Alexander Skrjabin - Egoroff-Variationen f-Moll

Marlene

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Hier hat @Alter Tastendrücker etwas zu den von mir erwähnten Egoroff-Variationen geschrieben.

Aber da haben wir schon was zum diskutieren im Mai
oder jetzt schon zur Einstimmung und um auch die Clavio-Gemeinde daran teilhaben zu lassen. Hier gibt es glücklicherweise genug Kundige, die etwas dazu beitragen können.

Ansonsten ist das ein sehr hübsches Werk
und es würde mich freuen, schon jetzt mehr darüber zu erfahren.


Aus „Alexander Skrjabin und seine Musik“ von Sigfried Schibli:

Unter dem Gesichtspunkt der Entwicklung einer eigenen pianistischen „Sprache“ verdienen die 1887 komponierten Egoroff-Variationen - Skrjabin nannte sie in der französischen Bildungssprache „Variations sur un theme de Mlle. Egoroff“ - besondere Beachtung.

Zu einer Erörterung von Skrjabins Verhältnis zu Frauen geben diese Variationen übrigens nicht den geringsten Anlaß, denn wir wissen nicht, wer Fräulein Egorowa war und in welchem Verhältnis der Jüngling Skrjabin zu ihr stand.

In zuvor nicht gekannter Fülle bedient sich der Pianist-Komponist hier pianistischer Techniken, die neben der Freude am Komponieren auch die pure Lust am Klavierspiel, am körperhaften Ausdruck und an grifftechnischer Virtuosität erkennen lassen: Überkreuzen der Hände, Quasiglissandi, behendes Skalenspiel, Akkordtremolieren. Die Egoroff-Variationen nehmen sich in der überlieferten Gestalt wie eine Folge selbständiger, aber musikalisch durch das Themenmaterial verbundener Etüden aus, zumindest darin den „Sinfonischen Etüden“ von Robert Schumann verwandt.

Die erste Variation über das ungewöhnlicherweise mit einem Dominantseptakkord beginnende Thema koppelt konsequent die doppelgriffig geführte rechte Hand mit der sie bisweilen überkreuzenden linken; die zweite Variation ist eine Studie über die rhythmischen Konfliktpaare 3:2 und 5:2 mit einem raschen, förmlich chromatisch glissandierenden Takt; die dritte ähnelt im Schlußteil einer virtuosen Etüde über chromatische Skalen. Zum Schein wird am Ende das Thema wörtlich wiederaufgenommen, doch der Schluß der Komposition wendet sich mit weit aufgefächerten Arpeggien wiederum ins Etüdenhaft-Brillante. Man wird kaum fehlgehen in der Annahme, dass gerade der Formzwang von Variationen über ein schlichtes, periodisch streng gefügtes f-Moll-Thema dem Komponisten die Entfaltung eines ausgeprägt pianistisch-virtuosen Satzes ermöglichte, ohne daß ihm das Ganze in lauter Einzelteile hätte zerfallen müssen.




Schibli (und Scriabin selbst) ist/sind zuweilen etwas schlampig!
In dieser ersten Variation hat der Komponist einige Oktavierungszeichen falsch gesetzt und daher geben die Druckausgaben hier sehr merkwürdige und unlogische Stimmführungen mit Überkreuzen der Hände an. Selbst einige Interpreten übernehmen den Unsinn!

Was kann der Grund dafür sein, dass die beiden schlampig notiert haben? Zeitmangel? Den Interpreten selber forschen lassen?
 
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Was kann der Grund dafür sein, dass die beiden schlampig notiert haben? Zeitmangel? Den Interpreten selber forschen lassen?
Ich kann nur für den Komponisten sprechen: Scriabin war laut Aussagen seiner Korrektoren (bei Beljajew war das zumindest zeitweise Anatolij Ljadow!) notorisch nachlässig.
Bei den Handschriften der späten Werke übrigens kann man das eher nicht bestätigen (die 10. Sonate ist im Manuskript sehr leserlich und genau!).

Wer je selber Noten schrieb weiß, wie sehr man 'Selbstverständliches' als gegeben annimmt und wie leicht man Vorzeichen und anderes vergisst. Die Egoroff-Variationen liegen ja nicht in einer korrigierten Druckversion vor!
Was Schibli angeht, so hat er vermutlich das Werk nicht primär aus pianistischer Sicht gesehen und daher den unsinnigen Sprung in der Struktur der Rechten nicht richtig eingeschätzt und die Alternative nicht gesehen. Da ist wohl eher der Herausgeber als Sündenbock zu nennen.
 
Hier habe ich etwas gefunden, das die Herangehensweise beim Komponieren thematisiert.

Die Variations sur une thème de Mlle. Egoroff von 1887 haben herkömmlichere russische Anklänge als die Sonate-fantaisie. Niemand ist so recht sicher, wer Mlle. Egoroff war; das Thema jedoch hat gewiß Charme, und die zugehörigen Variationen hätten fast aus der Feder Ljadows stammen können, nur daß ihnen Ljadows sorgfältiges und überlegtes Herangehen an die Komposition abgeht und man statt dessen den Eindruck hat, als seien sie recht hastig vollendet worden.

Die ersten beiden Variationen Skjrabins legen nahe, daß er ein umfangreicheres Werk vorhatte. Was wir jedoch bekommen, sind nur ganze drei (allerdings äußerst gelungene) Variationen, gefolgt von einer kurzen Erinnerung an das Thema selbst und einer Coda.

Dieser Eindruck der verfrühten Fertigstellung wird durch das Fehlen von Dynamikangaben gestützt (bis auf ein einleitendes piano und ein fortissimo gegen Ende) sowie durch fehlende Oktavmarkierungen im Manuskript. Rätsel gibt ferner ein zweites erhaltenes Manuskript auf, das nur das Thema und eine Variation enthält und auf eine geplante Überarbeitung schließen läßt.
 
Zur Orientierung, es geht um T. 17 in der von Marlene verlinkten Ausgabe (und die Parallelstellen.
Nach meiner Erinnerung (bin gerade unterwegs und kann nicht nachsehen in der Erstausgabe von Garvelman) sind die Oktavierungszeichen auf den Akkorden auf 1und, 2und und 3und Hinzufügungen des Herausgebers. Sehr viel logischer wäre es, die Rechte in diesen ersten 3 Vierteln eine Oktave höher zu spielen, und dadurch rechts und links stimmigere Abläufe zu bekommen. Und natürlich links die hinzugefügten Oktavierungszeichen zu streichen!
Auch T. 25 spiele ich die Viertel 2, 3 und 4 rechts eine Oktave höher, wie in der Parallelstelle einige Takte später.
 
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Gehört das auch zur schlampigen Notierung oder habe ich einen Denk- bzw. Lesefehler?


17.png
 


Ich finde Ponti spielt das Thema und die erste Variation sehr gut. Dann geht der Gaul mit ihm durch und der Rest ist dann weniger erfreulich.
 
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Die Egoroff-Variationen hat Skrjabin im zarten Alter von 15 Jahren komponiert. Aber hier fehlt das Werk leider:


IMG_8456.JPG

IMG_8457.JPG
 

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