so schön das auch ist, ersetzt es aber nicht die eigene Beschäftigung mit dem Notentext, wenn man ein Stück spielen möchte und herausfinden will, was so in ihm steckt. Denn eine Platte macht immer EINE von möglichen Deutungen eines Stückes hörbar.
Das ist so ein Tick der "klassischen" Klavierlehrer, daß man nicht Platten hören soll. Oder zumindest nicht Platten nachmachen soll.
Weil angeblich dadurch das Finden des eigenen Zugangs erschwert bis verhindert wird.
Jazz-/Rock-/Pop-Musiker können darüber nur herzlich schmunzeln. Für sie ist Platten hören, und, ja, auch nachspielen, ganz zentral. Und die kreativsten Köpfe haben damit angefangen, daß sie Platten ihrer Idole den ganzen Tag hörten und, z.T. Note für Note, nachspielten.
Selbstverständlich ist auch für den "Klassik"-Schüler, wenn er noch keine Idee hat, worauf der ungenaue Code, den die Noten darstellen, in der Realität ungefähr hinweisen könnte, das Plattenhören eine exzellente Möglichkeit. Um einfach zu erleben: Ach sooo, so in etwa könnte das gespielt werden (Tempo, Stimmung, Rhythmusauffassung, Klang etc.). Und dann hört er sich noch eine andere Platte an, wo jemand das Stück wieder ganz anders spielt. Dadurch lernt er, an welchen Parametern beispielsweise "gedreht" werden kann, so daß das Stück zwar immer noch "korrekt" wiedergegeben ist, die Interpretation jedoch individuell ist.
Generell läßt sich schließlich sagen, daß das direkte
Vorbild-Lernen in jeder Musikrichtung unverzichtbarer Bestandteil ist, egal, ob man Platten hört oder der Lehrer es einem sehr gut vormacht.
Und das Vorbild-Lernen behindert
nicht die Kreativität. Die Kreativität wird nur dann eingeschränkt, wenn a) der Lehrer sagt: "SO muss es gespielt werden, peng, aus, keine andere Möglichkeit" und b) der Schüler sich auf dieses Spiel einläßt.
LG,
Hasenbein