Atonale Musik

  • Ersteller des Themas St. Francois de Paola
  • Erstellungsdatum

Was ist eure Beziehung zu atonaler Musik?

  • Ich mag sie gar nicht

    Stimmen: 13 20,3%
  • Sie ist nicht meine Welt, das ein oder andere finde ich aber doch interessant

    Stimmen: 26 40,6%
  • Sie ist eine bedeutende Ergänzung zu Bach, Mozart, Beethoven, Schubert, Chopin und co.

    Stimmen: 8 12,5%
  • Sie hat für mich den gleichen Stellenwert wie Bach, Mozart, Beethoven, Schubert, Chopin und co.

    Stimmen: 14 21,9%
  • Sie interessiert mich mehr als Literatur der Romantik, Klassik, Barock etc.

    Stimmen: 2 3,1%
  • Alles Tonale ist für mich nebensächlich

    Stimmen: 1 1,6%

  • Umfrageteilnehmer
    64
Ich hatte schon gehofft, dass Du Dich doch noch zu einer Erklärung aufgerafft hättest.
@frosch warum sollte ich das tun?
Der Vorschlag, sich mit den Hintergründen der so genannten "nationalen Schulen" (exemplarisch für diese Chopin) zu befassen, um etwas mehr über die Wechselbeziehung Geschichte/Kultur/Gesellschaft/Künstler zu erfahren, fiel ja nicht auf fruchtbaren Boden (dir war lieber, zu rabulieren - bon, ist manchmal ganz lustig)

gerade gesehen, dass wohl doch der meiste Unsinn bleiben wird - na schön...

Hier geht es um "atonal",
Ob vernünftig, ist egal.
Denn man hört auf einen Blick:
Unbewusst wirkt die Musik.
Volkes Seele, aufgebauscht,
Sich am schönen Ton berauscht -
Schräge, atonale Töne
mögen nicht des Volkes Söhne.
Solche Lehren hier zu lesen
Ist bereichernd sehr gewesen!
Folglich wollen wir mit schönen
Tönen uns sodann versöhnen.
;-):drink:
 
Der Vorschlag, sich mit den Hintergründen der so genannten "nationalen Schulen" (exemplarisch für diese Chopin) zu befassen, um etwas mehr über die Wechselbeziehung Geschichte/Kultur/Gesellschaft/Künstler zu erfahren, fiel ja nicht auf fruchtbaren Boden

....Weil diese Hintergründe genau das ausmachen, was ich schrieb: Diese Komponisten waren (auch) durch ihre Gesellschaft (das schließt doch kulturelle, geschichtliche Einflüsse mit ein) geprägt. Ich sehe da keinen Widerspruch. Und warum soll ich etwas erfahren, was ich bereits seit rund 45 Jahren aus einem guten Musikunterricht weiß? Nationale Schulen sind doch nun wirklich ein alter Hut. Und mit dem Thema hier haben sie eher nix zu tun.

Und weil Du Dich über meine Äußerung, dass Musik auf das Unterbewusstsein wirke, hier noch eine (von vielen) Leseempfehlung.
Und darum höre nun bitte endlich auf mit dieser Rumstänkerei! :dizzy:

Offensichtlich ist der Faden auch noch nicht aufgeräumt.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Nun möchte ich noch schreiben, wie meine "Beziehung zu atonaler Musik" ist, bzw. ich ersetze einmal "atonal" durch "harmonisch ungewohnt und nicht sofort durchschaubar". Damit meine ich, dass man sich in der Musik so weit von der gewohnten Dur-Moll-Tonalität und klar erkennbaren I-V-I Grundkadenz entfernt, dass sie sich anfangs fremdartig anfühlt. Häufig betrifft dies auch Rhythmus, Metrum, Form und andere Parameter.

Ich könnte mir vorstellen, dass die "Umgangsprobleme" mit dieser Art von Musik auf zwei MIssverständnissen beruhen:

1. Musik [Kunst] ist da, um "schön" (im inflationär gebrauchten Sinne) zu sein - alternativ "entspannend", "wohlklingend", "romantisch" o.ä.

2. Nichtverständnis und Nicht-Wiedererkennen führt in fast allen Lebensbereichen, in denen man davon überrascht wird, zur Ablehnung. (Komisches Essen, ungewohnte Verhaltensweisen von Menschen, "hässliche" Kleidung etc.). Das Missverständnis besteht darin, dies tatsächlich als die eigene Meinung und eigenen Geschmack wahrzunehmen, bevor man überhaupt fähig ist, sich solches auf irgendeiner sinnvollen Grundlage zu bilden.

(3. Daraus folgt für mich, dass vieles Ungewohnte in meinem Leben eine Bereicherung in vielfältigem Sinne darstellt, über deren Entdeckung ich wahnsinnig dankbar bin, weil es eine erfrischende Abwechslung, Erweiterung, neue Beleuchtung darstellt!)

Und dazu genauer:

1. Über den Sinn von Kunst kann man Bibliotheken schreiben. Sicher gibt es mehr was sie tut, als "schön" zu sein. Bestimmt ist das ein sehr wichtiger Aspekt! Vor allem aber, finde ich persönlich, soll sie in irgendeinem Sinn "berühren". Das geht auf tausend verschiedene Möglichkeiten:
Ästhetisch ansprechend, überraschend, hässlich, einfältig, schockierend, neuartig, unbehaglich, zierlich. Auf Intellektueller Ebene, emotionaler, rationaler, sonstigen Ebenen... Sie kann auch berühren, weil sie gerade nicht berühren will. (Ich habe den Eindruck, in der bildenden Kunst ist man hier deutlich toleranter.)

Und so stelle ich fest: Manche Musik berührt mich aufgrund ihrer "Reinheit" und "Schönheit" und "Perfektheit", zum Beispiel ein Präludium von Bach oder eine Sonate von Mozart (obwohl ich nicht sagen will, dass dort nicht auch viel anderes drinsteckt!!). Da könnte ich für jede Musik mit etwas Überlegen Worte finden, die bei Ravel anders ausfallen als bei Chopin oder Beethoven...

Neue Musik bedient wieder andere Empfindungsfelder für mich, die durch "tonale" Musik nicht in dieser Form abgedeckt werden. Das ist wie beim Essen: Ein Leben ohne Schimmelkäse, Sushi und Weißwein ist möglich und kann sich erfüllt anfühlen. Mit diesen drei ist es aber einfach noch ein bisschen angefüllter.
Die Empfindungen können auch unangenehm oder überraschend sein, so wie auch manche Literatur nicht fürs Einschlafen gedacht ist, oder einen zu Tränen rührt.


2. Dieser Punkt hat mit dem vorherigen zu tun. Ich bin überrascht darüber, wie merkwürdig Schimmelkäse schmeckt, wenn ich ein Leberkäsbrötchen oder Schokolade gewöhnt bin. Vielleicht muss ich Schimmelkäse auch fünfmal Essen, bis ich entdecke, dass er mir schmeckt. Vielleicht wird er mir auch nie schmecken!
Aber: Ich möchte es schaffen, den Schimmelkäse zu probieren, ohne zu erwarten, dass er ein Leberkäsbrötchen 2.0 sein muss. Natürlich wird mein Kopf das vergleichen - "schmeckt weniger saftig, weniger nach fleisch, etwas schärfer, intensiver, ...", denn ohne Vergleichsgrundlage ist in unserem Kopf alles gleichgültig und beliebig.

Für mich ist Neue Musik oft - und das mag manchen wirklich überraschen - eine Entspannung für Kopf, Geist und Ohren. Und zwar dann, wenn ich sie live im Konzert erlebe und mich in Ruhe und mit Zeit darauf einlasse. Sie ist deshalb eine Entspannung, weil sie ungewohnt und unerwartet ist, keine eingefahrenen Wege beschreitet, und mir deshalb ein neuartiges, unbeeinflussteres Hören und ein unvorhersehbares Erlebnis ermöglicht. Ich kann mit frischen Ohren zuhören, so wie jemand, der gerade erst die klassische Musik entdeckt. Aber mit dem luxuriös hörgebildeten Kopf, der trotzdem fähig ist, das erlebte ein bisschen einzuordnen. Ich bin manchmal angestrengt von den ständigen Kadenzen, Perioden, Themenverarbeitungen, Akkorden... hier finde ich etwas anderes!

Ganz genauso geht es mir beim aktiven Musizieren: Die Neue Musik ist gefühlt weniger vorbelastet, weil sie sich so stark in verschiedene Richtungen aufspaltet, dass ich mehr Interpretationsfreiheit verspüre als bei Mozart oder Beethoven, den jeder Musiker tausendfach im Ohr und dazu mindestens eine vorgefertigte Meinung hat.


Ergänzend: Genau wie in jeder anderen Lebenslage gibt es für mein Empfinden qualitativ bessere und schlechtere Musik, Gelungeneres und weniger Gelungenes, Stimmiges und weniger Stimmiges. Das ist aber unabhängig von der Stilrichtung und zudem nur teilweise objektiv.
Und weiterhin gibt es, unabhängig von der Qualität, manches, was mir besser "gefällt" als anderes. Das ist persönlicher Geschmack. Ich mag zum Beispiel keine Austern, egal, wie frisch und teuer sie sind... dafür kann ich mich für die billigste Schokolade begeistern...
 
Für mich ist Neue Musik oft - und das mag manchen wirklich überraschen - eine Entspannung für Kopf, Geist und Ohren. Und zwar dann, wenn ich sie live im Konzert erlebe und mich in Ruhe und mit Zeit darauf einlasse.

Das empfinde ich ebenso. Für mich war der "Einstieg" vor Jahrzehnten v.a. die "zeitgenössische" Orgelmusik. Zur Überwindung der "Hürde" im Kopf hat seinerzeit -es mag banal klingen, ich war jung....- der Satz des Organisten (@trm kennt ihn ;-)) in einer Einführung zu einem solchen Stück beigetragen, dass jede ("klassische") Musik doch zur Entstehungszeit "zeitgenössisch" war...… ("Alles war irgendwann mal zeitgenössisch...."; ich höre es immer noch und sehe ihn dabei vor mir... :-))
 
... dass jede ("klassische") Musik doch zur Entstehungszeit "zeitgenössisch" war...… ("Alles war irgendwann mal zeitgenössisch...."; ich höre es immer noch und sehe ihn dabei vor mir... :-))
Die Tonalität war jedoch vorherrschend.
Clara Schumanns Kommentar zur h-Moll-Sonate von Franz Liszt, als sie Johannes Brahms vorspielte, lautete: "Das ist nur noch blinder Lärm."
 
@Stefan379 zunächst mal ist die Tonalität auch in der Sonate von Liszt vorherrschend (da gibt es keine "atonalen" Stellen) - aber sie erweitert die Harmonik ihrer Zeit um ein paar neue Akkordverbindungen (exemplarisch hierfür der leise Schluß a-Moll - F-Dur - H-Dur)

Dass Clara Schumann mit der seinerzeit - 1854 - taufrischen, ihrem Gatten gewidmeten Sonate nichts anfangen konnte, sagt erst mal mehr über Clara Schumann als über die Sonate. Vollständig lautet das Zitat:
Liszt sandte heute eine an Robert dedizierte Sonate und einige andre Sachen mit einem freundlichen Schreiben an mich. Die Sachen sind aber schaurig! Brahms spielte sie mir, ich wurde aber ganz elend. … Das ist nur noch blinder Lärm – kein gesunder Gedanke mehr, alles verwirrt, eine klare Harmoniefolge ist da nicht mehr herauszufinden! Und da muß ich mich nun noch bedanken – es ist wirklich schrecklich.“
Offensichtlich ging es ihr damit wie Eduard Hanslick, welcher bei der Uraufführung der Sonate u.a. bemängelte, dass man dort "am sinnlosen Nebeneinanderstellen von Tonarten Gefallen finden solle" und dass "wer das schön findet, dem ist nicht zu helfen."
Bon - u.a. Peter Cornelius äußerte sich hingegen zeitnah sehr enthusiastisch, ebenso Wagner.

Es gab also in "Fachkreisen" pro und contra - aber mit "Atonalität" hat das nichts zu tun.

Innovationen innerhalb der "normalen, gewohnten Harmonik" des 19. Jhs. stießen immer wieder auf Zustimmung und Ablehnung, insofern finden sich über Chopins Etüden, Liszts Sonate, Wagners Tristan, später auch über Debussy sowohl Verrisse als auch enthusiastische Lobeshymnen.

Befremdlicher als das erscheint mir, dass sowohl expressionistische (noch) "tonale" als auch expressionistische "atonale" Musik schon auf einer eher oberflächlichen Rezeptionsebene dieselbe Sorte Verrisse erntete: sowohl Elektra von Strauß ("elektrische Hinrichtung"), Sacre von Strawinski, Prometheus von Skrjabin, Schönbergs Kammersinfonie, Weberns 6 Stücke für Orchester wurden als kakophonisch zerrupft, erhielten aber auch enthusiastische Rezensionen. Für viele "Zeitgenossen" dieser Erstaufführungen war kakophonisches also sowohl in tonaler als auch in "atonaler" Musik zu finden.

Die Diskussion bzw Kontroverse bzg "tonal - atonal" und der Frage, ob diese Begriffe überhaupt zutreffen, sowie zu Fragestellungen zu seriellen Kompositionstechniken fand erst später statt.
 
Ich bin ein wenig vorsichtig mit dem Begriff "Atonale Musik" , ich meine, auch Wagner, zum Beispiel, verwendet arg atonale Sequenzen.
Ich meine auch daß es durch alle musikalischen Zeitepochen bereits Atonalität gegben hat - ist halt ne Frage wie man damit umgeht.

Der Vergleich von @Stilblüte gefällt mir. Ich, als Freund bestimmter alter architektonischer Baukunst, würde gewisse Musik, welche hier als "atonale Musik" gemeinhin pauschilisiert wird, als modernistische Musik bezeichnen. Wie in der Architektur der Bauhaustil mit seinen bis heute verbliebenden Variationen über Minimalismus, Rationalismus bis hin zum Brutalismus sehe ich auch die Form modernistischer Musikrichtungen. Es gibt sicherlich so einiges in diesen Stilrichtungen welches einen gewissen Reiz hat, jedoch wird es von "Fachwerkliebhabern, Gründerzeitfreunden usw." schlichtweg nur als greisslich empfunden werden.
Modernisten hingegen sehen es umgekehrt und sind entsetzt darüber daß man "solch altes G´lump " in Frankfurt wieder aufgebaut hat. Und wieder andere sind nur bestrebt danach was für sie irgendwie interessant erscheint.
So ist das eben auch irgendwie mit der Musik.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin ein wenig vorsichtig mit dem Begriff "Atonale Musik" , ich meine, auch Wagner, zum Beispiel, verwendet arg atonale Sequenzen.
Ich meine auch daß es durch alle musikalischen Zeitepochen bereits Atonalität gegben hat
@Henry kann es sein, dass du mit "atonal" (und sogar dem Kuriosum "atonale Sequenzen") so etwas wie "sehr dissonant, voller unaufgelöster Dissonanzen, irgendwie unharmonisch" meinst?

Wenn ja, dann wäre das einfach nur ein falscher oder irreführender Gebrauch des Adjektivs "atonal". Aber es wäre bezogen auf Wagners Harmonik nicht falsch, denn dort finden sich gehäuft Dissonanzen, unaufgelöste Dissonanzen, ungewöhnliche Akkordverbindungen (die ja typisch für die Leittonchromatik sind) - da gibt es ja das Bonmot, dass sich im Tristan die gelegentlichen "normalen" Kadenzen geradezu falsch anhören :-D. Aber das alles lässt sich, wenn auch mit Mühe, mit den Mitteln der Harmonielehre erklären.

Wenn du allerdings "atonal" wörtlich oder im Sinn von "freier Atonalität" meinst, dann hast du Unsinn erzählt.
 
Für mich ist Neue Musik oft - und das mag manchen wirklich überraschen - eine Entspannung für Kopf, Geist und Ohren.
Hat was von Lagerfeuer. Das sind ja auch unverständliche, scheinbar zufällige abstrakte Farben, Formen, Intensität und Rhythmen von Lichtern, die doch entspannend wirken.

Für mich ist neue Musik nahezu unerträglich*, genauso wie rohes Gehacktes oder Sushi. Sie tut meinen Ohren (oder Gaumen) weh. Ich versuche es immer wieder, seit Jahrzehnten, aber der Brechreiz bleibt. Mir ist auch aufgefallen, dass ich Filme oft nicht weiterschaue, die sich moderner Musik bedienen.
Ich bin mir natürlich bewusst dass ich viel zu wenig neue Musik gehört habe, um etwas zu bilden, was man Geschmack oder gar Meinung nennen könnte, aber öfter als 1x im Jahr ertrage ich es nicht, rohes Gehacktes zu probieren.
Überhaupt stelle ich fest, dass sich mein "Geschmack" entgegengesetzt meiner Bemühungen, sich Unbekanntem zu öffnen, entwickelt. Das betrifft Gaumen und Ohren gleichermaßen.

* Flöten und Opernsängerinnen gehören da aber auch dazu, ganz unabhängig der Musik
 


Grässliches neumodisches Zeuchs. Genau wie der Gesualdo oder wie der Vogel hieß.

"Oh, diese modernen! Das soll noch Musik sein?"
(Zitat aus dem "Speculum musicae" des Jakobus von Lüttich, anno 1350)


Spaß beiseite. Goldener Schnitt in der Musik:



Die Technologie dahinter ist dieselbe wie bei 80er Schnulzen-Rhodes a la Whitney Houston (vom DX7), allerdings liegt der Schwerpunkt hier etwas mehr beim Experimentellen.

Grüße
Häretiker
 
Experimentelle Musik ist so eine Sache - so etwa wie ein Chemielaie der mal was zusammen mixt - wenn er Glück hat, knallt es richtig, aber meistenteils bleibt nur unbrauchbarer Müll zurück.
Wenn ich mit einem stumpfen Messer Styropor schneide, oder mit einer Gabel an der Fensterscheibe kratze, ist das bereits experimentelle Musik....ob es jemand mag, ist ne andere Geschichte - auf jeden Fall zeigt so etwas Wirkung...…….:rauchen:
 
@Henry
Sieht aber noch ziemlich selbstgebastelt aus, Deine heldenhafte Klavierstimmerseite.

CW
 
Experimentelle Musik ist so eine Sache - so etwa wie ein Chemielaie der mal was zusammen mixt - wenn er Glück hat, knallt es richtig, aber meistenteils bleibt nur unbrauchbarer Müll zurück.
Wenn ich mit einem stumpfen Messer Styropor schneide, oder mit einer Gabel an der Fensterscheibe kratze, ist das bereits experimentelle Musik....ob es jemand mag, ist ne andere Geschichte - auf jeden Fall zeigt so etwas Wirkung...…….:rauchen:

Welche Aussage möchtest Du denn machen und wie veruchst Du, diese Idee zum Hörer zu bringen? Wenn Du keine hast, kann ich einfach Kadenzen am Klavier klimpern, das kommt aufs gleiche raus. Wobei es dann schon wieder spannend ist, wenn man 100% intentionsfrei versucht ...

Kitchen Walk



Interessant fand ich diesen Kommentar:
"One of the very essences of Cage's work is that nobody truly has the reverence or position to define music and sound, and to differentiate the two. Cage experimented with sounds that had never been traditionally used in music composition and opened it out to it's performative equivalents. He wrote more traditional compositions with pianos and small orchestras, but he worked with them as tools rather than instruments and very much revelled in modernist ideas of sound. In this he's essentially asking us as well as the audience of the game show to listen to the sound and to consider the possibility that what we are hearing could be music and you'd be surprised how much this kind of thing is now used in modern techniques. He famously said that there is no such thing as silence, and sound is like actors; minds of it's own and charisma. Intellectual yes and something non conformist or traditional, but has immense importance in the sound world."

Und dann könnte man andere Versionen vergleichen:





Grüße
Häretiker
 
Gulda hat ja z.B. kein Hehl daraus gemacht, dass er es schade finde, dass nicht die Jazzmusik, sondern die serielle Musik die Kunstmusik des 20. Jahrhundert maßgeblich geprägt hat.
[...]
"Serielle Musik" war da schon zum Kampfbegriff herabgesunken, speziell im Munde derer, denen die "janze Richtung nicht paßte" und die von der Materie besonders wenig verstanden. Dem Haß auf den Serialismus entsprach der zur selben Zeit kultivierte Witz: lieber vom Schicksal gezeichnet als von Picasso gemalt.
Steve Reich hat sich unter anderem deshalb der Minimal Music zugewandt, weil er mit der seriellen Musik, die er in seinem Studium kennengelernt hat und die bestimmend war, nichts anfangen konnte.
Auch die seriellen Komponisten konnten schon nach kurzer Zeit mit dem Serialismus nichts mehr anfangen - weil sie drüber rausgewachsen sind, wobei sie ihre Erfahrungen mit prädeterminierter Musik aber nicht verleugnet, sondern verwertet haben. Außerdem hat die Minimal Music Berührungspunkte mit dem Serialismus (Phasing, Musik als gradueller Prozeß).

Statt sich über etwas theoretisch schwer Verständliches und akustisch schwer Zugängliches zu echauffieren, müßte es doch eigentlich naheliegend sein, die Idee erstmal ernst- und das sperrige Ergebnis wahrzunehmen. Die abendländische, genauer gesagt: mitteleuropäische Idee von Motivökonomie, das Ideal einer musikalischen Entwicklungslogik, die alles Material auf einen motivischen Urgrund zurückführt, mußte von Haydn über Brahms bis zu Messiaen und Goeyvaerts einfach mal zu Ende durchdacht werden. Das Resultat, die Idee, einen Teil der kompositorischen Arbeit in die Präformation des Materials zu verlegen, hatte ihren berechtigten historischen Augenblick.

Dabei hatten die Serialisten unterschiedliche Motive: Messiaens Étude war eine Gelegenheitskomposition, Goeyvaerts schuf damit eine in sich kreisende, entsubjektivierte Sakralmusik, Boulez interessierte sich für den Rest an Musik, der nach ihrer Internierung in magischen Zahlenquadraten übrigbleibt ("an der Grenze des Fruchtlandes"), Cage und Stockhausen suchten die Entfesselung musikalischer Wildheit. Was allen gemeinsam war: der Verzicht auf individuelle Selbstaussprache, überhaupt auf die Sprachähnlichkeit von Musik. Dahinter verbirgt sich keine Böswilligkeit satanischer Jungavantgardisten, sondern ein Bedürfnis nach Reinheit, nach völligem Neuanfang, hervorgerufen durch Nazi-, Kriegs- und Besatzungszeit, durch den Mißbrauch fast aller gängigen Musik zu Propagandazwecken.

Dabei ist ein Paradox hervorzuheben: Die von allen Zwängen (traditionelle Satztypen, Sprachähnlichkeit, Ausdruck) befreite Musik entstand unter rigorosen Zwangsmaßnahmen.

Was in der Polemik übersehen wurde: Ein Gutteil der Nachkriegskomponisten war vom Serialismus unberührt geblieben oder ist schnell eigene Wege gegangen: Karl Amadeus Hartmann, Henze, Bernd Alois Zimmermann, Dutilleux, Elliot Carter - nicht zu vergessen: John Cage.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was in der Polemik übersehen wurde: Ein Gutteil der Nachkriegskomponisten war vom Serialismus unberührt geblieben oder ist schnell eigene Wege gegangen: Karl Amadeus Hartmann, Henze, Bernd Alois Zimmermann, Dutilleux, Elliot Carter - nicht zu vergessen: John Cage.
Ich schätze sogar, dass der allergrößte Teil der Nachkriegskomponisten entweder gar nicht oder nur in einer sehr begrenzten Schaffensperiode seriell komponiert hat. Zu den Genannten trifft das auch auf Rihm, Nono, Berio, Ligeti, Kagel, Feldman, Lutoslawski, Penderecki und Schstedrin zu. Womit wir die meistaufgeführten Komponisten dieser Epoche so ziemlich beisammen haben.

Ich befürchte nur, dass das diejenigen, die den Kampfbegriff "Serialismus" anführen, gar nicht anficht. Für die klingt irgendwie alles "seriell", was keine Kadenzen enthält und deshalb ihr Rezeptionsvermögen überfordert.
 

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