Bach Inventionen

Ralph_hh

Ralph_hh

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10. Okt. 2019
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Ich hab mal ein paar Fragen zu den Inventionen von Bach.

Ich habe damals erst ein paar Monate Klavier gespielt, als ich das erste Mal ganz naiv die Invention Nr. 8 versucht habe und sie ist mir nach reichlich üben, glaube ich ganz gut gelungen. Hat Spaß gemacht und war keineswegs unspielbar. Nun bin ich 3 1/2 Jahre dabei und hab mir endlich mal die Noten der Inventionen komplett gekauft. Ich war etwas überrascht, dass Henle die überwiegend im Schwierigkeitsgrad 4 verortet, auch die Nr. 8. Nun hab ich zuletzt einiges auf fem Level gespielt, die Mazurka a-moll op 68.2 von Chopin z.B. Als ich jetzt nach Abschluss der Mazurka und der Frage "was nun" mit dem Inventionen Buch angekommen bin, hat der KL die Nr. 4 , d-moll vorgeschlagen.

Und seitdem verzweifle ich an dem Stück. Ich glaub, ich war noch nie so kurz davor, Noten gefrustet ins Altpapier zu entsorgen. Naja, inzwischen geht's wieder.. Die Nr. 4 ist Schwierigkeitsgrad 3, ich kann gar nicht sagen, warum ich mich mit der so schwer tue. Ist die 4 irgendwie "speziell". Ist das ein Zeichen, dass ich die übrigen unbedingt auch spielen sollte, weil da irgendwo unerkannte Defizite schlummern? Andere Stücke spiel ich vom Blatt beim ersten Durchlauf besser als die Nr. 4 nach 4 Stunden üben. Die Nr. 4 hat irgendwie auch keine Struktur, die mir irgendwie ins Gedächtnis will. Ich lerne normalerweise recht schnell auswendig, aber die hier...

Kann derzeit leider den KL nicht fragen, Corona...
 
Diese Invention hat die beiden langen Trillerstellen, in dieser Hinsicht ist sie durchaus speziell im Vergleich zu den anderen Inventionen.

Ansonsten bietet sie aber das Übliche:
- Thema und Beantwortung
- Sequenzen
- Kadenzen
- Modulation in die Dominant-Tonart usw.

Es sind tatsächlich die Stellen mit den langen Trillern, die das übliche Inventions-Schema verlassen und eine freie Fortspinnung aus Elementen des Themas darstellen, die evtl. etwas schwieriger zu gestalten ist, zumal die Aufmerksamkeit ja ohnehin massiv auf den Trillern liegt (was sie eigentlich nicht soll, aber was bei noch nicht weit Fortgeschrittenen leicht passiert).
 
Im Klavierbuch für Wilhelm Friedemann stehen die Inventionen (als „Praeambulum“ übertitelt) in folgender Reihenfolge; C d e F G a h B A g f E Es D c. Hat Bach sie nach Schwierigkeitsgrad notiert? Sowohl in der d-moll-Invention (2) als auch in der e-moll-Invention (3) gibt es diese dämlichen langen Triller. Soll man sie wirklich als Endlos-Triller spielen (was in den allermeisten Fällen besch...en klingt, oder reicht es nicht auch, ab und an den Halteton mit einem Praller wieder in Erinnerung zu bringen.
 
Mit der linken Hand trillern ist noch mal ein ganz eigenes Thema... Geht noch gar nicht.
 
Die Triller sind wirklich problematisch. Selbst Ethan Iverson, ein international renommierter Jazzpianist mit starkem Klassik-Engagement (er hat mal Strawinskys "Sacre" in einer Piano-Bass-Drums-Version aufgenommen und im Konzert dargeboten), hat in seinem sehr guten Blog mal seine Schwierigkeiten erwähnt, die er mit diesen verflixten Trillern hatte.

Deswegen lasse ich meine (noch nicht so fortgeschrittenen) Schüler, egal was die Klassik-Polizei dazu sagt, die Invention einfach ohne die Triller spielen.
 
Das ist schon ein gemeines Stück - die beiden Triller sind technisch Jahre später als der Rest des Stücks. Auch schadet für die Bewältigung der Triller nicht, einen guten Flügel zu haben.
Wobei auf historischen Instrumenten gespielt, klingt es sowieso nochmal ziemlich anders.
 
Ich hab mal ein paar Fragen zu den Inventionen von Bach.

Ich habe damals erst ein paar Monate Klavier gespielt, als ich das erste Mal ganz naiv die Invention Nr. 8 versucht habe und sie ist mir nach reichlich üben, glaube ich ganz gut gelungen. Hat Spaß gemacht und war keineswegs unspielbar. Nun bin ich 3 1/2 Jahre dabei und hab mir endlich mal die Noten der Inventionen komplett gekauft. Ich war etwas überrascht, dass Henle die überwiegend im Schwierigkeitsgrad 4 verortet, auch die Nr. 8. Nun hab ich zuletzt einiges auf fem Level gespielt, die Mazurka a-moll op 68.2 von Chopin z.B. Als ich jetzt nach Abschluss der Mazurka und der Frage "was nun" mit dem Inventionen Buch angekommen bin, hat der KL die Nr. 4 , d-moll vorgeschlagen.

Und seitdem verzweifle ich an dem Stück. Ich glaub, ich war noch nie so kurz davor, Noten gefrustet ins Altpapier zu entsorgen. Naja, inzwischen geht's wieder.. Die Nr. 4 ist Schwierigkeitsgrad 3, ich kann gar nicht sagen, warum ich mich mit der so schwer tue. Ist die 4 irgendwie "speziell". Ist das ein Zeichen, dass ich die übrigen unbedingt auch spielen sollte, weil da irgendwo unerkannte Defizite schlummern? Andere Stücke spiel ich vom Blatt beim ersten Durchlauf besser als die Nr. 4 nach 4 Stunden üben. Die Nr. 4 hat irgendwie auch keine Struktur, die mir irgendwie ins Gedächtnis will. Ich lerne normalerweise recht schnell auswendig, aber die hier...

Kann derzeit leider den KL nicht fragen, Corona...
Mit der Inventio 4 hab ich letztes Jahr einige Monate verbracht und bin leider immer noch nicht zufrieden. Es ist der lange Triller links, rechts ist kein Problem. Meine KL hat mir als erste zweistimmige Invention die 1, 4 oder 8 vorgeschlagen. Mich vor den langen Trillern der 4 gewarnt. Ich hab die 1 verschmäht und erklärt, das mit den Trillern werde schon klappen. Und ich hab ihre Vereinfachungsvorschläge für den Triller abgelehnt... Nun bin ich mit der 4 unzufrieden und traue mich nicht an die 8... Aber ich erinnere mich noch gut, wie das Erarbeiten war, vielleicht hilft Dir das:

Ich habe auch Henle Urtext, da steht quasi nichts drin, was die Sache unübersichtlich macht. Mit der KL haben wir einen strengen Fingersatz festgelegt (ohne keine Chance!), Staccato ergänzt, Dynamik erarbeitet, Phrasierungsbögen, Triller angeschaut, markiert, wo jeweils die Stimmen einsetzen. Und plötzlich lichtet sich der Dschungel. Und wochenlang üben, üben, üben. Hätte ich ohne die KL dran gearbeitet, wäre das nicht gut geworden, fürchte ich. Also mutig, das vor Weihnachten anzufangen! Zuletzt habe ich es auswendig gelernt, das hilft auch nochmal zum Verständnis der Struktur. Aber Vorspielen würde ich es nicht, der Triller links ist zu unregelmässig. Den müsste ich nochmal ganz intensiv anpacken...
 
An den Inventionen hatte ich mich auch schonmal festgebissen. Das war kurz nachdem ich mit regelmäßigem Klavierunterricht angefangen hatte. Zuvor hatte ich ca. 2 Jahre für mich alleine geübt. Bei den Trillern habe ich mir so beholfen, dass ich jeweils auf die Zählzeit 1 einen Praller gesetzt habe. Die nächste Stufe wäre gewesen, daraus eine regelmäßige 16-tel Bewegung zu machen. Das kann aber niemand anhören und meine KL hat mich davon überzeugt, dass es erstmal lohnenswerte und schneller erreichbare Ziele gäbe.
 
Wobei ich die nicht trillerbezogenen Probleme, die Ralph_hh mit der Invention 4 hat, nicht nachvollziehen kann. Da hilft wohl ein wenig theoretische Beschäftigung (Thema/Umkehrung/Quintfallsequenzen).
 
Nirgendwo steht geschrieben, dass in dieser Invention jeweils drei Takte lang durchgetrillert werden muss. Bach selbst schrieb eine Gebrauchsanweisung zu den Inventionen - und darin steht, dass sie am allermeisten dazu gedacht sind, eine cantable Art im Spielen zu erlangen. Was ist daran kantabel, wenn ein Triller klingt wie ein bimmelndes Handy? Auf dem Cembalo ist das noch schlimmer als auf dem Klavier, weil man dort den Triller dynamisch nicht zurücknehmen kann.

Ich würde in dieser Invention die lange Note mindestens einen Takt aushalten und erst im zweiten Takt ein paarmal trillern, dabei den Triller langsam anrollen lassen und auch am Ende wieder verlangsamen. So würde es auch ein guter Sänger machen. Das ist zugegebenermaßen nicht leichter als ein langer gleichmäßiger Triller - aber man kann sich dem auch als Anfänger ganz gut annähern, indem man sich eine Rhythmisierung zurechtlegt und diese einstudiert. Wechselfingersätze sind dabei übrigens sehr hilfreich.
 
Ein paar kurze Anmerkungen zu der gerne unterschätzten vierten Invention d-Moll BWV 775:
Zu den Dauertrillern: diese Invention (wie die meisten Bachschen Clavierwerke) wurde fürs Clavichord (konnte auch auf dem Cembalo gespielt werden) geschrieben. Lange ausgehalten Töne sind - vor allem in hoher Lage! - ziemlich schnell verklungen. Um sie am Leben zu halten werden sie getrillert. Das dabei (Beginn auf der oberen Nebennote) auch noch eine dissonante Schärfung eintritt war willkommene Nebenwirkung. Auf dem modernen Klavier sind die Töne viel tragfähiger es reicht also z. B. jeweils an metrischen Schwerpunkten einen Vorhalt oder einen kurzen Pralltriller zu spielen um den Ton in Erinnerung zu behalten. Ein Dauertriller der so leicht ist, dass er nicht stört ist SEHR schwierig. Vor allem in der unteren Stimme!
Das Tempo hat Bach nicht angegeben, die relativ übersichtliche Struktur des Themas und des ganzen Stückes erlaubt ein schnelleres Tempo, aber wo steht geschrieben dass eine empfindsame und daher langsamere Interpretation (insbesondere wegen der Septimen im Thema, ob vermindert oder nicht) verboten oder falsch wäre.
Der Fingersatz am Anfang ist für Spieler mit dünneren Fingern klar (2-1-2-3-4-5-1), für Leute deren dickere Finger bei a mit 4 und b mit 5 und dann cis mit dem Daumen in den schwarzen Tasten stecken bleiben empfiehlt sich 1-2-3-4-5-4-1-4-3-2- ... .
Die metrisch schwierigen Takte mit den 'Möchtegerne-Triolen' (T. 11 z. B.) sollten mit starken Akzenten auf die Zählzeiten
(D-e-F-d-E-f in T. 11 , Fingersatz rechts 2-3-5-2-3-5) einzelhändig geübt werden und erst dann mit der anderen Hand zusammgeführt werden.
Die Kadenzen (T. 17/18 nach F; T. 27/28 nach a; T. 37/38 nach a; T. 51/52 zur finalen Tonika) sollten mit einem kleinen agogischen Drücker begrüßt werden. Der Trugschluss (T. 48/49 kann etwas mehr vertragen.
Nützlich ist es auch ALLE zusammen angeschlagenen Intervalle bewusst zu hören (und eventuell auch zu benennen; also in T. 3: Terz, Terz, Quart)!
 

Die Trillergeschichte bei Nummer 4 relativiert sich, wenn das ganze Stück ordentlich schnell gespielt wird. Das heißt, man zählt auf Ganze (also 6 Noten pro Schlag)! Ja, das ist schnell. Die Triller kann man dann, wenn man durchtrillern möchte, rhythmisiert üben und einbauen.
 
Vielen Dank an alle für die vielen Hinweise und Tipps! Es wird so langsam. Ganz langsam. Ich kann gar nicht genau sagen, warum mir das Stück so schwer fällt. Ich habe bei anderen Stücken das Gefühl, beide Hände spielen zusammen ein Stück. Bei der Invention habe ich eher das Gefühl, beide Hände arbeiten gegeneinander. So als wäre da jeweils immer genau das notiert, was man gerade nicht erwartet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Deswegen lasse ich meine (noch nicht so fortgeschrittenen) Schüler, egal was die Klassik-Polizei dazu sagt, die Invention einfach ohne die Triller spielen.
Das hat mein Lehrer mit mir auch so bei der Invention gemacht, ich denke auch bei den Bach-Stücken ist das kein allzugroßes Problem die Triller erstmal wegzulassen. Wir haben einige Stücke, und besonders dieses Stück erstmal ohne Triller durchgenommen, und sind dann im nächsten Jahr nochmal darauf zurück gekommen, und haben uns dann besonders damit beschäftigt.

Mein Lehrer meinte dass ich mich gar nicht so auf den Triller konzentrieren sollte, und dass er eher dachte dass mich die anderen Elemente in der Invention erstmal viel weiter bringen als ewig lange diese Triller-Stelle üben zu müssen, bis es passt, deswegen hab ich sie auch zum ersten mal überwiegend ohne Triller geübt. Im zweiten Durchgang ist mir die Stelle schon etwas leichter gefallen, aber wirklich zufrieden bin ich mit dem Triller bis jetzt auch noch nicht, ist schon nicht ganz unschwer.

Andererseits ist diese Invention natürlich eine perfekte Etüde um längere Triller zu üben, aber sie hat auch sehr viele andere Vorzüge, deswegen ist es bestimmt nicht schlimm wenn man sie erstmal ohne Triller spielt.
 
Der Fingersatz am Anfang ist für Spieler mit dünneren Fingern klar (2-1-2-3-4-5-1), für Leute deren dickere Finger bei a mit 4 und b mit 5 und dann cis mit dem Daumen in den schwarzen Tasten stecken bleiben empfiehlt sich 1-2-3-4-5-4-1-4-3-2- ... .
Der 1. Fingersatz 2-1-2... passt, der steht auch so in den gedruckten Noten. ) Auch Henle Urtext, scheint wohl eine andere Version zu sein als die von Dir, @Wiedereinsteigerin38 )
Die metrisch schwierigen Takte mit den 'Möchtegerne-Triolen' (T. 11 z. B.) sollten mit starken Akzenten auf die Zählzeiten
(D-e-F-d-E-f in T. 11 , Fingersatz rechts 2-3-5-2-3-5) einzelhändig geübt werden und erst dann mit der anderen Hand zusammgeführt werden.
Die gehen mir seltsamerweise recht leicht von der Hand, aber ich muss in der Tat aufpassen, dass ich die im 3/8tel Takt betone und nicht als Triolen. Schlimmer wird das in Takt 38, 40, 49.
Und der seltsame Rhythmus in Takt 42 will auch nicht so, wie er soll.

Die Kadenzen (T. 17/18 nach F; T. 27/28 nach a; T. 37/38 nach a; T. 51/52 zur finalen Tonika) sollten mit einem kleinen agogischen Drücker begrüßt werden. Der Trugschluss (T. 48/49 kann etwas mehr vertragen.
Nützlich ist es auch ALLE zusammen angeschlagenen Intervalle bewusst zu hören (und eventuell auch zu benennen; also in T. 3: Terz, Terz, Quart)!
Der eigentliche Grund für meinen Beitrag jetzt: Ich hab nur sehr bescheidene Kenntnisse der Musiktheorie. Nachdem, was ich über Kadenzen weiss, sind das Akkordfolgen, z.B. als Vollkadenz T-S-D-T. Das ist nicht, was ich in den besagten Takten finden würde. Was bezeichnest Du da als Kadenz?
 
Triller werden i.d.R. extrem überbewertet. Das erlebe ich oft bei meinen Schülern. Selbst ein harmloser Praller schallert aus einem piano heraus, schlicht, weil der Spielende Angst vor ihm hat. Alles verkrampft sich und: Zack! klingt er forte...
Als Lernender ist es gut, die Triller als das zu sehen, wass sie sind: Entweder kleine kokette Flirts oder Ausdrucksvibrati die dem Klavier, weil der Ton ja immer ein decrescendo anstimmt, sobald man ihn gespielt hat. Mit einem längeren Triller wird sein Klang aufrecht erhalten. Die Art, wie wir den Triller spielen, bestimmt den Ausdruck des Tones, genau wie das Vibrato eines Streichinstruments.
Neben dem technischen Üben des Bewegungsvorgangs, das natürlich notwendig ist, ist es besonders wichtig, die Einstellung zu eben diesen Verzierungen zu hinterfragen.
Wenn ein Triller Stress bedeutet, muss man ihn weglassen, weil das sonstige musikalische Singen und das Pulsempfinden auf das Empfindlichste gestört wird.
Erst wenn man sich in der Melodik und Rhythmik sicher und wohl fühlt, kann man die Verzierungen hinzufügen. Eine Verzierung ist eben genau das, was das Wort sagt. Das Wesentliche liegt nicht im Triller!
 

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