... deine Übungen werde ich mir so anschauen, das klingt gut.
@rolf ... stimmt. Im Prinzip rollt die RH so ab.125 135 habe ich auf Empfehlung meiner VKL. Die RH bleibt entspannt, abgerundet und gleich mit den richtigen Abständen zwischen den Fingern. Eine Sache wäre z.B. im 2.Takt (Wechsel f-Moll Des-Dur) 5213 c-f-c-des und des-as-as-c 3515 und die Übergänge von Balkenmitte zu Balkenmitte im Originaltempo zu üben (Hinweis von einem Physiker)

jetzt gucken wir mal. Danke euch!
 
Im Prinzip rollt die RH so ab.125 135 habe ich auf Empfehlung meiner VKL.
...deine Fingerfolge für rechts ist offenbar rückwärts...
damit wir nicht aneinander vorbei reden:
debösi fingersatz 1.png
blauer Pfeil: ja klar, da muss man vorher wissen, dass man sehr rasch weit nach rechts muss - das darf hier nicht verzögert werden, denn ein stocken wäre für die Tonfolge links fatal
rot: gebrochener Griff beginnend außen, also mit 5
grün: gebrochener Griff beginnend innen, also mit 2 oder 3

die Griffe rechts (Oktave mit innen liegendem Ton) sollten eine Regelmäßigkeit haben, damit man nicht rumfummeln muss:
1-2 Sekunde, Terz, Quarte
1-3 Quinte, Sexte
 

Ich frage mich: wie funktioniert das eigentlich, dass jemand unter affenartigen Geschwindigkeiten und bei Vollbeschäftigung der anderen Hand zielsicher trifft. Ist das wie bei Bogenschützen, die im Dunkeln ins Schwarze treffen? Ist das haptisch? Ist das die Vorstellung der Tastatur im Kopf? Was läuft übers Rückenmark - jahrelang trainiert - was kommt aus dem Kopf? Was passiert bei einem Stück, in dem die Hände drei, vier Oktaven entfernt voneinander Sprünge zu absolvieren haben, die - sagen wir mal - nicht spiegelsymmetrisch gekoppelt sind?

Es ist Zauberei. :027:


Die audiomotorischen Voraussetzungen als Grundlage werden im Laufe der Jahre auftrainiert. Im Zuge dessen lernt man auch eine sachgerechte Blickchoreographie = nicht auf die Hände schauen, sondern zum nächsten Zielton, der aus den gesicherten Bewegungsmustern "rausfällt". Der Zielton wird ja nicht dauerhaft hypnotisch angestarrt, sondern aus den Augenwinkeln bzw. außerhalb des "Scharfseh-Bereichs" knapp wahrgenommen. Während die Hand auf dem Weg zum eingeprägten Zielgriff ist, muss man in der Birne schon weiter sein. Das gute räumliche Sehen und Voraus-Sehen muss man wie alles andere auch üben (dass die Hand dort "trifft", wo man Bruchteile von Sekunden früher hingeschaut hat, während der Blick der Hand bereits etwas voraus ist).

Bis jemand "unter affenartigen Geschwindigkeiten und bei Vollbeschäftigung der anderen Hand zielsicher trifft", hat er sich ja jahrelang dorthin vorgetastet, vom Einfacheren zum Schwereren. :001:

Als Anfänger behilft man sich zum Beispiel mit vorläufigen Vereinfachungen (so wie in meinem Beitrag: Erst mal die Handverschiebung mit drei "leeren" Oktaven sichern, ehe man den mittleren Ton am Beginn der Figur hinzunimmt) oder man vereinfacht sich die Sache, indem man Füllnoten zunächst weglässt (bei Deinem Beispiel bietet sich dieses Vorgehen in der rechten Hand an - dabei erschließt sich auch der "logische" Zusammenhang mit der Zielnote links) oder Orientierungsnoten entdeckt (in Deinem Beispiel das f 1 mit dem Daumen direkt vor der Nase und die schwarzen Tasten am Ende der Figur, schwarze Tasten empfinde ich immer als treff-freundlicher als weiße).
 
Ich frage mich: wie funktioniert das eigentlich, dass jemand unter affenartigen Geschwindigkeiten und bei Vollbeschäftigung der anderen Hand zielsicher trifft. Ist das wie bei Bogenschützen, die im Dunkeln ins Schwarze treffen?
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Ich frage mich: wie funktioniert das eigentlich, dass jemand unter affenartigen Geschwindigkeiten und bei Vollbeschäftigung der anderen Hand zielsicher trifft. Ist das wie bei Bogenschützen, die im Dunkeln ins Schwarze treffen?

Eigentlich ist das kein Hexenwerk. Nur muss einem eines klar sein: Sprünge lernt man NICHT, indem man mal eine Etüde durcharbeitet. Du kannst ewig an dieser Etüde herumüben, ohne jemals zu einem befriedigendem Ergebnis zu gelangen. Dazu ist die Übungseinheit viel zu kurz.

Quäl dich durch ein paar sprunglastige Stücke. Du wirst merken, dass die Quälerei von Stück zu Stück leichter fällt und irgendwann greifen die Hände wie von selbst. JETZT erst bist dazu in der Lage, die Sprünge klanglich zu gestalten, während du mit der anderen Hand Vollgas gibst.
 
@Debösi
Das Geheimnis des Klavierspielens liegt u.A. in der Anatomie der Tastatur.
Hast du mal überlegt, warum die schwarzen Tasten erhaben sind? Und warum sie "Tasten" heißen?
Da hat die deutsche Sprache anderen voraus, sie sagt, was wir tun sollen: Tasten. Man kann fühlen, wo die schwarzen Drillinge oder Zwillinge sind.
Unsere nichtspielenden Finger haben die Funktion der Schnurrhaare bei Katzen. Ebenso ist der Daumen ein sehr wichtiger Anzeiger für Abstände.
Unabhängig vom Stück empfehle ich Dir, bewußt Drei- oder Vierklänge zu spielen und diese blind, sich nur auf das Tasten verlassend durch die Oktaven zu versetzen (also den gleichen Akkord in verschiedenen Oktaven spielen).
Probiere es mal mit nach oben gestreckten Fingern (also die, die am Akkord nicht beteiligt sind) und Du wirst merken, daß Du Dich wie auf Eis fühlst, kein Kontakt zur Topographie des Klavieres.
Die Finger, die nicht spielen, spüren in Bruchteilen von Sekunden - wenn sie den Kontakt zur Tasten suchen -, wo die schwarzen Drillinge oder Zwillinge sind und wer daneben liegt und Ruckzuck kannst Du die Akkorde treffsicher spielen.
Mit der Zeit spielt sich natürlich auch ein Abstandsgedächtnis ein, ähnlich wie beim Lagenwechsel auf einem Streichinstrument oder bei der Posaune.
 
IMG_2320.jpg

ich habe mal experimentell an einem Stück, das etwas näher an meiner Gehaltsklasse liegt, versucht, die Blickbewegungen zu fassen. Siehe Markierungen im Foto.
für das sichere treffen der Tasten genügt meistens ein relativ kleines Blickfeld
, wobei mit "Blickrichtung" tatsächlich eher ein Wahrnehmen aus den Augenwinkeln heraus zu verstehen ist.
 
@Debösi ich schaue da eigentlich so gut wie nicht auf die rechte Seite der Klaviatur (alle Oktaven rechts sind gut "fühlbar") - also bleiben rechtzeitig die Daumentasten der Bässe und Akkorde im Blick (bei mir)
angewöhnen muss man sich den zuletzt nicht symmetrischen schwarz-weiß-Verlauf der auseinanderlaufenden Oktaven, damit man cresc. und mit Akzent in die d-Oktaven kommt ohne stocken oder zaudern.
 
Wenn ich bei Buchstabe E nicht kurz fixiere, wird´s oft eine g-Oktave statt a und das klingt dann wirklich zum Abgewöhnen...:013:
 
Falls du die Polonaise ganz spielst, noch ein Tipp zu den Trommelwirbel imitierenden Trillern: beide Hände 3 auf schwarz, 1 auf weiß
 
Ich hab´s woanders geschrieben - angeregt durch Corona "Jetzt erst recht!" habe ich mir die Polonaise vorgenommen.
 

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