Anfängerfragen, traut Euch!

  • Ersteller des Themas violetta
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Bleiben wir bei der Sprache. Die Grammatik, die Satzlehre, die Lautbildung alles interessante Fachgebiete, aber um zu sprechen, Texte -informative, literarische, rhetorische usw.- zu verfassen, werde ich mitnichten den Wust von Theorie bewusst bei der Wortwahl und dem Satzbau bemühen, sondern kann sofort angemessen formulieren.

Nur wenn man es gelernt hat. ;-) Die "Theorie" läuft unbewusst mit. Literarische Sprachgestaltung entstand in der voralphabetisierten Zeit als Merkhilfe, ganz simpel. Als ungebundener Prosatext lernt ein vielgesängiges Epos sich schlechter auswendig.

Man erinnert sich fatalerweise meistens nicht daran, dass bzw. wie man die Muttersprache gelernt hat, denn der korrekte muttersprachliche Spracherwerb findet in einem möglichst korrekt sprechenden Elternhaus weitestgehend durch Imitation statt, unterfüttert von gelegentlichen Korrekturen.

Alles später (in der Schule) Gelernte oder Korrigierte bekommt beinahe den Charakter einer Fremdsprache. Oft anzutreffen in Online-Plattformen: Der junge Mensch sondert einen Beitrag ohne Punkt und Komma ab, der von Orthographie- und Grammatikfehlern wimmelt. Es ist unglaublich, wie viele Fehler in einem einzigen Satz gemacht werden können. Weist man denjenigen behutsam darauf hin ("Wie, Du bist auf der Oberstufe des Gymnasiums???"), bekommt man zur Antwort "Ich bin doch hier nicht in der Schule, in der Schule gebe ich mir ja Mühe." Das bedeutet, für diese Personen ist der korrekte Gebrauch der Muttersprache ein bewusster Denkakt, die Anwendung eines "Wusts von Theorie". Es kommt eben nicht "automatisch", wenn der Wust von Theorie nicht vollkommen intus ist.


Der philologische Zusatzgenuss liegt nicht darin, dass ein Text korrekt ist und "keine Fehler" enthält, sondern dass man sich der Gestaltung des Texts bewusst ist oder sich diese bei Bedarf zumindest bewusst machen KANN. Literaten (= die Produzenten von Literatur) feilen durchaus so intensiv an einem Text wie Chopin an seinen Noten. Früher oder später will man wissen, was genau in einem literarischen oder Notentext wirklich "passiert".
 
Das Grundproblem scheint mir hier zu sein, dass es einige gibt, die mit ihrer momentanen Art des Musizierens vollkommen zufrieden sind, obwohl sie ohne analytische Methoden an ein Stück herangehen bzw. sich hauptsächlich auf ihren intuitiven Zugang verlassen. Aufgrund dieser Erfahrung wird also die Notwendigkeit einer Analyse, zumindest für Amateure abgesprochen und behauptet, man könne dann ein Werk im schlimmsten Fall nicht mehr genießen, weil man es seziert hat und das Werk nun nicht mehr um des Werkes willen bewundert. Drum besser wär', wer nichts verstünde.

Es gibt aber auch andere Gründe auf eine fundamentale Werksanalyse verzichten zu müssen! Die Schlussfolgerung, dass die musiktheoretische Auseinandersetzung mit dem Werk den Genuss verdirbt halte ich für unsinnig.

Ich finde Musiktheorie schwierig. Mein Studiengang war lernintensiv und dauerte 6 Jahre, in welchen (leider) überwiegend theoretisches Wissen vermittelt wurde.

Der Musikstudent wird sich ebenfalls intensiv mit dem Stoff auseinandersetzen müssen, zunächst mit den elementaren Inhalten bis zu komplizierten Zusammenhängen.

Das ist aber nur meine Vorstellung von diesem Studiengang.
Ich fänd's spannend, wenn hier jemand den Studiengang Musik vorstellen würde.

Mir fehlt das Fundament, um ein Musikstück analytisch zu erfassen, sowie die Zeit das Fundament zu legen und darauf aufzubauen. Mit anderen Worten: " Ich würd ja gern, geht aber nicht!"

Das sind meine Gründe! Vollkommen zufrieden mit meiner Art des Musizierens bin ich trotzdem und das ist gut so!
 
Ich glaube, niemand spielt besser, weil er die Akkorde erkannt hat, auf 5. Stufe verminderter D7 moll Parallele überleitend zu Tonart x ec., aber sehr wohl wird er besser spielen, wenn er fühlt, dass hier Spannung aufgebaut wird, die mit einer neuen Stimmung aufgelöst wird, die sich auch in anderen Parametern zeigt, z.B. kantilenenhaft..,
Da muss ich irgendwie an diesen Ausschnitt denken:


View: https://www.youtube.com/watch?v=m_WS3-T0Et0


Eine Interpretation kann nur funktionieren, wenn man sie begründen kann. Natürlich ist dies uns Amateuren nur im begrenzten Maße möglich :-)
 
Una corda

Im Verlaufe eines Stücks ist „una corda“ notiert, danach kommt aber keine weitere Pedalanweisung. Nach fünf Takten ist „cresc.“ notiert. Ab diesem wird vermutlich nicht mehr una corda gespielt, richtig?

Wenn es keine Pedalanweisung nach dem „una corda“ gibt, könnte man dann auch „poco a poco due ed allora tre corde“ bis zum Crescendo spielen? Oder löst man das linke Pedal einfach an der richtigen Stelle?
 
Durch analytische Methoden (manchmal habe ich das Gefühl, die Sache wird nur zu gerne auf die Funktionsanalyse beschränkt) wurde es mir nicht nur möglich, Stücke schneller und effizienter zu lernen, ich kann auch viel mehr aus ihnen herausziehen. Ich erkenne mehr und kann tatsächlich mehr genießen.

Sind es nicht Funktionsanalyse und das Erkennen der Harmonien, die einem dabei helfen, ein Stück zu analysieren? Ist mir etwas entgangen?
 
Lese Dir den Faden zu den Skrjabin-Sonaten von Troubadix durch. Dort wirst Du sehen, dass da noch weitaus mehr dazugehört und die Funktionsanalyse nur ein Teil dessen ist, was zum Verständnis beiträgt.
 
Ich glaube, niemand spielt besser, weil er die Akkorde erkannt hat, auf 5. Stufe verminderter D7 moll Parallele überleitend zu Tonart x ec.,

Jetzt müsste ich erneut beginnen...

Ihr geht bei der Analyse eines Stückes zum Teil von der falschen Zielsetzung aus.

Es geht doch nicht nur darum, dass ich bei einem neuen Stück unter jeden Akkord schreiben kann, wie der heißt. Es geht darum zu verstehen, warum der Komponist hier diesen Akkord notiert hat, was er uns damit sagen will und welche interpretatorischen Aspekte sich daraus ergeben, von wo kommt er, wo will er hin, etc. Wenn man feststelle, dass irgendwo ein Dv7 notiert ist, hat man erstmal noch gar nichts gewonnen.

Btw... Wenn ich einen Dominant-Akkord identifiziert habe, was genau ist dann noch so schwierig daran wenn man noch feststellt, welche zusätzlichen Töne im Akkord vorkommen?

Sind es nicht Funktionsanalyse und das Erkennen der Harmonien, die einem dabei helfen, ein Stück zu analysieren?

Die Funktionsanalyse ist nur eines der zur Verfügung stehenden Werkzeuge, ebenso wie die Stufenanalyse. Beim späten Skrjabin z.B. wirst du damit nicht weit kommen. Auch gibt es noch sehr viele Aspekte zur Form, die man berücksichtigen muss, wie Aufbau des Stückes, Abschnitte und deren Beschaffenheit, Gesamtform, verwendete Motive und Themen die dann wie verarbeitet werden usw...

Viele Grüße!
 
Es geht darum zu verstehen, warum der Komponist hier diesen Akkord notiert hat, was er uns damit sagen will und welche interpretatorischen Aspekte sich daraus ergeben, von wo kommt er, wo will er hin, etc.

Die Funktionsanalyse ist nur eines der zur Verfügung stehenden Werkzeuge, ebenso wie die Stufenanalyse. (...) Auch gibt es noch sehr viele Aspekte zur Form, die man berücksichtigen muss, wie Aufbau des Stückes, Abschnitte und deren Beschaffenheit, Gesamtform, verwendete Motive und Themen die dann wie verarbeitet werden usw...

@Troubadix, meines Wissens bist Du Autodidakt. Wie hast Du Dir dieses Wissen angeeignet? Durch Recherche im Internet, das Lesen spezieller Literatur?
 
Durch Recherche im Internet, das Lesen spezieller Literatur?

Zum Beispiel. Vor allem aber durch Üben. Das ist nämlich genau der Punkt, der gerne vergessen wird.

Viele machen den Fehler, bei solchen Sachen nicht mit einfachster Literatur zu beginnen. Oft ist es so, dass man zunächst einmal ein paar Jahre lernt, man durchaus in der Lage ist, sich auch schon Stücke zu erarbeiten, die nicht mehr für absolute Beginner sind und erst dann anfängt, sich mit der Theorie zu beschäftigen. Die Stücke, die man sich dann schon irgendwie manuell erarbeiten kann sind aber bereits zu schwierig, um an ihnen die Grundlagen der Theorie zu erarbeiten. Da kommen dann so viele Sachen auf einmal, dass man erschlagen wird. Dadurch kommen viele zu der Erkenntnis: "Hmmm, es ging ja bis jetzt auch ohne.", und lassen es wieder bleiben.

Oder man fängt an, sich diverse Literatur durchzulesen. Dort liest man dann zum Beispiel, dass es Dominanten und Subdominanten gibt. Soweit kann man noch irgendwie folgen. Dann liest man motiviert weiter: "Außerdem gibt es noch Trugschlüsse, Halbschlüsse, erweiterte Kadenzen, Dominantseptnon-Akkorde, verminderte und verkürzte Akkorde, Vorhalte, Doppeldominanten, alterierte Akkorde, die zweite Stufe als Subdominante, Kirchentonarten, Neapolitaner, die Sixte ajoutée usw., usf." und ist völlig erschlagen. Das ist ungefähr so, als wenn ich einem Mathematik-Anfänger erkläre, dass es die Addition gibt und weiter ausführe "und außerdem gibt es noch drei andere Grundrechenarten, Bruchrechnung, Potenzen und Wurzeln, Differential- und Integralrechnung, Algebra und Stochastik usw." Wie hat man damit angefangen? Wenn man die Addition gelernt hat, hat man eine Menge Aufgaben gelöst, Hausaufgaben aufbekommen, bis man es begriffen und verinnerlicht hat und erst dann kommt der nächste Schritt und das über Monate und Jahre.

Fangt mit den einfachsten Grundlagen an und seid nicht ungeduldig, denn das geht nicht von heute auf morgen. Bittet eure Lehrer, euch Abschnitte aus harmonisch einfachste Choralsätze zu empfehlen bei denen ihr erstmal nur die Grundlagen betrachtet, nur z.B. die Kadenzen raussucht und benennt usw. Vielleicht kann der Lehrer auch alle Noten zunächst streichen, die ihr mit eurem Wissenstand noch nicht erklären könnt. Erst wenn das begriffen wurde steigert man sich langsam, nimmt einen Begriff nach dem anderen dazu usw. Versucht auch immer, den Klang dabei zu verinnerlichen. Die Fortschritte werdet ihr schnell merken und dann fängt es auch an, interessant zu werden.

Ich bin kein Musik-Pädagoge, insofern tue ich mich auch schwer, hier das richtige Vorgehen zu empfehlen. Eure Lehrer oder die Profis hier, wären da sicher die besseren Gesprächspartner. Ich bin auch noch immer weit davon entfernt, auf diesem Gebiet richtig gut zu sein, aber ich bemühe mich, stetig dazuzulernen.

Viele Grüße!
 
Una Corda

Im Verlaufe eines Stücks ist „una corda“ notiert, danach kommt aber keine weitere Pedalanweisung. Nach fünf Takten ist „cresc.“ notiert. Ab diesem wird vermutlich nicht mehr una corda gespielt, richtig?

Wenn es keine Pedalanweisung nach dem „una corda“ gibt, könnte man dann auch „poco a poco due ed allora tre corde“ bis zum Crescendo spielen? Oder löst man das linke Pedal einfach an der richtigen Stelle?

In meiner Literatur wird "una corda" stets durch "tre corde" aufgehoben. Die Frage ist, ob in deinem Stück diese Anweisung vergessen wurde. Wenn das Stück ab da noch länger geht und dann eher lautere Stellen kommen, würde ich davon ausgehen. In diesem Fall würde ich im Crescendo da weggehen, wo die klangliche Wirkung am besten ist. Wenn es dagegen insgesamt eine leisere Sache bleibt, kann das "una corda" natürlich auch durchgängig gemeint sein. Auch auf diesem Level kann man dynamisch spielen.

Grüße
Manfred
 

Es geht doch nicht nur darum, dass ich bei einem neuen Stück unter jeden Akkord schreiben kann, wie der heißt. Es geht darum zu verstehen, warum der Komponist hier diesen Akkord notiert hat, was er uns damit sagen will und welche interpretatorischen Aspekte sich daraus ergeben, von wo kommt er, wo will er hin, etc. Wenn man feststelle, dass irgendwo ein Dv7 notiert ist, hat man erstmal noch gar nichts gewonnen.
Eben.

Ich erwähnte zuvor anderswo, dass man bevor man ein Stück spielt, es liest. Und einem aufmerksamen Leser entgehen dabei natürlich nicht verschiedenen Teile, deren Verknüpfung, deren Dynamik und co., die übrigens natürlich sich eben nicht allein durch die Notierung von Anweisungen dazu ergeben, sondern im Tonmaterial sich aufdrängen,wobei durchaus verschiedene Leser anders empfinden können.

Aber die Frage warum der Komponist es so oder so gesetzt hat, ist doch müßig. Er hat ja eh immer 2 Möglichkeiten, so fortzufahren, wie es in ähnlichen Harmoniezusammenhängen erwartbar ist, oder eben überraschend anders.

Im folgenden masterclass video, wird man kaum ein Wort zu expliziten Akkordnamen hören, aber ganz viel, wie bestimmtes Gesetztes aus sich heraus zu bestimmter Ausführung drängt.

View: https://youtu.be/14dwegqniNg


Nett sind auch Einzelheiten, die Barenboim im Gedächtnis hat, die jetzt eben nach Notation des Komponisten befolgt werden sollen....ab 50:30 zu einem forte.....
 
Im folgenden masterclass video, wird man kaum ein Wort zu expliziten Akkordnamen hören, aber ganz viel, wie bestimmtes Gesetztes aus sich heraus zu bestimmter Ausführung drängt.

Dennoch kannst du sicher sein, dass Herr Barenboim das alles kann. Herr Barenboim unterrichtet dort auch keine Anfänger, sondern Leute, die das ebenfalls können. Das wird auf diesem Niveau vorausgesetzt. Wenn ein Musikstudent zum Professor geht und eine späte Beethoven-Sonate erlernen möchte, wird ihn der Professor auch nicht bitten, zunächst einmal eine komplette Harmonieanalyse zu verfassen. Ebenso wie dort nicht mehr generell vermittelt wird, wie man sich einen Notentext am besten erarbeitet. Generell sind solche Meisterkurse eher ein schlechtes Beispiel, für üblichen Unterricht. In diesen einstündigen Kursen geht um spezielle, klangliche Besonderheiten, vom Show-Effekt mal ganz abgesehen. Das sind die letzten Prozent, die noch herausgeholt werden sollen. Da wird er wohl kaum mit ausschweifenden, harmonischen Analysen die Leute langweilen oder den Pianisten, der das bereits weiß. Dass es noch sehr viel mehr gibt, als die rein harmonische Analyse, hatte ich bereits gesagt. Gegebenenfalls kann man sich auch das Busoni-Zitat noch mal durchlesen.

Wo es notwendig ist, erklärt Herr Barenboim übrigens sehr wohl etwas zur Harmonik und zeigt, was sich interpretatorisch daraus ergibt.

Hier zum Beispiel in den letzten Minuten (im dritten Teil auch)...



Wenn du das alles nicht brauchst und sich dir alles auch so aufdrängt, dann freue dich und lass die Analysen eben bleiben. So lange man mit dem Ergebnis zufrieden ist, ist doch alles in Ordnung.

Viele Grüße!
 
Es gibt aber auch andere Gründe auf eine fundamentale Werksanalyse verzichten zu müssen!
"verzichten zu müssen" ... eine... erstaunliche Formulierung ;-)

ich musste nie auf kernphysisches Spezialwissen verzichten, sondern ich habe es mir ganz schlicht nie angeeignet (schon in der Schule war mir Physik schnurzegal) - - trotzdem verstehe ich natürlich gefühlsmäßig und so ganz doll viel von Kernphysik und Atomkraftwerken und das ist gut so ;-):teufel:
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...was sich in den letzten zwei Wochen an Unsinn in diesem Faden angesammelt hat, ist schon verblüffend :-D Die Philologen also sezieren literarische Texte (zu was anderem taugen die nicht), die Musikwissenschaftler können auch nüscht anderes, und wer kaum Ahnung von musikalischer Gestaltung hat, der hat dafür ein erstklassiges Gespür für musikalische Spannungsverläufe (man fragt sich, woher)

Und jetzt, bevor die Meute Buhuhu greint und weitere absurde Pseudoargumentchen anhäuft, was ganz krasses: niemand geringeres als Richard Wagner setzte absichtlich undurchschaubare Harmonien ein, um seine Zuhörer emotional zu steuern (die sollten beim hören gar nicht kapieren und reflektieren, was da gerade harmonisch geschieht!) - und das schrieb der selber in seinen Briefen, ist also bekannt (sehr schön ein Brief an von Bülow über scharfe musikalische Gewürze) - - - aber wehe wenn die Musiker verständnislos über seine Gewürze hinwegdudelten, dann wurde der Dirigent Wagner furchtbar böse!!! Vielleicht kapiert jetzt so manche/r Schlauberger/in, dass es einen Unterschied zwischen Musik hören und Musik spielen gibt (das nur sehr wenigen gegebene komponieren lassen wir aussen vor) Der Hörer muss weder mitlesen noch zum hören ad hoc mitanalysieren (wobei es seinen Genuß am hören nicht mindert, wenn er z.B. seine Lieblingssinfonie gut kennt, auch in Details) - der Spieler hingegen kann nur überzeugen, wenn er begriffen hat, was er gerade instrumental darstellen will.

Und dem Hobbyspieler wird es nicht schaden, seinen musikalischen und spieltechnischen Horizont zu erweitern, ganz im Gegenteil (!!) - übrigens hat der Hobbyspieler einen riesigen Vorteil gegenüber den Profis: nahezu gar kein Publikum interessiert sich für das, was er da tut. Der Hobbyakteur kann daheim im Hobbykeller in Omas Brautkleid als Gretchen umherhüpfen und "ach neige du schmerzensreiche" mit falscher Betonung krähen*) - das stört niemanden (maximal seine Familie und direkte Nachbarn, wenn er zu laut kräht) Der Hobbypianist kann ebenso mit falschen Tempi und plumpem Klang in einer unbegriffenen**) Chopinpolonaise herumhämmern (spätestens zwei Häuser weiter muss das schon niemand mehr hören) - - - aber alle beide, Hobbyakteur & -pianist, sollten ihr privates tun nicht als große Erkenntnis auf ein Podest hieven, wo sie nicht hingehören: nämlich als Erläuterung und Anweisung in Sachen Musik machen.

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*) er ist ja gewitzt und "weiß", dass Philologen nix taugen :-D:-D:-D
**) lieber schlecht spielen als kapieren, womit man zu tun hat :-D:-D:-D
 
Zur Analyse:

Im Musik-LK habe ich gelernt, erstmal die 3 Ts durchzugehen: Tonart, Taktart, Tempo.
Das geht noch gut nur auf dem Papier, aber es gab aber immer eine Kassette dazu.
(jeder mußte einen Walkman mitbringen)

Als nächstes ging es immer um den Charakter des Stücks,
der in verschiedenen Abschnitten des Werkes anders sein kann.

Dann ging es weiter mit der Analyse der Form und des harmonischen Geschehens,
die ja meistens nicht unabhängig voneinander sind.
Dazu haben wir immer die tonleitereigenen Töne aufgeschrieben, und darunter die Kürzel für die Funktionen (T Sp Dp S D Tp v T (bei Dur)), damit das leichter von der Hand geht.

Und dann ging's los mit der Beschreibung von Motiven, Themen, achttaktigen Perioden und sonstigen Formelementen, Verarbeitungen von Themen (Krebs, rectus/inversus etc.), Kontrapunkten oder Begleitfiguren etc.

Am Ende hat man das Stück dann so genau beschrieben, daß man aus dieser Beschreibung ein Stück schreiben könnte, daß in der groben Gestalt das Original gut imitiert.


Das haben wir für viele Werkformen (u.a. Sinfoniesatz (Sonatenhauptsatzform), Fuge, Klavierlied) in Klausuren, der Abiturprüfung oder auch nur so zum Üben gemacht.
Unser Kurs wurde bei solchen gemeinsamen Analysen zu einer richtigen Formulierwerkstatt.

Ich bin ziemlich froh, daß ich in der Schule immer (äh, meistens) gut aufgepaßt habe :-)
 
Naja, er erwähnt die Dominante, dass ist ja nun nicht dolle Harmonikanalyse, ganz abgesehen davon, dass er es auch anders hätte formulieren können.

Sein Punkt ist immer und ständig, was in den folgenden kurzen Filmchen kurz von ihm erläutert wird.


View: https://youtu.be/yfhd6J5asao



View: https://youtu.be/04YmzdmTUSI


Es gibt noch mehr Kurzvideos von Barenboim, ebendort bei Interesse.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Hobbypianist kann ebenso mit falschen Tempi und plumpem Klang in einer unbegriffenen**) Chopinpolonaise herumhämmern (spätestens zwei Häuser weiter muss das schon niemand mehr hören)
Ein Hobbypianist hat auch Ohren und wie erstaunlich, wird, was Nachbarn malträtiert, auch selbst so empfinden, und wird dementsprechend so spielen, dass es Freude macht/Genuss bereitet. Dabei interessiert die theoretisch professionelle Meinung nicht. Im Gegenteil, Eltern die sich mit hochkomplexen Theorien zur Erziehung rumschlagen, haben die verzogensten Bengel überhaupt.

Ich finde es reichlich elitär und überzogen, einem Hobbyspieler absprechen zu wollen, ohne die Krücken der hohen theoretischen Auseinandersetzung einer Komposition, ein z. B. Chopin Stück zu anhörbarer Musik am Klavier entstehen lassen zu können.
 
Zuletzt bearbeitet:
"verzichten zu müssen" ... eine... erstaunliche Formulierung ;-)


aber alle beide, Hobbyakteur & -pianist, sollten ihr privates tun nicht als große Erkenntnis auf ein Podest hieven, wo sie nicht hingehören: nämlich als Erläuterung und Anweisung in Sachen Musik machen

Hallo Rolf,

in meinen Beiträgen gebe ich keine Anweisungen, habe kein erstklassiges Gespür für Spannungsbögen, stelle mich auf kein Podest und " buhu" mach ich auch nicht.

Ich beschreibe nur, inwieweit ich mich unter meinen Lebensbedingungen Musiktheorie erlernen kann. Das soll in keiner Weise Ansporn für andere sein, es mir gleichzutun!

Meine Beiträge habe ich noch mal gelesen und keine Passagen gefunden, die für deine Interpretation sprechen.
Es sind trotzdem Missverständnisse aufgetreten sind, das zeigt mir Barrats und deine Reaktion. Das tut leid! Insbesondere Usern, die sich aus welchen Gründen auch immer mit der Musiktheorie nicht eingehend beschäftigen, möchte ich sagen, dass meine Aussagen in keiner Weise Aufforderungen sind, es mir gleichzutun!

Viele Grüße
Marion
 
Dennoch kannst du sicher sein, dass Herr Barenboim das alles kann. Herr Barenboim unterrichtet dort auch keine Anfänger, sondern Leute, die das ebenfalls können. Das wird auf diesem Niveau vorausgesetzt.
richtig!

manchmal kommt es vor, dass keine Klavierstudenten, sondern z.B. Klavierschüler an einer Meisterklasse teilnehmen --- manchmal kommt es vor, dass es davon sogar ein Video gibt --- z.B. von A. Schiff --- da legt der Schüler mit Schuberts Es-Dur Impromptu los --- eine der ersten Fragen von Schiff ist, in welcher Tonart dieses Impromptu endet... die Frage wird dann verallgemeinert und auch ans Publikum gerichtet, ob es viele Durstücke gäbe, die in Moll enden --- viele ähm äh hm --- und dann kann der geschärfte Blick, die geschärfte Aufmerksamkeit auf klangliche und dramatische Verläufe gehen, die ohne diese Fragen sinnlos gewesen wären
 

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