Beethoven op. 111 - Beethovenjahr

Carmen

Carmen

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Beethovens letzte Sonate ist eine von denen, die ich besonders mag. Angeregt durch den Thementag in 3 SAT am gestrigen Sonntag anlässlich des Beethoven-Jahres suchte ich in meinem Acryl-Fundus und siehe da, es gab da eine Platte mit einer Aufnahme von Elly Ney (wem von Euch ist der Name überhaupt noch ein Begriff??) von 1936. Steinzeit. Nicht, dass ich diese Interpretation in den 7. Himmel loben würde – aber ich fand (bis jetzt) keine Einspielung von anderen Pianisten, die mich wirklich im Gesamten überzeugt hätte. Suche geht aber weiter.

Was mich immer am meisten „erschreckt“ ist im 2. Satz (12/32- Takt), was da bei vielen in der linken Hand „los“ ist. Unklar, verwaschen, im Pedal ertränkt ist hier nichts mehr sauber zu erkennen. Ausnahme bei Kissin (ca. Min. 15:30)


Ich möchte meinen Beitrag hier nicht durch zu viele Einzelheiten in die Länge ziehen. Fände es aber schön, Eure Meinung zur 111 zu hören.
Zum Beispiel: Was sind denn Eure Lieblings-Interpreten der 32. Beethoven-Sonate?

Carmen
 
ich weiß nicht, was bei dem Übergang bei ca. 15.30 besonderes passieren kann: ob Margulis, Gulda, Pollini, Ugorski, Michelangeli, das wird doch meist ganz sauber und klar gespielt. Schön bei der Kissin Aufnahme ist zu sehen, dass er viele Melodietöne bei der Trillerkette mit der linken Hand spielt (ist viel bequemer als es wie notiert zu spielen) und interessant ist, dass er überall sehr ruhige Tempi wählt.

Die Aufnahme von Elli Ney kenne ich, finde sie auch sehr expressiv: am meisten gefällt mir die Einleitung (maestoso) und - obwohl für meinen Geschmack zu langsam - vieles in den Variationen.

Was die Variationen betrifft, so gefällt mir Yudina weitaus besser als die sehr langsamen Interpretationen von Ugorski und Margulis.
...was den Kopfsatz betrifft, wirkt die Raserei bei Gould absonderlich - wenn sehr flottes Tempo, dann lieber Gulda und Pollini, die das nicht übertreiben.
 
Danke @rolf, nett von Dir, dass Du "trotzdem" geantwortet hast. Ich hab nämlich soeben einen ausführlichen Faden hier gefunden zum Thema 111.
Ich glaub, ich bräuchte für manches eine Forum-Nutzer-Schule :denken:
 
Wobei man bei Elly Ney nicht immer weiß, welche der "schweren" Stellen sie tatsächlich bei den Aufnahmen gespielt hat. Einiges davon hat Wilhelm Kempff übernommen.
Vielleicht wäre sie die größte Pianistin ihrer Zeit geworden, wenn sie nicht so schlampig gewesen wäre.
Eduard Erdmann pflegte zu sagen, er äußere sich nicht über andere PianistInnen, die er nicht mochte. Dann nach einer Pause: " Nur Elly Ney ist freigegeben..."
 
Sokolovs op 111 war das Beeindruckendste, was ich je live gehört habe! Tatsächlich hat mich sonst keine Aufnahme der Sonate so beeindruckt!
 
Käme auf einen Versuch an, die Ausgabe anzubieten. Ich gebe Dir recht, die alten Aufnahmen sind in der Tat schwer zu bewerten und zu beurteilen.

Ich möchte noch klarstellen, dass ich kein Fan Elly Ney´s bin. Es war nur so das Kuriosum bei der Entdeckung, dass die Platte bei mir im Regal herumgeistert. Ich suche unterdessen weiter nach einer Aufnahme, bei der es mir so richtig die Gänsehaut aufzieht. NOCH hab ich sie nicht gefunden...
 
Ich höre op. 111 auch wahnsinnig gerne. Sowohl der erste als auch der zweite Satz entwickeln auf ihre eigene Weise einen Sog, dem ich mich nicht entziehen kann. Ich bin - was Interpreten angeht - am ehesten auf Gulda fixiert. Seine Aufnahme der Sonaten gehörte seinerzeit zu meinen ersten Schallplatten, die ich mir von meinem Taschengeld geleistet habe. Die Seite mit der Arietta habe ich auf dem grindigen Plattenspieler fast kaputtgehört. Starke Prägung in der Adoleszenz, also.

Liebe Grüße
Gernot
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich suche unterdessen weiter nach einer Aufnahme, bei der es mir so richtig die Gänsehaut aufzieht. NOCH hab ich sie nicht gefunden...
@Carmen
eventuell ist diese hier ein Kandidat:

View: https://www.youtube.com/watch?v=8PYIpHGXCEk
(ich finde das grandios gespielt)


und noch eine erstaunliche Interpretation:

View: https://www.youtube.com/watch?v=6deWQW9Ltcg
(grandios die große orchestrale Variation vor dem Kettentriller!!)



View: https://www.youtube.com/watch?v=loB0mOYWC7s
(ebenfalls ohne jegliche Scheu vor hineingeheimnistem Tiefsinn im Variationensatz, dafür mit mächtigem drive in der orchestralen Variation; die Trillerkette am Ende ist phänomenal gespielt)


View: https://www.youtube.com/watch?v=Kv8t9p4LRtg
(der Kopfsatz ist kaputtgerast, schade - aber der Boogie ist fantastisch!!!! Das ist das richtige Tempo für diesen exzentrischen Ausbruch!!!)


View: https://www.youtube.com/watch?v=B186SrdAsnc
(keinerlei Scheu in der orchestralen Variation!!)


https://www.youtube.com/watch?v=hAsXQMPAktc
(den hätte man hier nicht erwartet, aber der spielt op.111 exzellent; ob man den Dreifachtriller woanders so schön hören kann? Überhaupt spielt er den Variationensatz ziemlich genau Takt gleich Takt, einzig ganz am Ende nach dem Kettentriller verlangsamt er zum Ende hin)


...und dann was krasses:
https://www.youtube.com/watch?v=cDfbjXVawNY
https://www.youtube.com/watch?v=95vO59SsrfU
https://www.youtube.com/watch?v=hJivG3mjw3s
bei Jevohah: dagegn ist Glenn Goulds op.111 ein harmloser kleiner Dummejungenstreich :-D:drink::-D sie macht die tiefsinnigen heiligen Variationen zu einer Tremolo- & Trilleretüde!! Man steinige mich: mir gefällt diese extreme Deutung.

...offenbar spielte man früher op.111 sowohl im Kopfsatz als auch speziell im Variationensatz deutlich schneller - einzig Gulda und Pollini wählen ähnliche Tempi im Kopfsatz, Arrau, Brendel, Margulis, Ugorski, Michelangeli, Schiff spielen die Variationen sehr viel langsamer
 
Zuletzt bearbeitet:

...und ganz anders die Arietta bzw. der Variationensatz in neueren Interpretationen:

View: https://www.youtube.com/watch?v=YMOTu4xV78Y

(Maestoso und Allegro sind absolut klasse gespielt! Die Arietta hat Taktdrittel = 40MM, ebenso Var.1-3 (was ich etwas zu langsam finde) dann ab l´istesso Tempo Taktdrittel ca. 28MM (das ist Margulis´ verblüffende Tempotheorie - ich finde das unerträglich langsam))



View: https://www.youtube.com/watch?v=-K3uCUko7rc


View: https://www.youtube.com/watch?v=y_Ch7JY4i5Y

(Maestoso wirkt schlaff, weil die Überpunktierung lahm daherkommt; Allegro ist schön, aber insgesamt ruhig und sanft gespielt; die Arietta... noch langsamer als Margulis... beide, Margulis und Ugorski, sind exzellente Musiker, und sicher ist konsequent und durchdacht, was sie in op.111 machen - aber ich kann dieser extremen Langsamkeit nichts abgewinnen (damit niemand denkt, die spielen aus technischen Gründen so: man höre sich Skrjabin und Strawinski von beiden gespielt an!!)


View: https://www.youtube.com/watch?v=kIUfqHdCBec

(tolles Maestoso; das Allegro klasse, besonders das lauernde fugato; die Variationen sehr langsam (gottlob bekommt der Boogie etwas drive!) in der orchestralen Variation können die langen Melodietöne nicht durchklingen, werden übertönt, liegt am Tempo...)
_________________________

...warum nicht so wie dieser hier (live!) ?

View: https://www.youtube.com/watch?v=PTPgaK9L1k8

mastoso und Allegro spitzenmäßig (Ogdon bringt die Triller in den Schlußgruppen nicht wie Michelangeli) die Variationen in einem fließenden Tempo (ok, 2-3 etwas wunderliche Rubati zwischendurch) der Boogie mit Drive, die hoch-tief Variationen klangschön, die orchestrale mit durchklingenden Melodienoten trotz großem Klang (liegt am vernünftigeren Tempo) die Kettentriller überirdisch perfekt - so ist die Sonate doch im Konzertsaal super, ohne in Extreme zu verfallen!
 
@rolf - ist ein gigantisches Angebot. Danke. Bin bei Weitem noch nicht durch. Schon mal vorweg: Annie Fischer ist stark hitverdächtig (für mich) von der Gänsehautwirkung. :super:
 
Eine der Aufnahmen, die meine Erfahrungen mit 111 bestimmt hat ist diejenige Solomons!
Nicht ganz so entrückt, wie 110 aber auch sehr, sehr gut!
Live Margulis ( da wirkte das langsame Tempo besser als auf Konserve) und Michelangeli.
 
(keinerlei Scheu in der orchestralen Variation!!)

Ich höre mich da langsam durch durch Deine Beispiele. Als ich nun diese Pianistin, von der ich nie zuvor gehört habe, auf Wikipedia nachgeschlagen habe, fand ich diese nette Kleinigkeit:

filha de Ana de Carvalho Meneses e de Manuel José da Cruz Novaes, Guiomar foi a décima sétima dos dezenove filhos do casal.

Da halten ja selbst die Karnickel nicht mehr mit... :blöd::blöd::blöd:
 
Maestoso und Allegro sind absolut klasse gespielt! Die Arietta hat Taktdrittel = 40MM, ebenso Var.1-3 (was ich etwas zu langsam finde) dann ab l´istesso Tempo Taktdrittel ca. 28MM (das ist Margulis´ verblüffende Tempotheorie - ich finde das unerträglich langsam))

Im Livekonzert hatte das - abgesehen vom wirklich sehr unnatürlich abgezirkelten Übergang in das 'neue' Tempo - eine deutlich bessere Wirkung als auf Konserve, vor Allem, weil er das Tempo an einigen Stellen (gegen seinen erklärten Willen, aber mit guter musikalischer Wirkung!) eben doch etwas anzog.
Ich selbst habe nach langem Herumexperimentieren mit dem l'istesso Tempo mich entschlossen ganz naiv und unintellektuell die Taktdrittel in etwa beizubehalten, wobei ich feststellte, dass ein Beginn mit knapp über 40 für die punktierte Achtel und ein leichtes Anziehen zur dritten und vierten Variation mit Beruhigung und Rückkehr etwa zum Anfangstempo nach dem langen Dreifachtriller für mich das beste Ergebnis liefert.
 

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