Abstumpfung? Gewöhnung?

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Gilels

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Wie kommt es eigentlich, dass man manchmal an einem Stück totalen Gefallen findet, es sich umbedingt mehrfach anhören muss und dann tagelang damit im inneren Ohr herumläuft...
oder man beginnt ein Stück, dass einem sehr sehr gefällt, zu lernen, weil man es umbedingt selbst spielen können möchte, sozusagen "zu seinem Eigen" machen möchte -
und irgendwann scheint dann alles verflogen, weil man eben dem Musikstück nach und nach sehr "nüchtern" gegenübersteht, der Zauber darin scheint auf einmal selbstverständlich, fällt einem nicht mehr sonderlich auf oder ist vielleicht gar wieder auf irgendeine Weise abstoßend, wenn man es dann selbst lernt/gelernt hat.
Man hört sich vielleicht einmal Aufnahmen an, die man anscheinend mal geliebt hat, findet aber nicht mehr so viel daran und kann sich gar nicht darauf einlassen.

So als weniger positive Seite... ich denke, es kommt vor. Irgendwo scheint es dazuzugehören?
Leider ist es schwer zu erklären und wenn alles so schnell wieder vorbei ist, ist es auch irgendwo schade drum.


Gruß,
Annette
 
Ein zentraler Aspekt der Musik ist auch das Überraschungsmoment. Wenn jede Musik so aufgebaut wäre, dass sie von vornherein vorhersehbar wäre, dann fänd' ich sie womöglich langweilig. Gute Musik zeichnet sich für mich unter anderem dadurch aus, dass sie etwas Besonderes macht und sei es nur die nie zuvor gehörte Perfektionierung einer bestimmten Form, das kann ebenfalls dazu gehören. Das sind Eckpunkte, Keile, mit denen sie beim Gehör hängen bleibt und nicht einfach glatt wieder hinausgleitet. Manchmal ist Musik so sonderbar, dass ich sie beim ersten Mal hören gar nicht so richtig mag, es ist aber etwas anderes, Sonderbares, dabei, was mich die Musik weiter hören lässt, sie verstehen und immer weiter wächsen lässt.

Und manchmal kommt es vor, dass man etwas überhört hat, dass man es so oft gehört hat, dass man jede einzelne Stelle in- und auswendig kennt, nichts mehr überraschend ist. Das ist ein Grund, warum ich darauf achte, einzelne Stücke nicht zu oft zu hören, damit ich mich nicht zu sehr daran gewöhne. Man mag sagen, dass ich mich widernatürlich zwinge...allerdings ist das Erleben nach einiger Zeit Pause für mich deutlich intensiver als wenn ich's tagtäglich ständig hören würde.

Aber es gibt sicherlich große Unterschiede zwischen den Menschen bei der Sache, was allein schon mit grundsätzlichen psychischen Eigenschaften zu tun hat. Manche Menschen mögen das Vertraute, sie fühlen sich wohl, wollen gerne die Zeit anhalten und stehen bleiben. Andere wiederum wollen ständig weitergehen, suchen unermüdlich nach Neuem, was sie noch nicht kennen, sind sprunghaft und halten es selten lange an einer Stelle aus. Jeder nimmt die Musik anders war und das ist auch schön so. :)

Alles Liebe
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
ich habe auch schonmal so was gehabt da hatte ich einen richtigen Ohrwurm und wollte das stück immer wieder spielen doch bei jeder wiederholung verliert man langsam die lust an diesem stück und will neue spielen aber das ist normal ;)
 
ich bin zwar neu im clavio aber ich spiele schon 4 jahre klavier ich hatte es vor 1-2 jahren bei dem stück Go tell it in the mountain das war ganz toll ich hatte es auswendig gelernt und fand das lied wunderhübsch doch später fand ich es nicht mehr so
 
vielleicht ist es wie im richtigen Leben? Verliebe dich.. finde alles toll... erlebe es tagtäglich und du hast es irgendwann über.
 
vielleicht ist es wie im richtigen Leben? Verliebe dich.. finde alles toll... erlebe es tagtäglich und du hast es irgendwann über.

Man darf dem Schmetterling mit seinen Patschhändchen ja auch nicht die Flügel anfassen, sonst kann er danach nicht mehr fliegen.

Man kann höchstens um seine Gunst ringen damit er von selbst dableibt (wieder zurückkommt). :)


Käse. :)
 

so hatte ich auch lange Zeit gedacht - bis mir folgendes passierte: nach ein paar Jahren, in denen ich sie oft gespielt hatte, kamen mir Mussorgskis Bilder einer Ausstellung sowie Chopins 2. & 3. Scherzo abgeschmackt und ausgelutscht vor. Bäh, nicht mal Aufnahmen davon wollte ich hören - ich war dieser Stücke einfach überdrüssig.

das liegt nicht an den Stücken, denn sie sind nicht abgeschmackt!! das lag einzig an mir und meinem zeitweilig verbauten Zugang.

ein paar Jahre gar nicht anhören und gar nicht spielen waren da hilfreich: als ich sie nach langer Zeit wieder hervorkramte, waren sie taufrisch und ich hatte tausend neue Sachen drin entdeckt.

vermutlich wird dieses neu Entdecken bei trivialer oder schwacher Musik nicht stattfinden, nachdem man sie oft genug gehört hat :)

...bissle wie beim Essen: jeden Tag Pizza wird auch bald langweilig :D
 
Bäh, nicht mal Aufnahmen davon wollte ich hören - ich war dieser Stücke einfach überdrüssig.

das liegt nicht an den Stücken, denn sie sind nicht abgeschmackt!!

Genau aus diesem Grund meide ich, wo es immer geht, Werke wie Chopins Fantasie impromptus oder Beethovens op.27/2 Satz 1 usw usw.
Die hört man so oder so schon viel zuoft. :rolleyes:
 
Genau aus diesem Grund meide ich, wo es immer geht, Werke wie Chopins Fantasie impromptus oder Beethovens op.27/2 Satz 1 usw usw.
Die hört man so oder so schon viel zuoft. :rolleyes:

:rolleyes:
freilich gibt es zwischen diesen beiden einen sehr großen Unterschied: Chopin wollte von besagtem Impromptu nichts mehr wissen - es wurde gegen seinen erklärten testamentarischen Willen aus dem Nachlaß publiziert. Mochte Beethoven später von op.27,2 auch nicht mehr viel wissen wollen, da er mit op.32 seiner Ansicht nach gänzlich andere Wege beschritt: aber so runtergemacht hat er seine cis-Moll Sonate nicht, wie es Chopin mit besagtem Impromptu gemacht hatte :D - - Chopin schrieb darüber: "zu sehr im Stile der Kontski und anderer Tiere" [sic!]

...hm... beim Impromptu kann ich den Überdruß nachvollziehen, der setzt schon ein, bevor das seichte Stück zu Ende geklimpert ist - - bei der Sonate geht es mir nicht so.
 

Ja, ich kenne beide Geschichten.

Ändert aber nichts daran dass man das überall ständig zu hören bekommt.
Schaut man sich auf Youtube die Klicks bei z.B. Yundi Li an, so findet man bei der Fantasie impromptu 3,5 Millionen Klicks und bei der h-moll Sonate von Franz Liszt gerade mal hungrige 2.500 Klicks.

Auf diese Liste könnte man auch ohne weiteres Beethovens "Für Elise" setzen, die ja bekanntlich vielleicht gar nicht mal von ihm ist.
Die top-populäre Toccata und Fuge BWV 565 in d-moll von Bach, wo auch mehr als unsicher ist dass der große Bach sowas überhaupt je gemacht hat.
Den allseits beliebten Bolero von Ravel, das Werk das anscheinend durch eine Hirnkrankheit entstanden ist.

usw usw...

Merkwürdige Geschichten. :)
 
Den allseits beliebten Bolero von Ravel, das Werk das anscheinend durch eine Hirnkrankheit entstanden ist.

für ne Hirnkrankheit freilich fantastisch orchestriert... da hätten manche sich infizieren lassen sollen :D

...ja, die Beliebtheit von Seichtigkeiten ist ungebrochen (und dieses Impromptu von Chopin ist elend seicht...) - - da ist es ja geradezu gesund, wenn Du dieses Stückes überdrüssig bist (gesünder gar wäre, es bliebe so!)

herzliche Grüße,
Rolf
 
Ich kann gerade beruhigt feststellen, daß ich bisher sehr gesund gelebt habe und außerdem Mondenschein durchaus sympatisch finde.:D

Gruss
Manfred
 
Tja, ich denke, das ist nur menschlich ...

Zuerst gefällt einem das Stück, man findet es interessant, etc. Wenn man es dann lernen will und es auch dem eigenen Level entspricht, dann braucht man seine Zeit, bis es richtig "sitzt". Und das geht nun einmal einher mit vielen Wiederholungen einzelner Passagen und auch des ganzen Stücks - bis man es selbst "nicht mehr hören kann".

Mögliche Abhilfe: Stück lernen, dann einige Wochen liegenlassen, dann wieder aufnehmen (sollte in 2 - 3 Tagen wieder sitzen), dann machts auch wieder Spaß !
 
Tja, ich denke, das ist nur menschlich ...

Zuerst gefällt einem das Stück, man findet es interessant, etc. Wenn man es dann lernen will und es auch dem eigenen Level entspricht, dann braucht man seine Zeit, bis es richtig "sitzt". Und das geht nun einmal einher mit vielen Wiederholungen einzelner Passagen und auch des ganzen Stücks - bis man es selbst "nicht mehr hören kann".

Mögliche Abhilfe: Stück lernen, dann einige Wochen liegenlassen, dann wieder aufnehmen (sollte in 2 - 3 Tagen wieder sitzen), dann machts auch wieder Spaß !



oder einfach wie ich alles vom blatt perfekt spielen und dann ist es nie langweilig=)
 

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