Atonale Musik

  • Ersteller des Themas St. Francois de Paola
  • Erstellungsdatum

Was ist eure Beziehung zu atonaler Musik?

  • Ich mag sie gar nicht

    Stimmen: 13 20,3%
  • Sie ist nicht meine Welt, das ein oder andere finde ich aber doch interessant

    Stimmen: 26 40,6%
  • Sie ist eine bedeutende Ergänzung zu Bach, Mozart, Beethoven, Schubert, Chopin und co.

    Stimmen: 8 12,5%
  • Sie hat für mich den gleichen Stellenwert wie Bach, Mozart, Beethoven, Schubert, Chopin und co.

    Stimmen: 14 21,9%
  • Sie interessiert mich mehr als Literatur der Romantik, Klassik, Barock etc.

    Stimmen: 2 3,1%
  • Alles Tonale ist für mich nebensächlich

    Stimmen: 1 1,6%

  • Umfrageteilnehmer
    64
Die Hälfte dieser Komponisten haben ihren Stil lange vor 1950 entwickelt (Shostakovich, Hindemith) und sind somit nicht wirklich repräsentativ für die zweite Hälfte des 20.Jahrhunderts.
So? Wer ist denn deiner bescheidenen Meinung nach repräsentativ? Vielleicht Boris Blacher, einer der meistaufgeführten Komponisten in den Jahren von 1945 bis vielleicht 1980? Was hat der denn so in Reihentechnik komponiert? Und seine Schüler von Einem, Klebe oder Crumb? Oder ist Alfred Schnittke repräsentativ, dessen Werke ebenfalls sehr häufig gespielt werden?

Werde doch mal konkret und nenne uns die Komponisten, die deiner Meinung nach "wichtig" sind. Dann schau'n wir mal...

Außerdem bin ich mir ziemlich sicher dass Nono und Henze mit Zwölftontechnik komponierten.
Jeder ernstzunehmende Komponist der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich irgendwann einmal mit der Zwölftontechnik auseinandergesetzt. Genauso, wie er sich mit Bach, Mozart, Beethoven und Wagner auseinandergesetzt hat. Und es stimmt, Nono und Henze haben auch 12tönig und seriell geschrieben, aber eher in ihrer "Findungsphase". Das mittlere und spätere Werk beider Komponisten hat sich von der Serialität vollständig emanzipiert. Und wenn du schreibst "bin ich mir ziemlich sicher", dann heißt das im Klartext, dass du dir überhaupt kein bisschen sicher bist und deren Musik auch nicht ansatzweise kennst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn man kein Berufsmusiker ist, hat der Tag zu wenig Stunden und das Leben zu wenig Jahre, um sich mit all dem tiefgreifend zu befassen.
Jetzt mal im Ernst: Wer befasst sich denn tiefgreifend mit Bach, Beethoven oder Chopin, wenn er kein Berufsmusiker ist? Man muss doch nur ein wenig hier im Forum lesen, um festzustellen: so gut wie niemand! Sonst würden hier ganz andere Fragen gestellt und ganz andere Diskussionen stattfinden. Es ist nicht eine Frage der Zeit, sondern der eingeschliffenen Hörgewohnheiten. Musik darf leider (!) nur noch selten eine Reibungsfläche sein, die zur Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit anregt und diese Wirklichkeit bestenfalls ein wenig erweitert. Stattdessen wird ein möglichst unbeschwerter Genuss erwartet, der einem selbst nichts abverlangt und nicht dazu nötigt, die eigene Komfortzone zu verlassen. Diese Haltung wird neuer Musik nicht gerecht - und alter Musik ebenso wenig.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wer befasst sich denn tiefgreifend mit Bach, Beethoven oder Chopin,

Tiefgreifend ist relativ. So tiefgreifend, wie ich mich mit diesen (und einigen anderen) Herren befasse, könnte ich mich jedenfalls nicht mit 50 anderen Herren mit völlig unterschiedlichen Stilen befassen. Und dein Verständnis von Beethoven dürfte nicht so tief sein, wie von Gulda, dein Zugang zu Schubert nicht so tief wie von Brendel.

Stattdessen wird ein möglichst unbeschwerter Genuss erwartet, der einem selbst nichts abverlangt und nicht dazu nötigt, die eigene Komfortzone zu verlassen.

Zu einem gewissen Grad dürfte das auch auf dich zutreffen, mutmaßlich auf jeden. Ohne Ahnung davon zu haben oder diese Musik zu mögen, bin ich mir dennoch sehr sicher, dass es beispielsweise auch im Jazzbereich Musik gibt, die der als solche bezeichneten Kunstmusik der Nachkriegszeit nicht unterlegen ist. Viele sich für besonders intellektuell haltende Freunde der Neuen Musik kommen auch aus irgendwelchen Eitelkeiten oder anderen Gründen nicht auf die Idee, sich damit näher zu befassen. Ganz ähnlich ist es teilweise mit alter Musik, ganz zu schweigen von nichteuropäischer Musik (wobei ich davon so wenig Ahnung habe, dass das theoretisch auch alles Mist sein könnte).

Es ist einfach Selbstbetrug, wenn man von sich selbst glaubt, man wäre wegen seiner Intellektualität für jede Kunstmusik von Qualität gleichermaßen offen, auch du bist das nicht. Du hast sicherlich einer größere Komfortzone als Uschi auf dem Schlagerfestival und auch als ich und ein breiter gefächertes Verständnis, aber ganz sicher nicht für alles.
Interessanterweise kommt die Behauptung, für alles von Qualität gleichermaßen offen zu sein, meist auch vom "normalen" studierten Berufsmusiker, ein Gulda z.B. erlaubt sich da durchaus eine andere Art der Wertung (was nicht bedeuten muss, der große Gulda sagt das, also ist das so). Gould ist ein noch deutlich extremeres Beispiel.

Immerhin haben - so denke ich - alle die hier mitdiskutieren ihre Komfortzone in der Hinsicht überwunden, dass sie eben nicht nur Bushido, Helene Fischer oder Lady Gaga hören/spielen.
 
Es ist einfach Selbstbetrug, wenn man von sich selbst glaubt, man wäre wegen seiner Intellektualität für jede Kunstmusik von Qualität gleichermaßen offen, auch du bist das nicht.

Ich habe nie behauptet, dass ich für jede Kunstmusik gleichermaßen offen bin. Jazz ist beispielsweise eine Welt, mit der ich mich bisher so gut wie nicht beschäftigt habe.

Darum geht es aber gar nicht, sondern um die Haltung, etwas abzukanzeln, was man überhaupt nicht kennt.
 
Musik darf leider (!) nur noch selten eine Reibungsfläche sein

Selbstverständlich darf sie das. Niemand verbietet es ihr.

die zur Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit anregt und diese Wirklichkeit bestenfalls ein wenig erweitert

Was verstehst Du darunter?

Immerhin haben - so denke ich - alle die hier mitdiskutieren ihre Komfortzone in der Hinsicht überwunden, dass sie eben nicht nur Bushido, Helene Fischer oder Lady Gaga hören/spielen

Nicht nur? Ich höre die alle nicht, spielen erst recht nicht.
 
Ich habe nie behauptet, dass ich für jede Kunstmusik gleichermaßen offen bin

Ist aber nicht weit hergeholt, das dareinzuinterpretieren.

Nicht nur? Ich höre die alle nicht, spielen erst recht nicht.

Ich natürlich auch nicht, wobei ich zwei davon nur wertlos und einen für wertlos und gefährlich zugleich halte.
Wollte nur typische Beispiele für triviale Musik nennen, die für die ganz breite masse typisch sind.
 
Selbstverständlich darf sie das. Niemand verbietet es ihr.
Ja. Aber ein großer Teil des Publikums verweigert die "reibende" Auseinandersetzung und ist vollkommen fixiert auf gefällige Musik, die in erster Linie der Zerstreuung zu dienen hat. Das ist aber nicht die Aufgabe von Kunstmusik.

Kunstmusik entsteht nicht im luftleeren Raum, sondern hat immer einen Bezug zum Menschen und zur Gesellschaft, für die sie komponiert wurde. Das bietet dem Hörer die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit sich und führt im Idealfall zu einer neuen, erweiterten Sicht auf das Selbst. Eine oberflächliche, rein konsumptive Haltung des Hörers verhindert aber genau das. Es muss die Bereitschaft da sein, sich von der Musik berühren zu lassen, und zwar nicht nur emotional, sondern auch intellektuell. Und genau das passiert viel zu selten.
 

Ok, danke.
Und noch eine Bemerkung, die mit meiner Frage an mick zusammenhängt, dann bin ich aus diesem Faden auch wieder raus:

Jenseits der professionellen Befassung mit ("klassischer" im weitesten Sinne) Musik gibt es doch völlig unterschiedliche "Arten" der Rezeption, die auch nichts mit Kulinarik (hat für mich einen negativen Beigeschmack) zu tun hat. Für mich ist solche Musik, ob nun eine Bach-Fuge (ich liebe z.B. die "Kunst der Fuge" ohne sie jemals wirklich "verstehen" zu können) oder ein zeitgenössisches Werk, ein abstraktes Konstrukt, das mit der (meiner) Wirklichkeit nicht mehr zu tun hat als dass sie gerade in selbiger stattfindet. Sie spricht bei mir ganz andere Sphären jenseits der "Wirklichkeit" an, die ich auch gar nicht in Worte fassen möchte, so recht auch gar nicht kann ("Das sagt sich nicht..."). Das ist doch gerade das Besondere. Sie spricht bei mir überwiegend Bereiche meiner abstrakten Innenwelt an. Das gilt selbst bei Opern, deren Handlung für mich in der Regel bestenfalls oberflächliche Staffage ist.
Allerdings öffnet Musik mir (daneben) auch einen gewissen "Blick" in die ("innere") Persönlichkeit der Komponisten jenseits der "handwerklichen" Komponente. Zumindest bilde ich mir das ein. Ob die Musik tonal ist oder nicht, ist für mich überhaupt kein Kriterium. Allermeist weiß ich es nicht mal....
 
Da sich die Antworten überschnitten haben, möchte ich gerne noch kurz auf Deine eingehen:

Ja. Aber ein großer Teil des Publikums verweigert die "reibende" Auseinandersetzung und ist vollkommen fixiert auf gefällige Musik, die in erster Linie der Zerstreuung zu dienen hat.

Das war schon immer so, und ich befürchte, das wird sich auch nicht ändern. Um das zu begründen, müsste ich weit ausholen..... Ich möchte das auch gar nicht (ab)werten.

Das ist aber nicht die Aufgabe von Kunstmusik.

Ich denke, ich weiß, wie Du das meinst. Doch hat Kunstmusik, Kunst generell, so gesehen überhaupt eine "Aufgabe"? Ich lese schon sehr lange und gerne Biographisches, Autobiographisches von/über Künstler/n (Musiker, Schriftsteller...), weil mich die Schaffensprozesse interessieren. Mein Fazit: Der Drang zum künstlerischen Schaffen (das "Handwerk" vorausgesetzt) ist/hat keine Aufgabe, es ist eben ein innerer Drang, dem ohne Rücksicht auf die spätere Rezeption gefolgt werden m u s s. Ist es nicht so, ist fraglich, ob es sich überhaupt um Kunst handelt....

Kunstmusik entsteht nicht im luftleeren Raum, sondern hat immer einen Bezug zum Menschen und zur Gesellschaft, für die sie komponiert wurde

Jein. Einen Bezug zum Komponisten selbst. Mehr nicht. Der natürlich von der Gesellschaft geprägt ist. Und er möchte sich eventuell mit seinem Werk der Gesellschaft mitteilen. Ob das im Vordergrund steht, bezweifele ich.

Das bietet dem Hörer die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit sich und führt im Idealfall zu einer neuen, erweiterten Sicht auf das Selbst

Das kling für mich zu plakativ. Die Sicht auf sich selbst ist keine konstante Größe. Musik wirkt über das Unterbewusstsein, bestenfalls berührt sie Schichten, die den Menschen als Persönlichkeit wachsen lassen (selbst das klingt mir zu plakativ), oder aber auch destruktiv darauf wirken können. Das hängt von vielerlei Umständen ab, selbst von so simplen wie der momentanen Disposition des Hörers, die am nächsten Tag schon wieder ganz anders sein kann.

Eine oberflächliche, rein konsumptive Haltung des Hörers verhindert aber genau das.

Haltung zur Kunst kann nicht erzwungen werden. Sie hängt von vielerlei Einflussfaktoren im Leben eines Menschen ab. Und ich könnte mir denken, dass wir uns darüber einig sind, dass in unserer heutigen Welt diese Faktoren leider nicht im Mittelpunkt des (gesellschaftlichen) Interesses stehen, vorsichtig formuliert.

Es muss die Bereitschaft da sein, sich von der Musik berühren zu lassen, und zwar nicht nur emotional, sondern auch intellektuell

"Ich bin jetzt bereit, mich berühren zu lassen..." Ich denke, so funktioniert das nicht, obwohl Du es sicher so "eng" nicht meinst. Siehe mein letzter Kommentar ... Und ob man zwischen emotionaler und intellektueller (was meinst Du damit?) Berührung unterscheiden kann, bezweifele ich eher (beim Anhören von Musik). Wohlgemerkt: Ich rede nicht vom professionellen Musiker, der ganz bestimmt auch eine Art intellektuelle Berührung erfährt, wenn er in die Kompositionsstruktur eindringt.


Wissen wir das so genau? Viele Menschen können oder wollen darüber gar nicht sprechen.
 
Da sich die Antworten überschnitten haben, möchte ich gerne noch kurz auf Deine eingehen:



Das war schon immer so, und ich befürchte, das wird sich auch nicht ändern. Um das zu begründen, müsste ich weit ausholen..... Ich möchte das auch gar nicht (ab)werten.



Ich denke, ich weiß, wie Du das meinst. Doch hat Kunstmusik, Kunst generell, so gesehen überhaupt eine "Aufgabe"? Ich lese schon sehr lange und gerne Biographisches, Autobiographisches von/über Künstler/n (Musiker, Schriftsteller...), weil mich die Schaffensprozesse interessieren. Mein Fazit: Der Drang zum künstlerischen Schaffen (das "Handwerk" vorausgesetzt) ist/hat keine Aufgabe, es ist eben ein innerer Drang, dem ohne Rücksicht auf die spätere Rezeption gefolgt werden m u s s. Ist es nicht so, ist fraglich, ob es sich überhaupt um Kunst handelt....



Jein. Einen Bezug zum Komponisten selbst. Mehr nicht. Der natürlich von der Gesellschaft geprägt ist. Und er möchte sich eventuell mit seinem Werk der Gesellschaft mitteilen. Ob das im Vordergrund steht, bezweifele ich.



Das kling für mich zu plakativ. Die Sicht auf sich selbst ist keine konstante Größe. Musik wirkt über das Unterbewusstsein, bestenfalls berührt sie Schichten, die den Menschen als Persönlichkeit wachsen lassen (selbst das klingt mir zu plakativ), oder aber auch destruktiv darauf wirken können. Das hängt von vielerlei Umständen ab, selbst von so simplen wie der momentanen Disposition des Hörers, die am nächsten Tag schon wieder ganz anders sein kann.



Haltung zur Kunst kann nicht erzwungen werden. Sie hängt von vielerlei Einflussfaktoren im Leben eines Menschen ab. Und ich könnte mir denken, dass wir uns darüber einig sind, dass in unserer heutigen Welt diese Faktoren leider nicht im Mittelpunkt des (gesellschaftlichen) Interesses stehen, vorsichtig formuliert.



"Ich bin jetzt bereit, mich berühren zu lassen..." Ich denke, so funktioniert das nicht, obwohl Du es sicher so "eng" nicht meinst. Siehe mein letzter Kommentar ... Und ob man zwischen emotionaler und intellektueller (was meinst Du damit?) Berührung unterscheiden kann, bezweifele ich eher (beim Anhören von Musik). Wohlgemerkt: Ich rede nicht vom professionellen Musiker, der ganz bestimmt auch eine Art intellektuelle Berührung erfährt, wenn er in die Kompositionsstruktur eindringt.



Wissen wir das so genau? Viele Menschen können oder wollen darüber gar nicht sprechen.

Also die Teile von mir, die sich nicht mit der Moderatorenrolle identifizieren und die nicht so friedfertig sind, wie der Rest von mir, fragen sich gerade, was in diesem Beitrag eigentlich über die Wiedergabe von Tautologien, Definitionen und Offensichtlichem hinausgeht und irgendetwas ergänzendes zu den Kommentaren von @mick beiträgt.
 
Also die Teile von mir, die sich nicht mit der Moderatorenrolle identifizieren und die nicht so friedfertig sind, wie der Rest von mir, fragen sich gerade, was in diesem Beitrag eigentlich über die Wiedergabe von Tautologien, Definitionen und Offensichtlichem hinausgeht und irgendetwas ergänzendes zu den Kommentaren von @mick beiträgt.

Dann denke doch noch einmal darüber nach und setze die Befragung noch ein wenig fort. :-)Du kannst es aber auch lassen.

Ich nehme nicht in Anspruch, etwas besonders Originelles geschrieben zu haben, denke aber schon, dass sich meine Sicht von der des @mick in den entsprechenden Punkten unterscheidet.
Und wenn diese (auch für Dich) offensichtlich etc. ist, für mich ja auch, sonst hätte ich es ja nicht geschrieben, könnte das auch mit der mick´schen Darstellung zu tun haben. ;-)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Ich lese schon sehr lange und gerne Biographisches, Autobiographisches von/über Künstler/n (Musiker, Schriftsteller...), weil mich die Schaffensprozesse interessieren. Mein Fazit: Der Drang zum künstlerischen Schaffen (das "Handwerk" vorausgesetzt) ist/hat keine Aufgabe, es ist eben ein innerer Drang, dem ohne Rücksicht auf die spätere Rezeption gefolgt werden m u s s. Ist es nicht so, ist fraglich, ob es sich überhaupt um Kunst handelt....
Einen Bezug zum Komponisten selbst. Mehr nicht. Der natürlich von der Gesellschaft geprägt ist. Und er möchte sich eventuell mit seinem Werk der Gesellschaft mitteilen. Ob das im Vordergrund steht, bezweifele ich.
@frosch aus deiner Perspektive (wenn ich deine Beiträge nicht missverstanden habe) dürfte "Kleinkram" wie kurze kleine Klavierstücke von einem Komponisten mit der Gesellschaft, Zeit und soziokulturellem Umfeld, in welcher er lebt, nahezu nichts zu tun haben.
Klar, eine Oper mit ihrem Text, ihrer Handlung, kann - wie Theaterstücke und Prosa - krasse Zeitbezüge aufweisen und ggf mit der Zensur kollidieren (Verdi, Rigoletto als ein Opernbeispiel von vielen) - aber die pure, handlungsfreie Instrumentalmusik?
Da du biografisches etc liest, scheinst du bislang einen Bogen um die "nationalen Schulen" der Romantik gemacht zu haben... ;-) ...oder glaubst du tatsächlich, dass ein Exilpole im Paris zwischen 1832-48 über 50 explizit polnische Tänze (Mazurken) komponiert und publiziert, weil die Musik im luftleeren Äther schwebt? Ob der Exilpole gar verrückt geworden war, als er obendrein eine Kampflied des Warschauer Aufstands in seiner Klavierfantasie verarbeitete?
...spätestens ein wenig Biografisches über die Komponisten im 19. Jh. könnte hilfreich sein, deine Ansicht zu überdenken (denn entre nous: Chopin ist kein Einzelfall) :-):drink:
 
Künstler, die meinen, unpolitisch zu sein, sind genauso politisch wie andere, explizit politische, da sie die herrschenden Verhältnisse in ihrer Kunst gutheißen, zumindest dulden.
 
aus deiner Perspektive (wenn ich deine Beiträge nicht missverstanden habe) dürfte "Kleinkram" wie kurze kleine Klavierstücke von einem Komponisten mit der Gesellschaft, Zeit und soziokulturellem Umfeld, in welcher er lebt, nahezu nichts zu tun haben.
Klar, eine Oper mit ihrem Text, ihrer Handlung, kann - wie

Lieber rolf,
aus der Froschperspektive nur ganz kurz, denn ich habe ja sowieso schon den Frevel begangen, mich mit meinen banalen Ergüssen in diesen Expertenfaden einzuklinken :002:, und angekündigt, es auch schnell wieder sein zu lassen: Meine Antwort steht doch deutlich lesbar in dem obigen Zitat: "......der natürlich gesellschaftlich geprägt ist..." Hättest Du mein "jein" im Zitat nicht eliminiert, wäre möglicherweise noch klarer geworden, dass ich mick nicht grundsätzlich widersprochen habe. Es ging mir um die Gewichtung. Quak.
Beste Güße! :drink:
 
Kunstmusik entsteht nicht im luftleeren Raum, sondern hat immer einen Bezug zum Menschen und zur Gesellschaft, für die sie komponiert wurde. Das bietet dem Hörer die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit sich und führt im Idealfall zu einer neuen, erweiterten Sicht auf das Selbst.
Jein. Einen Bezug zum Komponisten selbst. Mehr nicht. Der natürlich von der Gesellschaft geprägt ist. Und er möchte sich eventuell mit seinem Werk der Gesellschaft mitteilen. Ob das im Vordergrund steht, bezweifele ich.
...glaubst du, dass nur das in den Mazurken, den Polonaisen, der Fantasie steckt? (um das am Beispiel Chopin sichtbar zu machen)
 
glaubst du, dass nur das in den Mazurken, den Polonaisen, der Fantasie steckt? (um das am Beispiel Chopin sichtbar zu machen)

Rolf, Dir ist wohl langweilig....:004:

Du stellst Zitate so gegenüber, wie ich es nicht getan habe.

Unabhängig davon und zum dritten Mal: In den Mazurken pp. steckt der (auch) von seiner Gesellschaft geprägte Chopin. Wer/was sonst?

Jetzt mach ich aber das Gerät aus und gehe wieder an K 397. Vielleicht kannst Du mir ja mit einer atonalen Stelle daraus auf die Sprünge helfen... ;-)
 
Künstler, die meinen, unpolitisch zu sein, sind genauso politisch wie andere, explizit politische, da sie die herrschenden Verhältnisse in ihrer Kunst gutheißen, zumindest dulden.

Klavier stimmen ist auch nicht unpolitisch - erst bewegt man sich liberal beim eingestrichenen A , geht dann in die linksliberale Lage , bewegt sich nach rechts außen und befaßt sich dann mit der Linksradikalen Saite :rauchen:
 
Zuletzt bearbeitet:
Meine Neugier hat mich getrieben, diesen Faden vollständig durchzulesen. Da auch nach Subjektivität gefragt wurde, hier ein paar Gedanken zum Thema von mir, ohne dass ich sofort Schülsse aus allem ziehen kann:

Im Vergleich zu früher gibt es heute gravierende Unterschiede, die sich auf Hörgewohnheiten auswirken:
Nämlich die Konservierung (Aufnahme) und Verallgegenwärtigung (Kaufhaus-Gedudel), dabei auch "Hintergrund-Werdung" von Musik bei ständiger Verfügbarkeit (YouTube) und ständigem Vergleich (Internet, Wettbewerbe...). Vor Zeiten des Radios gab es eben das, was vor Ort erreichbar war. Alles andere war nur wenigen zugänglich, die sich Noten haben zuschicken lassen (wie es z.B. Bach getan hat).

Mit Hör-"Gewohnheiten" wurde damals also fundamental anders umgegangen. Gewöhnt hat man sich als (ausschließlicher) Hörer allenfalls an Kompositionsstile, nicht an (detailgenau kenngenelernte) Werke. Haydn sagte einmal sinngemäß, als eine seiner Sinfonien irgendwo (Paris?) gut ankam (leider kann ich mir Details in solchen Fällen nicht merken, evtl. weiß das jemand anders) und nach Wiederholung gefragt wurde - Ach wo, er komponiere lieber eine neue.
Damals war also der erste (und vielleicht einzige) Eindruck von Musik noch wichtiger als heute, wobei wir uns vermutlich einig sind, dass das Verständnis, damit auch der Genuss, die Empfindung, Liebe zu einem Werk, häufig erst nach mehrfacher Wiederholung eintreten oder sich sehr verstärken.

Ach, und Volksmusik gab es sicher auch immer neben der "ernsten" Musik. Sie wurde vielleicht nur nicht so gut erhalten und hat sich stetig weiterentwickelt, ohne je betrachtet und konserviert zu werden. Das ist heute auch anders - sämtliche Musiker können ihr Zeug bei Spotify hochladen.

Ich bin nicht sicher, ob die Menschheit sich in ihren Grundzügen in den letzten paar hundert Jahren so sehr verändert hat. Vielleicht verändert sich nur die Ausdrucksform der zugrundeligenden Eigenschaften. Oberflächlichkeit liegt zunächst in der Natur von allem, denn aus Zeitgründen kann sich ein Mensch nur in wenige Fachbereiche wirklich tief einarbeiten. So bekommt man nur mit, was man im Vorbeigehen streift.
Das fällt leichter, wenn viel davon bekannt oder bequem ist: In der Pop-Musik zum Beispiel eine Identifikationsfigur mit "Charakter" und Filmchen - Dinge, die viele klassische Musiker gerade ablehnen, um sich selbst nicht vor die Musik zu stellen. Eine tiefere Beschäftigung mit der Musik erfordert aber mehr Aktivität. Da ist es schonmal nett, wenn man die "angenehmen Gefühle", die man möglicherweise bisher mit Musik verbunden hat, darin wiederfindet (Dur-Moll, Melodien, gewohnte Formen und Rhythmen...).

Zur Neuen und Atonalen Musik und meiner Erfahrung damit schreibe ich später noch etwas.
 

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