Allgemeiner Frust - was mache ich verkehrt?

  • Ersteller des Themas Ralph_hh
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Doch. ZB Leute, die von Bore-Out betroffen sind, bekommen keine sinnvollen Aufgaben - nämlich gar keine. Teile aus meiner Liste sind subjektiv, keine Frage, aber bei manchen lässt es sich sehr wohl objektiv feststellen.
 
Doch. ZB Leute, die von Bore-Out betroffen sind, bekommen keine sinnvollen Aufgaben - nämlich gar keine. Teile aus meiner Liste sind subjektiv, keine Frage, aber bei manchen lässt es sich sehr wohl objektiv feststellen.

Das liegt aber oft nicht an der Tätigkeit an sich, sondern an der Besetzung der Tätigkeit. Wenn die Qualifikation nicht zur Aufgabe passt, muss nicht die Aufgabe zwangsläufig sinnlos sein, sondern der Beschäftigte arbeitet unter seinen Möglichkeiten. Das ist der Grund warum Akademiker/ Facharbeiter mit Gehaltserhöhung nicht beliebig leicht motiviert werden können (nicht meine Meinung sondern Studien) da sie andere Ansprüche an den Beruf (da steckt das ja schon drin) stellen. Es gibt einen Unterschied zwischen Job und Beruf.
 
Bore-out ist teils auch eine Masche der Personaler, missliebiges Personal zu vergraulen, zu dessen "Entsorgung" ihnen die Handhabe fehlt, um jemanden rauszuschmeißen. Dann setzt man die in ein stinkiges Kellerloch ohne Telefon, keinen Computer, und lässt sie die Einkäufe von 1953 bis 1957 chronologisch ordnen oder so ähnlich. Anschließend alphabetisch. Und wieder zurück. Verbietet ihnen herumzulaufen, und verbietet allen anderen, sich dort unten blicken zu lassen. Isolation.

Man hofft darauf, dass die Delinquenten sich selber andere Arbeit suchen. Habe das einmal gesehen, wie man mit dem allerersten Trainee des Unternehmens umgesprungen war... , IT-Boss, nachdem es Streit ueber die von oben verordnete Umstellung der Konzern-IT gab...
 
Wenn wir uns auf den Lebensstandard der 1930er Jahre beschränken, ist das problemlos machbar. Dann gäbe es solche Dinge wie Urlaubsreisen oder Klavierunterricht halt nur noch für den (Geld-)Adel, der Rest würde zu fünft auf 60qm wohnen und so gerade über die Runden kommen. Auch die Lebenserwartung der 30er müsste man zurückholen. 40 Jahre arbeiten und anschließend 30 Jahre Rente kassieren wird sich leider nicht ausgehen.

Angesichts dieser Alternative arbeite ich mit Vergnügen 40h/Woche oder sogar mehr.
So weit muss man nicht zurückgehen. Wenn man sich die reale Kaufkraft ansieht, hat sich das Pro-Kopf-BIP seit 1975 ziemlich genau verdoppelt. Etwas simplifiziert auf den Kopf gedreht: Wenn wir auf dem Lebensstandard von 1975 zu leben bereit wären, könnten wir Mittwoch Mittag Wochenende machen.

Die Restlebenserwartung war auch nicht so viel niedriger. Wenn Du es 1930 bis 65 geschafft hast, hattest Du noch 16 Jahre. Heute 22. 1975 waren es 21 Jahre. So viel ist da nicht wirklich passiert.

Was sich verändert hat, ist die Säuglingssterblichkeit. Die war tatsächlich viel höher. Aber wenn Du es geschafft hattest, eingeschult zu werden, sah es, egal ob 1930 oder 1975 ziemlich gut für Dich aus.
Also nicht so viel "four yorkshiremen" gucken ;)
 
Da gibt es das Buch Bullshit Jobs (https://de.wikipedia.org/wiki/Bullshit_Jobs).
Es gibt schon viele Berufe inzwischen, die der Selbstbeschäftigung des Systems dienen und keinen echten Wert für die Gemeinschaft generieren. Es gibt sogar ganze Strukturen, die zum Teil zwar notwendig sind, sich aber bis ins Absurde hinein verselbständigt haben - Hochfrequenzhandel/Börsen-Analysten (die Algorithmen werden übrigens von Talenten entworfen und programmiert, die sicher auch besseres machen könnten...) oder Patentrecht/Firmenanwalts-Kriege etc.


Bei steigender Produktivität und gleichsam nicht endloser Ressourcenvermehrung ist es unvermeidlich, dass nicht mehr alle was zu tun haben werden oder sich eher im Hobbyumfeld mit etwas beschäftigen, was nicht dem Bruttosozialprodukt dient.

Für den "40-Stunden-Job-für-alle" oder dem "bis-67-arbeiten-müssen" besteht eigentlich gar kein Grund - außer dem Dividenden-System, was jeden Einzelnen zu immer mehr ökonomischer Effizienz verdonnert, um abzüglich der Firmen-/Aktionärs-Gewinne ein Auskommen und eine Rente zu sichern.

Klar, es ist ökonomisch effizienter, wenn eine Person 40 Stunden und bis 67 arbeitet als wenn 3 Leute bis 60 arbeiten, die dann auch noch jeweils ordentlich bezahlt werden wollen und sowas wie eine auskömmliche Rente haben wollen. Man gibt lieber der einen Person 50% mehr als 3 Personen jeweils 25% weniger - rechnet sich einfach - ganz abgesehen von einfacheren Planungen/Abstimmung und Erfahrungsvorsprung der einen Person etc.

Das System wird sich irgendwann totlaufen und viele werden auf der Strecke bleiben. Bisher konnten wir das derzeitige Wirtschaftssystem lange pushen, indem sich durch immer mehr Ressourceneinsatz das globale Rad immer noch schneller drehte. Keine Ahnung, wie lang das noch geht mit fossilen Brennstoffen, mit Baustoffen (z.B. banalem Sand), mit Wasser, bestimmten Erzen, landwirtschaftlicher Nutzfläche, Wald etc. - das "immer mehr" bekommt zumindest langsam spürbare Grenzen.

Ich selbst arbeite BTW gerne 40 Stunden in meinem Job - aber man sollte das glaub ich nicht von jedem Bandarbeiter/Monteur/Sachbearbeiter etc. erwarten.
 
Die Restlebenserwartung war auch nicht so viel niedriger. Wenn Du es 1930 bis 65 geschafft hast, hattest Du noch 16 Jahre. Heute 22. 1975 waren es 21 Jahre. So viel ist da nicht wirklich passiert.

Die durchschnittliche Rentenbezugsdauer hat sich aufgrund der steigenden Lebenserwartung seit Anfang der 1960er Jahre auf nahezu 20 Jahre verdoppelt. In Westdeutschland stieg sie bei den Männern von 9,6 Jahre 1960 – über 13,9 Jahre 1990 – auf 15,3 Jahre 2007 und 18,2. Bei den westdeutschen Frauen erhöhte sie sich von 10,6 Jahre 1960 – über 17,2 Jahre 1990 – auf 19,4 Jahre 2007. (Quelle)

Wenn sich die Rentenbezugsdauer schon von 1960 bis 2007 verdoppelt hat, dann wird sie sich von 1930 bis 2022 sicher verdreifacht haben. Und das bei immer weniger Beitragszahlern - die geburtenstärksten Jahrgänge in Deutschland stammen aus den 60er-Jahren und gehen in wenigen Jahren in den Ruhestand. Die demografische Entwicklung wird schon dafür sorgen, dass uns die Arbeit nicht ausgeht.
 
IIRC ist die Urspungspopulation von Golgafrincham gestorben an einem einem Virus, der durch Telefonhörer übertragen wurde. :-)

Grüße
Häretiker
Wiki:
Die Einwohner von Golgafrincham waren in drei Klassen eingeteilt.

  • Klasse A waren die Wissenschaftler, geniale Führungspersönlichkeiten und bedeutende Künstler.
  • Klasse B waren die Filmproduzenten, Telefondesinfizierer, Frisöre, Unternehmensberater und Versicherungsvertreter.
  • In Klasse C kamen die Leute, die die ganze Arbeit machten.
Um sich des völlig überflüssigen Bevölkerungsteiles B zu entledigen, wurde dieser unter dem Vorwand, die gesamte Bevölkerung Golgafrinchams müsse evakuiert werden, in einem Raumschiff, der Arche B, in den Weltraum geschossen. Dieses strandete auf der prähistorischen Erde, auf der die bis dahin dort lebenden Menschen – die von den Golgafrinchams fälschlicherweise als „Höhlenmenschen“ bezeichnet werden, weil sie „so aussehen wie Höhlenmenschen“ – deswegen ausstarben. Die Vorfahren des modernen Menschen sind deshalb der Bevölkerungsteil B von Golgafrincham.

Die restlichen Einwohner Golgafrinchams starben schließlich an einer Seuche, die durch ein nicht desinfiziertes Telefon verursacht wurde.
Das erklärt doch eigentlich alles. Warum wir so viele Bullshit-Jobs haben und wie wichtig die u.U. doch sein können ;-)
 

Das ist dann deine persönliche Bubble. Nein, deine Beispiele leisten natürlich keine sinnlose Arbeit. Viele andere schon.
Richtig. Ich habe jahrelang bei einer Versicherung gearbeitet. Habe da nur Däumchen gedreht. Fast die ganze Zeit. Ich saß da meistens völlig sinnlos am Schreibtisch. Habe richtiggehend nach Arbeit gesucht, weil ich mich zu Tode gelangweilt habe. Habe Privatsachen gemacht, damit ich wenigstens irgendwas zu tun hatte. Dafür wurde ich allerdings ziemlich gut bezahlt.

Das hat es aber dann auch nicht gebracht. Nach neun Jahren habe ich völlig entnervt von all der Unterforderung und Langeweile gekündigt und mich selbständig gemacht, weil ich endlich mal Arbeit haben wollte. Da habe ich dann richtig angefangen zu schuften. :003: Das hat die letzten 25 Jahre dann auch fast nicht mehr aufgehört. Jetzt bin ich halb in Rente und kann mich endlich der Musik widmen.

Aber ich glaube, ich hätte die letzten 25 Jahren in einem 40-Stunden-Job, in dem ich nichts zu tun hatte, geistig nicht überstanden. Da wäre ich in der Klapse gelandet. Eine Reduzierung auf 25 Stunden wäre da schon eine Hilfe gewesen. Man hätte den Job aber auch auf 0 Stunden reduzieren und mich dafür bezahlen können. Wäre dasselbe gewesen. Im Prinzip bin ich ja nur dafür bezahlt worden, dass ich morgens meine Stempelkarte gedrückt, tagsüber in meinem Büro gesessen und abends meine Stempelkarte wieder gedrückt habe. Nein danke. Nie wieder. Da sitze ich dann doch lieber zu Hause am Klavier. Das hat einen Sinn für mich.
 
@Annaklena
Heutzutage mit Homeoffice doch ein Traumjob😉
 
Seit meiner Selbständigkeit habe ich praktisch im Home Office gearbeitet. Und zwar weit mehr als 40 Stunden die Woche. Kein Feierabend, kein Wochenende, kein Urlaub. Das hat die Jahre vorher dann wahrscheinlich mehr als ausgeglichen. :001: Aber obwohl ich manchmal vor Arbeit fast zusammengebrochen bin, hat mich das weit glücklicher gemacht als der gutbezahlte Nichtstuer-Job die Jahre zuvor.

Der ursprüngliche Titel dieses Threads bezog sich ja aber aufs Klavierspielen und den Frust dabei. Der Frust im Job, insbesondere in einem, in dem man nichts zu tun hat, ist ja aber etwas anderes.

Ich habe festgestellt, dass die richtigen Übestrategien und auch das nötige musiktheoretische Wissen einen enormen Unterschied darstellen. Das war bei mir immer der größte Frust: Ich wusste nicht, wie ich richtig üben sollte. Habe deshalb sinnlos geübt und nicht viel erreicht. Frust. Und so das Gefühl: Ich kann es einfach nicht. Andere schaffen das doch auch.

Aber die hatten wahrscheinlich die richtigen Strategien und auch mehr Ahnung von Akkorden, Mustererkennung, Zusammenhängen usw. "Chunks" wie @hasenbein sagt, habe ich eigentlich nie gesehen. Nie sehen können, weil ich nicht genug Ahnung hatte. Also habe ich einzelne Noten geübt, sowieso immer nur vom Blatt die Noten gespielt, nie bewusst versucht, die auswendig zu lernen und auch noch, die als Muster auswendig zu lernen usw. Erst seit ich mich davon gelöst habe, seit ich auswendig lerne, seit ich das Stück genau auf Muster abklopfe, geht es gleich um Klassen besser. Und schneller. Und es bleibt mehr hängen, ist leichter wieder abrufbar.

Ich glaube, das hat weniger was mit dem Alter zu tun oder ob man ein Kind ist oder ein Erwachsener. Es hat wirklich nur mit der Strategie zu tun, wie man übt. Sicherlich, manchmal hat man einfach so Tage, da ist man gefrustet. Oder es sind die Hormone. Aber im Allgemeinen sagt mir meine Erfahrung seit relativ kurzer Zeit, dass ich vor allem mit dem Üben viel falschgemacht habe und mir dadurch selbst viel Frust gemacht habe, der nicht hätte sein müssen bezüglich der Musik. Ich bin froh, dass das jetzt vorbei ist.

Auch hier im Forum wird das Thema "Übestrategien" meiner Meinung nach zu wenig diskutiert. Dabei ist das doch das A und O. Alles andere kommt danach.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die hiesige Diskussion über Neue Arbeit war hier interessant. Das Thema hat längst nichts Umstürzlerisches. Ich finde es allerdings sehr befremdlich, wenn man noch mit so uraltbackenen "Entgegnungen" wie Gewalt und Millionen Toten kommt, die offensichtlich aus tradiertem naivem Kommunismushass ausfließen. Das ist so 1980. Aber schön ablenken wollen.

Fahrt mal früh morgens oder spät abends in einem Linienbus zu einem größeren Flughafen. Dann wisst Ihr, wieviel im Hintergrund gearbeitet wird, damit der Tomatensaft im Flieger serviert wird. Es ist genug Arbeit da, die immer weiter automatisiert werden könnte. Aber Migranten sind billiger. Die könnten auch besser Balkone richten.

"Oben": Gerade Deutschland hat ein gutes Bildungssystem, und die Deutschen stehen auch mental dahinter. An den Hochschulen werden unfassbar viele gewitzte und schlaue Menschen ausgebildet. Was machen die dann beruflich? Excel-Tabellen ausfüllen. Deutschland könnte viel weiter sein. Schweizer Standard zum Beispiel. Reparierte Brücken, glückliche Ärzte und regelmäßig gewartete Balkone. Deutschland ist ein armes Land.
 
Zum Threadthema: In meiner Frustphase habe ich jeden Tag nur zehn Minuten geübt, und zwar einige der achttaktigen 150 Übungen von Czerny. Dann Tastendeckel zu. - In dieser Zeit (einige Monate) habe ich gefühlt mehr Fortschritte gemacht als in den Jahren zuvor. :-D

Hätte ich so eine Freundin: ich hätte sie mir längst zum Vier-Händig-Spiel gekrallt. Sie als Seconda, ich als langsam lesender Primo-Tropf. Der Spaß kommt mit Sicherheit, dann auch der Fortschritt.
 
Ich kann Dir nur recht geben: Stundenlanges Üben bringt oft gar nichts. Obwohl ich auch oft die Zeit vergesse und dann zu lange am Stück übe. Aber mehr bringt es, in kurzen Etappen zu üben. Ich habe jetzt so einen "Pomodoro Timer". Den stelle ich am Anfang der Übesession ein. Standardmäßig ist der auf 25 Minuten eingestellt. Aber ich habe festgestellt, das ist eigentlich auch schon zu lang. 10-15 Minuten, wie Du sagst, bringen mehr. Dann Pause machen. Selbst nur 5 Minuten Pause reichen. Oder bis zum nächsten Tag Pause, das geht auch.

Es ist erstaunlich, welche Fortschritte man dann macht. Czerny ist sicher eine gute Möglichkeit, diese paar Minuten zu füllen. Aber ich habe auch einige andere Übungen, die sich gut in der kurzen Zeit erledigen lassen. Bloß nicht zu ambitioniert werden und etwas furchtbar Schwieriges üben. Dann kommt der Frust wieder. Aber mit diesen kurzen Übe-Einheiten bleibt man relativ frustfrei, weil man mit wenig Aufwand viel Erfolg hat. Die 80:20-Regel kommt mir da in den Sinn. 20 Prozent Aufwand mit 80 Prozent Erfolg ist besser und führt zu keinem Frust. 80 Prozent Aufwand mit 20 Prozent Erfolg ist schlechter und führt ziemlich garantiert zu Frust.

Aber es kommt natürlich trotzdem immer noch auf die Übestrategie an. Wenn man in den 10 oder 15 Minuten etwas sehr Schwieriges übt, wird der Frust trotzdem garantiert sein. Wenn man falsch übt, kann man selbst mit Czerny Frust aufbauen, weil man dann vielleicht Krämpfe in den Fingern kriegt (ist mir passiert). Die richtige Übestrategie ist meines Erachtens immer noch das A und O, um gut voranzukommen und Frust zu vermeiden. Kleine Etappen und "Chunks" statt lange und oft viel zu schwierige Stücke von vorn bis hinten.
 
Interessant, ich denke mir es in letzter Zeit eigentlich immer eher umgekehrt: Wie kann es sein, dass sich so viele von uns in zwar interessanten, aber letztlich sinnbefreiten "Vollzeitjobs" abarbeiten - während das, was das Mensch-Sein eigentlich ausmacht eher nur noch als "Hobby" verstanden wird. In den letzten 200 Jahren ist wirklich ganz viel schräg gelaufen ;-)

Das meine ich übrigens keineswegs als Vorwurf, die Frage interessiert mich einfach generell.

Die Antwort auf deine Frage ist, dass du eine kulturgeschichtliche Bildungslücke durch kitschige Verklärung geschlossen hast.
 

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