Beethoven, Sonate op. 27,1 (Fingersatzfrage)

Hallo Rolf,
ich finde es gut, dass Du Dich mit so einem "unmethodischen" Fingersatz aus
der Deckung wagst...
Wenn Du das im Tempo hinbekommst, wunderbar.
Als Lehrer würde man natürlich anders vorgehen.
Der Chopin'sche Fingersatz hat nun einen wirklichen Etüdencharakter:
Eben die "Conformation" der Hand. Die Pivotage des Handgelenks zum
fünften Finger hin. Die Führung der weiten Lage von Hinten. Das ist typisch Chopin. Wer es nicht kann, wird mit dem
meisten Romantischen Repertoire Schwierigkeiten haben.
Liszt nannte die Pivotage übrigens "Radsprossen".

Beste Grüße
Claudius
 
Vielen Dank für die nun doch recht verschiedenen vielzähligen Vorschläge hier. Nachdem ich nun alle genannten ausprobiert habe, und auch mit allen versucht habe, mich einem schnellen Tempo anzunähern habe ich mich für den Fingersatz von Schenker/rolf entschieden. Rolfs Erläuterungen zu dessen Logik und Aufbau, sowie der Hinweis, den Fokus auf den 5. Finger zu richten waren hier Gold wert. Danke!

Spätestens übermorgen sollte dieses Motiv mit diesem Fingersatz wohl dann sehr solide laufen (ich will mir selbst aber nicht zu viel versprechen).

Den Ansatz mit dem Einbeziehen der linken Hand fand ich auch prinzipiell interessant (ich verteile relativ oft einzelne Töne auf andere Hände als notiert). Hier an dieser Stelle ist dieses Vorgehen für meine Hände aber nicht das beste, da die "große" Bewegung der rechten Hand vom ersten zum letzten Ton unterbrochen und neu angesetzt werden muss, um über die linke Hand hinwegzukommen. Die Linke hingegen muss unnötig über die Tastatur springen... warum auch nicht, wenn es dir so liegt, FLIP. Aber für mich ist das hier nix. Dennoch danke für den Vorschlag.
 
Hallo pppetc,
ich glaube, ich kann es kurz machen. Ich habe die Apostel bzw. Jünger des Herrn Feuchtwanger in der Vergangenheit oft getroffen.
Ich halte nichts von dem "Hype", der um seine Übungen gemacht wurde.
Die Präsentation der Übungen war zum Teil an der Grenze des Peinlichen.
Ich will aber nicht bestreiten, dass dieses Konzept in bestimmten Fällen einen Nutzen haben kann. Die Offenbarung, für die es oft gehandelt wird, ist es in meinen Augen überhaupt nicht.

Das hat mit der Frage nach dem Fingersatz natürlich nichts zu tun und ist lediglich mein Beitrag zu einem "Feuchtwanger'schen Fingersatz".

Das soll uns hier aber bitte zu keinen Kontrahenten machen.

Beste Grüße
Claudius
 
N'Abend Claudius

Das soll uns hier aber bitte zu keinen Kontrahenten machen.

Das wird es ganz bestimmt nicht - denn weder ist
Peter ein Heiliger, noch ich sein Apostel.

Und Deinen Beobachtungen die allermeisten Vorführungen
der Übungen betreffend kann ich leider (es gibt niemanden,
der das so bedauert wie ich) nur beipflichten -
sie werden zumeist ja nicht von ihm selbst vorgeführt.


Mit herzlichem Gruß

stephan


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off-topic zum "unmethodischen" Fingersatz

Hallo Rolf,
ich finde es gut, dass Du Dich mit so einem "unmethodischen" Fingersatz aus
der Deckung wagst...
Wenn Du das im Tempo hinbekommst, wunderbar.
Als Lehrer würde man natürlich anders vorgehen.
Der Chopin'sche Fingersatz hat nun einen wirklichen Etüdencharakter:
Eben die "Conformation" der Hand. Die Pivotage des Handgelenks zum
fünften Finger hin. Die Führung der weiten Lage von Hinten. Das ist typisch Chopin. Wer es nicht kann, wird mit dem
meisten Romantischen Repertoire Schwierigkeiten haben.
Liszt nannte die Pivotage übrigens "Radsprossen".

Beste Grüße
Claudius

hallo Claudius,

ganz so unkonventionell ist mein "unmethodischer" Fingersatz übrigens nicht, vergleichbares findet sich in einem Abwärtslauf der Campanella-Etüde von Liszt, ja überhaupt recht oft bei Liszt (den kenne ich recht gut, ist einer der Schwerpunkte in meinem Repertoire); in den zahlreichen Ausgaben der Etüden op.10 seit der Erstveröffentlichung finden sich sehr viele sinnvolle Abweichungen von Chopins Fingersatz als zusätzliche Möglichkeiten der Ausführung - - Karl Klindworth (der Lisztschüler) ist da recht interessant, und für etliche Takte bietet er einen Fingersatz an, der meinem ähnelt; m.a.W. eigentlich habe ich für mich diese Liszt/Klindwort´schen Vorschläge lediglich auf fast alle Takte von op.10 Nr.1 übertragen, und das, weil es mir so am leichtesten fiel - also der "unmethodische" Fingersatz ist nicht auf meinem Mist gewachsen :)

Letztlich entscheidet für die praktische Ausführung natürlich, was einem jeweils am bequemsten vorkommt - findet sich was, ist das "Problem" ja dann verschwunden; findet sich nichts, dann ist ein echtes Problem da! Ein echtes Problem ist meist ein Mangel: ein Mangel an sinnvollen Bewegungsideen zur Darstellung der musikalischen Bewegung.

:) und natürlich kenne ich Liszts Wortwahl!

liebe Grüße, Rolf
 
Musikalische Phrasen oder "Bewegungen" werden nicht ausschließlich durch den Fingersatz definiert. Auch wenn dieser gewöhnlich unterstützend ist - aber nicht zwingend.
Das ist mir absolut bewusst, schön dass wir uns da einig sind.

Musikalische Phrasen werden natürlich nicht durch den Fingersatz definiert, sondern definieren sich irgendwie selbst aus der Musik heraus. Aber zu ihrer Umsetzung braucht es nun einmal eine schöne Agogik und Dynamik (um stellvertretend für vieles andere zwei Hauptaspekte zu nennen, die absolut nicht vollständig zur Beschreibung ausreichen).
Eine schlechte Bewegung bzw. Beweglichkeit (eventuell durch einen persönlich unbequemen Fingersatz bzw. in diesem Fall eher "Handsatz" verursacht) macht es aber noch schwerer, die Agogik und Dynamik (etc.) so auf den Tasten hinzubekommen, dass das eigene Ohr (und im Ernstfall später dann das des Publikums) auch zufrieden genug ist.

Aber ich schweife hier nun restlos ab in die Weiten des Schwafelns und würde nun gerne hier zur Sonate zurückkommen, und zwar zu einem anderen ganz simplen Aspekt, der mir irgendwie auch noch nicht ganz klar ist. Bitte nicht über diese doofe Frage lachen: Wie viele Sätze hat denn diese Sonate überhaupt? Drei? Vier?

Die Sonate läuft ja grob gesagt so ab:

Andante
Allegro
Tempo I - attaca subito

Allegro molto e vivace - attaca subito

Adagio con espressione - attaca subito

Allegro vivace
Tempo I
Presto

Dass die ersten drei Tempi zusammen einen in seiner Form recht eigenwilligen 1. Satz bilden, scheint noch sehr logisch zu sein. Das kurze "Allegro molto e vivace" als 2. Satz, das anschließende "Adagio con espressione" als 3. Satz und den zum Großteil rasanten Rest als 4. Satz zu bezeichnen liegt angesichts der Gliederung durch die "attaca subito"-Hinweise nun recht nahe. Andererseits setzt Beethoven an keiner Stelle innerhalb der Sonate einen wirklichen Schluss-Taktstrich. Es werden lediglich normale Doppelstriche, wie bei Tempowechseln innerhalb eines Satzes üblich verwendet.

Außerdem trägt der potentielle "4. Satz" die Tempobezeichnung "Tempo I" in sich, wobei dieses Tempo I eindeutig auf das "Adagio con espressione" bezogen ist, schließlich wird hier musikalisch genau dessen Hauptmotiv noch einmal kurz wiederholt. Dies beides, sowie der sehr offene Schluss des "Adagio con espressivo"-Abschnitts deuten nun viel eher darauf hin, die vorher als "3. Satz" und "4. Satz" bezeichneten Teile zu einem die somit dreisätzige Sonate abschließenden 3. Satz zusammenzufassen.
Wenn dies aber so ist: weshalb dann diese "attaca subito"-Anweisung nach dem "Adagio con espressione", welche innerhalb eines Satzes eigentlich nichts zu suchen haben sollte.

Oder ist es vielmehr so, dass eine Untergliederung der Sonate in getrennte Sätze hier am Ziel Beethovens vorbeischießt und das ganze Werk eher als eine große einsätzige Sonate zu verstehen ist? Dass Beethoven quasi seiner Zeit voraus ist (was er mit seinen wegweisenden Sonaten wohl sowieso war)?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
zur Sonate zurückkommen, und zwar zu einem anderen ganz simplen Aspekt, der mir irgendwie auch noch nicht ganz klar ist. Bitte nicht über diese doofe Frage lachen: Wie viele Sätze hat denn diese Sonate überhaupt? Drei? Vier?

hallo,

ich empfehle Dir die Anschaffung des sehr lesenswerten Buchs Die 32 Sonaten von Beethoven und ihre Interpreten von Joachim Kaiser - was der genau über Deine Sonate schreibt, weiß ich nicht mehr (und bin auch die Tage nicht zuhause, sodass ichs nicht nachschauen kann). Sicher tendiert diese "Sonata quasi una fantasia" (!) nicht zur Einsätzigkeit, aber sie experimentiert quasi mit Mischformen der Sonatenstruktur.

Gruß, Rolf
 
Danke für den Hinweis auf das Buch.

Falls es irgendjemanden interessiert: Im folgenden Video seht ihr den aktuellen Stand meines Fingersatzproblems (welches wohl gelöst scheint). Ich habe wie bereits gesagt den rolf/Schenker-Fingersatz genommen und mittlerweile läuft er schon relativ solide. Es ist aber natürlich noch nicht alles Gold was glänzt (und es glänzt auch noch nicht allzu vieles, da stecken schon noch so einige Schludrigkeiten drin in der gesamten Passage). Die Dynamik spiele ich allerdings durchaus ausgeprägter, als es auf dem Video rüberkommt. Die Kamera hat da doch leider vieles nivelliert.

Hier also der Link:
http://www.youtube.com/user/donbos87?feature=mhw4#p/u/0/rfkv8kIQ_4I
 

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