Zitate berühmter Komponisten/Interpreten

  • Ersteller des Themas Ancolie
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Und noch ein Abschnitt aus dem - extrem guten (!!) und leider vergriffenen - Buch "Erinnerungen an Alexander Skrjabin" von Leonid Sabanejew (was ich nun seit 1,5 Jahren der kontinuierlichen Suche endlich mein Eigen nennen darf):

Zitat von Leonid Sabanejew:
In jener Zeit erreichten mich von neuem gewisse Nachrichten über Skrjabin, und zwar vor allem unter dem Blickwinkel, er sei jemand, der neue Wege in der Musik gefunden habe... 'Doch nicht etwa er?', dachte ich bei mir, und wieder entstand vor mir sein Bild mit all den bislang gewonnenen Eindrücken und Erinnerungen: Ein kleiner Mann von geringer Kultur, anmaßend, schrecklich eingebildet, stutzerhaft gekleidet wie ein Geck, 'Mystiker' und angehender 'Mönchspriester'- Das alles machte mir die neuen Nachrichten nicht gerade glaubhaft.

Bald darauf bekam ich zu erfahren, Skrjabin wolle in Indien irgendeinen Tempel errichten. Sofort fiel mir wieder der 'Mönchspriester' ein. [...] Dann wurde gesagt, Skrjabin wolle das Ende der Welt einleiten und seine Musik solle hierbei eine bestimmte Rolle spielen. Dass sich Skrjabin mit derlei Dingenbeschäftigt, erschien mir überaus wahrscheinlich: Es passte auf die noch bei mir lebendigen Eindrücke von seiner Überheblichkeit und seines Dilettantentums. [...] Am Ende hörte ich dann, Skrjabin litte an progressiver Paralyse und verliere den Verstand... Auch das war nicht unglaubwürdig.

und einige Jahre später...:

Zitat von Leonid Sabanejew:
Skrjabin setzte sich an den Flügel und spielte einige Entwürfe aus der 'Vorbereitenden Handlung'. Vieles davon kannte ich bereits [...]. Dann spielte er etwas Neues, etwas anderes, das auch für mich neu war...

"Jetzt sagen Sie mal, was Sie für einen Eindruck davon haben!", sagte er.

Ich erinnere mich an eine ziemlich lange Episode von unsagbarer Schönheit, die nach meinem Dafürhalten in musikalischer Hinsicht gewisse Gemeinsamkeiten mit jenem berühmten Prelude op. 74 Nr. 2 aufwies, also mit jenem Stück, das mich im letzten Winterhalbjahr so sehr beeindruckt hatte. Es waren geheimnisvolle, langsam fortschreitende Harmonien voller Süße und Feinheit, die nicht von dieser Welt waren. Sie gründeten auf ostinaten Quintbässen und veränderten sich ununterbrochen. Ich lauschte mit einem Gefühl des Ersterbens. Es gab dort einige ganz ungewöhnliche Übergänge und Modulationen. Von allem, was ich je von Skrjabin gehört hatte, hinterließ das denn stärksten Eindruck. Es übertraf bei weitem die Eindrücke von der dritten Sinfonie, der sechsten Sonate, vom Promethee und sogar vom Prelude op. 74. [...]. Möglicherweise war das auch das Beste, was seine künstlerische Phantasie je zustande gebracht hat: Ein gewaltiger Aufschwung, strahlend wie im Poeme de l'Extase, aber viel majestätischer und in den Harmonien weitaus komplexer.

Dieser Abschnitt wurde (laut Sabanejew) scheinbar (wie die größten Teile der "Vorbereitenden Handlung") nie schriftlich fixiert. Wer die (meines Erachtens ganz außergewöhnliche) Schönheit der letzten Preludes op. 74 von Skrjabin empfinden kann und die stilistische Veränderung, die sich in diesen Werken abzeichnet, bemerkt, kann sich vielleicht vorstellen, wie ergreifend diese Musik gewesen sein muss. Wenn jemals eine Zeitmaschine erfunden werden sollte, würde ich Skrjabin jedenfalls Antibiotika vorbeibringen (und anschließend zu Bruckner weiterreisen um lebenserhaltende Maßnahmen einzuleiten und schließlich noch Mozart einen Besuch abstatten).
 
Uff @alibiphysiker , sorry wenn ich "dazwischenrufe", bin auch gleich wieder weg:

Hier kurz 2 von Bruckner, von dem ich gar keine Ahnung habe und nichts weiß, daher wollt ich anfangen, zu lesen.

( habe aber nur 3 Bücher von den anscheinend vieren erhaschen können: Göllerich: Anton Bruckner: ein Lebens- und Schaffensbild.- Dt. Mus.-Bücherei; Anm.: Göllerich hat also nicht nur Liszt biographiert, das gibts ( oder zumindest gab's ) ja online, wie damals festgestellt im "Liszt Meisterklassen"-Thread, sondern auch Bruckner...)

Beide aus Band 1 Teil I:

Bruckner zu Göllerich, als dieser ihm eröffnete, dass er Musik zu seinem Lebensstudium erwählt hätte:

„Um Gott'swilln, thuan S' nur DAS net! Dös war ja schreckli!“
(S.13)

Bruckner auf Fragen ( zunächst ), die Jugend-Erinnerungen betrafen:

„Dös int'ressiert ka Katz!“
(S.31)

Gefällt mir irgendwie. Trocken. Habe aber eben erst angefangen zu lesen. :-)

PS.: Rein interessehalber: Hat zufällig jemand ALLE VIER Bände ? Fragt mit

LG, Olli!
 
Zitat von Alexander Skrjabin:
Ich beginne meinen Spruch, den Spruch von der Welt, den Spruch vom All. Ich bin, und nichts ist außer mir. Ich bin nichts, und doch alles. Das einzige, was ist, bin ich, in mir ist die Vielheit Eins geworden. Ich will leben. Ich bin bebende Lebenslust, bin ganz Wunsch, bin Sehnsucht. 0 Du, meine Welt, die ich ausstrahle, Du mein Erwachen, mein Spiel, mein Erblühen und mein Hinwelken!

Tagebucheintrag von 1904, gefunden in "Skrjabin und seine Musik" von Sigfried Schibli.
 
Hm. Das könnte ein entgleister Neuplatoniker geschrieben haben. Sollte Leonid Sabanejew in seinem ersten oben von Alibiphysiker verlinkten Zitat vielleicht doch das Richtige getroffen haben?
 
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Reaktionen: trm
Ich vermute: weniger Philosoph als vielmehr egomanischer Musiker, der Wagner überbieten möchte.
 
Oder einer, der wenigstens dasselbe Topos- und Klischeeinventar benutzt hat. Was kein großes Wunder wäre, denn der Dualismus von Einheit und Vielfalt und die Aufhebung der letzteren in ersterer sind ja gängige Konzepte des Idealismus. Letztlich aber ist die Vorstellung von einem ursprüngichen Einen oder "Sein", das sich durch Emanation in die Vielheit von Sein, Leben und Denken teilt und das durch Rückwendung des Denkens auf das Sein wieder zur Einheit wird, ein genuin neuplatonisches Konzept, das v.a. durch Augustin (E pluribus unum) der abendländischen Philosophie und Theologie vermittelt wurde und das in katechismushaften Versatzstücken noch im 18. und 19. Jh. herumwabert. Das "in des Welt-Atems wehendem All – ertrinken, versinken" kommt letztlich auch aus dieser Pandorabüchse. Etwas Originales bietet diese Skriabin-Zitat somit kaum. Im besten Fall glaubt der Mann, was er sich da angelernt hat, im schlimmsten ist er halt ein bisserl aufgeblasen. Wie auch im Falle Wagners tut das seiner Musik ja keinen Abbruch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da er auch komponiert hat...

Zitat von Boris Pasternak:
Und wie im Walde Licht und Schatten in flüchtigem Spiel einander ablösten, wie die Vögel singend sich von einem Zweig zum anderen hinüberschwangen, so durchfluteten und durchrauschten ihn abgerissene Melodien und halbe Akkorde der Dritten Sinfonie ‚Le Poème Divin‘, die in der Nachbardatscha auf dem Flügel komponiert wurde. O Gott! Welch eine Musik! Wie eine Stadt unter Artilleriebeschuß schien die Symphonie in Trümmer zu fallen, um sich wieder aufzurichten und aus dem Schutt emporzuwachsen. Ihre überschäumenden und wie rasend ineinandergearbeiteten Klänge waren neu, neu wie der Wald in seiner lebensvoll atmenden Frische, im Schmuck des jungen Laubes an diesem Frühlingsmorgen des Jahres 1903.

Das hat Boris Pasternak in seiner Autobiografie geschrieben. Er hat mit 13 Jahren auch im Stile Skrjabins komponiert. Pasternak war damals so sehr auf sein großes Idol Skrjabin fixiert, dass er wechselseitig leichenblass wurde, errötete oder zu stammeln begann, wenn Skrjabin in seiner Nähe war.
 
Pasternak war damals so sehr auf sein großes Idol Skrjabin fixiert, dass er wechselseitig leichenblass wurde, errötete oder zu stammeln begann, wenn Skrjabin in seiner Nähe war.
... und als er herausfand, oder glaubte herausgefunden zu haben dass Scriabin kein Absoluthörer war, erleichterte ihn dies ungemein.
Aber insgesamt sind die Absätze, die Pasternak über Scriabin schrieb sehr lesenswert. Alleine die Beschreibung, dass Scriabin hüpfend und springend ging und immer wie kurz vorm Abfliegen war ist sehr charakteristisch.
 

Die Texte von Scriabin sind etwas wirr im Gegensatz zu seinen Briefen, die sehr lesenswert sind es gibt eine Auswahl auf Deutsch!
 
"Erst war ich Chopinianer, dann Wagnerianer und heute nur noch Skriabinianer" soll Skrjabin in Paris zu Artur Rubinstein gesagt haben.
 
... und als er herausfand, oder glaubte herausgefunden zu haben dass Scriabin kein Absoluthörer war, erleichterte ihn dies ungemein.

Dazu habe ich etwas in Sigfried Schiblis Buch „Alexander Skrjabin und seine Musik“ gefunden:

Zitat von Sigfried Schibli:
Boris faßte Mut und beschloß, seine eigenen Kompositionen der letzten Jahre seinem Idol vorzuspielen. Pasternak litt unter einem Komplex: Er hatte das absolute Gehör nicht, jene (für Musiker in der Regel entbehrliche) Naturgabe, die Töne absolut im Tonraum bestimmen zu können. So betrat er Skrjabins Quartier in größter Angst und Erregung, die sich erst legten, als er zu spielen begann:

Zitat von Boris Pasternak:
Mein Blick fiel zufällig auf den Zuhörer. Meinem Vortrag aufmerksam folgend, hob er zuerst den Kopf, dann die Brauen, und endlich erhob er sich selbst und schritt langsam auf mich zu, wobei er die Variationen der Melodie mit den unfaßbaren Variationen seines Lächelns begleitete. All das hatte ihm gefallen. Ich endete rasch. Er versicherte mir sogleich, es sei höchst überflüssig, von musikalischer Begabung zu sprechen, wenn etwas ungleich Größeres vorliege, und es sei mir vergönnt, in der Musik mitzureden. Er erwähnte einige Stellen meiner Komposition und setzte sich an den Flügel, um eine, die ihm besonders gefallen hatte, zu wiederholen. Die Harmonie war kompliziert, und ich erwartete nicht, daß er sie genau wiedergeben würde. Doch etwas anderes, völlig überraschendes geschah - er wiederholte sie nicht in der gleichen Tonart, und der Makel, der mich jahrelang gequält hatte, spritzte als sein eigener unter seinen Fingern hervor.

Alleine die Beschreibung, dass Scriabin hüpfend und springend ging und immer wie kurz vorm Abfliegen war ist sehr charakteristisch.

Zu dieser anrührenden Verehrung Pasternaks für Skrjabin habe ich in „Alexander Skrjabin – Briefe“ das gefunden:

Zitat von Boris Pasternak:
Skrjabin hatte die Angewohnheit, Anlauf zu nehmen und gleichsam hüpfend weiterzulaufen, wie ein Stein, den man auf dem Wasser springen lässt. Es sah aus, als fehlte nicht viel und er hätte sich in die Lüfte erhoben und wäre davongeflogen.
Er hatte überhaupt mancherlei Arten erleuchteten Schwebens und schwereloser Bewegung an der Grenze zum Fliegen entwickelt.

Bei Sigfried Schibli ist noch dies zu lesen:

Zitat von Boris Pasternak:
Wenn ich ihn sah erbleichte ich, um gleich darauf über das Erbleichen zu erröten. Wenn er mich anredete, setzte mein Verstand aus, und ich hörte, wie ich unter allgemeinem Gelächter eine sinnlose Antwort gab – aber was ich eigentlich sagte, das hörte ich nie. Ich wusste, dass er das alles erriet, doch er kam mir kein einziges Mal zu Hilfe. Das bedeutete, daß er kein Mitleid mit mir hatte, daß er mein Gefühl nicht erwiderte - und nach dieser Empfindung verlangte ich. Je brennender sie war, desto mehr schützte sie mich vor der Trostlosigkeit, die seine unsagbar eindringliche Musik bewirkte.

Und:

Zitat von Boris Pasternak:
Skrjabins Musik ist voll einer verwunderten Bereitschaft zur Hingabe, die durch nichts in der Welt gestillt wurde.

Aus dem Gedicht „Das Jahr 1905":

Zitat von Boris Pasternak:
Eines Tages
Lärm draußen,
Stete Brandung,
liefe Stille in den Zimmern.
Und die Straße wird im Gaslicht lebendig.
Die Türglocke ertönt,
Stimmen kommen näher:
Skrjabin.
Oh, wie fliehen
Vor den Schritten meines Abgotts
 
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Zuletzt bearbeitet:
Sergei Rachmaninov:

"Wenn ich meine Musik schreibe, versuche ich, es einfach und direkt auszudrücken, was mir beim Komponieren am Herzen liegt".

"Ein kleines Werk kann ein ebenso unsterbliches Meisterwerk sein wie jede große Form. Ich habe zum Beispiel beim Komponieren eines kleinen Klavierstücks oft große Qualen und mehr Probleme erlebt, als beim Komponieren einer Symphonie oder eines Konzerts".
 
Sergei Rachmaninov:
"… Ich habe zum Beispiel beim Komponieren eines kleinen Klavierstücks oft große Qualen und mehr Probleme erlebt, als beim Komponieren einer Symphonie oder eines Konzerts".
Verständlich! Es ist halt schwieriger, bei einem kleinen Klavierstück derart viele Töne unterzubringen, als bei einer Symphonie.
 

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